Am 9. September 1962 blickte die Welt auf Ludwigsburg. Die Rede des französischen Präsidenten an die deutsche Jugend, die zu Frieden und Völkerverständigung zwischen den ehemaligen „Erbfeinden“ aufrief, jährt sich heute zum 60. Mal. Vertrauen und Freundschaft sollten dazu beitragen, den Weg in ein vereintes Europa zu ebnen. Die mitreißende Rede zog alle in ihren Bann. 17 Jahre nach Kriegsende sollte nicht die Schuld der Vergangenheit  sondern die Perspektive auf die Zukunft im Mittelpunkt stehen. Eine ungeheure Menschenmenge war gekommen, um den Präsidenten zu erleben. Schulen hatten dazu aufgefordert nach Ludwigsburg zu fahren. Viele Jugendgruppen waren eingeladen. Das Sicherheitskonzept sah eine streng begrenzte Anzahl von Besuchern vor, die Zugang zum Schlosshof bekommen sollten, wo die Rede stattfand. Aus heutiger Sicht undenkbar und entgegen dem Protokoll wurden die Pforten geöffnet für alle, die Platz fanden. Zur Überraschung der Anwesenden hielt der Präsident seine Rede auf Deutsch und unterstrich damit seine Botschaft zur Überwindung von Barrieren und zum gegenseitigen Kennenlernen. Ein Ergebnis der Aussöhnung war die Gründung des deutsch-französischen Jugendwerks. 

Der diesjährige Festakt wird durch ein breitgefächertes Angebot bereichert. Hier eine Auswahl:

 

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Ansichten von Bad Wildbad. Quelle: Haus des Dokumentarfilms. Über 180 weitere Filmausschnitte, die spannende Einblicke in Leben und Alltag im Südwesten geben, finden Sie hier

Das Haus des Dokumentarfilms stellt auf LEO BW über 180 Filmausschnitte zur Verfügung, die Einblick in das Leben und den Alltag vergangener Tage geben. Dieses Video von 1928 zeigt Ansichten aus Bad Wildbad und eine Fahrt mit der Sommerbergbahn. Die Kurstadt Bad Wildbad ist eingebettet in das stille Tal der Enz im nördlichen Schwarzwald. Seit 1908 bringt die beliebte Sommerbergbahn Fahrgäste von Bad Wildbads Zentrum nach oben auf das Hochplateau des Sommerbergs. Die Idee einer Bergbahn, die mit ihrer Gleisanlage ein weithin sichtbares Band von der Stadt und ihren Bädern und dem Sommerberg darstellen sollte, entstand bereits 1898. Umgesetzt wurden die Pläne jedoch erst 1907 durch eine Bürgerinitiative, die eine Bergbahn-Aktiengesellschaft gegründet hatte. Nach erfolgreicher Eröffnung im Jahr 1908 erkannte die Stadt Wildbad sehr rasch den Nutzen und übernahm die Bahn. Seitdem wird die Sommerbergbahn als kommunaler Eigenbetrieb geführt. Die erste Wagengeneration konnte bereits bis zu 56 Personen vom Tal auf den Sommerberg transportieren, war aber wesentlich langsamer unterwegs als die heutigen Wagen der vierten Generation. An der schönen Aussicht, die man vom Sommerberg ins Enztal hat, hat sich bis heute wenig geändert. Jedoch kamen zahlreiche Attraktionen hinzu, wie beispielsweise der 2014 eröffnete Baumwipfelpfad, der eine außergewöhnliche Perspektive über den Schwarzwald bietet, und die 2018 eröffnete Hängebrücke.
Der schöne Ausblick vom Sommerberg und die Bergbahn waren auch beliebte Motive der beiden Fotografen Karl Blumenthal und Dieter von Schoenebeck. Karl Blumenthal war königlicher Hoffotograf und hatte ein Atelier in Wildbad, das 1950 von Dieter von Schoenebeck übernommen wurde. Die Fotosammlung der beiden Fotografen dokumentiert umfassend die Entwicklung Bad Wildbads während des 20. Jahrhunderts. 2002 übernahm das Hauptstaatsarchiv die Sammlung. Die digitalisierten Fotografien finden Sie hier. (JH)

