null

Archivisch für Anfänger

Archivisch für Anfänger: Hartnäckig hält sich die Vorstellung von Archiven als verliesähnlichen, staubigen und unwirtlichen Orten. Dazu beigetragen hat sicherlich die Tatsache, dass die meist rechtlich relevanten Unterlagen möglichst geschützt vor Feuer, Wasser und anderen zerstörerischen Einflüssen aufbewahrt werden mussten. Vielerorts erfüllten massive, steinerne Türme diesen Zweck. In anderen Fällen wurden hier Verbrecher inhaftiert, was den Ruf derartiger Gemäuer sicherlich nicht besserte. So ist in einer 1842 in Weimar unter dem Titel „Der Archivar und das Archivwesen“ von A. Sinnhold veröffentlichten Schrift zu lesen: „Wir finden allgemein, daß sich mit dem Worte ‚Archiv‘ der Begriff fester, undurchdringlicher Mauern, von spärlichem Licht erhellter, mit Eisenstäben fest verwahrter und mit Eisenthüren verschlossener Gewölbe verbindet. Archive stehen in demselben Rufe der Unheimlichkeit, wie Burgverliese und Verbrecherkerker, in welchen Unken, Ottern, Schlangen, Molche, Kobolde und böse Geister ihr Wesen treiben; […]. Mit scheuer Furcht geht der Unkundige in der Begränzung der Archive vorüber und nicht selten sind stöhnende Klagen, Wehruf, Geisterspuk und Getümmel in Archiven vernommen worden.“ Ein interessantes Beispiel aus der Zeit der Archivtürme befindet sich in Fürfeld, einem Teilort der Gemeinde Bad Rappenau. Zum Schloss, das 1516 in den Besitz der Freiherren von Gemmingen kam, gehören zwei Türme. Einer davon, als Hexenturm bezeichnet, diente vermutlich als Gefängnis, bevor er umgebaut und dem Schlosskomplex angegliedert wurde. Der zweite Turm wurde Mitte des 15. Jh. als Archiv errichtet und mit Sicherheitsvorkehrungen wie eisernen Türen versehen. Das Archiv, das sich in den beiden Obergeschossen des dreistöckigen Gebäude befindet, ist nur vom Schloss aus zugänglich. Das Gesamtensemble und der Archivturm entspricht mit dicken Mauern und lediglich zwei kleinen Fenstern tatsächlich dem eingangs geschilderten Typ. Weitere Beispiele für Archivtürme befinden sich in Öhringen mit dem Spital-Archiv an der Stadtmauer oder Baden-Baden im Neuen Schloss. Etwas später wandelten sich sowohl die Einrichtungen als auch die Darstellung in der Öffentlichkeit. Nun wich das Verlies unendlich erscheinenden Räumen mit deckenhohen Stand- oder Fahrregalen, in denen gedächtsnisstarke Archivwächter bei mehr oder weniger spärlicher Beleuchtung ein klägliches Dasein fristeten.

Inzwischen ist auch das überholt. Moderne Archive sehen sich einerseits mit den wachsenden Datenfluten des digitalen Zeitalters konfrontiert und stehen andererseits als Dienstleister mit multifunktionalen Aufgaben für Wissenschaft, Forschung und der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung. Dabei folgt die Archivarbeit im engeren Sinn nach wie vor allgemeingültigen Vorgaben. Wer einmal hinter die Kulissen schauen und wissen möchte, wie die Arbeit in einem Archiv abläuft, kann das nicht nur bei den Führungsangeboten, die in den Einrichtungen regelmäßig angeboten werden, sondern auch in der Broschüre „Archivisch für Anfänger - 25 Fachbegriffe einfach erklärt“. Das Archivglossar wurde vom Stadtarchiv Koblenz, dem Landeshauptarchiv Rheinland-Pfalz und dem Bundesarchiv erstellt und steht online unter https://bit.ly/3DJlpHV zur Verfügung. Mehr zum Archiv in Fürfeld finden Sie in den Archivnachrichten 48/2014 auf Seite 49 https://bit.ly/3fsfwW2.

00

Weitere Blogeinträge

thumbnail
Suche

LEO-BW-Blog

Logo LEO-BW-Blog

Herzlich willkommen auf dem LEO-BW-Blog! Sie finden hier aktuelle Beiträge zu landeskundlichen Themen sowie Infos und Neuigkeiten rund um das Portalangebot. Wir freuen uns auf Ihre Kommentare zu den einzelnen Posts.

Über den folgenden Link können Sie neue Blog-Beiträge als RSS-Feed abonnieren: 

https://www.leo-bw.de/web/guest/blog/rss