Johanniterkommende Bruchsal 

Ortsbezüge:
Baujahr/Gründung: 1272 [vor 1272]
Zerstörung/Aufhebung: 1805 [1805]
Beschreibung: Die erste urkundliche Erwähnung eines Hauses in Bruchsal im Besitz der Johanniter findet sich für das Jahr 1272; die hier tätigen Brüder nahmen 1287 mit der Übertragung eines Hofes bei Durlach und Grötzingen eine bedeutende Schenkung entgegen. Zehn Jahre später erscheint ein Bruder Richard als erster bekannter Komtur, dem ein Ordensgeistlicher für die Gottesdienste in der Ordenskapelle und ein kleiner Bruderkonvent unterstanden haben sollen. Das Ordenshaus nahm zunächst eine günstige Entwicklung, wurde aber dann durch die für den Orden krisenhaften Zeitläufte des 14. Jh. - Rückgang der Schenkungen, hohe Verschuldung wegen der kostspieligen Übernahme der Templergüter wie auch wegen des Ausbaus der Festungen auf Rhodos und dem Unterhalt der Galeerenflotte - in Mitleidenschaft gezogen. Ein Teil der Güter ging in die Hände des Stadtherrn, des Bischofs von Speyer, über. Im Jahr 1426 war das Ordenshaus bereits als Membrum (unselbstständiges Ordenshaus) der Kommende Heimbach in der Pfalz unterstellt und erscheint in dieser Eigenschaft zusammen mit Weißenburg im Elsaß und Mußbach auch in der Generalvisitation von 1495. Der Heimbacher Komtur hatte 1475 mit Zustimmung des deutschen Provinzialkapitels das Membrum Bruchsal zur Verwaltung auf Lebenszeit ("Arrendatio") dem Ordenskaplan Johann Descheler übertragen; dieser hatte dafür jährlich 100 Gulden und ein Fuder Rotwein zu entrichten. Das Ordenshaus befand sich damals vor den Stadtmauern an der Straße nach Bretten; die Kapelle hatte keine Pfarrrechte. Sie war dem Ordenspatron St. Johannes Baptist geweiht und besaß drei Altäre (St. Johann Baptist, Jungfrau Maria, Apostel St. Philippus und Jakobus). Diese Gebäude wurden 1640 zerstört und der Orden konnte erst nach längeren Streitigkeiten - auch mit dem Speyerer Bischof und Trierer Erzbischof Philipp von Sötern - 1653 seinen Sitz in einem ihm gehörenden als Lehen ausgegebenen Gebäude in der Nähe der Stadtkirche nehmen. Seit 1648 firmierte das Bruchsaler Ordenshaus zusammen mit Weißenburg im Elsaß, das ebenfalls Membrum von Heimbach gewesen war, als Kommende Bruchsal-Weißenburg. Diese profitierte sicherlich von dem Glanz der fürstbischöflichen Residenz Bruchsal, war aber den Einkünften nach nicht sonderlich attraktiv. Sie wurde meist jungen Ordensrittern, die ihren Dienst bei der Ordensflotte abgeleistet hatten, als erste Versorgung übertragen. Während der Ordensbesitz in Weißenburg 1794 im Verlauf der Revolutionskriege verloren ging, nahm Baden nach dem Preßburger Frieden 1805 provisorisch von der Bruchsaler Niederlassung Besitz, beließ aber dem Komtur Adam Reich von Reichenstein zunächst noch die Nutzung gegen eine jährliche Pachtsumme von 2.000 Gulden. Obwohl der Pachtvertrag bis zum Jahr 1813 abgeschlossen war, übernahm die badische Regierung den gesamten Güterkomplex zum 1. Januar 1809 und verkaufte ihn vier Jahre später für 78.688 Gulden. Der Grundbesitz belief sich auf 330 Morgen. Dem ehemaligen Komtur wurde eine jährliche Pension von 1.600 Gulden bewilligt, die später gekürzt wurde. Reichenstein verstarb völlig verarmt am 21. November 1821. Von den Ordenshäusern vor und in der Stadt sowie der Kapelle haben sich keine Reste erhalten. Nur der Straßenname "Johanniterstraße" und die Bezeichnung "An der Komturei" erinnern noch an die einstige Anwesenheit der Brüder des hl. Johannes.
Autor: WALTER G. RÖDEL
Objekttyp: Kloster
Ordensregel:
  • Johanniter vor 1272-1805
Sonstiges: Bistum: Speyer, ab 1821 Freiburg,
fiel an: Baden
Weiter im Partnersystem: http://www.kloester-bw.de/?nr=261

Adresse Bruchsal

Literatur:
  • A. WETTERER: Der Johanniterhof in Bruchsal. In: Bruchsaler Wochenblatt (1920) Nr. 16-32.W. G. RÖDEL: Das Großpriorat Deutschland des Johanniter-Ordens im Übergang vom Mittelalter zur Reformation. 2. Aufl. Köln 1972, 236-239, 451.DERS.: Die Johanniterkommende Heimbach in der Pfalz und ihre membra. In: Blätter für pfälzische Kirchengeschichte 40 (1973) 5-55.DERS.: Ehemalige Ordensniederlassungen in Baden-Württemberg: Bruchsal. In: Der Johanniterorden in Baden-Württemberg 87 (1993) 13-18.
Suche
Durchschnitt (0 Stimmen)