Kapuzinerkloster Überlingen 

Ortsbezüge:
Baujahr/Gründung: 1619 [1619]
Zerstörung/Aufhebung: 1806 [1806]
Beschreibung: Das Überlinger Kapuzinerkloster gehörte zu den frühesten Gründungen der ab 1600 mit großem Elan über den Bodensee expandierenden Schweizerischen Kapuzinerprovinz. Letztere erhielt bereits 1613 vom Rat der katholischen Reichsstadt Überlingen das positiv aufgenommene Angebot einer Niederlassung. Die Überlinger Offerte, welche den Ordensmännern einen vor dem Grundtor, also außerhalb der Stadtmauern gelegenen Bauplatz zuwies, wurde 1618 von einer kapuzinischen Abordnung intensiv geprüft und ein Jahr später wurde als Zeichen der Besitzergreifung an der zugewiesenen Stelle ein Kreuz errichtet. Nicht zuletzt aufgrund großzügiger Spenden war den Bauarbeiten ein rascher Fortgang beschieden, so dass der Konstanzer Weihbischof Johann Jakob Mirgel die errichtete Klosterkirche am 8. September 1621 zu Ehren Mariae Opferung weihen konnte. Im 30-jährigen Krieg gingen die Kapuziner indes schon 1634 bei der Belagerung der Stadt durch schwedische Truppen ihrer neuen Heimstatt verlustig. Das besetzte Klostergebäude hatte sich als ein dem Feind Rückhalt bietender Stützpunkt erwiesen und wurde deshalb abgetragen. Die Ordensmänner erhielten in der Stadt ein Notquartier, wo sie sich 1635 als "Samariter" der Pestkranken auszeichnen konnten. Die Entspannung der militärischen Lage ermöglichte den 1640 abgeschlossenen Wiederaufbau des Klosters, dessen Kirche am 29. April letztgenannten Jahres durch den Konstanzer Fürstbischof unter Vergabe des alten Patroziniums geweiht wurde. Dem zweiten Kloster sollte allerdings ein noch kürzeres Dasein als seinem Vorgängerbau bestimmt sein. Bereits 1643 lag er wie weite Teile der Reichsstadt in Schutt und Asche. Erst im Gefolge des Westfälischen Friedens tat sich für die Kapuziner die Chance zu einem dritten Klosterbau auf. Der seit 1650 mit der Angelegenheit befasste Rat zog aus dem zweimaligen Untergang des Klosters indes die Lehre, dass der angestrebte Neubau im Schutze der Überlinger Stadtmauern zu erfolgen habe. Den Kapuzinern wurde demnach am Steckenmarkt ein Bauplatz zugewiesen, wo es am 23. August 1654 zur Aufrichtung des Kreuzes kam. Der ebenfalls mit Spenden aus der Überlinger Bürgerschaft finanzierte dritte Klosterbau war 1658 bezugsfertig. Sein Gotteshaus wurde am 27. Oktober besagten Jahres durch den Konstanzer Fürstbischof Franz Johann Vogt von Praßberg mit dem Patrozinium der ersten beiden Kirchen versehen. Dass die mit Hilfe der Bevölkerung sich letztlich behauptenden Überlinger Kapuziner einen festen Rückhalt in der katholischen Reichsstadt hatten, kommt in dem Umstand zum Ausdruck, dass allein bis 1668 sechs Bürgersöhne die Reihen des Ordens verstärkten. Auch nachdem der Konvent der 1668 ins Leben gerufenen Vorderösterreichischen Kapuzinerprovinz eingegliedert worden war, bildete die Stadt am Bodensee ein Reservoir für ordenseigenen Nachwuchs. Die Überlinger Kapuziner wirkten indes nicht nur innerhalb der reichsstädtischen Mauern, sondern waren als Seelsorger auch in der vorderösterreichischen Landgrafschaft Nellenburg und anderen angrenzenden Gebieten aktiv. Das 1781 der Schwäbischen Provinz eingegliederte Kapuzinerkloster, als dessen bekanntestes Mitglied der hier 1745 verstorbene Chronist Romuald von Stockach zu gelten hat, wurde 1803 zunächst dem Deutschen Orden zugesprochen, bevor es 1805 in den Besitz des Hauses Baden überging, das im Frühjahr 1806 die Aufhebung veranlasste. Den verblieben Ordensmännern wurde das ehemalige Minoritenkloster als Wohnung zugewiesen, wo im Jahre 1817 noch vier Brüder lebten. Das klösterliche Anwesen, dem der Konvent 1751 eine dem Kapuzinermärtyrer St. Fidelis von Sigmaringen geweihte Kapelle angeschlossen hatte, wurde im Jahre 1809 von der badischen Regierung an einen Privatmann veräußert. Dieser betrieb in seinen Mauern über einige Jahre hinweg eine Badeanstalt und Wirtschaft. Nachdem die Stadt Überlingen die Anlage 1818 erworben hatte, gelangte sie alsbald wieder in private Hand, was zahlreiche Umbauten nach sich zog. Erhalten haben sich deshalb nur Bauelemente der ehemaligen Klosterkirche.
Autor: MATTHIAS ILG
Objekttyp: Kloster
Ordensregel:
  • Kapuziner 1619-1806
Sonstiges: Bistum: Konstanz, ab 1821 Freiburg,
fiel an: Deutscher Orden (1803), Baden (1805)
Weiter im Partnersystem: http://www.kloester-bw.de/?nr=666

Adresse Überlingen

Literatur:
  • Die Kunstdenkmäler des Kreises Konstanz. Beschreibende Statistik. Bearb. v. F. X. Kraus (Die Kunstdenkmäler des Großherzogthums Baden Bd. I). Freiburg i. B. 1887. 624 (nur Abb.).B. MAYER O.F.M. Cap.: Die Kapuzinerklöster Vorderösterreichs. In: Helvetia Franciscana 12 (1973-77) 357-367.H. SCHMID: Die Säkularisation der Ordenshäuser in Überlingen in den Jahren 1803-1820. In: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung, 1 (1869) ff. 94 (1976) 69-92.W. ENDERLE: Konfessionsbildung und Ratsregiment in der katholischen Reichsstadt Überlingen (1500-1618) im Kontext der Reformationsgeschichte der oberschwäbischen Reichsstädte. Stuttgart 1990, 283f.
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