Augustinerinnenkloster Adelheiden bei Hegne 

Ortsbezüge:
Baujahr/Gründung: 1355 [um 1355]
Zerstörung/Aufhebung: 1808 [1808]
Beschreibung: Zur Gründung des zwischen Hegne (Gemeinde Allensbach) und Dettingen (Stadt Konstanz) in einer Waldlichtung gelegenen Frauenklosters Adelheiden gibt es eine Legende, deren Entstehungszusammenhang und Wahrheitsgehalt jedoch nicht mehr zu klären sind. Aufgeschrieben hat diese Legende Joseph Spengler, Pfarrer zu Wollmatingen im September 1763, doch ist sie sicher viel älter. Demnach begab sich die von der Insel Reichenau stammende Jungfrau Adelheid Böllerin von Allensbach über Hegne nach Wollmatingen, wo sie in Diensten stand. Im Wald begegnete ihr ein "lediger Kerl" aus Wollmatingen, der sie vergewaltigen wollte. Da sie sich widersetzte, stach er dreimal mit dem Messer auf sie ein, bis er sie tot glaubte, und ging dann heim. Adelheid aber schleppte sich zu einer hohlen Eiche, in die sie sich zum Schutz verkroch. Am folgenden Tag kam der Täter wieder und fand sie in dem Baum. Die Sterbende bat ihn, einen Beichtvater zu holen, doch er erschlug sie mit seiner Hacke und flüchtete. Für diese und andere Taten wurde er später zum Tode verurteilt und hingerichtet. Adelheid aber wurde von den Menschen der Umgebung als Heilige verehrt, da sie eher ihr Leben als ihre Keuschheit opferte. Die hohle Eiche wurde als Wallfahrtsort aufgesucht. Im Jahr 1355 verkaufte Abt Eberhard von der Reichenau einen Wald "zu Adelheiden" an Friedrich von Sulgen, Insiegler des bischöflichen Hofes zu Konstanz, der dort offenbar ein Bruderhaus stiftete. Friedrichs Sohn Eberhard von Sulgen, Insiegler und Domherr in Konstanz, schenkte diese "Hofstatt zur guten Adelheid" am 31. August 1370 mit allen nun bestehenden Gärten und Wiesen den fünf Brüdern, die dort nach der Benediktinerregel lebten und der Abtei Reichenau unterstanden - namentlich: Siegfried von Schlettstadt, Rudolf von Bischofszell, Benzo von Mengen, Johann von Freiburg und Johann "der Hafner" von Konstanz. Die ab 1373 von den Brüdern erbaute Kapelle zu Ehren der Mutter Gottes, Johannes des Täufers und des Hl. Bartholomäus wurde 1374 von dem Konstanzer Weihbischof Heinrich III. von Brandis geweiht. Ebenfalls 1374 verlieh Abt Eberhard von der Reichenau den Brüdern die Rechte und Freiheiten eines Klosters. Doch wird das Bruderhaus 1379 letztmals genannt und muss bald darauf eingegangen sein. Schon gegen Ende des 14. Jhs. ließen sich auf der Hofstatt zur guten Adelheid zwei Betschwestern nieder, zu denen bald weitere hinzukamen. Die Schwestern lebten zunächst nach der Franziskanerregel, schlossen sich aber 1436 dem Orden der Augustiner-Eremiten an. Am 28. August 1436 übersandte ihnen der Augustinerprovinzial die Ordensregeln, betreut wurden die Schwestern vom Konstanzer Augustinerkloster. Im Januar 1442 werden erstmals ausdrücklich eine Meisterin und Laienschwestern genannt, die bei der Kapelle zur guten Adelheid ein Ordensleben nach der Augustinerregel führen. Kirchlich unterstanden die Schwestern der Pfarrei Wollmatingen. In die dortige Pfarrkirche gingen sie zum regelmäßigen Gottesdienst, dort empfingen sie ihre Sakramente, und auf dem dortigen Friedhof wurden sie begraben. In der Adelheider Kapelle wurde nur in größeren Abständen die Hl. Messe gefeiert, denn an ihr bestanden keine eigenen Kaplaneipfründe. Kloster Adelheiden blieb stets klein. Im Mittelalter lebte dort höchstens ein Dutzend Schwestern, die aus der bürgerlichen Mittelschicht und den bäuerlichen Familien der Umgebung stammten. Die Einkünfte waren stets gering, die wirtschaftliche Grundlage reichte kaum aus, der Besitz beschränkte sich weitgehend auf etwas Ackerland und Wald in der Nähe, ferner einen Weinberg in Wollmatingen und etwas Grund in Dingelsdorf und Litzelstetten. Um überleben zu können, mussten die Schwestern ihren geringen Grundbesitz selbst