Herrenzimmern - Altgemeinde~Teilort 

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Typauswahl: Ortsteil – Historisches Ortslexikon
Typ: Teilort
Ersterwähnung: 0994

Ortslage und Siedlung
(bis 1970):
Der wohl auf das althochdeutsche »zimbar« (entspricht Bauholz oder Holzbauten) zurückgehende Ortsname Zimmern kommt am oberen Neckar auffallend häufig vor und erschwert mitunter die zuverlässige Lokalisierung von Quellennennungen. Herrenzimmern ist eine Siedlung der frühmittelalterlichen Ausbauzeit, in den 1930er Jahren wurden in der Flur Kirchbühl zwei merowingerzeitliche, in das 6. oder 7. Jahrhundert zu datierende Steinplattengräber mit Skeletten aufgefunden. Das 1344 genannte »Herrazimbern« verweist bereits auf den mit dem Ort verbundenen Herrensitz. Die 994 urkundlich erstmals belegte Siedlung liegt langgestreckt auf einem Flachrücken zwischen zwei gegen den Schlossbach hinziehenden Tälchen und weist einen straßendorfartigen Kern auf. An die im 14. und 15. Jahrhundert gescheiterte Stadtentwicklung erinnerten noch lange Zeit die Überreste der früheren Befestigung. Wie in zahlreichen Dörfern am oberen Neckar entstehen auch in Herrenzimmern zahlreiche »Taglöhnerhäusel« auf der ortsnahen Gemeindeallmende. Neben der Dorfsiedlung umfasst die Gemarkung den in Richtung Dunningen gelegenen Stittholzhof, der Flurname Hinterhofen bezeichnet möglicherweise das abgegangene Dorf Rulinghofen. Hinzu kommen noch zwei Burgruinen: Zum einen die auf dem Hörnlein über dem Neckar gelegene Lußburg, auch Nussburg genannt, von der nur noch die Überreste von Wall und Graben sichtbar sind. Zum anderen der ehemalige Stammsitz der Herren von Zimmern, die auch in ihrem Verfall noch immer imposante Burg Herrenzimmern auf einem schmalen Bergrücken zwischen zwei Schluchten östlich des Dorfes. Als frühester, nicht unstrittiger Beleg für den Adelssitz wird in der Forschung die Reichenauer Chronik des Gallus Öhem herangezogen, der von Kämpfen während des Investiturstreits zwischen den Zähringern und dem Kloster St. Gallen berichtet, in deren Verlauf Herzog Berthold 1079 unter anderem auch die Schlösser Wisneck und Zimmern erobert haben soll – was die Zimmersche Chronik wiederum auf Herrenzimmern bezieht, dessen damaliger Burgherr ein St. Gallener Lehensmann gewesen sei. Eigentlich handelt es sich um zwei Burgen, die obere und die untere, die fast 100 Meter auseinanderliegen. Ihr beeindruckendes, bis in das 19. Jahrhundert weitgehend intaktes Erscheinungsbild mit vier Stockwerken verdankt die Burganlage dem Wiederaufbau durch Wilhelm Werner von Zimmern nach dem Brand von 1503. Der gebildete Reichskammerrichter und Musenfreund Wilhelm Werner ist wohl auch der berühmteste Bewohner der Burg, der hier im 16. Jahrhundert eine umfangreiche Bibliothek sowie eine »Wunderkammer« mit allerhand merkwürdigen Antiquitäten und Naturalien anlegt. Während des 17. Jahrhunderts verfolgt Rottweil mehrfach Verkaufspläne für die im 30jährigen Krieg stark beschädigte Burg. Das zugehörige kleine Schlossgut wird als städtischer Kameralhof weitergeführt. Herrenzimmern weist teils lockere und schematische Siedlungserweiterungen im Norden und Süden auf, wo ein Neubaugebiet mit gitterförmigem Grundriß entstand.
