Deutschordenskommende Mergentheim 

Ortsbezüge:
Baujahr/Gründung: 1219 [1219]
Zerstörung/Aufhebung: 1809 [1809]
Beschreibung: Nachdem der Hochfreie Andreas von Hohenlohe 1219 dem Deutschen Orden beigetreten war, schloss er vor dem Würzburger Bischof Otto von Lobdeburg (1207-1223) mit seinen Brüdern Gottfried und Konrad einen Erbvergleich, der dem Orden seine Besitzungen in Mergentheim einschließlich der Wasserburg übertrug. Heinrich und Friedrich von Hohenlohe wurden ebenfalls noch in diesem Jahr Mitglieder des Deutschen Ordens. Kaiser Friedrich II. (1212-1250) bestätigte die Erbteilungsverträge und die Schenkungen. Neben der Stifterfamilie wurde der Orden besonders durch die hohenlohische Ministerialität gefördert. Mergentheim als eine typische "Hauskommende" eröffnete dem Stiftergeschlecht die Möglichkeit, sowohl die eigenen Kinder standesgemäß zu versorgen wie auch das Stiftungsgut der Familie auf Dauer nutzbar zu erhalten. Während des gesamten 13. Jh. nahmen Angehörige der Hohenlohe führende Stellungen im Orden ein. Das Haus gehörte zur Ballei Franken. Das Fundament für die Stadtherrschaft des Ordens legte Kaiser Ludwig der Bayer (1314-1347), der ihm 1340 das Stadt-, Markt- und Befestigungsrecht verbunden mit der hohen Gerichtsbarkeit verlieh. Zur Finanzierung der Befestigungsbauwerke gestattete er die Erhebung eines Umgelds. Außerdem verlieh Ludwig dem Orden für Mergentheim das "privilegium de non evocando", das den Gerichtsstand der Bürger auf das Stadtgericht beschränkte. Nach einem Visitationsprotokoll vom Anfang des 15. Jh. umfasste der Konvent 19 Ordensbrüder, von denen vier Priester waren. Die ursprüngliche Kapelle des Hauses Mergentheim hatte das Patrozinium des hl. Pankratius, wie aus einer Ablassurkunde italienischer Bischöfe von 1285 hervorgeht. Dieser römische Märtyrer wurde in Deutschland als Patron der Ritter und fallweise als Nothelfer verehrt. Der Ablass konnte neben den üblichen Hochfesten und Marientagen, neben dem Jahrtag der Kirchenweihe und dem Tag des Kirchenpatrons auch am Elisabethfest gewonnen werden. Als weitere Patrone werden die hll. Maria, Georg und Elisabeth genannt. Als Stifter des Mergentheimer Spitals im Jahr 1340 gilt Deutschmeister Wolfram von Nellenburg (1331-1361) nach Ausweis einer zwei Jahrhunderte jüngeren Steintafel im Spital. Wahrscheinlich gab es bereits zuvor eine Versorgungsanstalt für Alte und Kranke. Seit 1446 bestand in Mergentheim eine Georgsbruderschaft, die 1479 der Würzburger Bischof Rudolf von Scherenberg und 1493 Papst Alexander VI. bestätigten. Im März 1478 legte Deutschmeister Ulrich von Lentersheim (1454-1479) die Gottesdienstordnung für das Mergentheimer Spital fest. Der Spitalmeister und nach Möglichkeit ein weiterer Priester hatten für die Lesung wenigstens einer hl. Messe täglich und die Abhaltung der gestifteten Seelenmessen Sorge zu tragen. In Mergentheim konnte der Deutsche Orden 1554 die Stadtpfarrei vom Johanniterorden erwerben, doch wurde auch hier seit der Reformation die Kommunion teilweise unter beiderlei Gestalt gereicht. Erst 1586 ist ein eindeutig katholischer Ordenspriester als Pfarrer in Mergentheim belegt. 1606/07 richtete Erzherzog Maximilian (1591-1618), der Deutschmeister, ein Priesterseminar im Mergentheimer Schloss ein. Zunächst sollten hier zwölf Priester und Alumnen zusammen leben, die zum Teil aus anderen Balleien berufen wurden. Im Bauernkrieg versuchte der Orden nicht, die Stadt Mergentheim zu verteidigen. Die Bürger, die am 26. März 1525 den Schöntaler Propsthof geplündert hatten, öffneten am 6. April dem Taubertaler Bauernhaufen die Stadttore. Trotz vorangehender Verhandlungen wurden erneut der Schöntaler Hof und der Johanniterbesitz geplündert, auch das Deutschordensschloss besetzt. Urkunden, Zins- und Gültregister waren in die Gewölbe der Stadt gerettet und dadurch vor Vernichtung bewahrt worden. Der Amtssitz des Deutschen Ordens, Schloss Neuhaus, wurde geplündert und niedergebrannt. Nach der Zerstörung der Burg Horneck bot die Ballei Franken 1525 dem Deutschmeister zunächst auf acht Jahre Mergentheim als Residenz an, wo sich in der Umgebung der Besitz des Deutschmeistertums verdichtete. 1527 erhielt der Deutschmeister die Administration des Hochmeistertums. Nach dem Verlust Livlands für den Orden 1561 und dem Tode Herzog Albrechts von Preußen 1568 waren die Chancen auf eine Rückgewinnung des Ordensstaates Preußen endgültig verschwunden. Verstärkt wurde nun Mergentheim zur Zentrale des Ordens ausgebaut, wie die Errichtung der Kanzlei und der Schlossumbau verdeutlichen. Letztmals verlängerte die Ballei Franken 1572 den Überlassungsvertrag für Mergentheim, danach blieb die ursprünglich als Provisorium bestimmte Stadt unbestritten Residenz des Administrators des Hochmeistertums und Deutschmeisters. Hofrat und Hofkammer entstanden als Zentralbehörden für das Territorium. Weltliche Juristen und Kanzleibeamte übernahmen zunehmend die Aufgaben von Ordensrittern in der Verwaltung, 1782 wurde das Tauberoberamt mit Sitz auf der Horneck eingerichtet. 1809 löste Napoleon den Orden in den Rheinbundstaaten auf. Mergentheim und der Großteil des Neckar- und Tauberoberamtes wurden am 20. April 1809 vom Königreich Württemberg besetzt, die Besitzergreifung erfolgte am 29. Mai. Dabei wurde das Schloss geplündert, die Seminarbibliothek und das Ordensarchiv nach Stuttgart gebracht. Ein im Juni ausgebrochener Aufstand der Mergentheimer Bevölkerung wurde mit blutiger Gewalt unterdrückt. 1823 wurde die Sala terrena des Schlosses abgebrochen. Prinz Paul von Württemberg wählte das Schloss 1827 als Residenz, später wurde es als Kaserne und Verwaltungsgebäude benutzt. Heute beherbergt es u. a. das Deutschordensmuseum. Die Kirche dient seit 1817 als evangelisches Gotteshaus. Den Ausgangspunkt des Deutschordensschlosses bildet eine um 1169 erweiterte Wasserburg, deren fünfeckige, geschlossene Form im Grundriss noch erkennbar ist. Älteste Teile aus dem 13. Jh. sind im Süd- und Westflügel verbaut und im untersten Teil des Bergfrieds erhalten. 1568 begann Hochmeister Georg Hund von Wenkheim (1566-1572) unter Verwendung älterer Bauteile mit der Errichtung eines neuen Residenzschlosses. Die Bauleitung hatte zunächst Michael Bronner, der 1571 durch Blasius Berwart abgelöst wurde. Auf ihn gehen der Nord- und Westtrakt mit der Spindeltreppe (1576) zurück. Die Baumaßnahmen der Renaissance brachte die Errichtung des Hauptportalturms 1626 zum Abschluss. Im 17. und 18. Jh. fanden mehrfach Umbauten statt. Im zweiten Obergeschoss richtete Ordensbaumeister Franz Anton Bagnato (1731-1810) den klassizistischen Kapitelsaal ein (1780/82), der Stuck mit kriegerischer Emblematik geht auf Augustin Bossi zurück. Die Schlosskirche St. Maria, Georg und Elisabeth wurde 1730-1736 an der Stelle der älteren Kapelle am Ostflügel der Hauptburg von Franz Joseph Roth (1690-1758) erbaut, Entwürfe von Balthasar Neumann und François Cuvilliés sind erhalten. Der äußere Schlosshof wird vom Kanzlei- und Archivgebäude (1568/71 von Bronner), der Trapponei (1776/80 von Ferdinand Hornstein) und weiteren Ökonomiegebäuden des 16. und 18. Jh. umgrenzt.
Autor: DIETER J. WEISS
Objekttyp: Kloster
Ordensregel:
  • Deutscher Orden 1219-1809
Sonstiges: Bistum: Würzburg, ab 1821 Rottenburg-Stuttgart,
fiel an: Württemberg (1809)
Weiter im Partnersystem: http://www.kloester-bw.de/?nr=168

