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Vorfreude und Trost im Advent: Kinderüberraschungen aus historischer Sicht

 

Adventskalender nach einer Idee und mit Versen von Gerhard Lang, bildliche Umsetzung von Richard Ernst Kepler, Nachdruck aus dem Jahr 1915 [Quelle: Wikipedia gemeinfrei]
Adventskalender nach einer Idee und mit Versen von Gerhard Lang, bildliche Umsetzung von Richard Ernst Kepler, Nachdruck aus dem Jahr 1915 [Quelle: Wikipedia gemeinfrei]

Das Jahr geht dem Ende entgegen und wir dürfen uns auf Weihnachten freuen. Schon oft waren die Zeiten nicht einfach, umso wichtiger wurden Trost und Vorfreude im Advent. Dies war auch im Sinne eines sich im 19. Jh. entwickelnden pädagogischen Verständnisses für Kinder. Im evangelischen Umfeld entstanden Kränze und Kalender, etwa im Rauhen Haus bei Hamburg unter der Leitung von Johann Hinrich Wichern. Während die katholischen Andachten in der Kirche stattfanden, versammelte sich die evangelische Hausgemeinschaft in der Stube zum Vorlesen aus der Bibel. Bibelsprüche durften auf Kärtchen geschrieben und aufgehängt werden, später gab es auch gedruckte Kärtchen mit Bildern, Verzierungen oder in besonderen Formen wie Sterne.

Als Ursprung aller dreidimensionalen Weihnachtssterne gilt der Herrnhuter Stern, der im Internat der Herrnhuter Brüdergemeinde als mathematisches Anschauungsmodell zur Vermittlung geometrischer Verhältnisse dienen sollte. Im Internat waren Kinder von Missionaren untergebracht, die an Weihnachten ohne ihre Eltern auskommen mussten. Der Stern, ein Symbol für die biblische Geschichte, wurde zur beliebten Bastelei in der Adventszeit. Die Herrnhuter nahmen auch Kinder aus anderen Missionseinrichtungen auf. So sah eine Verordnung der Basler Mission die Rückkehr von schulpflichtigen Kindern aus den überseeischen Niederlassungen vor. Mädchen wie die 1842 geborene Dora Gobat, deren Mutter aus der Familie Zeller in Beuggen bei Rheinfelden stammte, kamen beispielsweise in ein Herrnhuter Töchterpensionat in die Schweiz. Bei ihrem Eintritt war Dora zehn, mit vierzehn durfte sie zu ihren Eltern nach Jerusalem zurückkehren.

Einen der ersten Adventskalender im heutigen Sinn verdanken wir der Phantasie einer württembergischen Pfarrersfrau in Maulbronn. Diese nähte hohenloher Wibele auf Karton und inspirierte damit ihren 1881 geborenen Sohn Gerhard zur Herstellung eines gedruckten Adventskalenders. Gerhard Lang absolvierte eine Ausbildung als Buchhändler und kam 1902 nach München. Zusammen mit einem Graphiker nahm seine Idee um 1903 Gestalt an und kam in der Lithographischen Kunstanstalt F. Reichhold in München zur Ausführung. Auch hier durften die Kinder basteln. Jeden Tag war ein Bildchen auszuschneiden und auf eine Kartonvorlage zu kleben, die gerahmte Verse zeigte. Zu Heiligabend waren alle Rähmchen ausgefüllt. Lang stieg als Teilhaber bei Reichhold ein und entwickelte weitere Adventskalender, so auch ein Modell, das mit Süßigkeiten gefüllt werden konnte.

Mehr zu den Adventssterne mit Bibelsprüchen finden Sie im Blog Württembergische Kirchengeschichte online.

Einen Artikel über die Basler Missionskinder finden Sie bei:
Konrad, Dagmar, „Das entfernte Kind“: Missionskinder in der Basler Mission. Mit einem Beitrag über Funde aus dem Familienarchiv von Andrea Schmidt und einem Vorwort von Christel Köhle-Hezinger, in gekürzter Version veröffentlicht bei der Werner-Zeller-Stiftung für gesellschaftsbezogene Familienforschung (aufgerufen am 1. Dezember 2021).

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