Mannheim
Dieser Beitrag stammt aus der Studie von Franz Hundsnurscher und Gerhard Taddey, Die jüdischen Gemeinden in Baden. Denkmale, Geschichte, Schicksale, hg. von der Archivdirektion Stuttgart (Veröffentlichungen der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg 19), Stuttgart 1968.
Die Studie wird hier in der Originalfassung als Volltext zugänglich gemacht und separat bebildert. Inhalte und Sprachgebrauch entsprechen dem Stand von 1968. Weitere Informationen zur Entstehung und Einordnung der Studie finden Sie hier.
An der Stelle eines älteren Dorfes gründete Kurfürst Friedrich IV. 1606 am Zusammenfluss von Rhein und Neckar die Festung Friedrichsburg und die Stadt Mannheim. Sie wurde 1622 von Truppen der katholischen Liga unter Tilly zerstört. Karl Ludwig, der in der niederländischen Emigration aufgewachsene Sohn des Winterkönigs, gewährte den Ansiedlern, die er zum Wiederaufbau der Gründung seines Großvaters aus allen Ländern herbeirief, 1652 zahlreiche Vorrechte. Unter den Neuankömmlingen befanden sich fünf jüdische Familien aus Pfeddersheim - dort wohnten seit 1444 Juden - und Juden aus Portugal. 1660 erhielten die deutschen Juden in Mannheim eine Konzession, die ihnen eine Ausnahmestellung innerhalb der pfälzischen Juden verschaffte. Sie mussten ein Haus mit zwei Stockwerken bauen, hatten - von geringfügigen Handelsbeschränkungen abgesehen - die gleichen Rechte wie die anderen Bürger, genossen weitgehende Gewerbefreiheit und waren an den Abgaben der pfälzischen Judenschaft nicht beteiligt. Nach 12 abgabefreien Jahren sollten sie ab 1672 pro Familie 10 Reichstaler Schutzgeld zahlen, die sie unter sich nach Vermögen umlegen konnten. An die Errichtung eines Ghettos oder einer Judengasse wurde nicht gedacht. Auch in religiöser Hinsicht wurde die junge Gemeinde bevorzugt. Sie durfte einen eigenen Rabbiner, Vorsinger und Schulmeister haben und einen Begräbnisplatz kaufen. Damit war ihre Bindung an Worms gelöst, früher als dies der Residenz Heidelberg gelang. Fortschrittlich war auch die Regelung der Neuaufnahme. Ein neuer Ansiedler musste sich bei der städtischen Behörde melden. Nachdem diese ein positives Gutachten an die kurfürstliche Kanzlei übersandt hatte, brauchte er nur einen Revers zu unterschreiben, in dem er sein Einverständnis mit der Konzession erklärte. Dann wurde die Aufnahmebewilligung dem Rat mitgeteilt. Ein besonderer Judenschutzbrief, wie er sonst in der Pfalz üblich war, wurde nicht mehr ausgestellt. Auch brauchten die Mannheimer Juden den zur Kennzeichnung vorgeschriebenen gelben Judenring nicht zu tragen. Auf einem Stadtplan von 1663 sind insgesamt 15 Häuser als von Juden bewohnt bezeichnet, darunter zwei von Portugiesen. Auch diese hatten eine Konzession erhalten, die aber nicht überliefert ist.
Bevor die deutschen Juden ihren Gnadenbrief erhielten, hatten sie sich schon um die Überlassung eines Odfeldes in der Nähe der Stadt als Friedhof für die Juden Mannheims und der umliegenden Orte bemüht. Der Plan scheiterte, weil sie den Kaufpreis nicht rasch genug aufbringen konnten. 1661 erwarben sie schließlich einen Platz im Bollwerk hinter dem Herrnhuter Brüderhof im Quadrat F 7. Bis 1839 wurden hier die Toten beigesetzt. 1674 war eine Beerdigungsbruderschaft (Chewra Kaddischa) gegründet worden; sie war der erste jüdische Verein in Baden. Eine Synagoge und ein Bad wurden 1664 an heute unbekannter Stelle errichtet.
Schon vor der Erteilung der Konzession scheint Naftali Herz als erster Rabbiner tätig gewesen zu sein (etwa 1657-71). Ihm folgte Isaak Brilin (1671-78), der von Kurfürst Karl Ludwig wegen seiner Gelehrsamkeit sehr geschätzt wurde. Kurz waren die Rabbinate seiner Nachfolger: Elieser Lipman (1678-79), Moses Grotwohl (genaue Amtszeit unbekannt) und Isaak Aron Worms (1685-93). 1680 mussten schon 78 Juden Kriegskontribution bezahlen. Die reichsten von ihnen waren die Portugiesen Astrouque und Carcassone. Von den Portugiesen versprach sich der Kurfürst wegen ihrer weitreichenden Beziehungen besonderen Nutzen für die städtische Wirtschaftsentwicklung. Zwischen ihnen und ihren deutschen Glaubensgenossen war das Verhältnis oft gespannt, bis die portugiesische Minderheit allmählich in der deutschen Gemeinde aufging.
Zahlreiche Beschwerden der christlichen Handwerkschaft, die sich freilich nicht wie andernorts auf Zunftprivilegien berufen konnte, und die Sorge vor einem zu starken Anwachsen der jüdischen Gemeinde veranlasste 1681 den Stadtrat zu dem Antrag, keine Juden mehr anzunehmen. Auch ihre Absperrung in einer Gasse wurde erwogen. Der Rat wusste unberechtigte Beschwerden zurückzuweisen. Als die pfälzischen Metzger ein Viehhandels- und Schlachtverbot für Juden durchsetzen wollten, lehnte der Mannheimer Stadtrat dieses Ansinnen ab, weil die Christen bei den Juden das Fleisch um etwa 25 Prozent billiger einkaufen konnten. Die Juden erklärten, sie könnten wegen ihrer sparsamen Lebensweise schärfer kalkulieren und billiger verkaufen; außerdem bevorzugten die Bauern die bei ihnen übliche Barzahlung. Das Gesuch wurde abgelehnt.
