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Heuberg - Oberer Kuhberg - Gotteszell

Im Frühjahr 1933 entstanden die ersten NS-KZs im Südwesten

Plan des Truppenübungsplatzes Heuberg von 1916 in den Akten des 2. Bataillon-Reichswehr-Schützen-Regiments 113, Quelle: Landesarchiv BW, GLAK 456 F 134/135 Nr. 80, Bild 107

Die Inbetriebnahme von Konzentrationslager gehörte zu den Maßnahmen, mit denen die Nationalsozialisten unmittelbar nachdem sie 1933 an die Macht gekommen waren, ihre Gegner zu bekämpfen begannen. Eines der ersten NS-KZs überhaupt war das Lager in Stetten am kalten Markt, das neben Dachau im März 1933 eingerichtet wurde.

Das KZ entstand auf dem Gelände des ab 1910 genutzten und von 1912 bis 1916 zum Lager ausgebauten Truppenübungsplatzes Heuberg, dessen ausgedehnte Anlagen die nötigen Voraussetzungen boten. Teile des Lagers hatten während des Ersten Weltkriegs zur Unterbringung von bis zu 15.000 Kriegsgefangenen gedient. Wegen der Entmilitarisierung nutzte der Karlsruher Verein „Kinderheilfürsorge Heuberg e.V.“ die gesamte Anlage in der Zeit der Weimarer Republik als „Großkinderheim“, Erholungseinrichtung und Heilstätte. Obwohl Stetten am kalten Markt seit 1810 zu Baden gehörte, wurde das „Schutzhaftlager“ der Politischen Polizei des Württembergischen Landespolizeiamts unterstellt.

Zu den Inhaftierten gehörten Kommunisten, Sozialdemokraten, Angehörige des Zentrums, der DDP und andere, darunter Geistliche. Die Männer kamen aus Württemberg, Hohenzollern, einige aus Baden und sogar Hessen. Insgesamt waren bis zu 3.400 Personen untergebracht. Zu den prominenten Häftlingen zählten Kurt Schumacher, während er Weimarer Republik württembergischer Landtags- und Reichstagsabgeordneter und später Vorsitzender der SPD, Oskar Kalbfell, ab 1945 Oberbürgermeister von Reutlingen, der spätere Generalstaatsanwalt und Mit-Initiator der Auschwitz-Prozesse Fritz Bauer oder der Journalist Josef Eberle alias Sebastian Blau. Weitgehend in Vergessenheit geraten ist das Schicksal von Otto Kraufmann, der als erster Schutzhäftling in Baden-Württemberg gilt. Er wurde zunächst ins KZ auf den Heuberg eingeliefert und kam danach auf den Oberen Kuhberg nach Ulm, wo er die Häftlingsnummer 1 erhielt und als erster dortiger Häftling geführt wurde. Kraufmann, der mehrere Lager überlebte, wurde 1948 als Mitglied der KPD zum Stuttgarter Bürgermeister gewählt. Außer in diesem Zusammenhang ist er der Bevölkerung in Erinnerung geblieben, weil er sich in den Nachkriegsjahren um die Instandsetzung der städtischen Infrastruktur und die Versorgung der Bevölkerung verdient machte.

Noch vor Ende des Jahres 1933 wurde das „Schutzhaftlager“ auf dem Heuberg aufgelöst. Ein Teil der Insassen kam frei. Die verbliebenen württembergischen Häftlinge wurden, wie Otto Kraufmann, in das neu eingerichtete Lager auf den Oberen Kuhberg verbracht, die badischen auf den bis 1934 bestehenden Ankenbuck bei Klengen im Brigachtal oder nach Kislau. Weniger bekannt als die Männerlager ist die Schutzhaftabteilung für Frauen im Gefängnis Gotteszell in Schwäbisch Gmünd, die Ende März 1933 den Betrieb aufnahm. Neben den bisherigen Erinnerungsorten - so wurde für die im Lager Heuberg Gestorbenen, Opfer von Misshandlungen oder unmenschlichen Bedingungen, 1983 eine Gedenkstätte eingeweiht -  sind die biografischen Informationen zu den ersten KZ-Häftlingen im Land verstreut überliefert und bis heute nur mit größerem Aufwand zugänglich. 90 Jahre nach der Errichtung der ersten Lager hat das Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg nun mit der Online-Häftlingsdatenbank ein Informationsinstrument geschaffen, das niederschwellige Auskünfte über die Inhaftierten vom Heuberg, dem Oberen Kuhberg und Gotteszell ermöglichen soll.

Diese und weitere Informationen finden Sie über die folgenden Links

Häftlingsdatenbank des Dokumentationszentrums Oberer Kuhberg

Homepage des Dokumentationszentrums Oberer Kuhberg

Die Akte von Otto Kraufmann im Landesarchiv BW, StAL EL 350 I Bü 2940 gehört zu den Beständen, die im Zusammenhang mit Entschädigungsanträgen für Verfolgte des NS-Regimes erhalten und Bestandteil des Projekts „Aufbau eines Themenportals zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts im Archivportal-D“ sind.

Informationen zum Konzentrationslager Heuberg und zum Frauen-Konzentrationslager Gotteszell beim Virtuellen Geschichtsort Hotel Silber

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Bitte um Hilfe. Mit dieser Angabe komme ich einfach nicht auf den Link: Plan des Truppenübungsplatzes Heuberg von 1916 in den Akten des 2. Bataillon-Reichswehr-Schützen-Regiments 113, Quelle: Landesarchiv BW, GLAK 456 F 134/135 Nr. 80, Bild 107

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Hier der für den Internetbrowser direkt verwendbare Permalink: http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=4-1066499-107

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