Benediktinerpropstei Krozingen 

Ortsbezüge:
Baujahr/Gründung: 1383 [1383]
Zerstörung/Aufhebung: 1806 [1806/07]
Beschreibung: Die Benediktinerpropstei Krozingen (ursprünglich "Scrozzinga") befand sich seinerzeit im heutigen Kreis Breisgau-Hochschwarzwald. Die Niederlassung war eine Filiale des großen Mutterklosters St. Blasien. Dieses baute Einfluss, Besitzerwerb und herrschaftliche Stellung in Krozingen schrittweise immer mehr aus. Dinghof und Kirche der Ortschaft gehörten allerdings noch zum Kloster St. Trudpert. Nichtsdestotrotz vergrößerte St. Blasien seinen Hoheitsbezirk vor Ort kontinuierlich und erfolgreich. Nachdem im Zuge dessen das mächtige Mutterkloster im Laufe der ersten Hälfte des 14. Jhs. umfangreich Land im Umkreis von Krozingen erworben hatte und die kleine Stadt dadurch zu einem der wichtigsten Zentren im Breisgau geworden war, verlegte St. Blasien 1383 den Sitz des "praepositus officii Brisgawensis" von Neuburg nach Krozingen. Diese Jahreszahl lässt sich als Gründungsdatum der neuen Propstei verstehen. Von jenem Zeitpunkt an wird auch die Liste der Pröpste geführt, beginnend mit Propst Gengunt. Im Laufe der Jahre wuchs die Propstei in Ausdehnung und Bedeutung, ihre wirtschaftliche Prosperität ließ sie zu einem wichtigen Besitztum der weitläufigen Ländereien St. Blasiens werden. Durch die günstige Entwicklung erlangte Krozingen nachhaltige Bedeutung in der Region. Ein äußeres Zeichen für diesen Wohlstand stellte die Kompletterneuerung des gesamten Propsteibezirkes im Jahre 1578 unter Abt Caspar II. dar. 1579 wurde unter dem St. Blasier Abt Kaspar II. Thoma ein völlig neues repräsentatives Propsteigebäude fertiggestellt, das nach der Säkularisation der Propstei sogar als Schloss genutzt wurde. Daran lässt sich augenfällig ablesen, welchen hervorgehobenen Status Krozingen bereits damals schon erreicht hatte. Weitere Baumaßnahmen erfolgten unter Abt Martin I. von St. Blasien, der 1608 in Krozingen die dortige Kapelle neu erstellen, beziehungsweise umbauen ließ. Auch hier wurde die der Priorei vom Mutterkloster zugemessene Bedeutung anschaulich in architektonischer Weise sichtbar. Unter den Verwüstungen des 30-jährigen Krieges hatte die Ortschaft Krozingen massiv zu leiden: Das Dorf wurde 1632 durch protestantisch-markgräfliche Truppen vollständig zerstört. Die Propstei selbst fiel zwar im Zuge der Kriegswirren 1634 Plünderungen zum Opfer, blieb aber ansonsten weitgehend intakt. Schon 1637 konnte der damals amtierende Propst Andreas Miller sogar noch weitere Güter für die Propstei erwerben. Krozingen erholte sich offenbar hervorragend von einzelnen wirtschaftlichen Rückschlägen: Die Propstei wuchs im Laufe der Jahre immer weiter, 1657 etwa übernahm Krozingen die Verwaltung der ehemaligen Propstei Gutnau und einige Jahre später wurde Gutnau ihr ganz inkorporiert. Die Propstei erhielt Zinsen und Einkünfte aus zahlreichen Besitzungen im Territorium des heutigen Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald sowie aus den heutigen Kreisgebieten Lörrachs und Emmendingens. Hier zeigt sich in geografischer Veranschaulichung die hohe kirchenpolitische und ökonomische Stellung, welche Krozingen inne hatte. Den Höhepunkt ihrer machtpolitischen Bedeutung, territorialen Ausdehnung und wirtschaftlichen Blüte erreichte die Propstei in der Zeit nach 1750, als sie dem langjährigen St. Blasier Benediktinermönch und Historiker Pater Marquart Herrgott zugewiesen wurde. Dieser Propst gab eine umfangreiche Neugestaltung der Propsteigebäude sowie der Gartenanlage in Auftrag. Sowohl in architektonischer wie auch in gartenbaulicher Hinsicht ließ Herrgott die Propstei gemäß den modernsten Errungenschaften jener Epoche umbauen. In diesem Zuge erfuhren die Gebäude eine umfassende und äußerst glanzvolle Ausgestaltung im Stile des Rokoko, die auch heute noch bestaunt werden kann. Der kunsthistorische Wert des Krozinger Priorates darf