Kirchardt - Altgemeinde~Teilort 

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Typauswahl: Ortsteil – Historisches Ortslexikon
Typ: Teilort
Ersterwähnung: 0791

Ortslage und Siedlung
(bis 1970):
Zwar wurde im Gewann Am Bettelbaum, östlich des Dorfs, um die Mitte des 19. Jahrhunderts ein bronzezeitliches Schwert gefunden, und im Haftenwald glaubte man in den 1830er Jahren römische Mauerreste identifizieren zu können, ebenso kamen 1960/61 am Schneckenberg römische Gebäudereste zum Vorschein. Aber gleichwohl reichen die Wurzeln des bestehenden Dorfs nicht weiter zurück als in die Merowingerzeit, in der Kirchardt als Ausbausiedlung entstand. Sein Name ist zum Jahr 791 erstmals bezeugt (»Kyrihhart«). Zu deuten ist er als Kirchwald beziehungsweise als Weidewald im Besitz einer Kirche. Die Namen zweier kleinerer Gewanne – Rottend und Roth – geben jüngere Rodungen zu erkennen. 1774 bestand das Dorf neben zwei Kirchen aus 62 Häusern, 1803 aus 95. Ganz im Südosten seiner Gemarkung hat Kirchardt Anteil am Gebiet der einstigen Burg Lauterstein. Während sich der Ortskern auf der westlichen Flussterrasse entlang der Straße erstreckt, nehmen die Neubauviertel der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg vor allem den Hang darüber ein. Östlich des Bachs entstanden weitere Einfamilienhäuser um die neue katholische Kirche. Von den Wohngebieten wurden »Bittenweg« 1950, »Schneckenberg« 1960, »Hinter den Dorf gärten« 1966, »Am Weingärtnerweg« 1967, »Ob dem Herrenberg« 1970, »Brunnenberg« 1972, »Altenberg« 1979 errichtet. Die Gewerbegebiete im Nordosten stammen aus den Jahren 1956 beziehungsweise 1961. Das Industriegebiet wurde 1971 ausgewiesen.
Historische Namensformen:
  • Kyrihhart 0791
Geschichte: Im hohen Mittelalter gehörte Kirchardt zur Herrschaft Steinsberg. Zusammen mit ihr gelangte es zwischen 1329 und 1338 von den Grafen von Oettingen an die Pfalzgrafen bei Rhein. Von Pfalzgraf Ruprecht III. 1406 mit Zwing und Bann sowie allem sonstigen Zubehör an die Münch von Rosenberg verpfändet, wurde das Dorf in der pfälzischen Teilung 1410 der damals begründeten Linie Pfalz-Mosbach zugesprochen und von dieser nach 1413 aus neippergischem Besitz zurückgelöst. 1499 fiel es mit dem Aussterben der Mosbacher Pfalzgrafen wieder an die Kurpfalz und verblieb bei ihr bis zum Ende des Alten Reiches (Kellerei Hilsbach). Als 1802/03 die alte Pfalz unterging, kam Kirchardt zum Fürstentum Leiningen; 1806 wurde es vom Großherzogtum Baden mediatisiert. Eine hier ansässige, zum ministerialischen Umfeld der Kaiserpfalz in Wimpfen gehörige Ritteradelsfamilie tritt unter dem Namen von Kirchardt nur zwischen 1257 und 1280 in Erscheinung. Ihre einst im Winkel zwischen Heilbronner und Haldenstraße (Flurname Burggärten) gelegene Burg war Eigengut und offenbar noch im späten Mittelalter bewohnt (1404 von Venningen), hatte aber, wie es scheint, keinen unmittelbaren Anteil an der Herrschaft im Dorf. Ein Kreis von Ganerben, darunter die Münch von Rosenberg, Angelloch, Remchingen und Balzhofen, verkauften den »Burgstaden« beziehungsweise »Burgstall« 1439/40 an die von Helmstatt zu Grombach. Als Inhaber von Gütern und Gerechtsamen zu Kirchardt begegnen bis ins 13. Jahrhundert die Klöster Lorsch (8./9. Jahrhundert) und Hirsau (um 1100) sowie seit 1296 das Stift Wimpfen. Im 15. Jahrhundert sind als Grundherren verschiedentlich die Eigentümer der hiesigen Burg bezeugt. Ein als Burghof bezeichnetes Anwesen, das später unter vier Erbbeständern aufgeteilt war, gelangte 1507 in den Besitz des Dominikanerklosters Wimpfen (so noch 1602). 1508 bezog die Pfarrei Eppingen Zinse aus einem Hof, 1573 und 1679 desgleichen die Herren von Gemmingen-Fürfeld. Das Stift Wimpfen verkaufte seinen hiesigen Hof 1586 an die von Gemmingen-Treschklingen. Bis zum Ende des Alten Reiches gaben die meisten auswärtigen Herren ihre Befugnisse zugunsten der Orts- und Landesherrschaft auf; bereits 1369 gehörten dieser der ganze Ernsthof und das halbe Schelhartslehen. Ein Schatzungsbuch von 1742 nennt insgesamt zwölf Erbbestandshöfe, deren Umfang (Äcker, Wiesen, Weinberge) zwischen 182 und 13 Morgen lag, durchschnittlich bei 65 Morgen. Den Großzehnt bezog vom späten Mittelalter bis zur Säkularisation der Deutsche Orden (Horneck) allein; den Kleinzehnt hatte in der frühen Neuzeit die reformierte Pfarrei mit Ausnahme eines Vierzigstels, das der Landesherrschaft zustand. Bürgermeister, Gericht und ganze Gemeinde treten 1571 anlässlich einer Kreditaufnahme in Erscheinung, allerdings gibt ein 1531 angelegtes Dorfbuch zu erkennen, dass die kommunalen »Verwaltungsstrukturen« schon damals vergleichsweise hoch entwickelt waren. Im 16. Jahrhundert gehörten dem Gericht zwölf Schöffen an, 1803 nur noch sechs; die Zahl der Feldrichter (Untergänger) lag bereits 1531 bei sechs. Das Gemeindeeigentum bestand um 1800 aus rund 330 Morgen Wald, einem Rathaus (erbaut um 1570) und einem Schafhaus sowie einer Schäferei. 22.6.1807 standesherrliches Amt Hilsbach, 15.11.1810 standesherrliches Amt Sinsheim, 24.7.1813 Bezirksamt Sinsheim, 1.5.1841 großherzoglich fürstlich-leiningisches Amt Sinsheim, 15.11.1849 Bezirksamt Sinsheim, 25.6.1939 Landkreis Sinsheim.
Wirtschaft und Bevölkerung: Am Ende des 16. Jahrhunderts hatte Kirchardt etwa dreihundert Einwohner (1592 67 Untertanen). Durch den Dreißigjährigen Krieg ging die Zahl um mehr als die Hälfte zurück, aber danach wurden die Verluste rasch kompensiert, nicht zuletzt durch Zuwanderung aus der Schweiz. Bereits um 1700 war der alte Stand wieder erreicht, und nach der Mitte des 18. Jahrhunderts vollzog sich eine wahre Bevölkerungsexplosion: 1767 circa 470 Einwohner, 1788 circa 670, 1803 circa 910 und 1807 circa 1020. Ganz überwiegend lebte man im alten, relativ gut situierten Kirchardt von Ackerbau und Viehzucht; die Weinproduktion, der eine herrschaftliche Kelter zur Verfügung stand, beanspruchte um 1800 nur etwa 5 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche (Altenberg, Pechgrübe, Roth). Die Feldflur war in die Zelgen hinter dem Rotenhart, gegen Grombach und gegen Fürfeld unterteilt (1369). Der Viehbestand belief sich 1803 auf sieben Pferde, mehr als vierhundert Rinder und zweihundert Schweine. An Gewerben werden im gleichen Jahr genannt: Krämer, Wagner, Schmiede, Schlosser, Weber, Schuster, Schneider, Metzger, Küfer, Bäcker, Müller, Schreiner, Ziegler, Maurer, Steinhauer und Zimmerleute; hinzu kamen mehrere Wirte. Ein Schildrecht zum goldnen Löwen gab es bereits in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts (im Besitz des Schultheißen), eines zum goldnen Pflug (Barbier) und zum weißen Ross (Schmied) 1761, zum goldnen Lamm 1763, zum Kurpfälzer Hof (dann zur Sonne) 1786/90, zum Schwanen 1790, zum schwarzen Adler 1794 und zum schwarzen Ochsen um 1800. Ein 1778 der Gemeinde erteiltes Marktrecht zeitigte offenbar nicht die Wirkung, die man sich von ihm versprochen hatte. Die in Erbbestand verliehene Mühle hatte nur einen Mahl- und Schälgang, konnte aber Bannrechte beanspruchen.

