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Der Mundartdichter Jakob Mayer und die „Buchener Faschenacht“

Der „Blecker-Club“ Buchen mit Kriegsheimkehrern, 1919, Quelle: Bezirksmuseum Buchen, Bildarchiv Karl Weiß 129 https://bit.ly/3xlJ9xG

Jakob Mayer wurde am 5. Januar 1866 als Sohn einer jüdischen Kaufmannsfamilie in Buchen im Odenwald geboren. Den Gemischtwarenladen in der Buchener Marktstraße führten Jakob und seine Schwester Helene nach dem Tod der Eltern weiter. Jakob Mayer war ein geselliger Mensch, der am regen Buchener Vereinsleben teilnahm und sich sehr für seine Heimat und die Brauchtumspflege interessierte. So gehörte er den Vorständen des Wandervereins Odenwaldklub, des Vereins Bezirksmuseum und der Buchener Casinogesellschaft an. Außerdem engagierte er sich im Vorstand der jüdischen Gemeinde. Anlässlich vieler großer und kleiner Ereignisse, Begebenheiten und Zusammenkünfte entstanden Gedichte und Lieder in Buchener Mundart.
Die große Leidenschaft Jakob Mayers jedoch war die „Buchener Faschenacht“, die in den 1920er Jahren zusammen mit den Vereinsaktivitäten einen Aufschwung erlebte. Als treibende Kraft und Elferratspräsident trug Jakob Mayer mit Ideen, Witz und Liedern über viele Jahre zu deren Popularität bei. Zwei seiner erfolgreichsten Werke sind bis heute Bestandteil des närrischen Treibens. Neben dem Narrenmarsch „Kerl wach uff“ verfasste er ein Gedicht auf den Buchener „Blecker“, einer zentralen Figur der „Buchener Faschenacht“.
Ursprünglich handelt es sich bei der Figur, einem am Boden kauernden Mann mit blankem Hintern, um eine seit dem Mittelalter gebräuchliche, weit verbreitete Neid- und Spottgestalt. Die Figur selbst stammt vermutlich aus dem Spätmittelalter und war in die Buchener Stadtbefestigung integriert. Beim Abbruch der Mauern Anfang des 19. Jh. wurde sie beschädigt und erlebte eine längere Odyssee, bevor der "Blecker", freudig begrüßt, Anfang des 20. Jh. nach Buchen zurückkehrte. In der Zeit erhielt er einen neuen Kopf und Jakob Mayer widmete ihm ein vielbeachtetes Gedicht. 1913 wurde der „Blecker-Club“ gegründet. Um die Gestalt ranken sich Sagen und Geschichten. So gilt sie als das historische Symbol einer starken, widerstandskräftigen Buchener Bürgerschaft. Mit dem Aufleben der Faschenacht nach dem Ersten Weltkrieg fand der "Blecker" Eingang in das närrische Zeremoniell und signalisiert, dass die Handlungen nicht mehr den gewohnten Bahnen folgen. Der Original-Blecker befindet sich heute im Bezirksmuseum Buchen.
Jakob Mayer hatte im Lauf der Jahre mit zunehmenden Schwierigkeiten zu kämpfen. Nach dem Tod der Schwester musste das Geschäft geschlossen werden. Mit dem Nationalsozialismus kam der Ausschluss aus den Vereinsaktivitäten und die gesellschaftliche Isolierung. Im Sommer 1939 setzte er seinem Leben ein Ende.
Mit dem Fastnachtslied „Kerl wach uff“ beginnt und endet heute die Buchener Fastnacht: Kerl wach uff! - Vergeß da Nout, da Plooch - korz is' Lebe, darum: „Hinne Houch!“ (Kerl wach uff! – Vergiss dein Not und Plog – kurz is‘ Leben, darum „Hinten Hoch!“)
Über den Blecker informiert die Website von Buchen https://bit.ly/40QWwDz

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