bearbeiten, Stoffe weben, Kranke pflegen oder auch betteln. Im September 1486 wandten sich die Schwestern in bitterer Not an Burkhard von Heudorf im benachbarten Schloss Hegne mit der Bitte, ihr hungerndes Vieh auf seine Weide treiben zu dürfen. Um notwendige Baumaßnahmen durchführen zu können, mussten die Schwestern sich verschulden und um Überlassung von kostenlosem Bauholz bitten. Die Reformationszeit überstand Kloster Adelheiden trotz mehrerer Austritte. Aus der Zeit des 30-jährigen Krieges gibt es über das Kloster kaum Nachrichten, doch ist es wohl ziemlich in Mitleidenschaft gezogen worden, denn 1632 und 1633 wüteten protestantische Soldaten grausam im benachbarten Wollmatingen. 1645 überbrachten der Augustinerprovinzial und der Prior der Konstanzer Augustiner dem Kloster Adelheiden erneut die Ordensstatuten. 1665 lebten noch sechs Schwestern in Adelheiden, 1678 waren es sieben. Aktenkundig wurde ein ab 1667 ausgetragener Konflikt um die Visitation in geistlichen und weltlichen Dingen. Die Priorin gestattete dem Augustinerprovinzial Petrus von Heidelberg nur die Visitation in geistlichen Dingen und verweigerte die Einsicht in die Rechnungsbücher, daraufhin drohte dieser mit Amtsenthebung und Exkommunikation. Die Schwestern wandten sich mit einem Schreiben am 8. Januar 1667 hilfesuchend an den Bischof von Konstanz. Erst 1678 wurde der Streit geschlichtet. Im Jahr 1672 versuchte die Priorin des nahen Augustinerinnenklosters St. Katharina im Mainauwald, beide Konvente zu vereinen, was jedoch am Widerstand der Adelheider Schwestern scheiterte. Etwa ab dieser Zeit hatte Kloster Adelheiden vor allem Einkünfte aus der Aufnahme und Pflege von Kranken, Alten und Pensionären. 1690 vermachte der Singener Dekan und Pfarrer Johann Baptist Weiler den "Schwestern zur guten Adelhaid" seinen Besitz, dafür mussten sie seine Mägde bis zu deren Tod unterhalten und zu seinen Ehren an allen Sonn- und Feiertagen eine Hl. Messe lesen lassen. Spätestens nun leisteten sich die Klosterfrauen auch einen eigenen Beichtvater. Um 1706 wurde die Kirche neu erbaut und dabei deutlich vergrößert. Auch die Konventsbauten scheinen um diese Zeit renoviert worden zu sein. Diese Baumaßnahmen gehen möglicherweise ebenfalls auf die Schenkung von 1690 zurück, vorher dürften die Schwestern dafür kaum die finanziellen Mittel gehabt haben. Vielleicht bescherte auch die wallfahrtsfreudige Barockzeit dem kleinen Kloster zusätzliche Einnahmen und eine gewisse Blüte. 1718 heißt es etwa, dass alljährlich in der Bittwoche ein "Krützgang" von Wollmatingen nach Adelheiden durchgeführt wurde. Auch von den Dettingern und Hegnern, die zeitweise ihre Gotteshäuser nicht nutzen konnten, wurde die Klosterkirche regelmäßig besucht. 1738 schenkte der Wollmatinger Pfarrer Labhard dem Kloster über 88 Gulden zur Erneuerung des Muttergottesaltars, dafür verpflichteten sich die zehn Schwestern, zu seinen Ehren jährlich eine Hl. Messe lesen zu lassen. 1755 lebten 13, 1769 sogar 15 Klosterfrauen in Adelheiden, 1792 bestand der Konvent aus 13 Klosterfrauen und einer Novizin. Das Ende kam bald darauf: 1803 nahm der Deutsche Orden mit Sitz auf der Insel Mainau das Kloster provisorisch in Besitz. Der Bericht des Deutschordenskommissars Wilhelm Mosthaff vom 23. Oktober 1803 bescheinigte Kloster Adelheiden eine ausreichende Lebensgrundlage: Sein Vermögen wurde auf 49.800 Gulden geschätzt, die Passiva auf 2.117 Gulden, der jährliche Ertrag auf 2.417 Gulden bei festen jährlichen Ausgaben von nur 713 Gulden. Der Bericht erlaubt einen Einblick in den Alltag der Klosterfrauen: "Das allerwenigste Vermögen rührt von Stiftungen her, sondern es ist eine vernünftige Benutzung dessen, was von Zeit zu Zeit in das Kloster eingebracht wurde; wobei man nicht unbemerkt lassen kann, daß die Klosterfrauen fast den größten Theil der häuslichen sowohl als Feldarbeiten selbst