Prost Neujahr

Ein Sammelbild aus dem Liebig-Bilder-Album von 1897

Neujahrsbild aus der Liebig-Bilderserie Sommerfreud‘ und Winterlust, 1897, Quelle: Badische Landesbilbiothek Karlsruhe 121 F 282 R

Neujahrsbild aus der Liebig-Bilderserie "Sommerfreud‘ und Winterlust", 1897, Quelle: Badische Landesbilbiothek Karlsruhe 121 F 282 R

Schnelle Suppen aus haltbaren Zutaten gab es bereits in der vorindustriellen Zeit. Suppenwürfel, -tafeln oder -pulver wurden in kleineren Mengen für den privaten Bedarf hergestellt. Ab dem 19. Jh. kamen sie als Verpflegung für Schiffsbesatzungen zum Einsatz. In größerem Stil wurde das von Justus Liebig Mitte des 19. Jh. entwickelte und nach ihm benannte Fleischextrakt produziert und weltweit vertrieben. Die dazu benötigten riesigen Mengen an Rohstoffen lieferten Rinderherden in Uruguay, die zunächst wegen ihres Fells oder Leders gehalten wurden. Liebig hatte die Brühe als Stärkung für Kranke gedacht. Auch in der Küche der ärmeren Leute sollte sie Verwendung finden. Letztendlich erwies sich dies als zu teuer und preiswertere Erzeugnisse eroberten den Markt. Liebigs Fleischextrakt fand in bürgerlichen Kreisen Verwendung. Auch für Heereslieferanten war die ab 1865 unter dem Namen „Liebig’s Extract of Meat Company“ in London ansässige Firma interessant, die ein erfolgreiches und modernes Marketing betrieb. Die Liebig-Bilder, die ab Mitte der 1870er Jahre erschienen, wurden schnell zum Sammlerobjekt, das begehrter war als das Hauptprodukt. Das gezeigte Motiv mit Silvesterball und Neujahrsbankett entstammt einer Serie aus sechs Bildern unter dem Titel „Sommerfreud' und Winterlust“. Die Rückseite der Kärtchen ist mit Informationen über die Herstellung und Anwendung der Suppenpaste bedruckt. Dass nach den Feiertagen gespart wurde, belegt der Text des vorliegenden Bildchens: Hier wird errechnet, dass die Verwendung des Extrakts um 50 Pfennig billiger ist als das Kochen mit frischem Suppenfleisch.

Ob mit oder ohne Suppe: Wir wünschen einen guten Einstieg ins laufende Jahr 2024!
Das gesamte Album gibt es als Digitalisat bei der Badischen Landesbibliothek.

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Gänse auf einem Hof in Bulbucata, Bezirk Vlasca in Rumänien im Oktober 1941, Quelle: Landesarchiv BW, StAF Bildarchiv Willy Pragher, W 134 Nr. 030512a

Gänse auf einem Hof in Bulbucata, Bezirk Vlasca in Rumänien im Oktober 1941, Quelle: Landesarchiv BW, StAF Bildarchiv Willy Pragher, W 134 Nr. 030512a

Das 1946 entstandene Märchen „Die Weihnachtsgans Auguste“ wurde 1951 veröffentlicht und ist eines der populärsten Werke des Schriftstellers Friedrich Wolf: Die drei Kinder der Familie Löwenhaupt freunden sich mit der Weihnachtsgans „Gustje“ an, die eigentlich als Festtagsbraten gedacht ist. Wundersamerweise spricht die Gans Plattdeutsch und kann sich mit den Kindern verständigen. Und noch ein Wunder geschieht: Der Plan von Vater Luitpold, die Gans mit einem Schlafmittel um die Ecke zu bringen und ihrer ursprünglichen Bestimmung zuzuführen, misslingt. Die bereits gerupfte Gans erwacht, erweist sich als äußerst lebendig und wird offiziell in die Familie aufgenommen. Bis neue Federn gewachsen sind, bekommt sie einen Strickpullover zum Anziehen.

