Dominikanerinnenkloster "Maria zu den Engeln" Pfullendorf 

Ortsbezüge:
Baujahr/Gründung: 1255 [um 1255]
Zerstörung/Aufhebung: 1807 [1807]
Beschreibung: Im Jahre 1255 richteten die Konstanzer Dominikaner eine Herberge in Pfullendorf westlich der Pfarrkirche St. Jakob ein. Motiviert von dem Anliegen, aus ihrem Herrensitz ein Frauenkloster entstehen zu lassen, wurde den Dominikanern von der Adelsfamilie der Herren von Ramsberg diese Herberge, das so genannte "Ramsberger Schlösslein", überlassen. Das Schlösslein sollte den Konstanzer Dominikanern zunächst als Terminierhaus, das heißt als Absteigequartier für Predigt- und Bettelreisen in die umliegenden Terminierbezirke dienlich sein. Für die Instandhaltung der Unterkunft wurden von den Mönchen einige Frauen, sehr wahrscheinlich Beginen, aufgenommen. In den ersten 200 Jahren jedoch bewahrten sich diese "gottgeweihten Jungfrauen" in ihrer abhängigen Stellung zum Konstanzer Dominikanerkloster ihre beginische Prägung. Erst 1435 nahmen die Frauen mit Billigung des Bischofs von Konstanz die Drittordensregel des hl. Dominikus an, um dann 1437 das Recht zu erhalten, das Skapulier als Zeichen einer religiösen Lebensführung zu tragen. Dies war der erste Schritt in einem mehrere Jahrhunderte währenden Prozess der Verklösterlichung, der seinen Höhepunkt Mitte des 18. Jh. mit der Einführung der Klausur erreichte. Seit 1335 lassen sich erstmals Liegenschaften im Besitz der Frauen nachweisen, und zwar ein Lehen im Tiefental sowie ein Gut zu Göggingen, bei beiden Objekten handelte es sich um Stiftungen bzw. Schenkungen. Im selben Jahr wurde auch ein Gut in Mettenbuch erworben. 1423 kam es zum Erwerb des westlich in unmittelbarer Nähe zur Herberge gelegenen Bixelhauses, welches dann 1756 in den Gesamtkomplex des zukünftigen Klosters eingebunden werden sollte. Um 1437, also nach Annahme der Drittordensregel, gelang es den Schwestern, die Herberge, in der sie bisher lediglich das Wohnrecht besaßen, von den Konstanzer Dominikanern abzukaufen. Diese behielten sich jedoch weiterhin das Herbergs- und Rückkaufsrecht vor. Im 16. Jh. lassen sich auf dem Stadtgebiet Pfullendorfs zwei Obst- und Gemüsegärten im Besitz des Konvents nachweisen. Ferner wurde 1521 das, südlich an die Herberge angrenzende, Johnerhaus erworben. Dieser Kauf ermöglichte dann auch den Bau der eigenen Hauskapelle in den Jahren 1598-1602. Von nun an war es den Schwestern möglich, die Stundengebete in ihrem eigenen Betraum abzuhalten. In den folgenden 80 Jahren konnten keine weiteren baulichen Veränderungen vorgenommen werden. Erwähnenswert ist für diese Zeit lediglich der Erwerb der "Oberen Färbe" 1629. Erst im Jahre 1683 konnte die damalige Priorin Anna Katharina Egenroth das dem Zisterzienserinnenkloster Wald gehörende "Haus am Kirchhof" zwischen dem neuen Rathaus und der Dominikanerkapelle erwerben. Zwischen 1683 und 1686 wurde das inzwischen stark verwitterte Walderhaus zu einer Klosterkirche mit darüber liegenden Dormitorien für die Schwestern umgebaut. Am 15. Juli 1687 nahm der Konstanzer Weihbischof Wolfgang von Bodmann die Konsekration der Klosterkirche vor. Aus diesem Anlass erhielt das Kloster den neuen Titel "Maria, Regina Angelorum". Um das Andenken an diese Ereignisse für nachfolgende Generationen zu wahren, wurde an der Ostfront zur Hauptstraße ein Steinrelief angebracht, auf dem Maria mit Krone und Zepter, umgeben von vier aus den Wolken blickenden Engeln zu sehen ist, mit der Inschrift: "Maria der Englen". Vor der Konsekration war das Kloster als "Weiße Herberge" bezeichnet worden. In den Ratsprotokollen der Stadt Pfullendorf ist in Zusammenhang mit den Dominikanerinnen bis in das frühe 18 Jh. die Rede von der "Sammlung" bzw. der "Weißen Sammlung". In den Jahren 1729-1731 wurden Umbauten am ehemaligen Ramsberger Schlösslein vorgenommen, welche in die Errichtung eines sechs Stockwerke hohen Konventbaus und dem Bau einer Sakristei mündeten. Die Bautätigkeiten wurden von einer Reihe Streitigkeiten zwischen Magistrat und Kloster begleitet. So hatten die Frauen anscheinend ohne die Erlaubnis des Rates über der Sakristei eine Wohnung errichtet und die damit einhergehenden steuerlichen Veränderungen nicht berücksichtigt. Erst nachdem am 1. August 1730 dem städtischen Magistrat die Exkommunikation und weitere juristische Konfrontationen angedroht worden waren, konnte nach nahezu einjährigem Baustillstand am 10. Mai 1731 mit dem Innenausbau des neuen Gebäudes begonnen werden. Nach der Errichtung der Gruft unter der Klosterkirche 1735 wurde 1756 die letzte Bauphase eingeleitet, indem man beschloss, die "Obere Färbe" zu einem