Ortslage und Siedlung (bis 1970): | Am 5. Mai 1325 einigte sich Agnes von Brauneck, Witwe Konrad von Weinsbergs, mit ihrem Schwager über ihre Morgengabe, die »newe statt Helmbund«. Damit ist erstmals die Beziehung zwischen dem älteren, zum Jahr 797 im Lorscher Codex bezeugten Dorf »Helmanabiunde« an der Brettach und der vielleicht schon unter den Herren von Dürn, spätestens aber unter denen von Weinsberg vor 1320 etwa 1,2 Kilometer nordwestlich von Helmbund auf dem Bergsporn im Mündungswinkel von Kocher und Brettach planmäßig angelegten neuen Stadt dokumentiert. Der Name des älteren Orts bezieht sich in seinem zweiten Teil auf ein eingefriedetes Herrengut (althochdeutsch biunde), in seinem ersten vermutlich auf einen Personennamen. Die Umsiedlung der Bevölkerung aus dem Dorf in die Stadt dürfte sich bis in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts hingezogen haben, jedenfalls sind noch 1340 und 1346 Einwohner im alten Dorf nachzuweisen. Die neue Stadt, 1336 als »zu der Niwenstat, die da gelegen ist an dem Kochen«, bezeichnet, hatte in Anpassung an das Gelände die Gestalt eines Dreiecks mit der Basis am oberen Ende. Bereits 1340 war sie ummauert und wohl schon damals durch zwei Tore zugänglich. Das obere Tor (zugleich Kirchturm), zwischen Schloss und Schöntaler Hof, wird 1458 genannt und wurde 1703 nach teilweisem Einsturz wiederaufgebaut. Am unteren Ende – ursprünglich auf Kochertürner Gemarkung – lag die 1405 erwähnte, von Kocher und Brettach flankierte, durch das Geiseltor (abgebrochen Ende 17. Jahrhundert) zugängliche Vorstadt. Die 1367 und 1537 zwischen den Kochertürner und Neuenstadter Herren strittigen Hoheitsrechte in der Vorstadt kamen 1583 an Württemberg, wiewohl die Siedlungsfläche bei Kochertürn blieb; 1736 Bürg zugeschlagen, kam das entsprechende Areal erst 1834 an Neuenstadt. 1525 umfasste die ganze Stadt 144 Herdstellen. Nachdem im Dreißigjährigen Krieg etwa die Hälfte der Gebäude zerstört war, dürfte am Ende des Alten Reiches die Zahl der Haushaltungen bei rund 250 gelegen haben. Die Gemarkung von Neuenstadt hat mehrere steinzeitliche Fundstellen aufzuweisen. Im Gewann Tatsche, neben der Autobahn, kamen Zeugnisse aus dem Mittelneolithikum und aus der Rössener Kultur zutage. Etwa 1 Kilometer südöstlich des Ortskerns, im Gewann Heuweg über der Brettach wurden Reste einer Rössener Siedlung entdeckt, und eine weitere, ausgedehnte Siedlung der gleichen Periode gab es in dem 2,8 Kilometer ostsüdöstlich der Stadt gelegenen Gewann Beim fallenden Brunnen. Auch aus der Bronzezeit liegen archäologische Befunde vor, so im Gewann Gänsrain, etwa 1,5 Kilometer südöstlich der Stadt, und in dem 0,5 Kilometer vom Bahnhof entfernten Gewann Kampfrad sowie in der Tatsche. In der Tatsche wurden überdies hallstattzeitliche Siedlungsgruben entdeckt. Funde von römischen Münzen und Votivsteinen an verschiedenen Stellen des überbauten Stadtareals sowie eine Hypokaustanlage in der Manggasse belegen eine Besiedlung auch in spätantiker Zeit, wobei es sich wohl um Ausläufer oder Vororte der seit 2003 auf Bürger Gemarkung ausgegrabenen römischen Stadtanlage handeln dürfte. Nach dem zweiten Weltkrieg ist der Ort besonders im Оsten und Süden jenseits der Brettach gewachsen. Zu den neuen Siedlungsgebieten gehören die Forstgarten-, Hofgarten- und Kochertalsiedlung sowie jene in den Bereichen »Brettacher Fußweg«, »Mühlacker«, »Götzenkreuz«, »Brechhaus«, »Schließenbaum«, »Austraße«, »Ziegelhütte«, »Kleemeisterei«, »Drosselweg« und »Heilbronner Weg«. Die beiden Gewerbegebiete der Stadt wurden gleichfalls am östlichen (1964) und südlichen Ortsrand (1962) angelegt. — Von der mittelalterlichen Stadtbefestigung sind der obere Torturm und ein Teil der Stadtmauer erhalten. Das von Herzog Christoph von Württemberg anstelle eines weinsbergischen 1565 fortfolgend erbaute Schloß umfing mit seinen späteren Neubauten einen viereckigen