Deutschordenskommende Heilbronn 

Ortsbezüge:
Baujahr/Gründung: 1222 [um 1222/24]
Zerstörung/Aufhebung: 1805 [1805]
Beschreibung: Die Anfänge der Deutschordenskommende Heilbronn lassen sich wegen der Vernichtung des Archivs im Bauernkrieg nur schemenhaft erkennen. In der älteren Forschung sah man Liugard von Dürn und deren Sohn als Stifter an. Ulrich II. von Dürn trat zwischen 1222 und 1224 dem Deutschen Orden bei, so dass die Stiftung der Kommende mit der Übertragung des Familienbesitzes in diesen Zeitraum fallen könnte. Doch die dieser Annahme zugrunde liegende vermeintliche Notiz in einem Anniversar wurde in begründete Zweifel gezogen. Neuere Arbeiten ziehen eine Stiftung der Kommende durch den Würzburger Bischof Otto von Lobdeburg (1207-1223) in Betracht, während die in der chronikalischen Überlieferung postulierte direkte Stiftung durch Kaiser Friedrich II. (1212-1250) wohl ausgeschlossen werden kann. Für das Jahr 1268 ist der erste Komtur, ein Bruder Volmar, belegt, wahrscheinlich der im gleichen Jahr als Landkomtur von Franken genannte Volmar von Bernhausen. Die damit erstmals bezeugte Kommende Heilbronn gehörte zur Ballei Franken. 1291 sind zwei Priesterbrüder im Konvent belegt. Nach einem Visitationsprotokoll vom Anfang des 15. Jh. umfasste der Konvent zehn Brüder, von denen vier Priester waren. Klarheit über die Besitzverhältnisse lässt sich mit den Urbaren von 1427 und 1524 gewinnen. Einen wichtigen Bestandteil bildete das Dorf Sontheim, wo der Orden wie in Degmarn über die Halsgerichtsbarkeit sowie über die Pfarrei verfügte. Das Verhältnis zur Reichsstadt Heilbronn war durch die typischen Konflikte zwischen einer Kommune und einer geistlichen Immunität belastet. Karl IV. schwächte die Rechtsstellung der Kommende, indem er das Asylrecht begrenzte und das Steuererhebungsrecht der Reichsstadt über Wein- und Getreideverkäufe geistlicher Institutionen ausdehnte. Im Bauernkrieg plünderte der Odenwälder Haufen am 18. April 1525 die Kommende. Auch nachdem die Reichsstadt 1531 zur Reformation übergegangen war, behielt die Kommende zentrale Bedeutung für den Orden, wie die in der Mitte des 16. Jh. hier abgehaltenen General- und Balleikapitel belegen. Im Zuge der umfassenden Verwaltungsneuordnung des Deutschen Ordens nahm 1789 der Landkomtur von Franken de jure seinen Sitz im Haus Heilbronn, dessen Besitz zum Neckaroberamt geschlagen wurde. Der reichsunmittelbare Status ermöglichte die Aufrechterhaltung des katholischen Gottesdienstes in der protestantischen Reichsstadt. Dazu musste der Deutsche Orden meist Angehörige anderer Orden verpflichten. Seit 1650 konnten Pfarrhandlungen in der Ordenskapelle unbeanstandet vorgenommen werden, doch mussten die Feiertage zunächst nach dem alten julianischen Kalender begangen werden. Komtur Franz Joseph von Reinach († 1717) stiftete 1716 die Jesus-Maria-Joseph-Bruderschaft, die besonders das Hochfest des hl. Joseph und das Schutzengelfest feierlich beging. Der Besitzkomplex wurde am 27. November 1805 vom Kurfürstentum Württemberg mediatisiert, obwohl der Deutsche Orden bis 1809 in den Rheinbundstaaten fortbestand. Die Ordenskirche ist seit 1806 katholische Stadtpfarrkirche. Das Gebäude wurde bis 1849 als Kaserne genutzt und dient heute als Kulturzentrum mit Stadtarchiv und Historischem Museum. Nach der älteren Auffassung wurde die Kommende auf dem Grund des Königshofes errichtet, den Hans-Gert Oomen an anderer Stelle lokalisierte. Er geht von der Erbauung des Deutschen Hauses westlich der heutigen Lage und einer Verschiebung erst im 15. Jh. aus. Diese These wird durch die Konzentration des Ordensbesitzes am westlichen Rande der nach 1241 ummauerten Stadt unterstützt. Die 1291 erwähnte Ordenskirche war der Gottesmutter Maria als Ordenspatronin geweiht, der Patrozinienwechsel zu Petrus und Paulus erfolgte erst bei der Neuweihe 1721. In der Ordenskirche gab es mehrere Altäre (geweiht den hll. Elisabeth und Maria Magdalena sowie dem hl. Kreuz). Die Kapelle gehörte sicher bereits zur ersten Kommende. Nach dem Baubefund der Deutschhauskirche hatte der Orden eine ältere Kapelle übernommen oder sehr bald eine eigene errichtet. Die ältesten Teile der Deutschhauskirche, der spätromanische Turm und die so genannte Taufkapelle, reichen in das frühe 13. Jh. zurück. Später wurde sie zu einer spätgotischen einschiffigen Anlage erweitert. Im frühen 18. Jh. wurde die Kirche durch den Ordensbaumeister Franz Keller (1682-1724) und seinen Bruder Johann Michael (1687-1735) barockisiert. Der Neubau mit seinen drei Altären wurde 1721 vom Würzburger Weihbischof konsekriert. Nach weitgehender Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wurde die katholische Pfarrkirche St. Petrus und Paulus in vereinfachter Form 1949/51 wieder aufgebaut und seitdem renoviert und umgebaut. Das an die Kirche anschließende Deutsche Haus bildet einen mehrere Höfe umschließenden Komplex, der im 16. bis 18. Jh. entstand. Nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges (1944 bis auf die Außenmauern abgebrannt) ist nur die zweistöckige Barockfassade Wilhelm Heinrich Beringers (1651/52-1716) original erhalten.
Autor: DIETER J. WEISS
Objekttyp: Kloster
Ordensregel:
  • Deutscher Orden um 1222/24-1805
Sonstiges: Bistum: Würzburg, ab 1821 Rottenburg-Stuttgart,
fiel an: Württemberg (1805)
Weiter im Partnersystem: http://www.kloester-bw.de/?nr=91

