Lazaristenniederlassung Mannheim 

Ortsbezüge:
Baujahr/Gründung: 1782 [1782]
Zerstörung/Aufhebung: 1796 [1796]
Beschreibung: Die "Lazaristen", die sich in ihrem Ursprungsland Frankreich einen hervorragenden Ruf erworben hatten bei der Durchführung von "Volksmissionen" und der Aus- und Weiterbildung des Diözesanklerus, wurden von Kurfürst Karl Theodor auf Empfehlung des am Hof angesehenen Jesuiten F. J. Terrasse Desbillons und des Oberbibliothekars Abbé N. Maillot de la Traille in die Kurpfalz berufen, um in Heidelberg, Mannheim, Neustadt und Ingelheim die Aufgaben weiterzuführen, die die Mitglieder des 1773 vom Papst aufgehobenen Jesuitenordens wahrgenommen hatten. In Mannheim waren dies - neben zahlreichen Seelsorgeverpflichtungen - die Gottesdienste am Hof (Schlosskirche und Jesuitenkirche), die Leitung und der Unterricht an den "unteren Schulen" und am Gymnasium, die Führung des "seminarium musicum" und die Arbeit an der europaweit bekannten Sternwarte. 1782 trafen die ersten Lazaristen in Mannheim ein. Sie wohnten im ehemaligen Jesuitenkolleg, welches die Jesuitenkirche mit dem westlichen Schlossflügel verband. Ihr Wirken war von Anfang an durch verschiedene Umstände belastet: Nur wenige waren der deutschen Sprache mächtig, vor allem aber entsprachen die ihnen übertragenen Aufgaben kaum den Zielen ihrer Kongregation. Auch das wirtschaftliche Fundament erwies sich als wenig tragfähig; die Superioren und Ökonomen der Kongregation waren ständig mit Geldangelegenheiten befasst und sahen sich immer wieder dem Vorwurf ausgesetzt, sie seien in wirtschaftlicher Hinsicht überfordert oder schafften gar erhebliche Werte ins Ausland. Nur wenige der in die Kurpfalz entsandten Patres blieben längere Zeit vor Ort. Zu dieser Fluktuation trugen auch die revolutionären Ereignisse in Frankreich bei, zumal eine Reihe von Patres anfangs mit den Zielen der Revolution sympathisierte. Als im Jahr 1793 einige Lazaristen an einer Seuche starben, darunter der tatkräftige Superior Saligot, erlosch das Engagement der Lazaristen nach und nach. Ein offizieller Aufhebungsbeschluss ist nicht bekannt. Deutliche Spuren hinterlassen hat der Hofastronom Roger Barry, der von 1789 bis 1813 die Sternwarte leitete. Während sich die Jesuitenkirche trotz Zerstörungen während des 2. Weltkrieges erhalten hat, steht vom Jesuitenkolleg selbst nichts mehr. Hier befindet sich heute das Gebäude der katholischen Gesamtkirchengemeinde und das Pfarramt der Jesuitenkirche.
Autor: GÜNTHER SALTIN
Objekttyp: Kloster
Ordensregel:
  • Lazaristen 1782-1796
Sonstiges: Bistum: Worms, ab 1821 Freiburg
Weiter im Partnersystem: http://www.kloester-bw.de/?nr=813

Adresse A 4 Mannheim

Literatur:
  • Die Stadt- und die Landkreise Heidelberg und Mannheim. Hg. v. der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg in Verbindung mit den Städten und den Landkreisen Heidelberg und Mannheim (Die Stadt- und Landkreise in Baden-Württemberg). 3 Bde. Karlsruhe 1966-1970. III, 71.D. BURKARD: "Oase in einer aufklärungssüchtigen Zeit?" Die katholisch-theologische Fakultät der Universität Heidelberg zwischen verspäteter Gegenreformation, Aufklärung und Kirchenreform (Contubernium 42). Sigmaringen 1995.K. BUDDE: Sternwarte Mannheim. Die Geschichte der Mannheimer Sternwarte 1772 - 1880 (Schriften des Landesmuseums für Technik und Arbeit in Mannheim 12). Heidelberg/Ubstadt-Weiher/Basel 2006.R. ALBERT / G. SALTIN: Die katholische Kirche in Mannheim im Spiegel der Stadtgeschichte (Quellen und Darstellungen zur Mannheimer Stadtgeschichte 1). Bd. I/2: G. SALTIN: Orden und Kongregationen von der Stadtgründung 1607 bis zur Säkularisation. Ostfildern 2008.
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