Schwäbisch Hall - Altgemeinde~Teilort 

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Typauswahl: Ortsteil – Historisches Ortslexikon
Typ: Teilort
Ersterwähnung: 1100 [um 1100]

Ortslage und Siedlung
(bis 1970):
Die Siedlung Schwäbisch Hall entstand von den frühesten Anfängen an als gewerbliche Niederlassung. Anlass war die Ausbeutung der hier an die Oberfläche tretenden Salzquelle. Herrschaftliche oder kirchliche Funktionen traten erst viel später hinzu. Auch die kleine Stadtmarkung und die Abhängigkeiten von Herrschaftsmittelpunkten wie der Comburg belegen das. Schon die Kelten ließen sich aus diesem Grund in der ungünstigen Tallage nieder. Für die 1500 Jahre später neu entstehende mittelalterliche Siedlung galt Entsprechendes. Heute sind die Hänge des Kochertals mit Wald und Buschwerk bedeckt. Bis um 1900 waren die Hänge kahl, es dominierten Gärten, Grasraine und Baumwiesen. Auch die steilen Hanglagen wurden intensiv genutzt. Bis ins 18. Jahrhundert waren sie der Standort von Weinbergen, die alle Talhänge überzogen. Schon die Zahl der Keltern belegt den intensiven Weinbau – wie auch die Höhe der Abgaben, die auf den Weinbergen lasteten. Wälder der Umgebung wurden in Mittelalter und früher Neuzeit als Ressource genutzt. Schäden am Wald fielen erst vergleichsweise spät auf, vorher galt er als grenzenlos ausbeutbar. Aus dem Jahr 1500 datiert eine Holzordnung, die die noch bestehenden Waldungen schützen sollte und Vorschriften für die Nutzung machte. Auch die Reinheit des Wassers, das an und für sich reichlich vorhanden war, und die Abfuhr der Abfälle wurden von der Stadt geregelt. Naturkatastrophen wie Überschwemmungen und Gewitter waren häufig. Sie zerstörten Teile der Infrastruktur, vernichteten Vermögenswerte und drohten zu Seuchenausbrüchen zu führen, da die sowieso nur minimale Hygiene durch solche Unglücke noch weiter verschlechtert wurde. Erinnert wurden in Chroniken die Unwetter von 1529, 1570, 1619, 1625, 1669 und 1737. 1570 zum Beispiel wurden Teile des Steinernen Stegs, der Rote Steg und der Sulfersteg weggeschwemmt, das Haalholz trieb kocherabwärts, und selbst die äußere Mauer am Eichtor wurde beschädigt. Die Keller in Kochernähe liefen voller Wasser, Äpfel, Birnen und Kraut wurden durch die Kellerfenster und Kellerhälse nach oben geschwemmt. Vom Sulfertor bis zur Metzgersgasse (ungefähr an der Stelle der heutigen Rosmarinstraße) konnte man mit einem Kahn fahren. 1737 riss ein starker Wolkenbruch das Pflaster in der Stadt auf, so dass sich auf dem Marktplatz Steine und Holz türmten und in der Schuppach die Dohlen sichtbar wurden. Drei große Brände sind aus der Stadtgeschichte Schwäbisch Halls überliefert: 1316, 1680 und 1728. Für das Jahr 1316 ist die Dokumentation – wie zu erwarten – spärlich. Die Haller Chronisten Georg Widman und Johann Herolt erwähnen beide einen Brand für das Jahr 1376. »Anno domini 1376 verbronn Hall von eigenem fewer, dasz man von einer porth, nemblichen vom Sulverthor zum Stättthor möchte sehen.« Gleichzeitig sollen ältere Nachrichten aus der Stadtgeschichte zugrunde gegangen sein, was deren Dürftigkeit erkläre. Historisch richtig ist daran gar nichts: Für 1316 liegt eine in solchen Unglücksfällen übliche Befreiung von der Reichssteuer vor (nicht aber für 1376), die Vernichtung von Dokumenten ist eher unwahrscheinlich. Auch der Streit um die Kellerhälse könnte in die gleiche Richtung deuten: Der Brand führte zu einer Erhöhung des Straßenniveaus, was zur Verlängerung der Kellerzugänge zwang, wollte man die Keller unverändert beibehalten: Auseinandersetzungen waren die Folge. 