Historische Namensformen:
  • Ancencimbra 0994
  • Frien Zimmern 1296
  • Herrazimbern 1344
Geschichte: Auch wenn Herrenzimmern seine nicht ganz zweifelsfreie urkundliche Ersterwähnung 994 dem Bodenseekloster Petershausen zu verdanken hat, dem König Otto III. die zuvor von der alemannischen Herzogs-Witwe Hadwig gemachte Schenkung in Epfendorf und Umgebung, darunter auch »Ancencimbra«, bestätigt, wird die mittelalterliche Geschichte dieses Dorfes weniger von klösterlichen Grundherren denn vom gleichnamigen Adelsgeschlecht der Herren von Zimmern bestimmt. Ungeachtet der noch weiter in die Geschichte zurück reichenden Konstruktionen der zimmerschen Familienchronik lässt sich das dem Stand der Edelfreien zugehörende Hochadelsgeschlecht zweifelsfrei erstmals 1086 bei der Translation des Klosters St. Georgen an seinen neuen Standort im Schwarzwald und sodann 1095 bei der Gründung des Klosters Alpirsbach in den Quellen belegen. Die der Familienchronik zufolge zunächst auf der benachbarten Lußburg (Nussburg) ansässigen Zimmern versuchen im 14. Jahrhundert offenbar, die an ihren Burgsitz angrenzende dörfliche Siedlung Herrenzimmern zu einem 1321 und 1327 in den Quellen belegten Stättelin aufzuwerten und damit ihrer Herrschaft vor Wald einen städtischen Mittelpunkt zu geben. Das Projekt scheitert nicht nur an der Zerstörung der befestigten Siedlung 1312 durch die aufstrebende Reichsstadt Rottweil, sondern noch mehr an den fehlenden politischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen. Mit der Heirat von Werner von Zimmern 1337 mit Anna, der Tochter des Truchsessen Berthold von Rohrdorf, und dem nachfolgenden Erwerb von Herrschaft und Stadt Meßkirch verlagert sich das politische Interesse des Adelsgeschlechts an die obere Donau und erlahmt die Aufmerksamkeit für die in der besten Zeit aus den Burgen Herrenzimmern und Seedorf sowie den Ortschaften Herrenzimmern, Talhausen, Seedorf, Winzeln und Hochmössingen bestehende Stammherrschaft und noch mehr für das Herrenzimmerner Stadt-Projekt. Während die Herren von Zimmern in Herrenzimmern 1491 nur einen einzigen Lehenshof besitzen, gewinnt die Reichsstadt Rottweil bereits seit dem 14. Jahrhundert über die Grundherrschaft ihrer Stiftungen, Kirchen, Klöster und Bürger ein wachsendes Gewicht in der Ortschaft. Von einiger Bedeutung als Grundherren sind im 14. Jahrhundert auch die Herren von Justingen, die 1318 Jahreszinsen aus wenigstens 18 Höfen, Gütern und Huben in Herrenzimmern beziehen. Als Etappe auf dem schrittweisen Ausverkauf der Herrschaft vor Wald an Rottweil geht 1513 auch das Städtlein Herrenzimmern an die Reichsstadt über. 1594 stirbt das mittlerweile gräfliche Haus Zimmern im Mannesstamm aus, und über die Erben gelangen 1595 mit dem verbliebenen Rest der Herrschaft vor Wald sodann auch noch die Stammburg Herrenzimmern sowie der Zehnte und der Kirchensatz im Dorf an Rottweil. Die Reichsstadt, die Herrenzimmern ihrem Obervogteiamt eingliedert, besitzt hier eine deutlich stärkere herrschaftliche Stellung als zuvor die Herren von Zimmern: Zu Ortsherrschaft, Hochgerichtsbarkeit sowie Steuer- und Wehrhoheit kommen noch das Kirchenpatronat über die sich im 17. Jahrhundert endgültig aus dem früheren Filialverhältnis zu Dunningen lösende Pfarrei, die Zehntherrschaft der vom Magistrat verwalteten Heilig-Kreuz-Bruderschaft und nicht zuletzt der Löwenanteil an der auch hier auf zahlreiche Inhaber zersplitterten dörflichen Grundherrschaft. Mit Ausnahme eines verschwindend kleinen Anteils »ausländischer« Einrichtungen (Klosteramt Alpirsbach, Kloster Rottenmünster) von gerade einmal 4,3 Prozent ist die