Richen - Altgemeinde~Teilort 

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Typauswahl: Ortsteil – Historisches Ortslexikon
Typ: Teilort
Ersterwähnung: 0769

Ortslage und Siedlung
(bis 1970):
Zum Jahr 769 im Lorscher Codex erstmals erwähnt (»Grechu«, »Riocho«), ist Richen zur Zeit der Merowinger entstanden. Die Bedeutung seines Namens (1282 »Riechin«, 1369 »Richen«), der in spätmittelalterlicher Überlieferung leicht zur Verwechslung mit Reihen bei Sinsheim führt, bleibt unklar. Der – noch heute erkennbar – sehr regelmäßig angelegte alte Ortskern war spätestens seit dem 15. Jahrhundert befestigt und mit drei Toren versehen. 1774 zählte man 82 Häuser, zu Beginn des 19. Jahrhunderts rund hundert. Ob der Flurname Burgberg südöstlich des Dorfs sich auf den einstigen Sitz der Richener Ritteradelsfamilie bezieht, ist unsicher. Im Nordwesten der Gemarkung lässt das Gewann Roth auf eine jüngere Rodung schließen. Im Bürgerwald östlich des Dorfs liegt eine Gruppe von elf latènezeitlichen Grabhügeln. Im Mündungswinkel des Berwanger Bachs und der Elsenz zeichnet sich der alte Ortskern durch seine Einfassung durch Dorfgraben und Zwingerweg im Bereich der ehemaligen Befestigung aus. Seit den Jahren nach 1960 schließen Neubaugebiete im Nordosten und Nordwesten an.
Historische Namensformen:
  • Grechu
  • Riocho
  • Riechin
Geschichte: Die Entwicklung der Herrschaft in Richen nahm ihren Ausgang von reichem Grundbesitz des Klosters Lorsch. Diesbezügliche Rechte dürften von den Kraichgaugrafen über die Herren von Steinsberg und vielleicht auch die Grafen von Oettingen (1288) an die hier ansässige, nach dem Ort benannte Ritteradelsfamilie (1240–1410) gelangt sein. Diese führte im Wappen einen schrägrechten Strahl, der auf einen Zusammenhang mit den Herren von Strahlenberg (Bergstraße) hindeuten könnte, und trug Lehen von den Grafen von Eberstein, den Grafen von Katzenelnbogen, den Herren von Magenheim und den Pfalzgrafen bei Rhein; ein Zweig nannte sich nach Hohenstein bei Bönnigheim. Bereits vor der Mitte des 14. Jahrhunderts scheint der Ort im Besitz einer niederadligen Ganerbschaft gewesen zu sein, an der die von Richen allerdings nicht mehr beteiligt waren. 1343 verkauften die Wunnenstein genannt Kirchhausen hiesige Gerechtsame an die Gemmingen, die 1356 dazu ein Viertel an Gericht und Vogtei von den Hohenhardt erwarben. Vermutlich handelte es sich dabei insgesamt um die Hälfte, die noch vor 1369 die Pfalz an sich brachte. Bis ins frühe 15. Jahrhundert kauften die Pfalzgrafen überdies die bisher sickingischen und hohenhardtischen Anteile und waren schließlich die alleinigen Orts- und Landesherren. Von 1410 bis 1499 gehörte das Dorf zu Pfalz-Mosbach, dann war es Teil des kurpfälzischen Oberamts Mosbach (Kellerei Hilsbach). Mit dem Ende der Kurpfalz fiel Richen 1802/03 an das Fürstentum Leiningen und mit dem Ende des Alten Reiches 1806 an das Großherzogtum Baden. Reste der Lorscher Begüterung sind bis in die Mitte des 13. Jahrhunderts nachzuweisen; wahrscheinlich über Vogtei- beziehungsweise Untervogteirechte gelangten sie schließlich in adlige Hand. So kam der örtliche Fronhof (»curia ... dicta Fronihopf«) 1287 durch eine Stiftung der Gemmingen an das Kloster Maulbronn und zwei weitere Höfe überließen die Gemmingen 1297 dem Kloster Rechentshofen; aber gleichwohl blieb diese Familie bis in die frühe Neuzeit in Richen begütert. Auch die Enzberg – wohl Erben der von Richen – bedachten das Kloster Rechentshofen mit hiesigen Einkünften und Liegenschaften (1351/76). Des weiteren begegnen als Grundherren die von Itzlingen (1410), die Göler (1420) und – als Ganerben zu Gemmingen – die Neipperg (1710). Vor allem hatte die Ortsherrschaft mehrere Erbbestandshöfe; im 18. Jahrhundert waren es dreizehn, deren Umfang im einzelnen zwischen 13 und 90 Morgen Äckern und Wiesen lag. Ein Teil dieser Höfe war in Drittelspacht verliehen. Allerlei Zinse bezogen darüber hinaus das Stift Wimpfen (um 1295), die St. Katharinen- (1355) und die St. Georgs-Pfründen (1501/1659) zu Gemmingen sowie die Pfarrkirche zu Eppingen (1508/1788). In den großen Zehnt teilten sich am Ende des 18. Jahrhunderts zu sieben Zwölfteln die kurpfälzische Hofkammer und zu vier Zwölfteln die Freiherren von und zu Gemmingen; das restliche Zwölftel bezogen die Gemmingen und Neipperg gemeinsam. Das Ortsgericht, zu dessen Stab 1802 auch der Dammhof gehörte, bestand 1786 aus dem Schultheißen, vier Schöffen und einem Gerichtsschreiber. Es führte ein eigenes Siegel mit einem quadrierten Wappen, auf dessen Plätzen 1 und 4 die bayerischen Rauten zu sehen sind, auf den Plätzen 2 und 3 drei Flammen; den Schild bekrönen zwei Türme. 1802 gehörten der Gemeinde ein Rathaus (seit 1575), ein Backhaus, ein Torhaus, mehr als 500 Morgen Wald (Flurname Bürgerwald) und – von der Herrschaft verpachtet – eine Schäferei. Ab 22.6.1807 standesherrliches Amt Hilsbach, 24.7.1813 Вezirksamt Eppingen, 1.5.1841 großherzoglich fürstlich-leiningisches Amt Sinsheim, 15.11.1849 Вezirksamt Eppingen. 1.4.1924 Bezirksamt bzw. 25.6.1939 Landkreis Sinsheim.
Wirtschaft und Bevölkerung: Im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts umfasste Richen rund neunzig Haushaltungen, woraus auf etwa vierhundert Einwohner zu schließen ist. 1774 zählte man rund 560 Seelen, 1802 rund sechshundert. Ihren Lebensunterhalt fand die Bevölkerung im Ackerbau und in der Viehzucht, dazu kam in älterer Zeit auch noch Weinbau. Die drei Zelgen lagen gegen Adelshofen, gegen Kirchardt und gegen Gemmingen (1563). Der zum Jahr 1802 angegebene Bestand von 337 Rindern und 113 Pferden zeugt von relativem Wohlstand. An Gewerben und Handwerken waren zu Beginn des 19. Jahrhunderts vertreten: je vier Krämer, Küfer, Maurer und Schuhmacher, drei Schneider, je zwei Hufschmiede, Wagner und Schreiner, je ein Bäcker, Glaser und Zimmermann sowie zehn Leinenweber. Im 18. Jahrhundert bestand vorübergehend eine Ziegelhütte. An der Elsenz wurde sicher schon im Mittelalter die von der Herrschaft verliehene Erbbestandsmühle betrieben; die Gipsmühle am Berwanger Bach entstand erst im 19. Jahrhundert. Außerdem gab es eine herrschaftliche Bannkelter. Seit dem ausgehenden Mittelalter fanden jährlich zwei Krämermärkte statt, ein Gasthaus (»Herberg« beim Tor) ist seit 1456 bezeugt.

