null

Studentenkarzer

 Heidelberg: Karzer der Universität, um 1994 [Quelle: Landesmedienzentrum Baden Württemberg]
Heidelberg: Karzer der Universität, um 1994 [Quelle: Landesmedienzentrum Baden Württemberg]

Der Karzer hat seine Wurzeln in den Universitäten des Mittelalters und der Frühen Neuzeit. In diesen Arrestzellen wurden bis Anfang des 20. Jahrhunderts Vergehen im Rahmen der eigenen akademischen Gerichtsbarkeit der Universitäten geahndet. Denn die deutschen Universitäten waren in dieser Zeit ein eigener Rechtsraum. Die Studierenden und Universitätsbediensteten galten als akademische Bürger, deren Gerichtsstand der Rektor war.

In Baden-Württemberg sind vor allem die Karzer der Universität Heidelberg und Tübingen bekannt. Der Tübinger Karzer ist der älteste in Deutschland erhaltene Universitäts-Arrest – er war von 1515 bis 1845 in Betrieb. Bereits bei der Gründung 1477 hatte die Universität das Privileg der akademischen Gerichtsbarkeit erhalten. Anfänglich waren die Regeln für Studierende sehr hart. So ist im Statutenbuch von 1518 nachzulesen, dass Sparziergänge nach Einbruch der Dunkelheit ohne Lampe für Studierende unter Arrest gestellt werden. Mit Karzerarrest wurde auch bestraft, „wer in Scharen nachts spazieren geht, auf Kübeln trommelt […], wer heimliche Ehegelöbnisse eingeht, die Predigten schwänzt und dem Würfelspiel huldigt.“ Da die Häftlinge des Karzers sich ihre Zeit mit (nicht immer sittlichen) Wandmalereien vertrieben, wurde 1736 der Stadtmaler Gottfried Schreiber mit der offiziellen Wandgestaltung beauftragt. Nach Beschluss der Universität fertigte er schwarze Seccomalereien mit Sprüchen und Figuren aus der biblischen Geschichte und dem Altertum an, die die Arrestanten zu Buße und Reue gemahnen sollten. Nach Beschwerden von Studenten über Gestank und Kälte im Karzer im Jahr 1807 wurde ein zusätzliches Gefängnis im Dachgeschoss des Fakultätshauses eingerichtet. Beim Bau der Neuen Aula (1841-1845) an der Wilhelmstraße wurde ein neuer Karzer eingeplant; der alte in der Münzgasse wurde geschlossen. 1847 verkaufte die Universität das Alte Fakultätshaus an die Stadt Tübingen, die in dem Gebäude eine Schule einrichtete. 1950 wurden der Karzer und seine Malereien renoviert bzw. restauriert.

In Heideberg wurde der erste Karzer etwas später, nämlich im Jahre 1545 eingerichtet. Auch hier zieren zahlreiche Wandmalereien die Wände des ehemaligen Universitätsgefängnisses. Diese sind jedoch jüngeren Datums. Sie entstanden in den letzten Jahrzehnten seines Bestehens, welches im Jahre 1914 endete. Heute zählt es zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten Heidelbergs.

00

Weitere Blogeinträge

Suche

LEO-BW-Blog

Logo LEO-BW-Blog

Herzlich willkommen auf dem LEO-BW-Blog! Sie finden hier aktuelle Beiträge zu landeskundlichen Themen sowie Infos und Neuigkeiten rund um das Portalangebot. Wir freuen uns auf Ihre Kommentare zu den einzelnen Posts.

Über den folgenden Link können Sie neue Blog-Beiträge als RSS-Feed abonnieren: 

https://www.leo-bw.de/web/guest/blog/rss