Herrenzimmerner Grundherrschaft 1737 nahezu zur Gänze im Besitz von Rottweiler Stiftungen (47 Prozent: Heilig-Kreuz-Bruderschaft; Spital) sowie städtischer Kirchen (Hl. Kreuz, St. Pelagius), Klöster (Weiße Sammlung) und Orden (Jesuiten) mit zusammen 19 Prozent und von der reichsstädtischen Obrigkeit beaufsichtigter Kirchenpflegen (Herrenzimmern, Seedorf) und Widumgüter des rottweilischen Landgebiets. Zumal die Heilig-Kreuz-Bruderschaft schöpft Jahr um Jahr über Grund- und Zehntherrschaft einen beträchtlichen Teil des bäuerlichen Mehrwerts aus Herrenzimmern ab. Hinzu kommen noch das in einem pachtähnlichen »Bestand« bewirtschaftete Drittelgut der Bruderschaft in Herrenzimmern mit zeitweise mehr als 400 Jauchert sowie das der Reichsstadt selbst gehörende, deutlich kleinere Schlossgut. Als erster Amtsträger erscheint in den Quellen 1353 Werner der Schultheiß zu Herrenzimmern, 1444 und 1447 wird ein Konrad Zopp als Vogt des Ortes genannt. 1432 werden »schulthaissen und richter« des Städtchens Herrenzimmern genannt, während in der Rottweiler Zeit im Gefolge der erneuten »Verdorfung« der Siedlung nur noch von Vogt, Untervogt und Richtern an der Spitze der Gemeinde die Rede ist. Das siebenköpfige Dorfgericht setzt sich 1737 aus drei Groß-, drei Mittel- und einem Kleinbauern zusammen, während die zahlenmäßig die Mehrheit im Dorf stellenden unterbäuerlichen Taglöhner in diesem wichtigen kommunalen Gremium nicht vertreten sind. Die Burganlage Herrenzimmern, zu Anfang des 19. Jahrhunderts noch bewohnbar, abgetragen. Vom unteren Teil blieb nur der im Westen dem Hang zugewandte runde Bergfried übrig, vom oberen noch die Umfassungsmauern des Palas mit seinem runden Treppenturm an der Ostwand, erhalten darin auch Spuren spätgot. Wandmalereien und Reste der kreuzrippengewölbten Burgkapelle. Im Westen der Lußburg ist noch der in den Fels gebrochene Graben zu sehen. Herrenzimmern gehörte, bevor es 1803 an Württemberg fiel, zum Obervogteiamt der Stadt Rottweil, dann zum Landoberamt Rottweil, 1806/08 Oberamt Rottweil.
Wirtschaft und Bevölkerung: 1491 werden für Herrenzimmern 25 Hofstätten vermeldet, 1740/41 und 1802 werden 59 beziehungsweise 60 Steuerzahler aufgeführt, und 1803, beim Übergang an Württemberg, werden 57 Familien gezählt. Zwischen 1700 und 1715 lassen sich um die 175 Osterkommunikanten nachweisen, so dass die Gesamteinwohnerzahl des Dorfes einschließlich der noch nicht zum Abendmahl zugelassenen Minderjährigen bei wohl circa 250 Seelen gelegen haben dürfte. Auch Herrenzimmern erfährt nach den Bevölkerungsverlusten des 30jährigen Krieges eine Zuwanderung aus der Schweiz (7 von insgesamt 68 auswärtigen Ehepartnern zwischen 1662 und 1705) und sodann im 18. Jahrhundert eine Auswanderung vor allem in den österreichischen Donauraum (mindestens 14 erwachsene Emigranten nachweisbar). Wie alle Ortschaften des Rottweiler Landgebiets ist auch Herrenzimmern bis zum Übergang an Württemberg 1802/03 ein ausschließlich landwirtschaftlich bestimmtes und – als Folge des eine dörfliche Gewerbeentwicklung verhindernden reichsstädtischen Handwerkerzwangs – nahezu gewerbefreies Bauerndorf. Im Vergleich mit dem großbäuerlich geprägten Bösingen weist Herrenzimmern eine etwas ausgeglichenere Betriebsgrößenstruktur auf, gleichwohl steht auch hier eine Minderheit von zwölf zur Marktproduktion fähigen, vollbäuerlichen Betrieben mit mehr als 10 Hektar einer Majorität von 45 landarmen Klein- und Zwergbetrieben mit weniger als 7,5, überwiegend sogar unter 2 Hektar Betriebsfläche gegenüber. Auch in Herrenzimmern ist der Löwenanteil des individuell bewirtschafteten Bodens grundherrschaftlich gebunden und nur 14,8 Prozent sind von Feudalabgaben freies bäuerliches Eigen. 