Kapuzinerkloster Villingen 

Ortsbezüge:
Baujahr/Gründung: 1655 [1655]
Zerstörung/Aufhebung: 1806 [1806]
Beschreibung: Die Kapuziner waren die letzte Ordensgemeinschaft, die in der unter österreichischer Landeshoheit stehenden Stadt Villingen Fuß fasste. Die vom Magistrat 1653 ausgesprochene Einladung zu einer Klostergründung wurde von dem Provinzkapitel der Schweizer Kapuziner bereitwillig aufgegriffen. Als Baugrund stellte die Stadt nach längerem Suchen einen Platz am Niederen Tor zur Verfügung, wo es als Zeichen der Inbesitznahme am 16. August 1654 zur Aufrichtung eines hölzernen Kreuzes kam. Die fürstbischöfliche Erlaubnis zum Klosterbau traf erst im folgenden Jahr ein, da die in den Kapuzinern eine unliebsame Konkurrenz witternden Villinger Franziskaner die Präsenz eines weiteren Bettelordens hintertrieben. Nachdem am 15. August des Jahres 1655 die Grundsteinlegung durch einen Konventualen der Benediktinerabtei St. Georgen vorgenommen worden war, sah es zunächst nach einem reibungslosen Fortgang der Bauarbeiten aus. Die vorläufig in der Siechenschaffnerei untergebrachten vier Ordensmänner der Schweizerischen Kapuzinerprovinz mussten indes erleben, dass der vom Magistrat versprochene Klosterbau ins Stocken geriet. Grund hierfür war die schwache Finanzlage des durch den 30-jährigen Krieg geschädigten Gemeinwesens, die ihrerseits den Erwerb des dringend benötigten zusätzlichen Baugrundes nicht zuließ. Im Zuge dieser Schwierigkeiten wurden von den Franziskanern angefachte Stimmen aus der Bürgerschaft laut, welche das Gründungsprojekt prinzipiell in Frage stellten. Der Magistrat blieb indes standhaft und brachte die Kritiker durch den entschlossenen Zukauf weiteren Baugrundes zum Schweigen. Das sechs Jahre brach liegende Projekt einer Klostergründung konnte 1662 mit neuem Schwung wieder aufgegriffen und ein Jahr später zum Abschluss gebracht werden. Am 29. Juni 1664 nahm der damalige Konstanzer Fürstbischof Johann Franz von Praßberg in Gegenwart einer großen Volksmenge die Weihe der Klosterkirche zu Ehren des hl. Wendelin vor. Unter den geladenen Gästen behauptete das Haus Fürstenberg einen Ehrenrang. Es konnte sich der Gründung mehrerer Kapuzinerklöster rühmen und hatte auch bei dem Villinger Projekt Geburtshilfe geleistet. Dass die landgräfliche Unterstützung nicht ganz uneigennützig gewährt worden war, erschließt sich durch den Blick auf den Wirkungskreis der Villinger Klosterfamilie. Wohl auch um Konfrontationen mit dem die älteren Rechte besitzenden Franziskanerkloster aus dem Weg zu gehen, beschränkte sie sich in ihrer seelsorgerlichen Aktivität nämlich keineswegs auf den städtischen Bereich, sondern zog verstärkt auf fürstenbergisches Gebiet, um dort Missionen durchzuführen und in der Betreuung der Gemeinden auszuhelfen. Der Benediktinerorden, der sich ebenfalls für ein Kommen der Kapuziner eingesetzt hatte, vertraute den Ordensmännern überdies die Seelsorge in den Gemeinden Pfaffenweiler und Herzogenweiler an. Die markanteste bauliche Erweiterung nahm der 1668 in die neu gegründete Vorderösterreichische Kapuzinerprovinz eingegliederte Konvent im Jahre 1716 durch die Errichtung einer Totenkapelle für die verstorbenen Mitbrüder vor. Bereits im Jahre 1785 dekretierte Kaiser Josef II. die Auflösung des Villinger Konventes, der damals zu der 1781 neu gebildeten, aber entscheidend geschwächten Vorderösterreichischen Kapuzinerprovinz gehörte. Die Ausführung des kaiserlichen Erlasses wurde indes verzögert und schließlich ausgesetzt, was dem Kloster noch einmal ein über 20 Jahre dauerndes Schlusskapitel ihres Villinger Daseins bescherte. Der Anfall der Stadt Villingen an das Haus Baden im Jahre 1806 bedeutete das Ende für den personell bereits in seiner Substanz getroffenen Konvent. Das Klostergebäude, in dem im Zuge des gewährten Bleiberechts die letzten Brüder 1814 verstorben waren, wurde 1820 an ein Konsortium von sechs Villinger Bürgern veräußert. Diese rissen das Kloster ab und gestalteten die Kirche zu einem Brauhaus um.
Autor: MATTHIAS ILG
Objekttyp: Kloster
Ordensregel:
  • Kapuziner 1655-1806
Sonstiges: Bistum: Konstanz, ab 1821 Freiburg,
fiel an: Modena (1802), Johanniter (1802), Österreich (1803), Württemberg (1806), Baden (1806)
Weiter im Partnersystem: http://www.kloester-bw.de/?nr=446

Adresse Niedere Straße 90, Villingen-Schwenningen

Literatur:
  • Die Kunstdenkmäler des Kreises Villingen. Beschreibende Statistik. Bearb. v. F. X. Kraus (Die Kunstdenkmäler des Großherzogthums Baden Bd. II). Freiburg i. B. 1890. 136.Chr. RODER: Die Kapuziner zu Villingen. In: Freiburger Diözesan-Archiv 31 (1903) 236-255.P. REVELLIO: Beiträge zur Geschichte der Stadt Villingen. Villingen 1964, 147f.B. Mayer O.F.M. Cap.: Die Kapuzinerklöster Vorderösterreichs. In: Helvetia Franciscana 12 (1973-77) 368-372.W. HUGER: Die Kapuziner und das Kapuzinerkloster zu Villingen sowie baugeschichtliche und archäologische Erkenntnisse während der Umbauarbeiten 1987. In: Jahresheft Geschichts- und Heimatverein Villingen 13 (1988/89) 44-71.B. JENISCH: Zur Grablege von Franz Karl zu Fürstenberg im Villinger Kapuzinerkloster. In: Schriften des Vereins für Geschichte und Naturgeschichte der Baar 38 (1995) 107-115.
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