Das Leben Friedrich Wolfs, der während der Weimarer Republik zu den bekannten Theaterschriftstellern gehörte, verlief eher dramatisch als märchenhaft. Er kam 23. Dezember 1888 als Sohn einer jüdischen Familie in Neuwied zur Welt und studierte unter anderem in Tübingen Medizin, Philosophie und Kunstgeschichte. Während seines Einsatzes in Lazarette des Ersten Weltkriegs wurde er zum überzeugten Pazifisten. Während der Revolutionstage im November 1918 trat er dem Dresdner Arbeiter- und Soldatenrat bei. In den folgenden Jahren entstanden erste politisch engagierte Erzählungen und Dramen mit dem Ziel eines gesellschaftlichen Wandels. Von 1921 bis zur Emigration 1933 arbeitete Friedrich Wolf als Arzt in Hechingen und später in Stuttgart. Vermehrt griff er historische Themen mit revolutionären Inhalten für seine Stücke auf. „Der arme Konrad“ verhalf ihm 1924 zum Durchbruch. 1928 trat Wolf der KPD bei. 1929 sorgte sein Stück Cyankali, eine Auseinandersetzung mit der Abtreibungsproblematik, überregional für Aufsehen. Die letzten Jahre in Deutschland nutzte Wolf für eine Intensivierung seiner politischen Tätigkeit, während der er Vorträge hielt und sich in südwestdeutschen Arbeitertheatern engagierte. Die Jahre der Emigration führten die Familie in die Sowjetunion, unterbrochen von einem Einsatz Wolfs im spanischen Bürgerkrieg und Internierung in Frankreich. Nach dem Zweiten Weltkrieg ließ sich Wolf in der DDR nieder, trat der SED bei und kümmerte sich um Bereiche des kulturellen Aufbaus. So war er an der Gründung der DEFA und der deutschen Sektion des P.E.N. beteiligt. Wolfs Stücke, wie das Drama „Professor Mamlock - Tragödie der westlichen Demokratie“ von 1933, das den Antisemitismus thematisiert, machen ihn zu einem bis heute bedeutenden Vertreter des politischen Theaters der Weimarer Republik. Ebenso bedeutsam ist eine experimentelle, ästhetisch wirksame Dramaturgie, die unter anderem für die Berliner Piscator-Bühne konzipiert wurde. In seinen späteren Jahren, während der Emigration und nach der Niederlassung in der DDR, konnte Friedrich Wolf nicht mehr daran anknüpfen. Von 1949 bis 1951 war Wolf als Botschafter der DDR in Polen tätig. Er starb 1953 in Lehnitz bei Berlin.

Eine ausführliche Biografie zu Friedrich Wolf auf LEO-BW finden Sie hier

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Buntes auf dem bunten Teller

Von Zuckerdockele, Busserle, Zeltes und Singete

Weihnachtsgebäck und andere Gaben anlässlich einer Veranstaltung mit Diakonissen in Karlsruhe, o.D., Quelle: Stadtarchiv Karlsruhe, 8/Alben 312 / 134

Weihnachtsgebäck und andere Gaben anlässlich einer Veranstaltung mit Diakonissen in Karlsruhe, o.D. Quelle: Stadtarchiv Karlsruhe, 8/Alben 312/134

Natürlich hat auch das „Weihnachtsgebäck“ im Südwesten ganz unterschiedliche Namen. In den meisten Teilen Baden-Württembergs haben sich die Brötle, je nach Landstrich auch „Bretle“ eingebürgert, während die Gutsle im hohen Norden, tiefen Süden, im Bereich der Landeshauptstadt und einigen Gemeinden am Oberrhein zu finden sind. Im Südosten heißen die Plätzchen Bächtle und im Nordosten gibt es Zuckerdockele. Eine Besonderheit können die Wolfacher mit ihren Busserle aufweisen. Im Landkreis Biberach kommen „Springerle“ auf den Tisch, eigentlich ein Anisgebäck, dessen Namen auf das gesamte Angebot übergegangen ist.

In ähnlich volkstümlicher Vielfalt erscheint das Früchtebrot, das zu den ältesten Gebäcksorten gehört. Es wurde nicht nur zu Weihnachten hergestellt, sondern ist sehr lange haltbar und konnte den ganzen Winter über verzehrt werden. Entsprechend der Anbaugebiete überwiegen die Anteile von Zwetschgen oder Birnen, die im getrockneten Zustand als Hutzeln bezeichnet werden. So spricht das nördlichere Baden-Württemberg von Hutzelbrot, wobei das Schnitzbrot am mittleren Neckar und dessen Anrainern verbreitet ist. Im Süden sind das Birnenbrot und der Birnenwecken heimisch, dessen Schwerpunkt sich auf den Südwesten erstreckt. Ausnahmen finden sich auch hier in den östlichen Landesteilen mit den Zeltes bei Ulm und den Singete im Allgäu.

