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Synagoge Weingarten – Aufbau und Zerstörung

Abrissaufmaß zur Vorbereitung des Abbruchs der Synagoge Weingarten vom 20. Mai 1939. [Quelle: Landesarchiv BW, GLAK 357 Zugang 1976-56 Nr. 9986]

Im Jahr 1839 begannen die Planungen zum Bau einer neuen Synagoge für die jüdische Gemeinde in Weingarten, die am 27. August 1840 feierlich eingeweiht wurde. 100 Jahre später wurde die jüdische Gemeinde gezwungen, das Gebäude abreißen zu lassen.

Im Generallandesarchiv Karlsruhe liegen die Quellen zur Planungsgeschichte der Synagoge. Anhand der Korrespondenz zwischen Behörden, Architekt und jüdischer Gemeinde lässt sich nachvollziehen, wie der Synagogenbau ablief. Die Mitsprachemöglichkeiten der Gemeinde bei der architektonischen Gestaltung der Synagoge waren dabei eher eingeschränkt. Der Ablauf des Synagogenbaus spiegelt, wie der Historiker Marc Ryszkowski darlegt, die allgemeine Lage der jüdischen Gemeinden in Baden um 1840 wider: „Die sich in den Bauakten abzeichnende institutionelle Einbindung betont einerseits die staatsbürgerliche Anerkennung und Gleichstellung der israelitischen Glaubensgemeinschaft, die eingeschränkten Möglichkeiten der Teilhabe charakterisieren hingegen das etablierte Verhältnis zwischen der Obrigkeit und ihren letzten Schutzbürgern.“

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten hatte sich dieses Verhältnis knapp 100 Jahre später von Grund auf gewandelt: Die jüdische Bevölkerung wurde entrechtet, bei den Reichspogromen am 9. und 10. November 1938 wurden in ganz Deutschland Synagogen angezündet, geplündert und zerstört. Auch die Synagoge Weingarten wurde in dieser Nacht verwüstet. Anhand von Quellen aus dem Generallandesarchiv Karlsruhe konnte Marc Ryszkowski rekonstruieren, was danach geschah und wie die Vorbereitung des Abbruchs der Synagoge Weingarten genau ablief.  

„[Die Verwaltungsunterlagen zur Vorbereitung des Abbruchs] illustrieren gleichzeitig die Entrechtung der jüdischen Gemeinde, Motive der persönlichen und institutionellen Bereicherung und gewähren einen Einblick in einen Verwaltungsapparat, der das Rückgrat eines verbrecherischen Regimes bildete.“, schreibt Ryszkowski.

Besonders eindrücklich ist in diesem Zusammenhang das Abrissaufmaß, das die jüdische Gemeinde zur Vorbereitung des Abbruchs der Synagoge anfertigen lassen musste. Es dokumentiert den erniedrigenden Prozess, bei dem die jüdische Gemeinde gezwungen wurde, den Abriss des eigenen Gotteshauses zu beauftragen und zu bezahlen. Gleichzeitig ist es eine wertvolle Quelle zur architektonischen Gestaltung der Synagoge und damit ein Dokument unseres unwiderruflich zerstörten Kulturerbes.

Im Artikel von Marc Ryszkowski in unserem Themenmodul Jüdisches Leben im Südwesten Die Synagoge in Weingarten erfahren Sie mehr über die Bauplanung, die architektonische Gestaltung und die Zerstörung der Synagoge Weingarten.

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