Die aufblühende Stadt wurde 1689 durch die Franzosen zerstört. Die Mannheimer Juden flüchteten ihre Vermögen zu Frankfurter Glaubensgenossen. Sie beteiligten sich an der Verteidigung der belagerten Stadt und an der Brandbekämpfung. Sie beschafften unter Lebensgefahr Geld für die Truppenbesoldung aus Frankfurt, nachdem der Festungskommandant mit der Hinrichtung von Rabbiner und Vorsteher gedroht hatte. Zur Bestreitung der Einquartierungskosten mussten sie ein Darlehen von 1000 Talern aufnehmen. Nach der völligen Zerstörung der Stadt suchten sie in der Umgebung Zuflucht. 26 Familien mit 118 Personen fanden vorläufige Aufnahme in Heidelberg. Sobald es möglich war, wollten sie mit dem Wiederaufbau ihrer Heimatstadt beginnen.
1691 wurde eine neue Konzession von Kurfürst Johann Wilhelm erteilt, in der zwar die Zahl der Mannheimer Juden auf 84 Familien beschränkt wurde, die sonst aber im wesentlichen mit der Konzession von 1660 übereinstimmte. Die abgabefreien Bediensteten der jüdischen Gemeinde wurden um einen zweiten Schulmeister, einen Spitalmeister und einen Schulklöpfer vermehrt. Neu war die gewährte Freizügigkeit innerhalb der pfälzischen Lande. Neu war auch die Erlaubnis zur Ausübung des Arztberufs nach Ablegung eines Examens vor der Heidelberger medizinischen Fakultät. Elkan Levi Bacharach wurde 1728 unter Berufung auf diese Bestimmung zum medizinischen Doktorexamen in Heidelberg zugelassen. Er hatte sich obendrein darauf berufen können, dass sein Vater Hayum Leibarzt des Kurfürsten Karl Ludwig gewesen war.
1698 wurde gegen den Willen des Rates, der 100 Familien für ausreichend hielt, das Wohnrecht auf 150 Familien ausgedehnt. Jetzt musste bei der Aufnahme der Besitz von 1.000 Talern mit dem Judeneid beschworen werden, um die Bildung eines Proletariats möglichst zu vermeiden. Diese Konzession war auf einem Konvent aller ehemaligen Mannheimer Juden in Neu-Mannheim beraten worden. 1717 erhöhte Karl Philipp die Zahl der Wohnberechtigten auf 200 Familien, genehmigte weitere zwei Schulmeister, einen Testamentsschreiber (Storeschreiber) und einen Schächter. Von der übrigen Landjudenschaft blieben die Mannheimer weiterhin getrennt. Die Portugiesen genossen, im Gegensatz zu den Deutschen, Freiheit von der Zahlung einer besonderen Abgabe bei Reisen über Land, des sogenannten Taschengeleits, und von der Pflicht zum Bau eines Hauses.
Vereinzelt waren auch deutsche Juden aufgrund besonderer Umstände der Baupflicht enthoben. Erst nach dem Frieden von Ryswyk erhob sich die Stadt allmählich aus Schutt und Asche. Die neuen Häuser der Juden - 1697 wurden insgesamt 10 erstellt - gehörten zu den schönsten in Mannheim. Als 1720 Karl Philipp hierher die Residenz von Heidelberg verlegte, nahm er bis zur Fertigstellung des Schlosses seinen Aufenthalt im Hause des Emanuel Oppenheim in R 1 Nr. 1.
Der toleranten Haltung der Fürsten entsprach der engherzige Geist der Stadträte, der Krämer und Handwerker nicht. Sie setzten durch, dass die Juden zahlreiche Sonderabgaben leisten mussten, darunter seit 1702 ein unverhältnismäßig hohes Brückengeld, zwangen die jüdischen Metzger zur Errichtung eines eigenen gemeinsamen Schlachthauses, schränkten die Prachtentfaltung der reichen Kaufleute und Hoffaktoren durch eine spartanische Kleiderordnung ein. Die Abneigung zeigte sich auch darin, dass 1727 eine Ritualmordbeschuldigung erhoben wurde. Eine auf Verlangen der Gemeindevorsteher durchgeführte gründliche Untersuchung erwies die Haltlosigkeit der Verdächtigung.
Die Juden erreichten zu dieser Zeit kaum die Zahl der erlaubten 200 Familien. Ihre rund 160-180 Familien machten etwa ein Achtel der Einwohner aus. Das genügte, um Mannheim scherzhaft „Neu-Jerusalem" zu nennen. Trotz mehrfacher Versuche konnte der Stadtrat die Zusammenfassung der Juden in einem Stadtteil nicht erzwingen. Er verbot 1700 die Errichtung eines Spitals innerhalb der Stadt, wahrscheinlich aus hygienischen Gründen. Die Erweiterung des alten Friedhofs und der Bau einer Synagoge wurden gestattet. Das Gotteshaus, ein einfacher, schlichter Bau mit getrennten Räumen für Männer und Frauen, konnte 1705 in F 2. 13 erbaut werden. 1711 konnte schließlich in E 5, an der Stelle des heutigen Rathauses, ein Haus zur Beherbergung armer und fremder Juden erworben werden. Auch eine koschere Metzgerschranne und eine rituelle Bäckerei wurden hier untergebracht. Seit 1840 diente das Haus als Kranken- und Pflegeheim. Bettelndem „Judengesindel" wurde der Eingang in die Stadt grundsätzlich verwehrt. Sie erhielten ihnen zugedachte Spenden vor den Toren verabreicht. Diese und andere karitative Tätigkeiten wurden von neuen Vereinigungen getragen, wie etwa vom 1727 gegründeten Gevatterschaftsverein.
