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Vom Klosterboom zum Klostersturm

Quittung des Kameralzahlamts zu Freiburg über die erste ordentliche Unterhaltszahlung 1787 für die 13 Exnonnen des Augustinerinnenklosters zum Grünen Wald. Vorlage: Landesarchiv BW, StAS Ho 157 T 4 Nr. 243
Quittung des Kameralzahlamts zu Freiburg über die erste ordentliche Unterhaltszahlung 1787 für die 13 Exnonnen des Augustinerinnenklosters zum Grünen Wald. Vorlage: Landesarchiv BW, StAS Ho 157 T 4 Nr. 243

Vor dem Hintergrund der Aufklärung begannen absolutistische Herrscher wie Maria Theresia oder Friedrich der Große Mitte des 18. Jh. das Staatswesen zu reformieren. Ob es dabei um das Wohl der Untertanen ging oder die Staatsgewalt gestärkt werden sollte, ist Gegenstand kontroverser Diskussionen. Im katholisch regierten Habsburgerreich zählten die Neuordnung des Gerichtswesens sowie Abschaffung von Folter und Leibeigenschaft zu den Neuerungen. Gravierende Änderungen betrafen Religion und Klerus. Erstmals erhielten Nichtkatholiken bürgerliche Rechte und durften Kirchengemeinden gründen. Staatlich ausgebildete, in das Verwaltungssystem eingegliederte Geistliche waren angehalten, gegen Ketzertum und Volksfrömmigkeit vorzugehen. Die Zahl der Pfarreien sollte erhöht, im Gegenzug die der Klöster reduziert werden. Die Maßnahmen betrafen auch die Vorderösterreichischen Landen des Südwestens.

Im Gegensatz zu den evangelischen Territorien, wo die Klöster im Zuge der Reformation aufgehoben worden waren, blühte in der katholischen Habsburgermonarchie das Klosterwesen. Mit der Gegenreformation war es zu zahlreichen Neugründungen gekommen. Eine besondere Rolle auf Seiten der Männerklöster spielten die Jesuiten. Bei den Frauen erhielten die Karmelitinnen, Ursulinen, Elisabethinerinnen und Salesianerinnen regen Zulauf. Und der Boom dauerte an. Beispielsweise waren die nach dem Dreißigjährigen Krieg bestehenden rund 25 Einrichtungen in Wien innerhalb von 50 Jahren auf über hundert angewachsen. Wiederum 50 Jahre später sollte es damit ein Ende haben. Die Remedur des Ordens- und Klosterwesens, zunächst unter Maria Theresia, zielte darauf die Größe der Konvente und deren Privilegien zu beschränken. Ihr Sohn und Nachfolger Joseph II. brachte den Gedanken der Nützlichkeit ins Spiel. Bildungs- und Pflegeeinrichtungen durften bleiben, rein kontemplative Orden mussten weichen. 1782 begann die erste Phase des josephinischen Klostersturms, der bis 1787 andauerte. Die Schließungen betrafen mehrheitlich Frauenklöster, da sich viele dieser Orden dem unnützen rein religiösen Leben gewidmet hatten. Die von Joseph für die 1790er Jahre geplante zweite Schließungswelle kam nicht mehr zustande, da der Monarch verstarb.

In den vorderösterreichischen Landen, wo Freiburg 1752 unter Einbeziehung von Schwäbisch-Österreich zum Regierungssitz erhoben wurde, schlossen im gesamten Zuständigkeitsbereich 28 Frauen- aber nur fünf Männerklöster. Die 1785 verordnete Aufhebung des Freiburger Kapuzinerklosters wurde zunächst hinausgezögert und verhindert. Die im gleichen Jahr verfügte Aufhebung des Rottenburger Kapuzinerklosters scheiterte an der Solidaritätsbekundung der Stadt. Insgesamt scheinen die Klosterfrauen einem weltlichen Leben gegenüber aufgeschlossener gewesen zu sein. Die 19 Frauen der 1782 aufgehobenen Oberen Klause der Rottenburger Franziskanerinnen entschieden sich geschlossen in die Welt zu gehen. Ähnlich verhielten sich die Freiburger Augustinerinnen von St. Anna zum grünen Wald, die anschließend mit Pensionsleistungen versorgt wurden. In Villingen taten sich die aufgehobenen Klarissen mit den Dominikanerinnen zur neuen Gemeinschaft der Ursulinen zusammen, was, den Schulbetrieb der Dominikanerinnen fortsetzend, zu einer prägenden Institution in der Stadt wurde. Die letzten Jahrzehnte des 18. Jh. brachten für die überlebenden Konvente die Unterordnung unter die habsburgische Obrigkeit und manche Auseinandersetzung, bis Anfang des 19. Jh. mit den napoleonischen Umwälzungen die Ära der großen Klöster und geistlichen Territorien ein Ende nahm.

Zum Weiterlesen:

Das Ende der „unnützen“ Klöster. Pensionsleistungen für die „Exnonnen“ des Freiburger Klosters St. Anna zum Grünen Wald

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