nicht unterschätzt werden: Neben der ausgefeilten Dachkonstruktionen und den großen Fenstern, erstrahlt das Gebäude durch prächtige Stuckarbeiten, Deckenmalereien und eine filigrane Täfelung der Innenräume. Aufgrund der zusätzlich zu seinen pastoralen Aufgaben und seiner Bautätigkeit sehr engagiert gepflegten Verbindungen Pater Marquarts zur zeitgenössischen Kultur und Gelehrtenwelt, entwickelte sich Krozingen zudem zu einem geistigen Mittelpunkt des gesamten Breisgaus. Auf diese Weise verschaffte Herrgott der Propstei enormes Ansehen in Kirche, Wissenschaft und Gesellschaft. Sichtbarer Ausdruck des Wohlstands und der großen Wertschätzung der Wissenschaften, war die unter Herrgott reich ausgestattete Bibliothek der Propstei. Religion, Glaube und Wissenschaft gehörten für Propst Marquart unbedingt zusammen. Auch der nachfolgende Propst Alois Mader bemühte sich um die Beibehaltung der kirchenpolitisch und geistesgeschichtlich bedeutenden Position Krozingens. Erst nach Trudpert Neugart endete hier die Tradition der wissenschaftlich engagierten Konventualen St. Blasiens. Das Jahr 1806 markiert schließlich den abrupten Schlusspunkt in der Geschichte der Propstei Krozingen. Sie teilte ihr Schicksal mit zahlreichen Klöstern jener Tage, die im Zuge der Säkularisation gezwungen wurden, ihre Ordensniederlassungen aufzugeben: Aufgrund der Vertragsfolgen des Pressburger Friedens zwischen Österreich und Napoleon fielen sowohl die Krozinger Propstei, als auch das Mutterkloster St. Blasien im Schwarzwald - trotz aller gegenteiligen Anstrengungen - an das neu gegründete Großherzogtum Baden und wurden 1807 endgültig aufgehoben. Damit war das Ende dieser beiden bedeutenden Klostergemeinschaften besiegelt. St. Blasien verlor sämtliche Territorialrechte und Grundherrschaften sowie innerhalb kurzer Zeit auch seinen gesamten materiell fassbaren Besitz. Die St. Blasier Filiale in Krozingen traf es mit ebenso drastischer Härte: Liegenschaften, Gebäude und Inventar der Propstei wurden im Juni 1807 meistbietend versteigert. Die gesamte Klosteranlage wurde einmal in der Mitte des 19. Jhs. und zuletzt 1958 umfassend renoviert, wobei man im letzteren Fall um eine möglichst ursprungsgetreue Wiederherstellung der unter Propst Marquart Herrgott entstandenen Bauten bemüht war. Noch heute sind die unter Herrgott aufwendig umgebauten Propsteigebäude dauerhaft bewohnt. Zeitweise waren sie als repräsentativer Fürstenwohnsitz wechselnder Herrscherfamilien genutzt worden. Daher rührt es auch, dass die ehemalige Klosteranlage heute nur noch als "Schloss" bezeichnet wird und weitgehend unter diesem Namen bekannt ist. Selbst die derzeitigen Eigentümer entstammen noch dem Adel: So befindet sich die ursprüngliche Propstei mittlerweile in Privatbesitz der Familie von Gleichenstein.
Autor: DENNIS NAGEL - KARL-HEINZ BRAUN
Objekttyp: Kloster
Ordensregel:
  • Benediktiner 1383-1806/07
Sonstiges: Bistum: Konstanz, ab 1821 Freiburg,
fiel an: Modena (1802), Johanniter (1802), Österreich (1803), Baden (1805), Schauenburg (1807, durch Kauf)
Weiter im Partnersystem: http://www.kloester-bw.de/?nr=896

Adresse Am Schlosspark Bad Krozingen

Literatur:
  • L. SCHIEDER: Das Benediktinerkloster St. Blasien. Augsburg 1929, 220-223.Germania Benedictina, Bd. V: Die Benediktinerklöster in Baden-Württemberg. Bearb. v. F. Quarthal. Augsburg 1975. 5 (1975) 363-368 (F. QUARTHAL).I. DOELFS / L. GEIGES: Bad Krozingen. Zwischen Rhein und Belchen. Freiburg 1979, 10-28.D. GÖPFERT: Orden und Klöster im Schwarzwald und am Bodensee. Freiburg 1980, 90.M. HOHKAMP: Zwischen Baden und Habsburg. Zur Säkularisation St. Blasiens am Beginn des 19. Jahrhunderts. In: Alte Klöster - neue Herren. Die Säkularisation im deutschen Südwesten. Ausstellung und Begleitpublikation zur Großen Landesausstellung 2003 in Bad Schussenried. Stuttgart 2003. Bd. 2/1, 563-576.
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