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Natürlich gekühlte Orte finden sich dieses Jahr vorwiegend unter der Erde, seien es Stollen im Berg oder Kellergewölbe. Früher wurden sie für die Lagerung von Wein oder zur Aufbewahrung von Eis benutzt. Speziell angelegte Eiskeller kamen während des Barockzeitalters in Mode. Die aufwendige Lebenshaltung der Fürstenhöfe forderte die Kreativität von Köchen und Zuckerbäckern, die Speisepläne mit Sorbets und anderen kühlen Köstlichkeiten bereicherten. Die Anlage eines Eiskellers stellte die Baumeister vor besondere Herausforderungen, sollte der Standort nicht nur kühl sondern auch trocken sein und in der Nähe eines Sees oder Teichs liegen, der im Winter ausreichend Eis bildete. Die weitläufigen Parkanlagen boten meist gute Voraussetzungen. Als Alternative zu unterirdischen Kellern entstanden künstlich aufgeschüttete Hügel, die mit besonderen Aufbauten akzentuiert und in das architektonische Gesamtkonzept integriert werden konnten. Eine der größten erhaltenen Anlagen in Süddeutschland gehört zum Ludwigsburger Schloss. Der Eisspeicher besteht aus einem Gewölbe mit kreisrundem Grundriss, einer wegen ihres Fassungsvermögens gern genutzten Form, der zur Dämmung ein zeltähnliches Schilfdach erhielt.

Ein weiteres Beispiel aus dem 19. Jh. hat sich bei der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt Illenau erhalten, wo der Keller in einem nahegelegenen Hügel angelegt wurde. Das Gelände ist heute ein beliebtes Naherholungsgebiet, wobei der etwas gruselige Eisbunker zur Bildung einer Legende anregte. In Winternächten sei dort das Knallen von Peitschen zu hören, das verstärkt durch die Akustik des Gewölbes nach draußen dringt. Im Sommer hingegen herrscht Ruhe und auch zu sehen ist nichts. Die Phantasie machte die Dämonen des Winters für den Spuk verantwortlich, die nur in der kalten Jahreszeit ihr Unwesen treiben. Die ersten warmen Sonnenstrahlen zwingen sie, sich zurückzuziehen und Sommerschlaf zu halten. Das jedenfalls besagt die Geschichte des Fastnachtsvereins „Eiskellerdämonen Oberachern 2009 e.V.“ Der wahre Kern der Legende dürfte darauf zurückzuführen sein, dass das bei  Temperaturschwankungen berstende Eis heftige Geräusche hervorbringt, was nicht nur ängstliche Menschen erschreckt.

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Quartettspiel aus dem 19. Jahrhundert

Kartenspiel: Obst- und Gemüsequartett um 1900 [Quelle: Landesmuseum Württemberg]

