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Von alten Hasen - Fabeln und Gleichnisse im Buch der Beispiele

Der alte Hase und der Elefantenkönig am Brunnen aus dem Buch der Beispiele, Druckausgabe um 1471-1477, Quelle UB Heidelberg
Der alte Hase und der Elefantenkönig am Brunnen aus dem Buch der Beispiele, Druckausgabe um 1471-1477, Quelle UB Heidelberg Cod. Pal. germ. 466, Bl. 150r

Das Buch der Beispiele der alten Weisen ist eine Sammlung mit Gleichnissen in Form von Tiergeschichten. Behandelt werden Betrug, Neid, Schadenfreude, Untreue, Leichtgläubigkeit, Zorn, Tugendhaftigkeit, Untugend und göttliche Vorsehung. Lesern und Zuhörern soll nahegebracht werden, nicht voreilig zu handeln oder sich durch vordergründige Gegebenheiten täuschen zu lassen. Das Buch entstand in Indien, wo auch die Rahmenhandlung spielt: ein Weiser, der seinen König mit unterhaltsamen und eingängigen Erzählungen berät. Das Buch wurde über viele Sprachen ins Lateinische übersetzt und schließlich durch Antonius von Pforr in den 1470er Jahren ins Deutsche übertragen. Impuls- oder Auftraggeber war der spätere Herzog Eberhard von Württemberg-Urach, genannt Eberhard im Bart. In den daraufhin veröffentlichten Drucken erscheinen die Texte mehrfach bearbeitet als moralische Lehrstücke. Antonius von Pforr stammte aus Breisach und war geistlicher Rat am Rottenburger Musenhof der Mechthild von der Pfalz, der Mutter Eberhards.

Eine der Geschichten handelt vom Hasen und dem Elefantenkönig. Dass sie im Jahr einer Dürre spielt ist ebenso bemerkenswert wie die Rolle von Mond und Hasen, die ursprünglich in heidnischem Zusammenhang mit Frühling und Fruchtbarkeit standen und in das westlich-christliche Osterfest übernommen wurden.

Als der König der Vögel gestorben war kamen alle zusammen um einen neuen zu wählen. Sie hatten bereits den Adler bestimmt, da traf der weise Rabe ein und gab zu bedenken, Adler seien tückisch und boshaft. Auch ein weniger scharfsichtiger, sogar einfältiger König könne ein guter Herrscher sein, wenn er gute Ratgeber habe. Und er erzählte vom König der Hasen. In einem Jahr der Dürre suchten die Elefanten nach neuem Lebensraum mit ausreichend Futter. Einer der ausgesandten Kundschafter gelangte in das Reich der Hasen, einem schönen Ort mit Brunnen. Der Brunnen war den Hasen heilig, denn in ihm spiegelte sich der Mond, dem sie seit unvordenklichen Zeiten verbunden waren. Als die Elefantenherde eintraf, zertrampelte sie den Grund und alles, was darauf wuchs. Doch was sollten die kleinen Hasen gegen die großen Elefanten ausrichten? Darauf schickte der Hasenkönig den weisesten seiner Räte, den alten Hasen, der sich in einer hellen Vollmondnacht auf den Weg machte. Beim Elefantenkönig angekommen, bat er darum, die Botschaft seines Gebieters des Mondes überbringen zu dürfen, was ihm gewährt wurde. Der alte Hase sprach, ein Mächtiger lasse sich oft von seiner Macht bewegen und trachte nach mehr. Dabei sei viel Zerstörung im Reich der Hasen angerichtet worden. Aber es werde oft übersehen dass es noch Mächtigere gebe. Der Zorn des Mondes sei nicht zu unterschätzen. Der alte Hase führte den Elefantenkönig zum Mondbrunnen und ließ ihn das Wasser schmecken. Da verzerrte sich das Spiegelbild und der Hase berichtete weiter vom Grimm des Mondes. Der große Elefantenkönig ließ sich durch diese List täuschen und die Herde verschwand aus dem Reich der Hasen.

Eberhard im Bart war zweifellos einer der bedeutendsten Herrscher des Hauses Württemberg. Seine Wertschätzung von Humanismus und Bildung zeigte sich auch in der Gründung der Universität Tübingen.

Die gesamte Ausgabe des Drucks von 1471/77 finden Sie bei der UB Heidelberg.

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