Unter allen Mannheimer Juden dieser Aufbauperiode ragt Lemle Moses Reinganum hervor. Vom heutigen Ludwigshafener Stadtteil Rheingönheim kam er etwa 1680 nach Mannheim, erlebte die Vernichtung der Stadt, floh nach Heidelberg und wurde 1697 in den Vorstand der sich sammelnden Gemeinde gewählt. 1699 pachtete er mit Isaak Beer für 10 Jahre das Salzmonopol der Kurpfalz. Hierdurch und durch andere Finanzoperationen im Dienste der Kurfürsten als Obermilizfaktor erwarb er ein beträchtliches Vermögen. Er errichtete mehrere Häuser in Mannheim und einen „kostbaren Garten und ein Lusthaus zum Decor der Stadt". Alle Leistungen aber werden überragt von seiner Stiftung der Klaus, eines Bethamidrasch, eines jüdischen Lehrhauses mit Synagoge. 1706 erhielt er die kurfürstliche Genehmigung, 1708 konnten die Bauten in F 1. 11 eingeweiht werden. 10 Rabbiner sollten hier in Zukunft der Forschung und Lehre der jüdischen Oberlieferung dienen, besonders dem Talmudstudium. In seinem Testament vermachte der Stifter seinem Werk ein Kapital von 100.000 Gulden, aus dessen Zinsen der Unterhalt für Bau und Lehrer bestritten werden sollte. Der Grabstein des 1724 verstorbenen hochherzigen Stifters steht heute auf dem neuen Friedhof. Zahlreiche bedeutende Gelehrte wirkten an der Klaus, darunter Jakob Ettlinger, einer der ersten akademisch gebildeten Rabbiner. Das gerettete Memorbuch der Klaus nennt ihre Werke und Namen.
Der Hof- und Obermilizfaktor May erhielt ebenfalls die kurfürstliche Erlaubnis zur Errichtung einer Klaus, die aber nicht den Rang der von Lemle Moses gestifteten erreichte. 1731 machte May eine größere Stiftung, deren Ertrag der Ausstattung von Bräuten zukommen sollte.
Eine weitere Klaus - ohne Rabbiner - wurde 1758 von Elias Hayum begründet. Er lebte zeitweilig in Stuttgart, wurde nach dem Sturz Oppenheimers als sein Helfershelfer dort ausgewiesen und ließ sich in Mannheim nieder, wo er 1747 zum Gemeindevorstand gehörte. Wegen seiner Herkunft wurde er gelegentlich Elias Stuttgart, die Klaus die „Stuttgarter Schul" genannt. Auch er hinterließ 1766 24.000 Gulden für die Ausstattung von armen Bräuten.
Alle drei Stifter hatten ihre Vermögen im Dienste der Kurfürsten erworben. Der Hofkalender der Pfalz von 1734 verzeichnet insgesamt acht Mannheimer Juden als Hoffaktoren. Auch der württembergische Hoffaktor Süß Oppenheimer war zeitweilig in kurpfälzischen Diensten.
Nicht nur in der Wirtschaft finden sich in dieser Zeit bedeutende jüdische Persönlichkeiten. Samuel Helman kämpfte als Rabbiner (1726-51) in Wort und Schrift gegen den Sabbatianismus, eine jüdische Sekte, die nach dem Auftreten des Sabbatai Zwi als Pseudo-Messias in Smyrna entstanden war und auch unter den Mannheimer Juden Anhänger gefunden hatte. Sein Nachfolger David Hess (1761-67) und neun Klausrabbiner wurden in den berühmten Scheidungsfall eines Mannheimer Ehepaares, den sogenannten Clever Getstreit verwickelt, der eine jahrelange Flut von gelehrten Streitschriften über die Rechtmäßigkeit der Scheidung hervorrief. Naftali Hirsch, der 1763 Oberrabbiner der pfälzischen Landjudenschaft geworden war, verlegte 1768 seinen Amtssitz von Leimen nach Mannheim. Dort wurde er gleichzeitig Oberrabbiner an der Lemle-Moses-Klaus und entfaltete bis zu seinem Tode 1800 eine reiche Lehr- und Forschungstätigkeit.
Beim Regierungsantritt Karl Theodors 1744 wurde die Konzession der Mannheimer Judenschaft erneuert. 15.425 Gulden mussten dafür als „Entschädigung" aufgebracht werden. Über die Repartition dieser enormen Summe kam es - wie häufig auch bei anderen Gelegenheiten - zu Streitigkeiten in der Gemeinde und zu einer Neuwahl des Vorstandes. Die bisher gültigen Privilegien wurden im wesentlichen bestätigt. Für die Aufnahme in den Schutz wurde jetzt ein Vermögen von 2.000 Gulden und der Besitz eines Sessels in der Synagoge zur Bedingung gemacht. In der Hauptstraße wurden Juden nicht mehr geduldet. Sie sollten nach und nach in die Nähe von Synagoge und Friedhof ziehen; der Ghettogedanke hatte sich - zumindest auf dem Papier - durchgesetzt.
Was sollten aber die ärmeren Juden machen, deren Vermögen zur Schutzaufnahme nicht reichte? Manch einer, der aufgrund der harten Bedingungen nicht aufgenommen wurde, wurde zum Verbrecher. Unter den zahlreichen Räuberbanden, die um die Jahrhundertmitte in der Pfalz ihr Unwesen trieben, wurden nicht selten Juden aufgegriffen und in Mannheim hingerichtet wie etwa 1747 der Bandenführer „Isaak der Schnapp". Umso mehr bemühten sich die sesshaften Bürger um das Wohlwollen des Landesherrn, Als er 1747 nach Mannheim kam, begrüßten ihn die Juden mit einem Festgottesdienst und einer hebräisch und deutsch abgefassten Jubelhymne.
