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Das Gedächtnis der Stadt

Wertheimer Stadtbuch, in dem verschiedenste Verträge aus Wertheim und Ortschaften der Umgebung direkt nebeneinander erscheinen, hier ein Ehevertrag zweier Lengfelder und ein Ehevertrag zweier Wertheimer Bürger, (Quelle: Landesarchiv BW, StAWt-S Pr Nr. 3 p. 130)

Wertheimer Stadtbuch, in dem verschiedenste Verträge aus Wertheim und Ortschaften der Umgebung direkt nebeneinander erscheinen, hier ein Ehevertrag zweier Lengfelder und ein Ehevertrag zweier Wertheimer Bürger, (Quelle: Landesarchiv BW, StAWt-S Pr Nr. 3 p. 130)

Sogenannte Stadtbücher sind eine unverzichtbare Quelle zur Erforschung des städtischen Lebens im Mittelalter und der Frühen Neuzeit. Die darin fixierten Statuten und Stadtrechtsniederschriften geben Einblick in die Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte der jeweiligen Stadt und ihren Weg in die Selbstverwaltung. Aber auch über das alltägliche Leben geben Stadtbücher Auskunft, etwa in Form von Liegenschaftsgeschäften, Heiratsverträgen, Testamenten und weiteren privatrechtlichen Niederschriften. Die ersten Stadtbücher oder Libri civitatis sind für das 13. Jahrhundert nachgewiesen, sie stammen aus dem Hanseraum und sind, ebenso wie die Urkunden des Mittelalters, in lateinischer Sprache verfasst. Erst im Spätmittelalter entstehen die ersten Stadtbücher in deutscher Sprache.
Die Entstehung und Entwicklung der Stadtbücher hängt eng mit dem Aufkommen der Schriftlichkeit zusammen. Genügten anfangs für verschiedene Rechtsgeschäfte wie den Verkauf von Immobilienbesitz oder die Gewährung einer Hypothek mündliche Absprachen, wurde es zunehmend wichtiger, bei eventuellen Streitfällen vor Gericht Zeugen benennen zu können. Zu Beginn wurden lediglich die Zeugen des Rechtsgeschäftes notiert. Bald jedoch wurden auch Käufer, Verkäufer und der Gegenstand des Geschäftes vermerkt. Diese Eintragungen waren zunächst rein fakultativ, die ersten Stadtbücher enthalten also eher eine Auswahl der stattgefundenen Besitzveränderungen. Ähnlich ist es auch bei den Finanzgeschäften der Kommunen. Zu Beginn der Verschriftlichung ging es noch nicht um eine vollständige Dokumentation der Finanzen. Sie dienten dem Rechner lediglich als Gedächtnisstütze, um am Ende seiner Amtszeit Rechenschaft ablegen zu können. Ebenso verhält es sich mit Ratsbeschlüssen, von denen zu Beginn vornehmlich diejenigen mit normativem Charakter, sogenannte „Statuten“ dokumentiert wurden.
Mit der Verbreitung des Papiers und den damit sinkenden Kosten für den Beschreibstoff erhielt die Schriftlichkeit in den Verwaltungen einen Aufschwung und der schriftliche Nachweis vollzogener Rechtsgeschäfte gewann immer weiter an Bedeutung. Aus reinen Gedächtnisstützen wurden schriftliche Aufzeichnungen, die auch rechtliche Kraft besaßen. Mehr über Stadtbücher lesen Sie im Artikel von Anna Spiesberger in unserem Themenmodul "Südwestdeutsche Archivalienkunde".

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