Hof. Es wurde 1945 zerstört und danach umgebaut. Im Amtshaus befindet sich jetzt das Forstamt, im Türnitzbau das Finanzamt, im Marstall war von 1956 — 1966 die katholische Kirche. Im evangelischen Stadtpfarrhaus von 1488, einem Eckhaus mit vieleckigen Renaissanceerkern und Volutenportal sowie Altanbau auf toskanischen Wandsäulen ist auch das Dekanatsamt untergebracht. Klassizistische Apotheke von 1801. Spätbarocker Brunnen mit Geländer von 1744. Die 1448 erstmals erwähnte Linde wurde 1945 zerstört. Erhalten sind die von Herzog Christoph stammende Ummauerung des Lindenplatzes sowie die 90 steinernen und acht hölzernen Säulen, die die Linde gestützt hatten. Diese waren 1551 — 1601 von Adelsgeschlechtern der Umgebung gestiftet worden. |
Historische Namensformen: | - newe statt Helmbund 1325
- Niwenstat
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Geschichte: | Ursprünglich zum Reichsgut gehörig, war die Gemarkung von Helmbund, auf der Neuenstadt entstand, im 13. Jahrhundert im Besitz der Herren von Dürn und gelangte von diesen zu Beginn des 14. Jahrhunderts an die Herren von Weinsberg. In der Folge verpfändeten die Weinsberger Neuenstadt mehrfach, sowohl mit als auch ohne das dazugehörige Amt (Brettach, Cleversulzbach, Gochsen und Kochersteinsfeld), so 1392 an den Gleißenden Wolf von Wunnenstein, 1405 und 1431 an die von Helmstatt, 1411 an die Landschad von Steinach und 1428 an die von Sickingen. Schließlich verkauften die inzwischen gänzlich verarmten Herren von Weinsberg Stadt und Amt Neuenstadt 1450 an Kurpfalz. Mit der Pfälzer Katastrophe im Landshuter Krieg fielen Stadt und Amt 1504 an Württemberg. Mit Ausnahme der Jahre zwischen 1635 und 1646, als der kaiserliche Günstling Graf Maximilian von Trautmansdorff die Ämter Neuenstadt und Weinsberg in Besitz hatte, blieb Neuenstadt mit allen obrigkeitlichen Befugnissen in Stadt und Amt bei Württemberg, von 1617 bis 1621 und noch einmal von 1649 bis 1742 als Residenz einer Nebenlinie des herzoglichen Hauses. Um die Wende vom 8. zum 9. Jahrhundert schenkte der fränkische Edelfreie Milo dem Kloster Lorsch einen stattlichen Hof in Helmbund, und noch 1193 bestätigte Kaiser Heinrich VI. dem Kloster seinen dortigen Grundbesitz. Nach diesem Ort nannte sich zwischen 1218 und 1466 eine zunächst vermutlich Dürner, später Weinsberger Ministerialenfamilie, die in ihrem Wappen drei Helme (2, 1) führte. Bis 1354 ist sie mit Besitz auf der Gemarkung belegt. Der letzte Agnat war Lehnsmann der Grafen von Hohenlohe; andere Familienangehörige hatten im 13. und 14. Jahrhundert Kanonikerpfründen in Öhringen, Wimpfen und Ellwangen. Schon die Herren von Weinsberg residierten in der bei der alten Gerichtslinde gelegenen Burg, deren Anfänge vor 1320 zu datieren sind. Von 1559 bis 1565 wurde die Anlage durch einen Neubau ersetzt und 1617/21 nach Plänen Heinrich Schickhardts erweitert. Der 1680 errichtete Teil der Schlossanlage, der so genannte Steinbau, wurde 1826 abgebrochen. In Neuenstadt waren darüber hinaus verschiedene Ritteradelsfamilien begütert und hatten dort zeitweise auch ihren Sitz, so die von Hausen (1310), von Seckach (1343), von Weiler (spätes 14. Jahrhundert) und als ihre Besitznachfolger die von Helmstatt (1401/12), die von Tierbach (15. Jahrhundert) und ihr Erbe Götz von Berlichingen (1455) sowie weiterhin die Echter von Mespelbrunn und die Horneck von Hornberg (1523). Besitz auf der Gemarkung hatten auch die von Amlishagen (1324) und von Dahenfeld (1341). Das Ritterstift Wimpfen verfügte bereits im ausgehenden 13. Jahrhundert über örtliche Güter und noch 1482 über einen Pfründhof. Desgleichen war das Kloster Schöntal seit 1289 Grundeigentümer und hatte überdies einen Pfleghof (1488). Die vom Würzburger Bischof an die Herren von Dürn und von diesen an die von Ernstein weiterverlehnten zwei Drittel am Frucht- und Kleinzehnt auf Helmbunder Gemarkung gelangten um 1286/89 an das Kloster Schöntal. 