Die jüdische Bevölkerung Mannheims bestand 1761 aus 225 Haushaltungen. Davon waren 18 Faktorenfamilien, 20 Rabbiner oder deren Witwen. Je 12 Familien wurden von den Amtsinhabern der beiden kleineren Klausen gestellt, 11 gehörten zum Spital, 18 bestanden aus Waisen oder Witwen. Diese waren abgabefrei. 107 Haushaltungen zahlten volles, 15 Witwen halbes Schutzgeld, 12 waren ebenfalls von Zahlungen befreit. Bei den bevorzugten Klausen waren im ganzen 39 Familien mit 111 Kindern inkorporiert. Da von ihnen keine Einnahmen zu erwarten waren, sah die Regierung das Anwachsen der Klausen mit Missvergnügen und beschloss die Auflösung der beiden kleineren Stiftungen. 1765 wurden nach vielfachen erfolglosen Gegenvorstellungen der Gemeinde die Michael May'sche und die Elias Hayum'sche Klaus für aufgelöst erklärt, jede weitere Lehrtätigkeit in ihnen verboten.
1765 erschien eine gedruckte amtliche Erläuterung zur Konzession von 1744. Die erlaubte Familienzahl blieb auf 200 - die Amtsinhaber der Gemeinde nicht eingerechnet - beschränkt. Die beiden Mannheimer Hauptstraßen - Planken- und Kurpfalzstraße - und die jeweils rechts und links anschließenden zwei Nebenstraßen sollten innerhalb von drei Jahren von Juden geräumt, die Häuser an Christen verkauft werden. Trotz aller Gegenvorstellungen der Gemeinde blieb der Kurfürst, vom Stadtrat dazu angehalten, bei seinem Beschluss. Die Juden sollten sich in ein Dreieck zurückziehen, das etwa die Gegend umfasste, in der Synagoge, Friedhof und Spital lagen. Die Umsiedlungsfrist wurde 1768 auf Bitten der Vorsteher um weitere drei Jahre verlängert, wurde auch nie vollständig durchgeführt.
Nachteilig wirkte es sich auf das innere Gemeindeleben aus, dass eine Appellation an weltliche Behörden gegen die Beschlüsse des Rabbiners und der Vorsteher in Glaubens- und Zeremonialangelegenheiten ermöglicht wurde. In einer Eingabe erklärten die Gemeindevertreter, dass dadurch aus dem Vorsteheramt ein „verstörtes Amt" werde, und brachten mehrere Fälle vor, bei denen gegen Zeremonialstrafen an die nichtjüdischen Gerichte appelliert worden war.
Allmählich wuchs die Gemeinde über die erlaubte Höchstzahl hinaus. 1771 lebten 247 Familien in Mannheim. In Michael Scheuer erhielten die Juden 1782 einen überaus fähigen Rabbiner, der sein Amt bis 1809 innehatte, daneben seit 1800 Oberrabbiner der Landjudenschaft war und kurz vor seinem Tod noch Mitglied im 1809 geschaffenen Oberrat der badischen Israeliten. Er hatte die ersten Ansätze zur Emanzipation der Juden noch erlebt. Beeinflusst von den Gedanken der französischen Revolution hatte die pfälzische Regierung bereits 1801 die Mannheimer Judenschaft aufgefordert, Vorschläge zu ihrer eigenen „Veredelung" zu machen. Die Vertreter der auf 940 Seelen angewachsenen Gemeinde forderten Gleichberechtigung, vor allem für das Judentum als Konfession, aber der Stadtrat bestand auf der Aufrechterhaltung der Konzession von 1765.
Ein tiefer Einschnitt in der Entwicklung Mannheims war die Verlegung der Residenz durch Karl Theodor nach München. Nach dem teilweisen Anfall der Pfalz an Baden wurde die Stadt an den Rand des neuen Großherzogtums gerückt. Aus der Residenz- war eine Grenzstadt geworden, die zudem in den Kriegen 1794-1801 schwer gelitten hatte. Hier spielte sich 1819 die Ermordung Kotzebues durch den Studenten Ludwig Sand ab. Wie das Buch des Heidelberger Professors Fries über die Juden, war auch dieser politische Mord eines der Übel, die zum Hep-Hep-Sturm von 1819 führten. Mit Waffengewalt musste in Mannheim gegen die antijüdischen Tumulte eingeschritten werden. Solche Krawalle gab es auch im Sommer 1846 und in den Revolutionsjahren 1848/49. Damals flüchteten viele Juden vor dem Terror vom Lande nach Mannheim, wo die christlichen Vorkämpfer der Emanzipation in einem Manifest die Bevölkerung von Exzessen gegen ihre jüdischen Mitbürger abzuhalten suchten. Hier wurden nach der Erklärung der Grundrechte des deutschen Volkes die ersten Juden in den Gemeinderat gewählt.
Die Emanzipationsbestrebungen zeigten früh andere, positive Ergebnisse. 1821 konnte die erste öffentliche jüdische Volksschule Badens in Mannheim eröffnet werden. Sie ging aus einem Institut hervor, das 1816 als höhere Erziehungs- und Bildungsanstalt gegründet worden war. Der Unterricht fand in den Räumen der Lemle-Moses-Klaus statt. Die Schülerzahl stieg rasch. Bis 1870 hat diese Schule bestanden. Dann wurde sie aufgrund des Elementarunterrichtsgesetzes von 1868 in eine Gemeinschaftsschule überführt. Fast 40 Jahre wirkte als ihr Leiter Dr. Simon Wolff, der auch als Prediger im Karlsruher Tempelverein einer der eifrigsten Anhänger der Reform des jüdischen Gottesdienstes war, während der seit 1824 amtierende Rabbiner Hirsch Traub die orthodoxe Richtung vertrat, dabei aber Neuerungen aufgeschlossen gegenüberstand. Er wurde 1827 in den Schulvorstand berufen, der im allgemeinen von Vertretern der christlichen Kirchen gestellt wurde. Im gleichen Jahr fand die Organisation der jüdischen Gemeinden ihren Abschluss. Mannheim wurde Ortssynagoge; der Synagogenrat unterstand damit unmittelbar dem Oberrat.
