Zisterzienserinnenabtei Kirchheim im Ries 

Ortsbezüge:
Baujahr/Gründung: 1267 [1267]
Zerstörung/Aufhebung: 1802 [1802/03]
Beschreibung: Am östlichsten Rande Württembergs finden wir das ehemalige Zisterzienserinnenkloster Mariä Himmelfahrt zu Kirchheim am Ries. Abseits der pulsierenden Verkehrswege überragt es noch heute, beschaulich auf einem Absatz des Blasienberges liegend, die weite Riesebene. Im Jahre 1267 stiftete Graf Ludwig III. von Oettingen gemäß einem Gelübde in größter Todesnot unweit des damaligen Doppeldorfes Kirchheim mit den Pfarreien St. Martin im unteren und St. Jakob im oberen Dorf ein Frauenkloster. Die Stiftungsurkunde von 1270 kündet von der reichen Grundausstattung. Mehrfach mit päpstlichen und königlichen Schutzbriefen ausgestattet, konnte aus der ursprünglich für zwölf Chorfrauen angedachten Zisterze eine florierende Abtei werden. 1296 zählte sie bereits 50 Nonnen und zehn Konversen. Das machte bereits um 1300 eine erhebliche bauliche Erweiterung erforderlich. Das Frauenkloster war dem Abt von Kaisheim zur Visitation unterstellt. Die Schirmvogtei des Klosters behielten die Grafen von Oettingen. Das Kloster war als Grablege der Oettinger vorgesehen und wurde für 35 Grafen und 37 Gräfinnen auch die letzte Ruhestätte. Bis zur Reformation wurde der Konvent von Frauen adeliger Herkunft, darunter auch vier Äbtissinnen aus der Stifterfamilie, geführt. Neben dem geistlichen Leben der Chorfrauen und Laienschwestern gab es unter der Leitung eines Klostervogtes einen umfassenden wirtschaftlichen Betrieb, der der Selbstversorgung des Klosters diente. Graf Ludwig XV. reformierte gemeinsam mit seinem Sohn Ludwig XVI. in den Jahren nach 1543 in mehreren Anläufen das Dorf und versuchte, auch im Kloster den neuen Glauben durchzusetzen. Die Klostergemeinschaft widersetzte sich und blieb mit Unterstützung des Grafen Martin, eines Bruders der Äbtissin Anna von Oettingen, katholisch. Innere Reformen stärkten den klösterlichen Geist. Nun wurden auch Konventsmitglieder bürgerlicher Herkunft in das Amt der Äbtissin gewählt. Trotz mancherlei Gefährdungen über die Jahrhunderte, insbesondere während des 30-jährigen Krieges, als das Kloster dem schwedischen Obristen Sperreuter als Kriegsbeute vorübergehend zufiel, hatte das Zisterzienserinnenkloster in Kirchheim letztlich bis zur Säkularisation im Jahre 1802/03 Bestand. Durch den Reichsdeputationshauptschluss fiel Kirchheim an das Fürstenhaus Oettingen-Wallerstein. Die Nonnen konnten mit fürstlicher Genehmigung in dem aufgehobenen Kloster zusammenbleiben. Erst nach dem Tod der letzten Äbtissin Maria Violantia Hierl aus Wemding am 16. September 1829 wurde die Klosterbibliothek, darunter eine große Zahl von Handschriften, vom Fürsten Oettingen-Wallerstein mit dem Säkularisationsgut aus vier weiteren Klöstern in seiner Bibliothek zusammengeführt. Mit Anna Wörner aus Ellwangen starb am 14. Februar 1858 die letzte Nonne des alten Klosters. Die besondere Marienverehrung der Zisterzienserinnen wird dabei heute noch in zahlreichen Bildwerken des Klosters sichtbar. Ein Altar mit der Darstellung der Schmerzhaften Mutter