Orte der Verfolgung, Orte der Rettung
Das Internierungslager Gurs im militärisch unbesetzten Teil Frankreichs war nicht der einzige Ort, an den die Deportierten aus Baden, der Pfalz und dem Saargebiet verbracht wurden. Es war das größte von rund 100 Lagern, die von der französischen Regierung ab 1939 und verstärkt mit dem deutschen Angriff auf Frankreich 1940 zur Unterbringung geflüchteter Spanienkämpfer, "unerwünschter Ausländer" (darunter auch durch die NS-Machthaber bedrohte Deutsche, die vor Kriegsbeginn emigriert waren), französischer Kommunisten und Gewerkschafter und von Angehörigen ethnischer Minderheiten und sozialer Randgruppen eingerichtet worden waren. Das Lager Gurs war nicht im entferntesten vergleichbar mit den deutschen Vernichtungslagern im Osten Europas, trotz der vielen Todesfälle dort. Es war nicht ausgelegt auf die Aufnahme einer so großen Zahl deportierter Menschen aus Deutschland innerhalb weniger Tage. Die Versorgungslage war völlig unzureichend und die Sterberate vor allem unter den vielen älteren Menschen war hoch. Ein Teil der Deportierten wurde in andere Lager verlegt, insbesondere Rivesaltes (Familien mit Kindern), Noé und Récébédou (alte Menschen und Kranke). Verschiedene Hilfsorganisationen wie die amerikanischen Qäker, das Rote Kreuz, das Schweizer Kinderhilfswerk, die Cimade (Comité Inter Mouvements Auprès Des Évacués) oder die jüdische OSE (Oeuvre de secours aux enfants) versuchten, den Menschen dauerhaft zu helfen. Insbesondere wurden über 400 Kinder gerettet durch den mutigen Einsatz dieser Organisationen und engagierter Einzelner. Rund 700 Deportierte konnten legal auswandern, weiteren gelang die Flucht. Insgesamt entging rund ein Drittel der Deportierten des 22. Oktober 1940 den im August 1942 einsetzenden Abtransporten in die Vernichtungslager.
Die folgende Auflistung umfasst institutionelle Unterbringungsorte unterschiedlichen Charakters, die bei der Erstellung der Biogramme recherchiert wurden. Sie reicht vom Internierungslager über verlassene Fabrikgebäude, Lagerhäuser, Gefängnisgebäude, ehemalige Hotels bis hin zu Krankenhäusern, Kinder- und Pflegeheimen. Es sind nicht nur Orte der Verfolgung, sondern auch Orte der Rettung. Doch auch an letzteren waren die Menschen herausgerissen aus ihrer sozialen Umgebung und ihren Familien und hatten alles zurücklassen müssen. Völlige Sicherheit konnten auch die Zufluchtsorte nicht geben, wie das Beispiel des OSE-Kinderheims Izieu zeigt, aus dem 44 Kinder mit 7 Betreuerinnen im Jahr 1944 deportiert und ermordet wurden. Die Liste ist sicher nicht vollständig, sie enthält insbesondere nicht private Verstecke, und versteht sich als Annäherung.
Eine umfassende Übersicht speziell über Kinderheime und deren Verantwortliche, die in dieser Hinsicht über die unten stehende Ortsliste hinausgeht, enthält die folgende Publikation: Brigitte und Gerhard Brändle: Gerettete und ihre Retterinnen. Jüdische Kinder im Lager Gurs: Fluchthilfe tut Not – eine notwendige Erinnerung, hrsg. von der IRG Baden
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(Le) Vernet (Straflager)
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Aix-en-Provence (siehe Les Milles)
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Alboussiere (ehemaliges Hotel, Lager vor allem für Alte)
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Annecy (Arbeitskommando im Stahlwerk und Sammellager)
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Annemasse (Gefängnis und Transitort in die Schweiz)
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Aspet (Kinderheim/Waisenhaus)
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Baldes-les-Bains
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Boussac (Sammellager)
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Brens (Internierungslager)
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Cadouin (ehemaliges Zisterzienserkloster)
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Château de Chabannes (Waisenhaus der OSE)
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Chateau de Tombebouc (Arbeitslager)
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Château des Masgelier (Kinderheim der OSE)
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Château le Roc (bei Perigueux)
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Cours Dillon (Krankenhaus in Toulouse)
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Douadic (Centre d´accueil, Sammellager)
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Drancy (Sammel- und Durchgangslager für sog. „Osttransporte“)
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Gan (Internierungslager)
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Gurs (Internierungslager)
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Hotel du Levant; Hotel Bompard; Hotel Terminus in Marseille (Abschiebestation in die USA)
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Izieu (Kinderheim)
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La Colline (Altersheim, Nizza)
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La Guiche (Sanatorium für Tuberkulosekranke)
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La Meyze
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Lannemezan (Psychiatrische Klinik)
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Le Grand Bourg
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Les Milles (ehemalige Ziegelei in Aix-en-Provence)
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Lestelle-Betharram (Flüchtlingslager)
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Limoges (Kinderheim) und Route de Limoges (Richtung Poitiers)
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Limoux (psychiatrische Heilanstalt)
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Lons-le-Saunier
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Mâcon (Hospiz)
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Masseube (Lager für Angehörige der Zwangsarbeiter)
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Meillon (kleine Ortschaft, die einen Zufluchtsort für Verfolgte bot [Bürgermeister Paul Mirat])
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Mirepoix (Internierungslager)
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Montauban (Hospiz)
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Montrem (Internierungslager)
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Morlaàs
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Nexon (ehemaliges Flüchtlingslager, dann Straf- und Internierungslager)
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Noé (Kranken- und Altenlager)
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Palavas-les-Flots (Sanatorium und Kinderheim der OSE)
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Paris (Hospiz/Hospital Rothschild – als Gefängnis für Kranke aus Drancy genutzt)
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Pau (Lagerleitung und Präfektur von Gurs)
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Perpignan (Hospital St. Louis)
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Pithiviers (Sammel- bzw. Durchgangslager)
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Pont de Manne (Ehemaliges Bauern-Gehöft)
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Portet sur Garonne (hiermit ist wahrscheinlich Récébédou gemeint)
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Rabes (Altenheim in Cornil)
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Récébédou (Kranken- und Altenlager)
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Rivesaltes (Familienlager)
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Romans-sur-Isere (Kranken- und Armenhaus)
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Saint Aubin (lässt sich nicht eindeutig zuordnen, da der Name sehr häufig vorkommt)
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Saint rambert sur loire (Saint-Just-Saint-Rambert)
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Saint Simon (Portet-Saint-Simon)
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Saint-Leonhard-de-Noblat
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Septfonds (Internierungslager für „gefährliche Personen“)
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Sereilhac („Aufnahmestation“ bei Limoges – evtl. gleiches Lager?)
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St. Maurice (Nervenheilanstalt „Hospiz zu Charenton“)
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St. Rambert (Hospiz)
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Vénissieux (Internierungslager in ehemaligen Eisenbahn-Baracken)
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Villefranche-de-Lauraguais
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Villeneuve-sur-Lot