Ernste Auseinandersetzungen zwischen Reformern und Orthodoxen erhoben sich um die Jahrhundertmitte. Die Synagoge war zu klein geworden, und der Synagogenrat hatte sich zu einem Neubau an derselben Stelle und zum Einbau einer Orgel entschlossen. Nach den Plänen von Lendorff wurde das neue Gotteshaus im byzantinischen Stil errichtet und im Juni 1855 vom neuen Stadtrabbiner Moses Elias Präger (1854-61) geweiht. Rund 100.000 Gulden hatte die Gemeinde für den stattlichen Bau aufgebracht. Präger war der Verfasser eines neuen jüdischen Gebetbuches, das nur schwer die Zustimmung des konservativen Oberrats fand. Der Rabbiner hatte nicht nur die hebräischen Texte zugunsten deutscher Gebete und Gesänge gekürzt. Er hatte alle messianischen und zionistischen Stellen, die auf eine Rückkehr nach Palästina anspielten, umgedeutet. Schon hier spürt man den Konflikt zwischen den Ideen des Zionismus und den Assimilierungsbestrebungen. Das Buch konnte 1868 in zweiter Auflage erscheinen. Es wurde richtungsweisend für die Gottesdienstgestaltung in den liberalen Gemeinden.
Die Gegner der Reform hatten seit Beginn der Auseinandersetzungen den Gottesdienst in der Klaus-Synagoge besucht. Auch diese wurde 1887/88 durch einen Neubau nach den Plänen des Architekten W. Manchot ersetzt. Bei dieser Gelegenheit wurde die Stiftung reorganisiert. Da der Talmud jetzt in den Rabbinerseminaren in den Universitätsstädten gelehrt wurde, konnte die ursprüngliche Talmudschule in eine Religionsschule umgewandelt werden, in der hauptsächlich der hebräische Unterricht gepflegt wurde. Das Kapital der Klaus war noch von der kurpfälzischen Regierung in eine unablösbare vierprozentige Staatsschuld umgewandelt worden. 1908 konnte die Stiftung ihr 200jähriges Bestehen feiern.
Der wirtschaftliche Aufschwung im 19. Jahrhundert brachte auch der verlassenen Residenz eine neue Blüte. Jüdische Tuch-, Eisen-, Getreide- und Tabakhandelsfirmen entstanden, Zigarrenfabriken und Brennereien wurden eröffnet, das Bankhaus Ladenburg finanzierte zahlreiche Industrieprojekte. Seligmann Ladenburg war der erste Vorsitzende der zur AG umgeformten Badischen Anilin- und Sodafabrik im benachbarten Ludwigshafen. Weltruf genossen der 1838 gegründete Verlag von J. Bensheimer, der sich vor allem auf rechts- und staatswissenschaftliche Literatur spezialisierte, und die Rheinische Gummi- und Celluloid-Fabrik der Gebrüder Lenel und Friedrich Bensingers, die 1873 ihre Produktion begann. Die stetige Vermehrung der Zahl der Juden wie der übrigen Einwohner Mannheims bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts (1822 1.276, 1825 1.456, 1842 1.483) wurde mit der Industrialisierung durch ein sprunghaftes Wachstum abgelöst. Mit 3943 wurde 1875 ihr relativ höchster Anteil an der Einwohnerschaft (6,6 Prozent von 59.508) erreicht. Die absoluten Zahlen stiegen noch weiter an: 1887 4.300, 1895 4.768, 1900 5.550, 1905 5.998, 1910 6.462. 1925 war mit 6.972 (2,8 Prozent von 247.468) der Gipfel erreicht. Im Juni 1933 bekannten sich 6.402 Bürger zur israelitischen Konfession.
Das Mannheimer Judentum spielte eine bedeutende Rolle in allen Bereichen des städtischen Lebens. 1912/13 konnte zum größten Teil mit Geldern aus der Stiftung des Stadtrats Bernhard Herschel das Herschelbad erbaut werden. Der Geheime Kommerzienrat Victor Lenel übergab 1911 der Stadt ein schlüsselfertiges Erholungsheim für Schulkinder, für dessen Unterhalt weitere jüdische Stiftungen aufkamen. Die rund 20 jüdischen Stiftungen für die verschiedensten karitativen Zwecke hatten vor dem Ersten Weltkrieg ein Kapital von fast drei Millionen Mark. Die städtische Kunsthalle, das Reißmuseum und die Stadtbibliothek besitzen bedeutende Kunstwerke und kostbare Buchausgaben, die vor allem von den jüdischen Mitbürgern Sally Falk, Richard Lenel, Carl Baer und Julius Mammelsdorf gestiftet worden sind.
