Dünsbach mit Gerabronn

Bereich der bis heute so genannten Judengasse in Dünsbach auf der Württembergischen Flurkarte, Blätter NO LXVIII 53 und 54 von 1833. [Quelle: Landesarchiv BW, StAL EL 68 VI Nr 5720 und 5721]
Bereich der bis heute so genannten Judengasse in Dünsbach auf der Württembergischen Flurkarte, Blätter NO LXVIII 53 und 54 von 1833. [Quelle: Landesarchiv BW, StAL EL 68 VI Nr 5720 und 5721]

Dieser Beitrag stammt aus der Studie von Paul Sauer, Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und Hohenzollern. Denkmale, Geschichte, Schicksale, hg. von der Archivdirektion Stuttgart (Veröffentlichungen der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg 18), Stuttgart 1966.

Die Studie wird hier in der Originalfassung als Volltext zugänglich gemacht und separat bebildert. Inhalte und Sprachgebrauch entsprechen dem Stand von 1966. Weitere Informationen zur Entstehung und Einordnung der Studie finden Sie hier.

Das Dorf Dünsbach gelangte 1563 von den Grafen von Hohenlohe an die Herren von Crailsheim auf Morstein und fiel 1806 an Württemberg. Die Herren von Crails­heim nahmen zu Beginn des 18. Jahrhunderts Juden auf. Diese errichteten 1799 eine Synagoge und legten 1823 einen Friedhof an. Die jüdische Gemeinde war immer klein. Seit 1832 bildeten die Juden in Dünsbach und in Gerabronn eine israelitische Religionsgemeinde, die dem Rabbinat Braunsbach unterstand. 1807 leb­ten hier 59 Juden, 1824 88, 1831 103, 1843 103, 1854 100, 1869 59, 1886 29, 1900 20, 1910 13, in Gerabronn  1843 49, 1854 35, 1869 23, 1886 24, 1910 10 jüdische Bürger. 1933 waren in Dünsbach noch 8, in Gerabronn dagegen keine Juden mehr wohnhaft. Im Ersten Weltkrieg starb der Kriegsfreiwillige Otto Adler aus Dünsbach für sein deutsches Vaterland.

Zu Ausschreitungen durch Nationalsozialisten kam es hier schon vor der sogenannten Machtergreifung. Im Anschluss an eine im März 1930 stattgefundene nationalsozia­listische Versammlung wurden die Dünsbacher Juden belästigt. Im Mai dieses Jahres stürzten unbekannte Täter Grabsteine auf dem israelitischen Friedhof um.

Im Jahr 1933 waren nur noch die Familie Rudolf Adler und zwei ältere Frauen ansässig, von denen die eine im Jahr darauf starb, während die andere in der Deportation umkam. Rudolf Adler betrieb bis 1938 einen Gemischtwarenhandel und nebenbei einen Handel mit Stoffen. Als Frontkämpfer und Bruder des Gefal­lenen Otto Adler fürchtete er wohl für sich und seine Familie keine Gefahr. Am 1. Dezember 1941 wurde er mit seiner Frau und zwei seiner Kinder (nur der älteste Sohn hatte sich 1940 durch Auswanderung retten können) von Stuttgart aus, seinem letzten Wohnsitz, nach Riga deportiert und später ermordet. Seine 78jährige Mutter starb 1942 im Lager Theresienstadt.

 

In dieser Studie nachgewiesene Literatur

  • Beschreibung des Oberamts Gerabronn, 1883.
  • Bilder von der Synagoge, in: Jüdische Gotteshäuser und Friedhöfe, 1932, S. 71f.

 

Zitierhinweis: Sauer, Paul, Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und Hohenzollern, Stuttgart 1966, Beitrag zu Dünsbach, veröffentlicht in: Jüdisches Leben im Südwesten, URL: […], Stand: 20.11.2022

Lektüretipps für die weitere Recherche

Dünsbach

  • Hahn, Joachim/Krüger, Jürgen, „Hier ist nichts anderes als Gottes Haus...“. Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen, hg. von Rüdiger Schmidt (Badische Landesbibliothek, Karlsruhe) und Meier Schwarz (Synagogue Memorial, Jerusalem), Stuttgart 2007.
  • König, Hans Joachim, Die Crailsheimer Juden und ihr Schicksal in sechs Jahrhunderten, in: Mitteilungsblätter des Historischen Vereins Crailsheim 4 (1987), S. 24.
  • Kraft, Hansgeorg, Auf den Spuren der Juden in Dünsbach. Ein Beitrag zur Heimatgeschichte, hg. von Evangelische Kirchengemeinde Dünsbach, 2009.
  • Taddey, Gerhard, Kein kleines Jerusalem. Geschichte der Juden im Landkreis Schwäbisch Hall, 1992.

Gerabronn

  • Haenle, S., Geschichte der Juden im ehemaligen Fürstentum Ansbach, 1867, S. 66.
  • Hahn, Joachim/Krüger, Jürgen, „Hier ist nichts anderes als Gottes Haus...“. Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen, hg. von Rüdiger Schmidt (Badische Landesbibliothek, Karlsruhe) und Meier Schwarz (Synagogue Memorial, Jerusalem), Stuttgart 2007.
  • „Israel Landauer - Ein Leben für Gerabronn“, hg. vom Historischen Arbeitskreis Gerabronn, 2014.
  • König, Hans Joachim, Die Crailsheimer Juden und ihr Schicksal in sechs Jahrhunderten, in: Mitteilungsblätter des Historischen Vereins Crailsheim 4 (1987), S. 38.
  • Rieger, Paul, Jüdische Gotteshäuser und Friedhöfe in Württemberg, hg. von Oberrat der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs, Stuttgart 1932, S. 21.
  • Taddey, Gerhard, Kein kleines Jerusalem. Geschichte der Juden im Landkreis Schwäbisch Hall, 1992, S. 278-282.
  • Wankmüller, Manfred, „Um mit Kleist zu sprechen...“, in: Hohenloher Tagblatt Gerabronn, 25. August 1983.
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