Wimpfen im Tal - Altgemeinde~Teilort 

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Typauswahl: Ortsteil – Historisches Ortslexikon
Typ: Teilort
Liegt auf Gemarkung: Wimpfen am Berg
Ersterwähnung: 0829 [Vuinpina]

Ortslage und Siedlung
(bis 1970):
Zum Jahr 829 als »Vuinpina« erstmals urkundlich erwähnt, kann die Talstadt von Wimpfen auf eine tatsächlich sehr viel ältere Geschichte und Vorgeschichte zurückblicken. Der Ortsname dürfte keltischen Ursprungs sein. Von intensiven Spuren stein- und latènezeitlicher Besiedlung einmal ganz abgesehen, errichteten hier, gegenüber der Jagstmündung, die Römer am Ende des ersten nachchristlichen Jahrhunderts ein zum Neckar-Limes gehöriges Kastell, an dessen Stelle im 2. Jahrhundert, nachdem die befestigte Grenze in den Odenwald vorverschoben worden war, eine ummauerte Stadt (»vicus«) trat, deren Ausdehnung etwa doppelt so groß war wie die der mittelalterlichen Talstadt. Die Gunst der topographischen Situation nutzend, entstand bereits in römischer Zeit eine steinerne Neckarbrücke, die erst um 1300 durch Eisgang zerstört wurde und bis dahin Wimpfens Bedeutung als Knoten im mittelalterlichen Fernverkehr zwischen Nieder- und Oberdeutschland sowie zwischen dem Westen und dem Osten des Reiches begründete. Im frühen Mittelalter gewann der Ort (»castellum, oppidum, civitas«) weitere Zentralität im Rahmen der wormsischen Kirchen- und Herrschaftsorganisation rechts des Rheins. Nach dem Ausbau der Bergstadt verlor die Talstadt zusehends an Bedeutung und entwickelte sich, wiewohl noch immer ummauert (drei Tore), zur Ackerbürger- und Fischerstadt, im Grunde zu einer ländlichen Vorstadtsiedlung. Um 1300 umfasste diese mit einem einfachen, leiterförmigen Grundriss etwa 9 Hektar und bestand aus 54 bürgerlichen Häusern sowie aus dem Stift mit seiner Kirche, mehr als zwanzig Wohnhäusern und allerlei Wirtschaftsgebäuden. 1378 wurde die Talstadt im Zuge des Städtekriegs durch Graf Ulrich von Württemberg niedergebrannt. Stadtteil gegenüber der Jagstmündung im Neckartal etwa 1 km östlich von Wimpfen am Berg gelegen. Nahe der Bahnanlagen siedelte sich (ab 1962) hier Industrie an. - Die mittelalterliche, wohl um 1300 entstandene Ummauerung mit drei Toren ist erhalten; an der Südmauer noch Wehrgangsreste.
Historische Namensformen:
  • castellum 0829
  • oppidum 0829
Geschichte: Das an einem alten Neckarübergang, einer aus der Römerzeit überkommenen Steinbrücke, gelegene Wimpfen – die Stadt im Tal – zählte seit dem frühen Mittelalter zu dem in Anlehnung an die Diözese entfalteten weltlichen Herrschaftsgebiet der Wormser Bischöfe und bildete darin neben der Kathedralstadt und Ladenburg eines der ältesten und wichtigsten Zentren. Die ottonischen und salischen Kaiser bestätigten der Wormser Kirche wiederholt ihre von den Karolingern und angeblich schon von den Merowingern erlangten Immunitäts- und sonstigen Privilegien, und Otto III. übertrug ihnen dazu den Königsbann in einem ausgedehnten Waldbezirk zwischen Neckar und Elsenz (988). Dann aber entdeckten die Staufer die Gunst des Platzes für die Organisation ihres Haus- und Reichsguts um den unteren Neckar und erzwangen 1220/27 von den Bischöfen ihre Belehnung mit Wimpfen samt dessen Zugehörungen (»Wimpinam et attinentia«), was ganz zweifellos auch die bisher wormsischen Herrschaftsrechte in der Umgebung mit einschloss. So gedieh die Stadt, zu der von alters her auch ein Landgericht gehörte, rasch zu einem staufischen Verwaltungszentrum, das seinen Sitz freilich nicht in der alten, vom dortigen Chorherrenstift dominierten Talstadt hatte, sondern in der westlich davon, auf dem Berg errichteten Königspfalz. Seit der Gründung der vor der Pfalz gelegenen Bergstadt erlangte deren Bürgergemeinde nach und nach immer weiter gehende Kompetenzen, die schließlich in den Status einer Reichsstadt mündeten. Bezüglich der Herrschaft über die Talstadt setzte sich das Regiment der Bergstadt im Lauf des 14. Jahrhunderts in einem zähen, nicht zuletzt auf steuerlichem und wirtschaftlichem Gebiet ausgetragenen Ringen mit dem Kollegiatstift durch. Allerdings konnte das Stift dabei am Ende nicht nur seine Immunität bewahren, sondern sich auch im Besitz anderer Freiheiten behaupten. Unter der Oberhoheit der Bergstadt hatte die Stadt im Tal einen eigenen Bürgermeister und ein eigenes Ratsgremium (1480); mit der Erneuerung der Regimentsordnung im 16. Jahrhundert scheinen auch diese Institutionen entfallen zu sein. Unter den Bewohnern der Talstadt war überdies der Anteil der Leibeigenen sehr viel höher als unter denen der Bergstadt. Infolge des Friedens von Lunéville fielen 1802/03 die Berg- und Talstadt an Baden, das Ritterstift an Hessen-Darmstadt. Schließlich gelangte 1803 durch Tausch alles an Hessen-Darmstadt.
Wirtschaft und Bevölkerung: Um die Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert hatten die Berg- und die Talstadt zusammen etwa 2000 bis 2500 Einwohner und erreichten damit ihren wohl höchsten Bevölkerungsstand zur Zeit des Alten Reiches. Bei Ausbruch des Dreißigjährigen Kriegs hatten die Bergstadt rund dreihundert (ca. 1400 Einwohner) und die Talstadt rund hundert Bürger (ca. 500 Einwohner), und 1651, unmittelbar nach dem Krieg, lebten in ganz Wimpfen (einschließlich Hohenstadt) wohl kaum noch mehr als sechshundert Menschen (133 Bürger). Zu Beginn der 1730er Jahre zählte man in der Bergstadt 330 Bürger, in der Talstadt 130, was auf eine Gesamteinwohnerzahl von neuerlich rund 2000 schließen lässt. Als kleine Mittelstadt, deren Wirtschaft auf handwerklicher Produktion beruhte, wirkte Wimpfen kaum je über die nähere Umgebung hinaus. Von überregionaler Bedeutung waren allenfalls der Wein- und Textilhandel. Aufgrund ihrer Verkehrslage war die Stadt auch weniger ein Handels- als vielmehr ein Durchgangsort, worauf nicht zuletzt eine große Zahl ortsansässiger Fuhrleute und Kärcher hindeutet. Die Erträge der vor allem von den Bewohnern der Talstadt betriebenen Landwirtschaft auf der großen Gemarkung dürften nicht einmal für die Selbstversorgung ausreichend gewesen sein. Nur Wein und Flachs scheinen über den eigenen Bedarf hinaus produziert worden zu sein. In der Talstadt spielte die Fischerei eine größere Rolle. Einigermaßen erfolgreich scheinen die Wimpfner Märkte gewesen zu sein. In der Talstadt gab es 1377 drei Jahrmärkte: am Montag nach Pfingsten, zu Peter und Paul (29. Juni) und zu Petri Kettenfeier (1. August). Die Pfingst- und Kettenfeiermärkte verlegte man 1398 in die Bergstadt; nur der Peter-und-Paul-Markt blieb im Tal und zählte noch im 20. Jahrhundert zu den bedeutendsten Märkten des Unterlands.