Einer der 135 jüdischen Gefallenen des Ersten Weltkriegs aus Mannheim war der Rechtsanwalt Dr. Ludwig Frank. Als Sozialdemokrat wurde er 1904 Stadtverordneter, 1905 Mitglied des badischen Landtags, 1907 mit 33 Jahren Reichstagsabgeordneter. 1914 meldete er sich freiwillig und fiel in den ersten Kriegstagen in Lothringen. Sein Denkmal wurde von den Nationalsozialisten, denen er als Sozialdemokrat wie als Jude verhasst war, demoliert. Zu den bedeutenden Persönlichkeiten dieser Zeit gehört der Landgerichtspräsident Dr. Nathan Stein, der Stadtsyndikus und spätere Frankfurter Oberbürgermeister Landmann und der Handelsrechtler Professor Max Hachenburg. Zahlreiche Söhne Mannheims gelangten außerhalb ihrer Vaterstadt zu hohem Ansehen: der Anwalt Leopold Ladenburg, die Chemiker Albert Ladenburg, Ludwig Darmstädter und Fritz Straus, der Jurist Otto Lenel, der Anglist Hans Hecht. Kunst und Musik fanden in den Reihen der Juden zahlreiche Förderer. Brahms, Richard Strauß und Furtwängler verkehrten in jüdischen Familien.
Nach dem Weltkrieg gewann der rassische Antisemitismus an Boden. Die Mitglieder der jüdischen Gemeinde fanden inneren Halt in den zahlreichen Vereinen, die vor allem die Wohltätigkeit als ihre Aufgabe ansahen. Ein Altersheim (früher Collini-, jetzt Bassermannstraße), ein Kranken- und Pfründnerhaus (E 5.9), ein Krankenschwesternheim (M 6.12), ein Waisenhaus (R 7.24) und eine jüdische Kinderstube (G 7.20) leisteten karitative Arbeit. Zur Koordinierung ihrer Tätigkeit wurde 1920 das Wohlfahrts- und Jugendamt der israelitischen Gemeinde eingerichtet. Ein jüdisches Lehrhaus und eine Gemeindebibliothek boten die Möglichkeit zur Vertiefung des Wissens über das Judentum. Außerdem existierte die hebräische Schule an der Klaus. Den Zusammenhalt förderte das seit 1922 erscheinende israelitische Gemeindeblatt (Schriftleiter 1935: Dr. Max Grünewald). Das gesellschaftliche Leben spielte sich vor allem im „Liederkranz" und in der „Ressource-Gesellschaft" ab.
Dem Boykottaufruf zum 1. April 1933 wurde auch in Mannheim Folge geleistet. Im gleichen Jahr wurde die Synagoge zum ersten Male heimgesucht und im Innern von SA-Männern demoliert. Aus dem Kunstmuseum entfernten sie das Porträt eines Rabbi und steckten es auf offener Straße in Brand. Schon im Mai veranstalteten SA, Schüler und Studenten eine große Verbrennung „artfremder" Literatur. Die Zeitung „Hakenkreuzbanner" drohte arischen Mädchen, die mit Juden gesehen wurden, Veröffentlichung ihrer Namen und Sterilisation an. Eine andere nationalsozialistische Zeitung publizierte täglich solche „schwarzen Listen". Die ersten grundlosen Verhaftungen von Juden wurden vorgenommen. Dann wurde die Entfernung der Juden aus den öffentlichen Bädern gefordert und nach von der SA inszenierten Krawallen vor allem im Herweck-Bad schließlich durchgesetzt. Parteimitgliedern, die die Boykottanordnungen nicht beachteten, wurde der Ausschluss angedroht. Besonders hart waren die 277 Ostjuden betroffen, deren Einbürgerung 1933 rückgängig gemacht wurde und die schließlich die ersten Opfer der Ausweisung werden sollten. Im August 1935 wurde das Denkmal des Ministers August Lamey, des Vaters der befreienden Judengesetze von 1862, von seinem Sockel entfernt. Verschwinden mussten auch die Ehrentafeln für die jüdischen Wohltäter und Stifter im Turmsaal des Rathauses.
Die Maßnahmen der Nationalsozialisten, die Massenversammlungen mit ihren Hetzreden, der Boykott der Geschäfte und die neue antisemitische Gesetzgebung hatte auch in Mannheim eine starke Zunahme der Auswanderung zur Folge. Bis 1936 war die Zahl der Juden auf etwa 5.000 abgesunken, 1938 auf rund 3 000 Personen. Dr. Max Grünewald wurde 1935 als erster deutscher Rabbiner zugleich Vorsitzender seiner Mannheimer Gemeinde. Er war einer der wenigen Berufsrabbiner, die nach 1933 eine zentrale Rolle in der Reichsvertretung der Juden in Deutschland spielten. Sein Verdienst war es, dass rund 1.100 Gemeindemitglieder zionistisch organisiert waren.
Im April 1934 wurden die 62 jüdischen Schulanfänger der ganzen Stadt in einer Klasse in der Luisenschule zusammengefasst. 1935 besuchten in Mannheim 413 jüdische Kinder die Grund- und Hauptschulen, davon 171 drei inzwischen rein jüdische Klassen. 1936 wurde die Schule zu einer achtklassigen Anstalt ausgebaut. Sechs ihrer Klassen wurden im K 2-Schulhaus unterrichtet. Nach der Kristallnacht wurde die Schule von der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland übernommen; nach der großen Deportation nach Gurs beantragte die Restgemeinde die Wiedereröffnung der Schule in eigenen Räumen. Nur noch 30 Schüler aus Mannheim und der Umgebung kamen in Betracht. Am 30. Juni 1942 wurde die Schule endgültig geschlossen.