1802 werden für Herrenzimmern 1424 Jauchert Ackerfeld und 231 Jauchert Wiesen ermittelt, hinzu kommen die für die genossenschaftlich organisierte Viehhaltung genutzten Gemeindeallmenden. Der Landschaftsrezess von 1698 garantiert Herrenzimmern einen Maurer und einen Zimmermann sowie, gemeinsam mit Bösingen und Talhausen, einen Schmied und einen Schneider. Bauern und Taglöhner erwerben jeweils getrennt im ausgehenden 17. Jahrhundert von Rottweil Waldstücke auf der Gemeindemarkung und nutzen diese sodann nach der Rodung landwirtschaftlich: Die »Mayerschaft« erwirbt dabei 1682 gegen jährliche Zinszahlung das »Niederbergwäldlein« als Erblehen und 1688 das »Steinreutewäldle«, 1687 schließen die Taglöhner mit der Stadt einen Kaufvertrag über den Erwerb eines circa 12 Jauchert großen Waldstücks. Herrenzimmern ist im 17. und 18. Jahrhundert wiederholt von innerdörflichen Sozialkonflikten betroffen, Themen sind der in dörflichen Viehordnungen reglementierte Allmendauftrieb durch die Taglöhner sowie 1667 die von den Bauern verlangte Beteiligung der Taglöhner an der Verzinsung eines auf »Vogt, Gericht und gantze Gemeindt, Reich und Arm uhnverschaidenlich« aufgenommenen Darlehens.

Name: Lußburg (genannt auch Nussburg) – Burg Herrenzimmern

Ersterwähnung: 1363
Kirche und Schule: Herrenzimmern ist zunächst eine Filiale der Mutterpfarrei Dunningen ohne eigenen Seelsorger vor Ort. Der Dunninger Pfarrherr Bruno von Kirneck verpflichtet sich 1363 gegenüber dem Ortsherrn Werner von Zimmern, sonntags im Wechsel in den Kirchen des Städtleins Herrenzimmern und von Seedorf eine Messe zu lesen und an den vier Hochfesten zu singen. 1432 stiftet Johann der Lapp von Zimmern zum Gedächtnis für seine verstorbene Frau eine mit einem Weltpriester zu besetzende Kaplaneipfründe in die Kapelle seiner Burg, die als Filial der Pfarrei Epfendorf zugehörig ist. 1478 gestattet der Konstanzer Generalvikar in aller Form dem Burgkaplan auf Bitten der Einwohner und mit Zustimmung des Orts- und Patronatsherrn sowie des Dunninger Pfarrers, künftig auch in der Herrenzimmerner Filialkirche Sakramente zu spenden, zu predigen und überhaupt die pastorale Versehung zu übernehmen – vorbehaltlich der fortbestehenden Verbindung zur Dunninger Mutterkirche. Weitere Stationen der fortschreitenden kirchlichen Verselbstständigung von Herrenzimmern sind 1623 die Erlaubnis eines eigenen Friedhofs und die Vornahme auch von Trauungen in der Filialkirche und 1645 die Verlegung der seit 1513 von Rottweil besetzten Burgkaplaneipfründe nach Epfendorf, so dass der Herrenzimmerner Seelsorger fortan allein für das Dorf zuständig ist. Neben dem Zehntbezug der städtischen Heilig-Kreuz-Bruderschaft hat die Reichsstadt auch die Patronatsherrschaft inne, was sich in der vorzugsweisen Präsentation von Rottweiler Theologen auf die Pfarrstelle auswirkt. 1747 wird die neue Kirche mit Jakobs-Patrozinium geweiht, die Bruderschaft als Zehntherrschaft erbaut 1764 ein neues, zweistöckiges Pfarrhaus. Die bislang wenig erforschte ältere Schulgeschichte gewinnt mit dem 1806 angelegten »Schulbuch für Herrenzimmern« eine erste Quellengrundlage. Die Pfarrkirche (Patrozinium St. Jakob der Ältere), ein innen flachgedeckter, in Nord-Süd-Richtung angelegter Bau, wurde 1738, der Turm schon 1720 errichtet. Von der Ausstattung sind erwähnenswert die beiden spätgotischen Figuren der Apostel Petrus und Paulus. Die Evangelischen nach Rottweil.
Patrozinium: St. Jakob der Ältere
Ersterwähnung: 1747

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