Kirche und Schule: Seit das Bistum Worms in fränkischer Zeit in das Gebiet um den Neckar vordrang, bildete Wimpfen einen an die römische Hinterlassenschaft anknüpfenden Zentralort für die Ausbreitung des christlichen Glaubens und den Aufbau der damit einhergehenden Kirchenorganisation. Folgerichtig war es nicht nur Sitz einer sehr frühen Pfarrei, zu der auch Jagstfeld gehörte, sondern darüber hinaus seit dem 10./11. Jahrhundert in Personalunion mit der Propstei des Kanonikerstifts Sitz eines Archidiakonats. Neben dem Kollegiatstift gab es in der Talstadt von alters her die Pfarrkirche St. Georg, die dem Stift St. Peter inkorporiert war; in ihr bestand 1496 ein Altar zu Ehren der heiligen Barbara. Sie wurde 1784 durch Hochwasser schwer beschädigt und musste im Jahr darauf abgebrochen werden. Die im Süden, vor den Mauern der Stadt gelegene, seit dem 14. Jahrhundert als Marien-Kirche bezeugte Cornelien-Kapelle trägt ihren Namen aufgrund einer wenig glaubwürdigen, an die römische Vergangenheit Wimpfens anknüpfenden Überlieferung. Ihr 1476 spätgotisch umgestalteter Bau war bis 1584 in städtischem Besitz, wurde später profaniert und 1920 restauriert. Eine Maria Magdalenen-Kapelle auf dem Altenberg über der Talstadt findet nur 1215 Erwähnung. Im Zuge der Reformation stand in der Talstadt den Lutheranern die Cornelien-Kirche zur Verfügung, während die dem Ritterstift gehörige Pfarrkirche St. Georg katholisch blieb. Die allerersten Anfänge des Wimpfner Schulwesens sind in der Stiftsschule des hohen und späten Mittelalters zu suchen. 1742 bestand im Tal eine eigene Schule. Stiftskirche St. Peter, nach Zerstörung in den Ungarnkriegen als frühromanischer zwölfeckiger Zentralbau entstanden; Einflüsse der Aachener Pfalzkapelle sind offensichtlich. Die Kirche wurde seit 1269 von dem bedeutenden Stiftsdekan Richard von Deidesheim unter Belassung des alten Westbaus und der beiden Türme frühgotisch umgebaut; die Gewölbe des Schiffs schlossen sich jedoch erst um 1450. Die vor den Wanddiensten stehenden einzelnen Skulpturen sind als die besten Leistungen der Wimpfener Bauhütte anzusprechen. Der an die Nordwand stoßende Kreuzgang mit prächtigen Maßwerkfenstern wurde um 1300 begonnen und im frühen 15. Jahrhundert vollendet. Von den Bauten der Barockzeit ist die große neue Dechanei von 1763 hervorzuheben. Kirche und Klostergebäude des 1803 aufgehobenen Ritterstifts wurden 1948 den aus dem Kloster Grüssau in Schlesien vertriebenen Benediktinern überlassen.
Patrozinium: St. Peter
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