Weitere Dialektbeispiele zum Thema Essen und Lebensmittel finden Sie im "Sprechenden Sprachatlas" des Ludwig-Uhland-Instituts für Empirische Kulturwissenschaft
Mehr über winterliche Backtraditionen im Südwesten gibt es auf LEO-BW im Beitrag über Hildabrötle und das Hutzelbrot am Stephanstag.

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 Statue von Theodor Heuss zu seinem 125. Geburtstag am Tag ihrer Einweihung durch Bundespräsident Horst Köhler in Brackenheim, 2009, Quelle: Landesarchiv BW

Statue von Theodor Heuss zu seinem 125. Geburtstag am Tag ihrer Einweihung durch Bundespräsident Horst Köhler in Brackenheim, 2009, Quelle: Landesarchiv BW

Am 12. Dezember 1963 starb Theodor Heuss. Der Politiker war einer der beliebtesten Persönlichkeiten der Bundesrepublik. Er wurde am am 31. Januar 1884 in Brackenheim geboren und war nicht nur ein Vertreter des traditionellen südwestdeutschen Liberalismus, sondern auch überzeugter Schwabe, der den Dialekt nicht aus seinem Wortschatz verbannt hatte und seine Mitmenschen gern mit "Ihr" statt "Sie" ansprach. Außerdem hegte er eine Vorliebe für Zigarren und Trollinger. Manche sahen in ihm einen liebenswerten Überrest aus dem 19. Jh., für andere war er der Prototyp des Landesvaters schlechthin. Mehr über Theodor Heuss finden Sie hier.

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Von Lebkuchenfrauen und Dürmer Herzen

Weihnachtsgebäck als Existenzsicherung in Walldürn

Walldürn mit der katholischen Stadtkirche Sankt Georg, um 1920. Die Kirche ist heute wieder das Ziel vieler Wallfahrer. Quelle: Landesarchiv BW, GLAK Glasnegative Wilhelm Kratt Glasnegative Wilhelm Kratt

Walldürn mit der katholischen Stadtkirche Sankt Georg, um 1920. Die Kirche ist heute wieder das Ziel vieler Wallfahrer. Quelle: Landesarchiv BW, GLAK Glasnegative Wilhelm Kratt 498-1 Nr. 3574

Von der kargen Kost der Landbevölkerung war bereits die Rede. Doch fehlte es nicht gänzlich an Leckereien. So wurde anlässlich bestimmter Gelegenheiten Gebäck verteilt. In Wallfahrtsorten konnten Lebkuchen, die als Gebildbrote gestaltet waren, zusammen mit Kerzen und Devotionalien erworben werden. Da die Wallfahrt nicht das ganze Jahr über Saison hatte, versuchten die Händler ihr Glück als Hausierer. Besonders in Walldürn entstand so ein ganzer Wirtschaftszweig, wobei sich im Lauf der Jahre eine Stammkäuferschicht auf Märkten und entlang fester Routen entwickelte.

