Franziskanerinnenkloster Unlingen 

Ortsbezüge:
Baujahr/Gründung: 1414 [1414]
Zerstörung/Aufhebung: 1782 [1782]
Beschreibung: Drei leibliche Schwestern hatten sich im Jahre 1414 entschlossen, keusch zusammen zu leben und Gott zu dienen. Bereits 1420 nahm Ritter von Ellerbach (Erbach) die Frauen in sein Haus neben der Pfarrkirche auf, das er ihnen 1461 schenkte. Schon früh müssen die Schwestern nach der Dritten Regel des hl. Franziskus gelebt haben, denn bei der Stiftung des Frauenklosters in Riedlingen im Jahr 1420 verlangte die dortige Stifterin, auch eine Unlinger Schwester müsse der Riedlinger Gemeinschaft angehören. Die 1461 bereits dreizehn Schwestern zählende Klause bestätigte der Konstanzer Bischof Heinrich. Eine erste als "Mutter" bezeichnete Oberin wurde benannt. Zu diesem Zeitpunkt kamen die Unlinger Klosterfrauen durch Schenkungen und Eigenerwerb zu beachtlichem Grundbesitz. Das Kloster gehörte zunächst zur Straßburger Konventualenprovinz, später zur Straßburger Observantenprovinz. Regelmäßig stellten die regierenden Habsburger das Kloster unter ihren Schutz und das Haus Waldburg, Pfandherr habsburgischer Gebiete um den Bussen, entwickelte sich zum besonderen Wohltäter. Der Klosterbesitz weitete sich auf die umliegenden Dörfer aus. Reichtum brachte das Kloster zu Beginn des 30-jährigen Krieges in innere Schwierigkeiten. Wegen des "verfluchten Eigentums" schlichen sich "abscheuliche Missbräuche", so die damalige Oberin Anna Johanna Hermanutzin, ein. Zudem starben von 14 Schwestern sieben an der Pest. Mit dem Neubeginn nach dem Westfälischen Frieden begann auch die innere Reform des Klosterlebens. Alles "schnurgerad der hl. Regul unseres heiligen Vaters Francisci zuwider" Laufende hat die Oberin "mit größter Bemühung ausgerottet". Die Zahl der Nonnen wuchs an. Die Besitzungen nahmen erneut zu. Erbschaften und Mitgiften brachten dem Kloster bedeutende Summen ein. Der Unlinger Konvent war sogar in der Lage, das 1660 abgegangene Kloster Königseggwald 1711 zu beleben. In Unlingen konnte an einen Klosterneubau gedacht werden. Mit der Schenkung von Baumaterialien der umliegenden Männerklöster und Schenkungen anderer Wohltäter legte Abt Nikolaus Wierieth von Obermarchtal 1669 den Grundstein. Neben dem eigenen Oratorium in der Pfarrkirche bauten sich die Schwestern 1688 die Klosterkapelle "Mariä Heimsuchung", wie auch das Kloster seit alters her genannt wurde. Kostbare Zuwendungen konnten die Schwestern für die neue Kapelle verzeichnen. Das kaiserliche Haus in Wien stiftete Ornat, Ziborium und Kelch und die Königin von Polen schenkte die Monstranz. Das wundertätige Muttergottesbild "auf der Saul", das während der Reformation aus dem Schorndorfer Franziskanerinnenkloster nach Unlingen gelangte, wurde auf den Hochaltar gestellt. Zwischen 1724 und 1729 wurde die Kapelle von Franz Anton Beer umgebaut und erweitert. Auch dann nahmen sich die Schwestern der Gestaltung der Gottesdienste in der Pfarrkirche an. Sie ließen die Orgel einbauen, übernahmen das Orgelspiel und den Gesang. Aus verschiedenen Gründen kam es zu Zwistigkeiten im Verhältnis zum Ortspfarrer, der auch Beichtvater der Klosterfrauen war. Ihrem Bestreben, sich in pastoralen Angelegenheiten vom Ortsgeistlichen unabhängig zu machen, wurde seitens des Ordinariats Einhalt geboten. Mitte des 18. Jh. normalisierte sich das Verhältnis. 1782 wurde das Unlinger Kloster säkularisiert. Insgesamt zählte der Konvent noch 16 Schwestern. Das Durchschnittsalter betrug 47 Jahre, die jüngste Schwester war 27 Jahre alt. Den Frauen wurde angeboten, einem anderen Orden beizutreten oder im neu zu gründenden "K.K. österreichischen Institut" in Unlingen bis zum Lebensende zu verbleiben, wofür sich alle entschieden. Auch Schwestern aus den aufgehobenen Konventen in Saulgau und Moosheim kamen nach Unlingen. Die Oberin erhielt eine jährliche Pension von 200 Gulden, den Schwestern wurden 150 Gulden ausbezahlt. Der Habit musste abgelegt werden. Die letzte Schwester starb 1830. Das beträchtliche Klostervermögen betrug 88.715 Gulden. Die Gemeinde Unlingen kaufte bereits 1783 die Gebäude und Güter. Nach und nach wurden hier Schulräume und Wohnungen eingebaut. Das stark heruntergewirtschaftete, ehemalige Klosteranwesen wurde 2001 unter dem Namen "Klosterhof" zur neuen Ortsmitte mit Kirche, Kapelle, Rathaus, Wohnungen und barockem Klostergarten umgestaltet.
Autor: WINFRIED ASSFALG
Objekttyp: Kloster
Ordensregel:
  • Franziskaner-Terziarinnen 1414-1782
Sonstiges: Bistum: Konstanz, ab 1821 Rottenburg-Stuttgart,
fiel an: Österreich (1782), Württemberg (1806)
Weiter im Partnersystem: http://www.kloester-bw.de/?nr=628

Adresse Kirchgasse 11, 88527 Unlingen

Literatur:
  • W. Zimmermann / N. Priesching (Hg.): Württembergisches Klosterbuch. Klöster, Stifte und Ordensgemeinschaften von den Anfängen bis in die Gegenwart. Stuttgart 2003. 486f. (W. ASSFALG).Alemania Franciscana Antiqua. Ehemalige franziskanische Männer- und Frauenklöster im Bereich der Oberdeutschen oder Straßburger Franziskaner-Provinz mit Ausnahme von Bayern, hg. v. J. Gatz. Ulm 1 (1956) – 19 (1974/76) 8 (1962) 84-131 (T. SELIG).Der Landkreis Biberach. Hg. v. der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg in Verbindung mit dem Landkreis Biberach (Kreisbeschreibungen des Landes Baden-Württemberg). 2 Bde. Sigmaringen 1987/90. II, 864f.Die Kunst- und Altertumsdenkmale im ehemaligen Donaukreis. Kreis Riedlingen. Bearb. v. W. von Matthey und H. Klaiber (Die Kunst- und Altertumsdenkmale in Württemberg. Hg. vom Württ. Landesamt für Denkmalpflege). Stuttgart/Berlin 1936. 221f.
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