Gottes und eine kleine Auswahl von Votivtafeln künden in der Stiftskapelle von der um 1750 einsetzenden Wallfahrt. Die zu Kirchheim gehörende Wallfahrtskapelle im nahe gelegenen Weiler Jagstheim fand den besonderen Zuspruch des Jesuitenpaters Philipp Jeningen. Hier wird alljährlich am Pfingstmontag ein Wallfahrtsfest ausgerichtet. Seit 1817 dient die ehemalige Klosterkirche der katholischen Pfarrgemeinde als Pfarrkirche. Der Verfall der ungenützten Gebäude führte um 1870 zum Abbruch bedeutender Teile des Klosters, darunter der doppelstöckige Kreuzgang und ein alles überragendes Gästehaus. Aus der Frühzeit des Klosters sind uns heute noch die gotische Klosterkirche sowie ein Abteiflügel mit frühgotischer Stiftskapelle und Frauenchor erhalten geblieben. Kirche und Kapellen wurden im 17. und 18. Jh. entsprechend dem Zeitgeschmack und der wirtschaftlichen Leistungskraft reich mit barocker Ausstattung, überwiegend aus Kaisheimer Werkstatt, versehen. In den früheren Konventgebäuden wurden Altersheim und katholischer Kindergarten eingerichtet. Fürst Eugen zu Oettingen-Wallerstein übereignete im Mai 1948 Pfarrkirche, Pfarrhaus, Abteiflügel und den südlichen Klostergarten kostenlos - gegen Übernahme der Baulasten - der katholischen Pfarrgemeinde Kirchheim am Ries. In den weitläufigen Wirtschaftsgebäuden des noch heute mauerumschlossenen Klosterareals wurden im Zuge der Landreform nach dem Zweiten Weltkrieg mehrere neue bäuerliche Betriebe angesiedelt. Eine mehrjährige Renovierung der Klosterkirche konnte im Mai 2001 mit der Weihe des neuen Volksaltars durch Weihbischof Thomas Maria Renz festlich vollendet werden. In frischem Glanz strahlt nun die Klosteranlage wieder ins Land. Zahlreiche Kunstwerke aus den verschiedenen Jahrhunderten künden noch vor Ort von der geistlichen Tradition des alten Klosters. Manches wurde auch in die Welt hinausgetragen. So hat der "Meister von Kirchheim" mit seinen Bildwerken aus der Zeit um 1500 eine Heimat in verschiedenen Museen gefunden. Die Bibliothek des ehemaligen Zisterzienserinnenklosters Kirchheim am Ries konnte weitgehend rekonstruiert werden und hat in Augsburg wissenschaftliche Bearbeitung und öffentliche Aufstellung gefunden.
Autor: EDWIN MICHLER
Objekttyp: Kloster
Ordensregel:
  • Zisterzienserinnen 1267-1803/58
Sonstiges: Bistum: Augsburg, ab 1821 Rottenburg-Stuttgart,
fiel an: Oettingen-Wallerstein (1802)
Weiter im Partnersystem: http://www.kloester-bw.de/?nr=224

Adresse Klosterhof 01-03, Kirchheim am Ries

Literatur:
  • M. Erzberger: Die Säkularisation in Württemberg von 1802 bis 1810. Ihr Verlauf und ihre Nachwirkungen. Stuttgart 1902, ND Aalen 1974. 407f.W. Zimmermann / N. Priesching (Hg.): Württembergisches Klosterbuch. Klöster, Stifte und Ordensgemeinschaften von den Anfängen bis in die Gegenwart. Stuttgart 2003. 303-305 (E. MICHLER).W. WIRTH: Kirchheim am Ries (Kleiner Kunstführer 845). München 1987.R. HOLZINGER: Kloster Kirchheim am Ries (1267-1505). Hamburg 1997.A. SCHROMM: Die Bibliothek des ehemaligen Zisterzienserinnenklosters Kirchheim am Ries. Tübingen 1998.
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