Adresse Bad Mergentheim

Literatur:
  • M. Erzberger: Die Säkularisation in Württemberg von 1802 bis 1810. Ihr Verlauf und ihre Nachwirkungen. Stuttgart 1902, ND Aalen 1974. 321ff.W. Zimmermann / N. Priesching (Hg.): Württembergisches Klosterbuch. Klöster, Stifte und Ordensgemeinschaften von den Anfängen bis in die Gegenwart. Stuttgart 2003. 346-349 (D. WEISS).B. DEMEL: Das Priesterseminar des Deutschen Ordens zu Mergentheim (Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens 12). Bonn-Godesberg 1972.DERS.: Mergentheim - Residenz des Deutschen Ordens (1525-1809). In: Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte, 1 (1937) ff. 34/35 (1975/1976) 142-212.E. RAUPP: Die Bautätigkeit des Deutschen Ordens in seiner ehemaligen Residenzstadt Mergentheim unter besonderer Berücksichtigung des Ordensschlosses (Mainfränkische Studien 9). Würzburg 1975.D. WOJTECKI: Der Deutsche Orden in Württembergisch Franken. Entwicklung der Besitz- und Personalgeschichte der Kommenden Mergentheim, Heilbronn und Horneck im 13. Jahrhundert. In: Württembergisch Franken 60 (1976) 55-113.H.-P. TRENSCHEL: Deutschordensschloss Bad Mergentheim mit Schlosskirche und Deutschordensmuseum. München/Zürich 6 1988.D. J. WEISS: Die Deutschordens-Ballei Franken im Mittelalter (Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte IX/39). Neustadt a. d. Aisch 1991, 73-84, 219-224, 440-451.B. KLEBES: Der Deutsche Orden in der Region Mergentheim im Mittelalter. Kommende, Stadt- und Territorialherrschaft (1219/20 - ca. 1525) (Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens 58). Marburg 2002.
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