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Die Türme von Creglingen

Schlossgebäude in Creglingen mit Faulturm und Schlosserturm, Quelle: Landauf, LandApp gemeinfrei

Schlossgebäude in Creglingen mit Faulturm und Schlosserturm, Quelle: Landauf, LandApp gemeinfrei

Auf alten Ansichten von Creglingen sind noch die Stadtbefestigung zu erkennen. Im 19. Jh. wurden die aus dem Spätmittelalter stammende Anlagen, wie in vielen anderen Orten, abgebrochen. Neben Mauerresten blieben drei Türme erhalten, die mit bemerkenswerten Geschichten verbunden sind.

Der Lindleinturm wurde durch seine letzte Bewohnerin Margarete Böttiger bekannt. Ende des 18. Jh. war dem Steinsockel des Turms ein Häuschen aufgesetzt worden. Hier lebte die als Dienstmagd tätige Margarete Böttinger (1897-1995) bis in die 1990er Jahre unter einfachsten Verhältnissen. Als uneheliches Kind geboren, wuchs sie bei bettelarmen Verwandten auf und musste schon mit 14 Jahren ihre erwerbsunfähige Mutter unterstützen. Mit ihr wollte sie in das 1927 erworbene Häuschen ziehen, doch die Mutter verstarb. Trotz der beengten Verhältnisse beschränkte sich Margarete auf das untere Zimmer. Die obere gute Stube wurde nur zu besonderen Anlässen genutzt und eine Art Schatzkammer für gesammelte Gegenstände und Geschenke. Erst kurz vor ihrem Tod zog Margarete Böttinger in ein Pflegeheim. Auch auf ihren Wunsch wurde in dem Häuschen ein Museum eingerichtet. Es steht stellvertretend für viele Klein- und Tagelöhnerhäuser, in denen oft große Familien unterkommen mussten. Es steht aber auch für das Leben einer Frau, der die Umstände kategorisches Sparen aufzwangen. Dessen überraschende Auswirkungen zeigten sich nach dem Tod von Margarete Böttinger, als sie ein kleines Vermögen hinterließ.

Der Name des Faulturms verweist auf dessen zeitweilige Funktion als Gefängnis. Nach der Einrichtung einer Synagoge im Nachbarhaus um 1799 kam auch der Faulturm in den Besitz der jüdischen Gemeinde. Er diente zeitweise als Armenwohnung, auch für christliche Einwohner. Schon im Januar 1933 kam es zu gewaltsamen Übergriffen der Nationalsozialisten auf die jüdische Bevölkerung. Schwere Misshandlungen führten in zwei Fällen zum Tod zweier Betroffener. Mehrere jüdische Familien verließen daraufhin den Ort. 1939 wurde die jüdische Gemeinde aufgelöst. Die während der Novemberpogrome 1938 demolierte Synagoge und der Faulturm gingen in den Besitz der Gemeinde Creglingen über und wurden später als Jugendherberge genutzt. Heute ist im Synagogengebäude ein Gastgewerbebetrieb untergebracht, im Faulturm eine Ferienwohnung. An die Geschichte der 1939 aufgelösten jüdischen Gemeinde Creglingen erinnert das Jüdische Museum mit einer bemerkenswerten virtuellen Präsentation.

Der Schlosserturm ist so konstruiert, dass bei Angriffen der eingedrungene Feind beschossen und am weiteren Vordringen gehindert werden konnten. Er wurde ebenfalls als Gefängnis genutzt und besitzt einen Fachwerkaufbau. In den Räumen waren städtische Bedienstete wie der Amtsbote untergebracht. Heute befindet sich hier eine weitere Ferienwohnung.

Nicht auf den ersten Blick zu erkennen ist der Wohnturm von Schloss Creglingen. Die Anlage stammt wohl ursprünglich aus der Zeit um 1100. Unter der Herrschaft von Brandenburg-Ansbach ab Mitte des 15. Jh. dienten die Räume als Kameralamt. Ab der Mitte des 16. bis in die 1730er Jahre folgten größere Aus- und Umbauten. Heute ist hier das evangelische Pfarramt untergebracht.

Auf weniger bekannte aber bemerkenswerte Schlösser in der Umgebung sei ebenfalls hingewiesen. Das Schloss in Creglingen-Waldmannshofen ist heute Feuerwehrmuseum. In Weikersheim-Laudenbach befindet sich das turmartige ehemalige Wasserschloss der Herren von Finsterlohr.

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