In Walldürn hatte die seit dem frühen 18. Jh. blühende Wallfahrt, die mit dem Verkauf der erwähnten Artikel verbunden war, für ein gutes Auskommen gesorgt. An der Schwelle zum 19. Jh. veränderte sich nicht nur das religiöse Verhalten und die Pilger blieben weg. Kriege, Krisen und wachsende Bevölkerungszahlen brachten die Notwendigkeit neue Erwerbsquellen zu erschließen. Davon betroffen waren ärmere Schichten, kleinere Handwerker und auch viele bedürftige Frauen. Neben dem Handel mit Kerzen und anderen Wachsartikeln sowie Kunstblumen war es vor allem der Verkauf von Lebkuchen, der das Walldürner Hausierwesen beförderte. Stubenbacköfen ließen sich mit verhältnismäßig geringem Aufwand einbauen. Mit den Erzeugnissen ging es zunächst in die nähere Umgebung. Daneben etablierten sich Lebkuchen und anderes Zuckergebäck als willkommenes Angebot auf den Jahrmärkten. Nicht nur die Kinder freuten sich auf etwas Besonderes, das es nur hier gab. Der „harte Kern“ der Hausiererinnen und Hausierer ging zu Fuß selbst weite Wege, die bis nach Franken, in den Nord- und Südschwarzwald oder an den Oberrhein führen konnten. Manche wanderten in die benachbarten Länder, nach Bayern, Hessen und in die Pfalz. Gute Geschäfte ließen sich in größeren Orten wie Karlsruhe, Offenburg, Stuttgart, Marburg oder Würzburg erzielen. Oft dienten diese als Ausgangspunkt für weitere Tagestouren. Erste Hinweise auf die „Walltürner Mädgen" in Quellen gibt es für die Zeit um 1787. Die „Lebkuchenfrauen“, die auch Geschichten mitbrachten, waren gern gesehen. Sie lebten äußerst sparsam und nutzten kostenlose Schlafplätze, die auf den traditionellen Absatzrouten zur Verfügung gestellt wurden. So existierte in manchen Gegenden auf Bauernhöfen eine „Walldürner Stube“, in der die Blumen-, Kerzen- oder Lebkuchenfrau oder der „Lebkuche-Jörg" übernachten durfte. Im Gegenzug bekamen die Herbergsleute das Versprechen für einen Schlafplatz während der Wallfahrt in Walldürn.

Ab dem Herbst gingen Männer und Frauen auf Wanderschaft. In die Zeit bis Lichtmess fielen kirchliche Feste, anlässlich derer sich die Waren gut verkaufen ließen. Das Angebot an Süßigkeiten umfasste außer Lebkuchen die „Flintesteeli“ oder „Schiffli“, ein helles Anisgebäck sowie ausgestochene Plätzchen, als „Krebbel“ bezeichnet, Magenbrot und Zuckerzeug. Zu Weihnachten wurden Lebkuchen und Plätzchen als Christbaumschmuck angeboten. Unter jungen Leuten waren die „Dürmer Herzen" als Liebesgaben begehrt. Transportiert wurden die Waren in einer Kippe, der „Köize". Besonders die Frauen trugen einen großen Korb auf dem Kopf, die „Manne“.

Während der Anfangsjahre im frühen 19. Jh. betrachtete die Obrigkeit sowohl das Hausieren als auch das Angebot mit kritischem Blick. Der Erwerb wurde als unehrenhaft eingestuft, die frei umherziehenden Frauen und Männer waren der Sittenkontrolle entzogen und die Süßigkeiten galten schon damals als gesundheitsschädlich. Doch mit dem Verdienst ließ sich die größte Not der Krisenzeiten ausgleichen. Im Gegensatz zu anderen Orten waren hier nur wenige gezwungen ab- oder auszuwandern. Eine Blüte erlebte der Hausierhandel mit Erteilung der Gewerbefreiheit ab den 1860er Jahren. Die in Walldürn entstehenden Firmen und auch Handwerker organisierten Vertriebswege über „Lohnhausierer“. Das erweiterte Angebot umfasste nun Kurzwaren, Textilien, Bekleidung und mehr. Waren in größerem Umfang wurden per Fuhrwerk in die Absatzorte transportiert, später per Bahn.

Gegen Ende des 19. Jh. geriet die Walldürner Hausiererei durch weniger kräftezehrende Verdienstmöglichkeiten ins Hintertreffen. Feste Bezahlung und Sozialversicherungen waren attraktiver als das wochenlange Herumziehen. Doch lebte das Gewerbe immer dann wieder auf, wenn schwierige wirtschaftliche Verhältnisse alternative Einkommensquellen erforderlich machten. So fanden nach dem Zweiten Weltkrieg Einheimische, Flüchtlinge und Vertriebene ein Auskommen, bis hin zum modernen Jahrmarktsgeschäft, das bis heute betrieben wird.

Der Beitrag ist eine Zusammenfassung von Auszügen des Aufsatzes Das Wandergewerbe der Stadt Walldürn von Peter Assion, erschienen in Badische Heimat 66 (1986), S. 403 – 424. Die Online-Version finden Sie auf der Homepage von Badische Heimat.

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