Gästehaus umzubauen und durch einen Verbindungsbau mit dem ältesten Klostertrakt, dem Ramsberger Schlösslein, in den bestehenden architektonischen Gesamtkomplex einzubinden. Da sich der Pfullendorfer Schwesternkonvent gegen die Konkurrenz der bereits vor 1255 bestehenden, in der näheren Umgebung liegenden Frauenzisterzen Wald und Heiligkreuztal, behaupten musste, beherbergte das Kloster bis zu Beginn des 17. Jh. selten mehr als fünf Schwestern. Erst seit 1624 kann kontinuierlich, bis zur Säkularisation des Klosters, eine Konventsgröße von ca. elf bis 20 Schwestern nachgewiesen werden. Insgesamt sind für die Zeit ab 1616 die Namen von 75 Schwestern überliefert. Diese stammten vorwiegend aus dem süddeutschen Raum und gehörten überwiegend der städtischen Oberschicht, dem Zunftbürgertum oder gar dem Adel an. Bei der Aufhebung des Klosters 1803 betrug dessen Personenstand neun Klosterfrauen. In der Anfangsphase des Klosters lebten die Schwestern von Handarbeiten und Almosen. Nach dem Erwerb der ersten agrarwirtschaftlichen Liegenschaften bildete die Landwirtschaft, bis zum Ende des Klosters, einen Schwerpunkt des Auskommens. Seit 1551 ist die Vermietung von Wohnraum in Teilen des Klosters bekannt. Durch die Aufnahme von Pfründnern seit 1598 fungierte das Kloster auch als eine Art "Altersheim". Für das 18. Jh. ist neben Landwirtschaft auch die Fabrikation von Kerzen und Hostien für die Pfarrkirche nachgewiesen. Weitere Einkünfte resultierten aus der Verpachtung von Äckern, Tätigkeiten im Textilgewerbe, im Viehhandel, sowie in der schulischen Unterrichtung von Mädchen. Die "Jungfrauen des Ramsberger Schlössleins" bzw. die "Herberge der Prediger" wurden zunächst von den Konstanzer Dominikanern seelsorgerisch betreut. Um etwa 1376 wurde für die Frauen die Liturgie in der Pfarrkirche St. Jakob von der dortigen Priesterschaft abgehalten. Später ließen sie dort Oratorien einrichten, wo sie - von weltlichem Publikum unbemerkt - dem Gottesdienst beiwohnen konnten. Der Reichsdeputationshauptschluss von 1803 besiegelte das Ende des Pfullendorfer Dominikanerinnenklosters. Die Besitztümer der Dominikanerinnen wurden dem Deutschen Ritterorden als Entschädigung für den Verlust seiner linksrheinischen Gebiete übertragen. Nach Abzug sämtlicher Darlehen und Passiva belief sich das Reinvermögen auf rund 9.133 Gulden. Am 29. Juli 1805 führten die verbliebenen neun Schwestern im aufgehobenen Kloster die letzte Prioratswahl durch. Die hier zur Priorin bestimmte Nepomucena Walter konnte ihre dreijährige Amtsperiode jedoch nicht mehr beenden, da am 21. August 1807 die endgültige Auflösung des Nonnenklosters im Hofratskollegium zu Meersburg beschlossen wurde. 1808 wurden die letzten acht Schwestern aus ihrem Kloster vertrieben. Im Herbst des Jahres 1808 lebten noch zwei Nonnen in Pfullendorf und am 2. August 1819 verstarb die letzte Priorin des Dominikanerinnenklosters, Nepomucena Walter, in Pfullendorf. Nach dem Erwerb des Klostergebäudes durch die Stadt Pfullendorf 1807 diente das ehemalige Kloster als Schule, Mietwohnraum, Luftschutzgebäude im Zweiten Weltkrieg sowie als Fabrikationsstätte für eine Uhrenfabrik, eine Wäschefabrik und als Tabaklager einer "Stumpenfabrik". Seit 1982 dehnte sich die Stadtverwaltung Pfullendorf sukzessive in die ehemaligen Klostergebäude hinein aus. Bis 1997 befand sich in der ehemaligen Klosterkirche das Gymnasium und 1998 zog das Stadtbauamt in die Räumlichkeiten des ehemaligen Ramsberger Schlössleins ein.
Autor: FRANZ KANZLER
Objekttyp: Kloster
Ordensregel:
  • Schwesternsammlung um 1255-1435
  • Dominikaner-Terziarinnen 1435-1807
Sonstiges: Bistum: Konstanz, ab 1821 Freiburg,
fiel an: Deutscher Orden (1802), Baden (1805)
Weiter im Partnersystem: http://www.kloester-bw.de/?nr=712

Adresse Kirchplatz 05, Pfullendorf

Literatur:
  • B. STENGELE: Protokolle über die Inventaraufnahme der dem deutschen Orden zur Entschädigung 1802 zugewiesenen Klöster im Linzgau. In: Freiburger Diözesan-Archiv 16 (1883) 136-156, hier 154f.B. STENGELE: Totenbuch des ehemaligen Dominikaner-Frauenklosters in Pfullendorf. In: Diözesanarchiv von Schwaben 11, 14. Jg. (1896) 171-174.J. SCHUPP: Das Dominkanerinnenkloster Maria zu den Engeln im Rahmen der Stadtgeschichte Pfullendorf. Donaueschingen 1963.H. SCHMID: Die Säkularisation der Klöster in Baden 1802-1811. Überlingen 1980.J. GRONER: Die Chroniken der Stadt Pfullendorf. Pfullendorf 1982.DERS.: Pfullendorf im Linzgau. Dreißig Themen zur Geschichte einer ehemals Freien Reichsstadt. Pfullendorf 1988.A. WILTS: Beginen im Bodenseeraum. Sigmaringen 1994.
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