Ersterwähnung: 1496
Kirche und Schule: Die Richener Pfarrkirche Beatae Mariae Virginis war die Mutterkirche von Ittlingen und Adelshofen. 1496 hatte sie zwei Nebenaltäre, der eine zu Ehren der Muttergottes und Johannes des Täufers, der andere mit dem Patrozinium der Heiligen Nikolaus und Katharina (1373, Frühmesse). Das Patronatsrecht stand offenbar von alters her den Gemmingen zu und wurde von diesen 1549 an Kurpfalz abgetreten. Hinsichtlich der Konfession machte der Ort seit der Mitte des 16. Jahrhunderts alle von der Landesherrschaft verordneten Wechsel mit. In der Kirchenteilung von 1707 fiel das Gotteshaus den Katholiken zu (Mariä Verkündigung), deren Pfarrer 1802 auch für Kirchardt und Dammhof zuständig war. Die Reformierten errichteten 1726 eine Filialkirche, die bereits im 19. Jahrhundert profaniert wurde; im übrigen waren sie nach Schluchtern gepfarrt. Die Lutheraner besuchten den Gottesdienst in Eppingen oder in den umliegenden ritterschaftlichen Orten. Die Anfänge des örtlichen Schulunterrichts sind zweifellos in der Zeit der Reformation zu suchen. Ein Schulmeister begegnet erstmals 1601. Über ein Schulhaus verfügten am Ende des 18. Jahrhunderts nur die Katholiken; die Reformierten mussten sich behelfen und die wenigen Lutheraner hatten gar keine Schule. Die Zahl der Schulkinder belief sich 1802 auf insgesamt 76. Die 1732/33 neuerbaute katholische Kirche inzwischen abgebrochen. 1962/63 neues Gotteshaus Maria Geburt mit freistehendem Turm im Norden des Orts. 1845 neugotische evangelische Kirche mit schmalem Frontturm, 1858 ständiges Vikariat, 1871 Pfarrei.
Patrozinium: Mariä Verkündigung
Ersterwähnung: 1707
Jüdische Gemeinde: 1802 zählte man vierzehn jüdische Familien, die eine eigene Synagoge hatten; die ersten Juden finden hier 1722 Erwähnung. 1935 wurde die jüdische Gemeinde aufgelöst.

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