Das Spielen ist eine elementare Kulturtechnik. War das gemeinsame Spiel in frühneuzeitlichen und mittelalterlichen Lebensformen fest in den Alltag integriert, veränderte sich ab dem 19. Jahrhundert die Bewertung des Gesellschaftsspiels, was vor allem mit der zunehmenden Ausdifferenzierung der beiden Sozialsphären Arbeit und Freizeit zusammenhing. Die bildende Funktion des Spiels trat in den Vordergrund und das Spielen erschien nur dann als gerechtfertigt, wenn es der Erziehung oder Wissensvermittlung diente. Insbesondere das Quartettspiel widmete sich dem spielerischen Lernen. So gab es beispielsweise Quartette mit Motiven zu Themengebieten wie Geographie, Kunst, Geschichte oder naturkundlichen Themen, wie es das hier gezeigte Obst- und Gemüsequartett aus dem Jahr 1900 darstellt. Gilt das Quartett heute als Spiel für Kinder, so war es zu seinen Anfangszeiten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zunächst an erwachsene Spieler gerichtet und fand vor allen Dingen in den Salons des Bildungsbürgertums Verbreitung.
Dass Spiele immer auch eine gesellschaftspolitische Dimension haben und ein Spiegel der jeweiligen Zeitumstände sind, wird besonders deutlich an Geografie- und Reisespielen, die bereits ab dem 17. Jahrhundert nachweisbar sind. Häufig wurde hier das Motiv der Eroberung verarbeitet und  Ideen des Kolonialismus propagiert. Nicht selten dienten sie aber auch als spielerischer Ersatz für das Reisen selbst, wie dieses jüngere Beispiel aus den 1920er Jahren zeigt. Das Spiel ist eine Form praktisch angewandter Heimatkunde, wofür schon die Spielfiguren sprechen. Sie stellen typisierte Personen in Trachten vor, deren Gewänder erklärt werden: die Gutachterin, den Peterstäler, den Glottertäler, den Hotzenwälder etc. Das Spiel beabsichtigte eine nachhaltige spielerische Verfestigung badischer bzw. Schwarzwälder Stereotypen, die sich im ausgehenden 19. Jahrhundert ausbildeten und zum regionalen Selbstverständnis wurden, wie man sie noch heute in touristischen Prospekten findet.

 

Reisespiel aus den 1920er Jahren zum Thema Schwarzwald

Brettspiel: "Die Reise durch den Schwarzwald" [Copyright: Badisches Landesmuseum Karlsruhe]

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Trinkwasser aus dem Bodensee

Das Wasserwerk in Sipplingen

Große Teile Baden-Württembergs sind Wassermangelgebiete, vor allem der mittlere Neckarraum und die Schwäbische Alb. Anderswo hingegen gibt es Wasser im Überfluss: 63 Kilometer lang, 14 Kilometer breit, 536 Quadratkilometer Wasserfläche – der Bodensee ist unser größter Trinkwasserspeicher im Ländle. Der Rhein bringt 360.000 Liter Wasser pro Sekunde aus den Alpen in den Bodensee, davon werden 1% genutzt, um Baden-Württemberg mit Trinkwasser zu versorgen.

Im Jahr 1954 wurde die Bodenseewasserversorgung gegründet, um den Wassermangel im Land ein für alle Mal zu beenden. In Sipplingen am Bodensee begann 1956 schließlich der Bau der 265 Kilometer langen Fernwasserleitung vom Bodensee bis in den Neckarraum nach Ludwigsburg. Damit wurde ab 1958 der Wasserbedarf in vielen Gemeinden auf der wasserarmen Schwäbischen Alb und im Großraum Stuttgart gesichert. Bis heute versorgt das Wasserwerk Sipplinger Berg über vier Millionen Menschen in Baden-Württemberg mit Trinkwasser aus dem Bodensee und gilt damit als das größte Fernwasserunternehmen Deutschlands.

Seit 2017 verursacht allerdings die massive Ausbreitung einer kleinen Muschel namens Quagga-Dreikantmuschel Probleme. Sie gehört zu den sogenannten Neozoen, also den nicht heimischen Tierarten und wurde vermutlich über das Ballastwasser von Schiffen in den 1990er-Jahren erst nach Nordamerika und dann ungefähr 2005 nach Deutschland gebracht. Sie verstopft die Rohre der Versorgungsanlage, die in rund 60 Meter Tiefe Trinkwasser aus dem Bodensee ziehen. Weitere Wasserwerke sollen 2023/2024 hinzukommen, um die Versorgung mit Trinkwasser auch in Zeiten des Klimawandels zu gewährleisten.

Mehr zur Entwicklung der Wasserversorgung im Südwesten lesen Sie außerdem im LEO-BW-Themenmodul zur "Alltagskultur im Südwesten".

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