Der Befehl zur Vernichtung der Synagogen in der Kristallnacht wurde auch in Mannheim befolgt. Die Hauptsynagoge in F 2 wurde von SA-Männern in Zivil fachmännisch gesprengt, so dass Beschädigungen der umliegenden Häuser vermieden wurden. Der Innenraum wurde völlig zerstört. An den nächsten Tagen durften Schulkinder gegen ein Eintrittsgeld von 10 Pfennig die vom Feuer nicht zerstörten Ritualgegenstände besichtigen. Weniger schwer waren die Schäden in der Klaus, wo vor allem das unersetzliche Memorbuch gerettet werden konnte. Nach der Renovierung durften hier 1939 wieder Gottesdienste gefeiert werden, zu denen die Gläubigen wegen der Enge des Raumes nur in mehreren Gruppen nach dem Alphabet eingeteilt erscheinen konnten. Das Gemeindebüro wurde mitsamt den Büchern und Akten vernichtet, die Einrichtung zahlreicher jüdischer Wohnungen demoliert, die Geschäfte geplündert und verwüstet. Krankenhaus und Altersheim blieben verschont. Eine größere Anzahl der Männer kam nach Dachau in wochen- und monatelange „Schutzhaft", der einige von ihnen erlagen.
Der alte Judenfriedhof in F 7 war bereits 1839 geschlossen worden. Auch er wurde ein Opfer der Zerstörung; die Behörden verlangten seine Entfernung als „störendes Objekt". So wurden unter Leitung von Stadtrabbiner Dr. Franz Rosenthal die Gebeine von 3 586 dort bestatteten Juden exhumiert und in einem Sammelgrab auf dem seit 1839 benutzten jüdischen Teil des Hauptfriedhofs beigesetzt. Die dort befindliche Leichenhalle war auch in der Kristallnacht gesprengt, zahlreiche Grabmäler waren umgestürzt worden. Bei der Umbettungsaktion wurde eine Anzahl unbeschädigter Grabsteine von den insgesamt vorhandenen 1.113 auf den Hauptfriedhof gebracht. Außer einem Denkmal für die Umgebetteten befinden sich heute dort die Grabsteine des Klaus-Stifters Lemle Moses und des Stadtrabbiners Präger.
Nach der Ausweisung der polnischen Juden im Oktober 1938 und den Ereignissen der Kristallnacht, die eine überaus starke Auswanderungswelle auslösten, bedeutete die Deportation von 2.074 Mannheimer Juden nach Gurs den Anfang vom Ende der einst blühenden Gemeinde. Freiwillig begleitete der Kinderarzt Dr. Eugen Neter seine Glaubensbrüder ins Exil und ebenso Pauline Maier, die hochverdiente Oberin des jüdischen Altersheims. Sie wurde 1942 im KZ Auschwitz ermordet, wohin sie von Gurs aus - wiederum freiwillig - ihre Leidensgenossen begleitet hatte. Das städtische Alters- und Pflegeheim in der Bassermannstraße trägt seit 1965 ihren Namen.
Noch ist die Zahl und das Schicksal der übrigen Juden nicht in allen Fällen geklärt. 307 wohnten 1941 noch im Stadt- und Landkreis. Etwa 150 von ihnen wurden 1940-45 in die Vernichtungslager des Ostens verschleppt. Unter denen, die sich den letzten Transporten nach Theresienstadt entziehen konnten, befand sich Dr. Fritz Cahn-Garnier, ehemaliger Stadtsyndikus, 1946 Finanzminister von Württemberg-Baden und 1948-49 Oberbürgermeister in Mannheim.
Heute ist der alte Friedhof in F 7 zum Teil überbaut, zum Teil zu einer Grünanlage umgestaltet. An seine frühere Bestimmung erinnert eine Gedenktafel. Auch die Plätze der beiden Synagogen sind überbaut. Eine Tafel in F 2.13 hält das Gedenken an die Hauptsynagoge wach. 1957 konnte ein neues jüdisches Gemeindezentrum mit einer Synagoge in der Maximilianstraße eingeweiht werden. „Denen, die kein Grab fanden", ist ein Denkmal auf dem jüdischen Teil des Hauptfriedhofs gewidmet, das 1954 bei der Einweihung einer neuen Friedhofshalle enthüllt wurde. Das israelitische Kranken- und Pfründnerhaus und die Lemle-Moses-Klaus-Stiftung gehören zu den heute wieder bestehenden jüdischen Einrichtungen.
Unter der Regierung des Kurfürsten Karl Theodor (1742-99) ließen sich Juden im 1910 nach Mannheim eingemeindeten Feudenheim nieder. Im Schatten der Residenz entwickelte sich eine aufblühende selbständige Gemeinde, die bereits 1819 eine Synagoge erbaute, später auch eine Schule einrichtete. Bei der Bezirkseinteilung von 1827 wurde sie der Bezirkssynagoge Ladenburg zugeteilt. 118 Seelen zählte sie 1887, aber dann verringerte sich die Zahl ständig durch Fortzug in das benachbarte Mannheim (1895 113, 1905 65, 1925 49). Ihre Toten bestattete die Gemeinde, die ursprünglich zur Landjudenschaft zählte, im benachbarten Hemsbach. Um 1860 legte sie ihren ersten eigenen Friedhof, damals etwa 900 Fuß vom Ortsrand entfernt, an der Scheffelstraße an. Er wurde um 1900 geschlossen, als Ersatz ein neues Gelände im christlichen Friedhof erworben, das bis 1938 belegt wurde.
Die Synagoge in der Neckarstraße wurde in der Kristallnacht niedergebrannt. Nur ihr Grundstein mit der eingemeißelten Jahreszahl 1819 und eine Mauer am Schulhof ist von ihr übriggeblieben. Die Juden teilten das Schicksal ihrer Mannheimer Glaubensbrüder.
Zu diesen gehörten auch die wenigen Juden des 1930 eingemeindeten Stadtteils Seckenheim. Bereits 1710 wohnten hier drei jüdische Familien. Die Zahl der Juden blieb so gering, dass sich keine selbständige Gemeinde bildete. 1827 wurde sie als Filiale von Ilvesheim dem Rabbinatsbezirk Ladenburg zugewiesen. 1925 umfasste die Filialgemeinde 13 Seelen. Sie besaß weder eine Synagoge noch einen Friedhof.
