null

Eduard Mörike (1804 - 1875) und der Turmhahn von Cleversulzbach

 

 Cleversulzbach um 1830, Quelle Landesmedienzentrum BW
Cleversulzbach um 1830, [Quelle: Landesmedienzentrum BW]

Nach langen Jahren als Vikar mit wechselnden Aufenthaltsorten wurde Eduard Mörike 1834 Pfarrer in Cleversulzbach. Mörike war nicht glücklich mit seinem Brotberuf und dem von der Kirche vertretenen Christus- und Weltbild. Aufklärung und französische Revolution hatten zu rationalerem Denken und einer kritischeren Sicht der Dinge in Wissenschaft und Gesellschaft beigetragen, auch im Hinblick auf theologische Fragen. Mörike erkannte einen „theologischen Bankerott“ und suchte nach neuen Formen der Vermittlung religiöser Inhalte. Für sich persönlich bestanden diese aus poetischen Empfindungen. Für seine Gemeinde schuf er das Bild einer „jenseitigen Fortdauer“, einer „neuen Natur“ für die Seelen der Verstorbenen.

In Mörikes dichterischen Werken finden sich so oft überraschend moderne Ansätze, Spitzfindigkeiten oder Abgründe, Ausdruck einer als irrational empfundenen Welt, die sich dem persönlichen Einfluss entzieht. Das Gedicht vom Turmhahn entstand, als 1840 der alte Wetterhahn auf der Pfarrkirche von Cleversulzbach entfernt wurde. Mörike überarbeitete es mehrfach bis zu seiner Veröffentlichung 1852. Er hatte sich schon 1844 von seinem Pfarramt beurlauben lassen, 1851 geheiratet und war mit seiner Frau nach Stuttgart gezogen, wo er als Lehrer am Königin-Katharina-Stift zu arbeiten begann.

In Sturm und Wind und Regennacht
Hab ich allzeit das Dorf bewacht.
Manch falber Blitz hat mich gestreift,
Der Frost mein' roten Kamm bereift,
Auch manchen lieben Sommertag,
Da man gern Schatten haben mag,
Hat mir die Sonne unverwandt
Auf meinen goldigen Leib gebrannt.
So ward ich schwarz für Alter ganz,
Und weg ist aller Glitz und Glanz.
Da haben sie mich denn zuletzt
Veracht't und schmählich abgesetzt.
Meinthalb! So ist der Welt ihr Lauf,
Jetzt tun sie einen andern 'nauf.
Stolzier, prachtier und dreh dich nur!
Dir macht der Wind noch andre Cour.

Das gesamte Gedicht über den Turmhahn gibt es im Goethezeitportal.

Mehr über die Spuren Mörikes im Literaturland BW.

00

Weitere Blogeinträge

Suche

LEO-BW-Blog

Logo LEO-BW-Blog

Herzlich willkommen auf dem LEO-BW-Blog! Sie finden hier aktuelle Beiträge zu landeskundlichen Themen sowie Infos und Neuigkeiten rund um das Portalangebot. Wir freuen uns auf Ihre Kommentare zu den einzelnen Posts.

Über den folgenden Link können Sie neue Blog-Beiträge als RSS-Feed abonnieren: 

https://www.leo-bw.de/web/guest/blog/rss