Adresse Deutschhofstraße 10, Heilbronn

Literatur:
  • W. Zimmermann / N. Priesching (Hg.): Württembergisches Klosterbuch. Klöster, Stifte und Ordensgemeinschaften von den Anfängen bis in die Gegenwart. Stuttgart 2003. 260f. (D. WEISS).Die Kunst- und Altertumsdenkmale im Königreich Württemberg. Inventar Neckarkreis. Bearb. v. E. von Paulus. Stuttgart 1906 [1. Aufl. 1889]. OA Heilbronn, 255-258.D. J. WEISS: Die Deutschordens-Ballei Franken im Mittelalter (Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte IX/39). Neustadt a. d. Aisch 1991, 102-106, 242f., 432-436 (mit älterer Lit.).H.-G. OOMEN: Der karolingische Königshof Heilbronn (Veröffentlichungen des Archivs der Stadt Heilbronn 18). Heilbronn 1972.U. ARNOLD: Zur Geschichte der Deutschordenskommende Heilbronn im Mittelalter. In: Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte, 1 (1937) ff. 46 (1985) 123-141.M. DIEFENBACHER: Territorienbildung des Deutschen Ordens am unteren Neckar im 15. und 16. Jahrhundert. Urbare der Kommenden Heilbronn und Horneck sowie der Ämter Scheuerberg, Kirchhausen und Stocksberg von 1417 bis 1555 (Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens 23). Marburg 1985.A. SEILER: Das Deutschordenshaus und die Stadt Heilbronn im Mittelalter. In: Das Deutschordensmünster St. Peter und Paul in Heilbronn. Festschrift zur Renovation 1994/95. Hrsg. v. der katholischen Pfarrgemeinde St. Peter und Paul. Heilbronn 1995, 45-59.
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