In dieser Studie nachgewiesene Literatur
- Israelitisches Gemeindeblatt 1922 ff.
- Walter, Friedrich, Schicksal einer deutschen Stadt, Geschichte Mannheims 1907-45, 1949/50.
- Ders., Leistung und Persönlichkeit. Ausschnitte aus der Geschichte des Judentums einer rheinischen Stadt, in: Den Unvergessenen, Opfer des Wahns 1933-1945, Hg. von H. Maas u. a. 1952.
- Ders., Leistung und Persönlichkeit, in: Mannheimer Hefte 3, 1957.
- Pieper, Wolfgang, Seligmann Ladenburg als Finanzier der BASF, in: Tradition 12, 1967, Heft 6.
- Watzinger, Karl Otto, Die Entwicklung der jüdischen Gemeinde Mannheims von 1660-1862, in: Mannheimer Hefte 3, 1957.
Zitierhinweis: Hundsnurscher, Franz/Taddey, Gerhard: Die jüdischen Gemeinden in Baden, Stuttgart 1968, Beitrag zu Mannheim, veröffentlicht in: Jüdisches Leben im Südwesten, URL: […], Stand: 20.12.2022
Lektüretipps für die weitere Recherche
Mannheim
- Auf einmal, da waren sie weg – Jüdische Spuren in Mannheim, hg. von Stadtjugendamt Mannheim, 1995.
- Bell, Rainer, Die jüdischen Rechtsanwälte Mannheims, in: Mannheimer Hefte 1 (1985), S. 35-38.
- Bohlman, Philip Vilas, Das Musikleben während der jüdischen kulturellen Renaissance in Mannheim vor dem Zweiten Weltkrieg, in: Mannheimer Hefte 2 (1985), S. 111-119.
- Badische Synagogen, hg. Franz-Josef Ziwes, Karlsruhe 1997, S. 70-73.
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- Becker, Barbara/Teutsch, Friedrich, Spuren und Stationen jüdischen Lebens in Mannheim. Quellen des Stadtarchivs Mannheim, 2000.
- Die Welt der Mannheimer Klaus. Lehrhaus und Synagoge in drei Jahrhunderten, hg. von Volker Keller, Mannheim 2012.
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- Fliedner, Hans Joachim, Die Judenverfolgung in Mannheim 1933-1945, 2 Bde, 1971.
- Hahn, Joachim/Krüger, Jürgen, „Hier ist nichts anderes als Gottes Haus...“. Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen, hg. von Rüdiger Schmidt (Badische Landesbibliothek, Karlsruhe) und Meier Schwarz (Synagogue Memorial, Jerusalem), Stuttgart 2007.
- Hirsch, Hans-Joachim, Ich habe Dich bei Deinem Namen gerufen - Die Gedenkskulptur für die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus in Mannheim, (Kleine Schriften des Stadtarchivs Mannheim 23), Mannheim 2005.
- Huth, Hans, Die Kunstdenkmäler des Stadtkreises Mannheim 2, 1982.
- Keller, Volker, Bilder vom jüdischen Leben in Mannheim, 1988.
- Keller, Volker, Die Klaus-Synagoge in Mannheim. Zur Geschichte der Lemle-Klaus-Stiftung, in: Mannheimer Hefte 1 (1984), S. 32-53.
- Keller, Volker, Die ehemalige Hauptsynagoge in Mannheim, in: Mannheimer Hefte 1 (1982), S. 2-14.
- Keller, Volker, Jüdisches Leben in Mannheim, 1995.
- Frank, Werner L., Judenhaus: Small Ghetto at Grosse Merzelstrasse 7.
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- Reber, Susanne, Familie von Eichthal - Die bayerischen Verwandten des Dirigenten Hermann Levi (1839-1900), 2021.
- Reber, Susanne, Hermann Levis Vorliebe für Mozart, 2022.
- Rosenthal, Berthold, Zur Geschichte der Familie Eppstein in Mannheim, vom Original übertragen von Rolf M. Mayer, Juni 2008.
- Steinbach, Lothar, Mannheim – Erinnerungen aus einem halben Jahrhundert, 1984.
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- von Dobschütz, Sigismund, Die Vorfahren der Elisabeth Goldschmidt aus Kassel und Mannheim. 1. Folge, in: Maajan. Die Quelle 76 (2005).
- von Dobschütz, Sigismund, Die Vorfahren der Elisabeth Goldschmidt aus Kassel und Mannheim. 2. Folge in: Maajan. Die Quelle 77 (2005).
- von Dobschütz, Sigismund, Die Vorfahren der Elisabeth Goldschmidt aus Kassel und Mannheim. 3. Folge und Schluss in: Maajan. Die Quelle 78 (2006).
- Watzinger, Karl Otto, Die Geschichte der jüdischen Gemeinde Mannheims 1650-1945, 1984.
Mannheim-Feudenheim
- Huth, Hans, Die Kunstdenkmäler des Stadtkreises Mannheim 2 (1982), S. 1427 und 1461.
- Keller, Volker, Bilder vom jüdischen Leben in Mannheim, 1988.
- Keller, Volker, Jüdisches Leben in Mannheim, 1995, S. 190-193.
- Watzinger, Karl Otto, Die jüdische Gemeinde in Feudenheim, in: Mannheimer Hefte (1965), S. 14-17.
Weitere Quellen
- Landesdenkmalamt Baden-Württemberg: Dokumentation der jüdischen Grabsteine in Baden-Württemberg, Fotografien (Mannheim)
- Landesdenkmalamt Baden-Württemberg: Dokumentation der jüdischen Grabsteine in Baden-Württemberg, Fotografien (Feudenheim Scheffelstraße)
- Landesdenkmalamt Baden-Württemberg: Dokumentation der jüdischen Grabsteine in Baden-Württemberg, Fotografien (Feudenheim Talstraße)