1301 schlug der Bischof dem Kloster überdies den Zehntanteil der Kirche in Helmbund zu und 1310 konnten die Mönche auch noch das Sechstel der von Gochsen erwerben und damit den ganzen großen und kleinen Zehnt auf nahezu der gesamten Gemarkung beanspruchen. Die Herren von Dürn und die Schenken von Limpurg verzichteten 1307 und 1312 auf ihre lehnsherrlichen Rechte. Der Weinzehnt war zwischen dem Kloster und der Ortsherrschaft geteilt. 1699 überließ Schöntal seine Zehntrechte in Stadt und Amt Neuenstadt, dazu seinen Stadthof, tauschweise an Württemberg. Das aufgrund stilistischer Merkmale dem frühen 14. Jahrhundert zuzuordnende Stadtsiegel von Neuenstadt trägt die Umschrift »S • CIVITATIS • IN • HEILINBVNT« und ist in Abdrucken von 1334 bis 1511 überliefert. Die städtischen Wappenfarben Weiß (Silber) und Blau sind seit 1535 belegt. Aus der Verfassung des Dorfs Helmbund kennt man nur den im Anniversar des Ritterstifts Wimpfen genannten Schultheißen. Für Neuenstadt sind seit 1325 ein Schultheiß und eine ungenannte Zahl von Richtern, 1392 ein Bürgermeister und schließlich 1476 ein Ratsgremium bezeugt. In württembergischer Zeit standen an der Spitze der Gemeinde zwei Bürgermeister und der Rat, die die Geschäfte der Stadt unter der Aufsicht des Untervogts beziehungsweise später des Oberamtmanns versahen. In der frühen Neuzeit stand der Oberamtmann auch dem mit zwölf Schöffen besetzten Stadtgericht vor. Die Rechte und Gewohnheiten der Stadt sind in einem Statutenbuch von 1536 aufgezeichnet. 1806 verfügte die Stadtgemeinde über ein Rathaus (1545 erwähnt), ein Schulhaus (1795 erbaut) und die 1775 in ihr Eigentum übergegangene Kirche. Neuenstadt am Kocher war bis 18.3.1806 Sitz des Amts Neuenstadt und gehörte bis 1.10.1938 zum Oberamt Neckarsulm (seit 30.1.1934 Kreis), danach zum Landkreis Heilbronn. Durch amerikanische Luftangriffe und Artilleriebeschuß vom 7. bis 9. April 1945 wurden etwa 80 Prozent aller Gebäude zerstört; 14 deutsche Soldaten und 16 Einwohner fanden den Tod. |
Ersterwähnung als Stadt: | 1325 |
Wirtschaft und Bevölkerung: | Die Einwohnerzahl Neuenstadts stieg von etwa 660 (137 Steuerzahler) im Jahr 1495 auf 1168 Köpfe (1803), wobei selbstverständlich mit einem größeren Einbruch im 17. Jahrhundert zu rechnen ist. Die örtliche Wirtschaft war von Acker- und Weinbau geprägt, was sich nicht zuletzt in der Existenz entsprechender herrschaftlicher Gebäude niederschlug, im Schöntaler Fruchtkasten (1545 erwähnt, seit 1656 Gefängnis), in zwei Keltern (1523/45 beziehungsweise 1556/57), in einer Heuscheune (1704) und in zwei Bandhäusern (zweite Hälfte 16. Jahrhundert). Ein Schafhof mit zugehöriger Schäferei (1510) war ebenfalls herrschaftliches Eigentum. Die 1334 erwähnte, vor 1525 abgegangene Helmbundmühle und die Stadtmühle (1511) waren Bannmühlen für Neuenstadt und Cleversulzbach; außerdem gab es eine Walkmühle (1427) und eine Sägmühle (1760). Zwei Badstuben, die eine 1334 erwähnt und vor 1523 aufgegeben, die andere 1545 erwähnt, sowie mehrere Wirtshäuser (1587) bereicherten das gesellschaftliche Leben. Schmiede sind 1579 belegt, und der Flurname In der Schmitte bei der Helmbundkirche weist auf die Existenz einer frühen Schmiedewerkstatt in dem wüstgefallenen Dorf hin. Eine Gerberei und eine Ziegelei sind 1545 zu fassen. Eine Apotheke existierte bereits 1445, ein Kramladen im 16. Jahrhundert; als Gewerbe sind darüber hinaus Maurer (1617), Zimmerleute (1619), Steinmetze (1648), Bäcker (1651) und Metzger (1652) zu fassen. Jahrmarkt wurde bei der Linde abgehalten. Von 1379 bis 1396 ließen die Mainzer Erzbischöfe in Neuenstadt Münzen schlagen. Ihre wirtschaftliche und kulturelle Blüte erlebte die Stadt in ihrer Zeit als württembergische Residenz 1618 bis 1781; außer den Bedürfnissen der fürstlichen Personen im Schloss sorgte damals eine umfangreiche Hofhaltung für ein gutes Einkommen der Bevölkerung. |