Dominikanerinnenkloster Sießen 

Ortsbezüge:
Baujahr/Gründung: 1259 [1259]
Zerstörung/Aufhebung: 1803 [1803]
Beschreibung: Am 9. April 1259 urkundete die Äbtissin von Buchau, dass ihr Ministeriale Steinmar von Sießen auf Bitten seines Bruders Friedrich und seiner Schwägerin Judintha von Strahlegg einen Hof zu Sießen mit dem Patronatsrecht der dortigen Kirche sowie eine Reihe anderer, seinem Bruder Friedrich gehörenden Güter der Priorin und dem Schwesternkonvent von Saulgau überlassen habe. Die beiden Stifter waren Söhne des 1251 genannten Steinmar von Strahlegg, und die im Beisein des Bischofs von Konstanz erfolgte Güterübertragung diente höchstwahrscheinlich der Abgeltung von Ansprüchen Judinthas, der geschiedenen Gattin Friedrichs. Judintha hatte die Absicht, in ein Kloster einzutreten und wollte ihre Eigengut dem neuen Kloster Sießen übertragen. Die Sammlung in Saulgau ist noch bis 1275 bezeugt, was darauf schließen lässt, dass nur ein Teil der Schwestern nach Sießen übersiedelte. Das Kloster Sießen lebte nach der Augustinerregel und den Gewohnheiten des Dominikanerordens, wurde diesem aber bis in die Neuzeit nicht inkorporiert, sondern stand weiterhin unter der Jurisdiktion des Bischofs von Konstanz. Die weltliche Schirmherrschaft lag bei den Grafen von Friedberg, seit 1452/54 bei den Reichstruchsessen von Waldburg. Im 16. Jh. unternahmen die Truchsessen mit Hilfe der Bischöfe von Konstanz verschiedene Versuche zur Reform des Klosters. 1529 erließ Bischof Hugo von Landenberg neue Statuten, in denen er den Schwestern schwere Vorwürfe hinsichtlich ihres Lebenswandels und der Nichtbeachtung der Regel macht und sie ernstlich ermahnt, den Gottesdienst und die sieben Tagzeiten gewissenhaft zu versehen, zur Beichte zu gehen, zu einem geistlichen Lebenswandel zurückzukehren und das Klostergut nicht zu veräußern. Die Statuten wurden besiegelt von Truchsess Wilhelm von Waldburg, der sich 1536 erneut um Hilfe an den Bischof wandte, um im Kloster Sießen gemäß einer von ihm selber aufgestellten Klosterordnung für Besserung zu sorgen. Dies wurde von der damaligen Priorin energisch zurückgewiesen. Um der weltlichen Herrschaft keine weitere Möglichkeit zum Eingreifen zu geben, fand sie sich 1556 zu einer bischöflichen Visitation bereit, die aber ergebnislos blieb. Sießen wurde dann 1572 mit Hilfe von Pforzheimer Schwestern aus Kirchberg reformiert. Im 17. Jh. litt das Kloster unter Kriegszügen und Brandkatastrophen, konnte sich aber zu Beginn des 18. Jh. wieder erholen. Unter der Priorin M. Josepha Baizin (1716 -1722) wurde die barocke Klosteranlage errichtet. Der Gesamtplan von Franz Beer folgt dem Schema einer repräsentativen Vierflügelanlage, für die Kirche konnte Dominikus Zimmermann aus Wessobrunn gewonnen werden, der auch den Stuck fertigte. Die Klosterkirche St. Markus wächst aus dem Ostflügel der Klausur heraus. Die künstlerische Ausgestaltung trägt der Zugehörigkeit des Klosters zum Dominikanerorden Rechnung. Sießen gehörte zu dieser Zeit der neugegründeten Süddeutschen ("Sächsischen") Ordensprovinz an, die sich insbesondere für die Verbreitung der im Deckenfresko dargestellten Rosenkranzverehrung einsetzte. Bemerkenswert erscheint auch die Aufnahme des Konstanzer Mystikers Heinrich Seuse im Kreis der Dominikanerheiligen an der unteren Westempore. 1753 sind in einem Verzeichnis der Provinz 24 Chorschwestern und sechs Laienschwestern sowie der Konstanzer Dominikaner und Generalprediger Leopold Schweizer als Beichtvater der Nonnen aufgeführt. 1803 kam das Kloster an die Fürsten von Thurn und Taxis und wurde säkularisiert. Die Schwestern durften aber weiterhin im Kloster wohnen. Seit 1860 ist Sießen in Händen der Kongregation der Schulschwestern vom Dritten Orden des hl. Franziskus, die einige bauliche Veränderungen an Kloster und Kirche vornahm.
Autor: MARTINA WEHRLI-JOHNS
Objekttyp: Kloster
Ordensregel:
  • Dominikanerinnen 1259-1803/48
Sonstiges: Bistum: Konstanz, ab 1821 Rottenburg-Stuttgart,
fiel an: Thurn und Taxis (1803)
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Literatur:
  • M. Erzberger: Die Säkularisation in Württemberg von 1802 bis 1810. Ihr Verlauf und ihre Nachwirkungen. Stuttgart 1902, ND Aalen 1974. 401f.W. Zimmermann / N. Priesching (Hg.): Württembergisches Klosterbuch. Klöster, Stifte und Ordensgemeinschaften von den Anfängen bis in die Gegenwart. Stuttgart 2003. 455-457 (M. WEHRLI-JOHNS).Die Kunstdenkmäler des Kreises Saulgau. Bearb. v. W. Matthey (Die Kunstdenkmäler in Württemberg. Hg. v. Württ. Landesamt für Denkmalpflege). Stuttgart 1939. 141-151, 155.Diözesan-Archiv. Blätter für kirchengeschichtliche Mitteilungen und Studien aus Schwaben 4 (1887) 51-53, 61f., 69f., 81-83.A. WALZ: Statistisches über die Süddeutsche Ordensprovinz (Quellen und Forschungen zur Geschichte des Dominikanerordens in Deutschland 23). Leipzig 1927.H. SCHNELL: Kloster- und Pfarrkirche Sießen bei Saulgau (Kirchenführer 276/77). München 1938.G. METZGER: Der Dominikanerorden in Württemberg am Ausgang des Mittelalters. In: Blätter für württembergische Kirchengeschichte, 1 (1886) - 10 (1895), NF 1 (1897) ff. NF 46 (1942) 4-60.G. SPAHR: Oberschwäbische Barockstraße, Bd. 4. Weingarten 1982, 45-48.A. WILTS: Beginen im Bodenseeraum (Bodensee-Bibliothek 37). Sigmaringen 1994, 434f.Sr. M. R. WESPEL OSF / Sr M. F. HELLER OSF: Das Kloster Sießen. In: Klöster im Landkreis Sigmaringen in Geschichte und Gegenwart. Hg. v. E. E. Weber im Auftrag des Landkreises Sigmaringen (Heimatkundliche Schriftenreihe des Landkreises Sigmaringen 9). Lindenberg 2005. 431-462.
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