verrichten, Holz brocken [sammeln], Laub rechen und Eichel lesen mit eingeschlossen, und nebenbei sich mit einer sehr geringen Kost […] des Tages begnügen, wodurch es allein erklärbar ist, daß sich so viele Menschen mit so wenig Vermögen nähren, und nebenbei noch einen Beichtvater […] unterhalten können." Mosthaff kommt zu dem Schluss, dass eine vollständige Auflösung des Klosters weitaus mehr kosten würde, als wenn die Klosterfrauen "bei ihrer bisherigen Verfassung bis zu ihrem Aussterben verbleiben." Das kleine Kloster bekam also noch eine Gnadenfrist, durfte aber keine neuen Frauen mehr aufnehmen. Doch schon 1806 wurde die Deutschordenskommende Mainau selbst aufgelöst und fiel an das Großherzogtum Baden - und mit ihm Kloster Adelheiden. Am 25. März 1808 wurde das Kloster aufgehoben und sein Vermögen konfisziert. Zunächst gab es in Karlsruhe Pläne, Adelheiden als Aussterbekloster für südbadische Augustinerinnen noch einige Zeit fortbestehen zu lassen. Doch hätten die Schwestern dafür auf 25% ihrer Pension verzichten sollen, wozu sie nicht bereit waren. So verließen die letzten zwölf Adelheider Schwestern ihren Konvent im Frühjahr 1809. Die Fahrnisse des Klosters wurden unmittelbar danach versteigert, das Inventar der Kirche kam größtenteils in das "Kirchendepositorium" in Konstanz, aus dem später andere Kirchen bestückt wurden. So befinden sich die Seitenaltäre, die Kanzel, die Kreuzwegstationen und die Pietà der barocken Kirchenausstattung von Adelheiden heute in der Pfarrkirche Dettingen. Die Klostergebäude waren nur schwer zu verkaufen. Nach zwei erfolglosen Versteigerungsversuchen 1809 ließ die großherzogliche Amtskellerei in Hegne, die die Liegenschaften verwaltete, 1810 fast alle Gebäude samt Kirche abreißen und das Material versteigern. Mit dem Erlös wurde das nördliche Gebäude des Klosters saniert und ein daran angebauter Gebäudeteil zum Ökonomiegebäude umfunktioniert. Im Herbst 1812 ersteigerte Glasermeister Zembroth aus Allensbach diese beiden verbliebenen Gebäude für 1.700 Gulden und betrieb hier das "Gasthaus Adelheiden". Heute wird der Hof als Wohnhaus mit kleiner Landwirtschaft genutzt.
Autor: FRANZ HOFMANN
Objekttyp: Kloster
Ordensregel:
  • Benediktiner um 1355-vor 1436
  • Augustiner-Eremitinnen vor 1436-1808
Sonstiges: Bistum: Konstanz, ab 1821 Freiburg,
fiel an: Deutscher Orden (1802), Baden (1805)
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Literatur:
  • Freiburger Diözesan-Archiv 18 C (1886), 318-321 (W. MOSTHAFF).| Germania Benedictina, Bd. V: Die Benediktinerklöster in Baden-Württemberg. Bearb. v. F. Quarthal. Augsburg 1975. 5 (1975), 115-116 (F. QUARTHAL).H. SCHMID: Die Säkularisation der Klöster in Konstanz und Umgebung 1782-1832. In: Schriften des Vereins für die Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung (SVGB) 96 (1978), 69-124, insbesondere 115-116.LANDESARCHIVDIREKTION BADEN-WÜRTTEMBERG (Hg.): Der Landkreis Konstanz. Amtliche Kreisbeschreibung, Band III. Sigmaringen 1979, 620.H. SCHMID: Die Säkularisation der Klöster in Baden 1802-1811. Überlingen 1980, 91-92.W. SUTTER: In Wald und Forst vergessen – Das ehemalige Klösterle Adelheiden. In: Delphin-Kreis (Hg.): Von Stadtteilen, Baulichkeiten und Originalen aus Konstanz und der Schweizer Nachbarschaft. Delphin-Buch 1. Konstanz 1986, 156-163.A. WILTS: Beginen im Bodenseeraum. Sigmaringen 1994, 412-413.R. WELSCHINGER: Frauenkloster Adelheiden. In: Allensbacher Almanach 51 (2001), 30-36, und 52 (2002), 31-35.K. DEGGELMANN: Kloster Adelheiden bei Hegne. In: Jahrbuch HEGAU 60 (2003), 115-122.S. J. EGENHOFER: Kloster Adelheiden in der Säkularisation – Auflösung und Verwertung. In: Jahrbuch HEGAU 60 (2003), 123-126.K. DEGGELMANN: Kloster Adelheiden. In: W. KRAMER / B. ADLER (Hrsg.): Hegne – Dorf Schloss Kloster. Allensbach-Hegne 2003, 181-186.
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