Name: Burg Lauterstein

Ersterwähnung: 1395
Kirche und Schule: St. Aegidius zu Kirchardt ist die Mutterkirche von Berwangen. Die Kollatur der Pfarrpfründe stand nachweislich 1395, aber sicher schon vor 1369 dem Deutschen Orden zu (Horneck). Neben dem Hochaltar gab es 1496 einen zwar geweihten, aber nicht bepfründeten Altar zu Ehren der Muttergottes und der heiligen Barbara. Die Reformation fand um die Mitte des 16. Jahrhunderts zunächst entsprechend der lutherischen Lehre Eingang, setzte sich jedoch unter pfälzischer Obrigkeit in ihrer reformierten Variante durch. In der Kirchenteilung 1707 wurde das Gotteshaus den Reformierten zuerkannt und 1790/91 neugebaut. Die nach 1685 an Zahl immer mehr zunehmenden Katholiken hatten später im Untergeschoß des Rathauses eine Kapelle, und auch die Lutheraner errichteten ein eigenes Oratorium, in dem der Pfarrer von Schluchtern den Gottesdienst versah. Die Reformierten hatten einen eigenen Pfarrer, die katholische Sonn- und Feiertagsmesse zelebrierte im späteren 18. Jahrhundert ein Franziskanerpater aus Sinsheim. Noch 1578 scheint am Ort keine Schule existiert zu haben. 1803 gab es je ein reformiertes und lutherisches Schulhaus, der katholische Lehrer unterrichtete in seinem Privathaus. Alle drei Schulmeister waren sehr gering besoldet; dabei hatte der reformierte mehr als sechzig Kinder zu unterrichten, der lutherische fünfzig und der katholische mehr als vierzig. 1791 barocker Neubau der Kirche St. Aegidius, Schiff 1898 verlängert. 1810 Filiale von Grombach. Neubau mit freistehendem Turm 1972.
Patrozinium: St. Aegidius
Ersterwähnung: 1496
Jüdische Gemeinde: 1803 gab es nur eine jüdische Familie, 1807 keine mehr.

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