Der Tübinger Forst von Georg Gadner, 1592 [Quelle: Historischer Atlas Baden-Württemberg] Ab dem 16. Jahrhundert entstanden in den einzelnen Territorien und Herrschaften, die sich auf dem Gebiet Südwestdeutschlands befanden,
handgezeichnete Karten bzw. Kartenwerke zur Darstellung des jeweiligen Herrschaftsbereichs. Der gebürtige Bayer
Georg Gadner übergab 1596 sein umfangreiches Forstkartenwerk
Chorographia. Beschreybung des löblichen Fürstentums Wirtemberg […] an
Herzog Friedrich I. von Württemberg , in dem später auch einzelne Blätter von
Johannes Oettinger und
Heinrich Schickhardt Eingang fanden. Die Forstkarten hatten den Charakter von Gesamtkarten, sie stellen also eine ganze Herrschaft oder einen ganzen Forst relativ kleinmaßstäblich dar. Forstwirtschaftlich waren solche Karten weniger von Nutzen und die Maßstäbe waren zu klein, um forstwirtschaftliche Details herauszustellen. Es ging mehr um eine Darstellung der Herrschaft insgesamt, für die Forstrechte fundamental waren. Denn das
Herzogtum Württemberg war in Forsten als selbständige Amtsbezirke eingeteilt, daher bedeutete eine Darstellung der Forsten eine Darstellung der Herrschaft überhaupt. Mit prächtigen Wappendarstellungen werden der Herrscher und seine Herrschaft auf den Karten herausgestellt. Gadner beispielsweise beschränkt sich in seiner
Chorographia nicht auf die Darstellung des Forstes, sondern gibt auch Orte und Gegebenheiten außerhalb der Forstgrenzen wieder. Daneben gab es schon damals Karten, die mehr ins Detail gingen, wenn etwa Forst- oder Jagdgrenzen strittig waren und durch genaue Kartierung festgehalten werden sollten. Auch diese
Karte des Tübinger Forstes stammt aus Gadners
Chorographia . Die Karte mit dem Maßstab von ungefähr 1 : 80 000 hat Gadner auf Pergamentpapier gezeichnet. Gadner legte seinen Karten ein eigenes Koordinatennetz zugrunde mit dem Nullpunkt im äußersten Südwesten, etwa im Raum von
Furtwangen , stellte aber noch keine eigentlichen Vermessungen an. Er gewann seine Karten vielmehr durch das Abreiten oder Abschreiten der Grenzen der Forsten, ergänzende Informationen beschaffte er sich zudem durch die Befragung der Einheimischen. Natürlich weisen die Karten Gadners erhebliche Verzerrungen auf, so stimmt der Neckarlauf von
Rottenburg über
Tübingen bis
Oferdingen einigermaßen in der Richtung, dann aber hat ihn Gadner viel zu weit südlich eingezeichnet. Auch die Reliefwiedergabe lag zu Gadners Zeiten noch in den Anfängen und er bediente sich der „Maulwurfshaufenmanier“, um Berge oder Bodenerhebungen darzustellen. Trotzdem ist Gadners kartographische Leistung sehr hoch zu veranschlagen: Gadner war der Schöpfer des ersten einheitlichen Forstkartenwerks Süddeutschlands und schuf damit eine der ersten Landesaufnahmen des südwestdeutschen Raumes. Mehr zu Karte des Tübinger Forsts und zur Biographie Georg Gadners können Sie im
Beiwort der Karte im Historischen Atlas nachlesen. (JH)