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Vom Leben auf dem Dorf - Zur Entwicklung der Dorfordnungen

Dorfordnung
Dorfordnung von Oberwösingen, 1506, (Quelle: Landesarchiv BW, GLAK 180, Nr. 119)
Was machte den Lebensraum Dorf in der Frühen Neuzeit aus? Wie lebten die Menschen auf dem Dorf? Und wie war ihr Leben organisiert? Sogenannte Dorfordnungen sind zentrale Quellen zur Beantwortung dieser Fragen. Seit dem späten Mittelalter wurden Dorfordnungen als ländliche Rechtsquellen angelegt und darin Grundsätze des dörflichen Zusammenlebens festgeschrieben. Synonyme oder typusnahe Bezeichnungen finden sich in Schwaben und seinen Grenzregionen beispielsweise auch als Gemeine Ordnungen, Gemeine Bräuche, Gemeindeordnungen, Dorfbücher, Dorfgerechtigkeiten oder einfach nur als Alte Gerechtigkeit. Besonders viel Raum nahmen in Dorfordnungen Regelungen ein, die den Schutz der Gottesdienste und der Predigten sowie der Sonn- und Feiertagsruhe fixierten. Auch die Meldepflicht und Sanktionierung von Blasphemie, Aberglauben oder Sektierertum wurden hier festgehalten wie beispielsweise in der Dorfordnung für Schrozberg bei Schwäbisch Hall von 1677: Man musste melden, ob „jemand were, der verdächtig freventliche Lästerwort wider Gottes Allmächtigkeit und seine allerheyligste Menschheit oder die göttlichen Sacramenten gered, Zauberey, Segenwerk oder Wahrsagerey treibe, deßen verdächtigt oder berechtigt seye, auch jemand dergleichen Zaubern, Segensprechern und Christallsehern an eim Ort nachgezogen oder derselbe Hülf und Rat gebraucht“. Doch neben Kirchenregiment, Verwaltung und Friedenspflicht wurden in Dorfordnungen auch ganz alltagspraktische Regelungen zur Feueraufsicht, Hirtendiensten oder Waldnutzung festgehalten und sie enthielten darüber hinaus Forderungen zum Schutz der Wälder, Felder und Gewässer. Im Zielkonflikt zwischen Gemeinde und Herrschaft um die natürlichen Energieressourcen sprachen zahlreiche ländliche Rechtsquellen vor allem Verbote unkontrollierter Waldnutzung aus. In Berndshofen bei Mulfingen war die Waldordnung in eine Dorfordnung integriert, um vor allem vor Waldschädigungen durch den Viehbetrieb in der Gemeinde zu warnen. Dort wurde nämlich bis 1738 „mißfällig“ wahrgenommen, dass „junge Schläg durch das gehörnte und Schaafviehe gleichsam beflissendlich abgefrezet und hierdurch viel Waldungen ruiniert werden. Als haben auch die Waldförster zu besorgen, daß mit denen Schaafen vor 5, mit dem Rindviehe aber vor 6 vollkommenen Jahren in dem Schlag nicht gehütet werde, bey Vermeidung der im widrigen ansezenden Straf.“ Mehr Informationen über die unterschiedlichen Inhalte der Dorfordnungen oder über Weistümer, die in enger inhaltlicher Verbindung zu den Dorfordnungen stehen, können Sie im LEO-Themenmodul „Südwestdeutsche Archivalienkunde“ finden. (JH)
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