1680 wurden am 3. Juni durch einen Blitzschlag Teile der Gelbinger Gasse eingeäschert. Betroffen waren die heutigen Gassen Hinter der Waag, Blendstatt und die südliche Hälfte der Gelbinger Gasse (bis zur heutigen Nummer 47). Auch der Josenturm und die zugehörige Kapelle samt der darin untergebrachten deutschen Schule verbrannten. 60 Häuser und 34 Scheunen fielen dem Feuer zum Opfer. Der Wiederaufbau zog sich bis 1686 hin. Der eigentliche große Stadtbrand entstand am 31. August 1728 im Gasthaus Zum goldenen Helm am Milchmarkt – durch Unachtsamkeit. Die Bader hatten am 30. August dort ihre Zunftversammlung abgehalten. Es war – für Haller Verhältnisse – offenbar spät geworden und die Stimmung lebhaft. Am nächsten Morgen wurde der Brand im Nebenhaus des Gasthofs bemerkt. In der Küche waren wohl Asche und Kohlen liegen geblieben, die sich in den schadhaften Küchenboden fraßen und schließlich das darunter und darüber gelagerte Heu in Brand setzten. Der Brand scheint sich von da an rasend schnell durch die umliegenden Gassen gefressen zu haben. Allerdings verlief die Brandbekämpfung reichlich unkoordiniert. So verbrannte die große Feuerspritze gleich zu Beginn des Brands. Rathaus und Kanzlei wurden Hals über Kopf geräumt. Um ein Uhr mittags hatte die Feuersbrunst den Marktplatz erreicht: Die Jakobskirche und die Bürgerhäuser auf der Nordwestseite standen in Flammen. Aus der Nachbarschaft eilten Helfer herbei, Territorialgrenzen blieben einmal unberücksichtigt. Hohenlohe, Limpurg, Comburg und Ellwangen halfen. Am Marktplatz wurde der Brand am Müllerschen Haus (Am Markt 5) und am Gasthaus Zum goldenen Adler (Am Markt 11) gestoppt. Der Dachstuhl des Müllerschen Hauses hatte zwar schon Feuer gefangen, aber es konnte durch den Einsatz der auswärtigen Helfer eingedämmt werden. Das Gasthaus Zum goldenen Adler wurde durch eine massive Brandmauer geschützt. In der Haalstraße spielten das Ottonische Haus (Haalstraße 5) und das Schlachthaus (Haalstraße 9) eine ähnliche Rolle: Obwohl sie schon teilweise brannten, konnten diese Gebäude gerettet und ein Übergreifen des Brands nach Süden und Osten auf die restlichen Teile der Altstadt verhindert werden. Gegen sieben Uhr abends war nach circa 15 Stunden der Brand einigermaßen unter Kontrolle, wenn auch die Glut noch Tage später spürbar war und immer wieder kleine Brandherde auftraten. Vier Todesopfer waren zu beklagen. Am Ende war ein großer Teil der Altstadt samt dem Haal zerstört. Vom Kocher bis zur Schuppachkapelle, zum Marktplatz und zum Schlachthaus fielen alle Gebäude dem Feuer zum Opfer. Der südöstliche Teil der Altstadt und die Vorstädte überdauerten. Zerstört waren über 300 Bürgerhäuser, eine Reihe öffentlicher Gebäude (Rathaus, Kanzlei, Kornhaus, Spital, Jakobskirche) und der Haal. Der Gesamtschaden war immens. Der Aufbau veränderte die Straßenzüge. Neu entstand die »Neue Straße«, die auch als Brandschneise dienen sollte. Andere Gassen wurden verbreitert. Für den Wiederaufbau der Bürgerhäuser wurden Vorschriften erlassen und die Grundstücke neu vermessen und abgegrenzt. Finanziert wurde der Wiederaufbau durch Kollekten, Brandsteuern und Steuernachlässe. Bis Ende 1729 standen 121 Häuser wieder, was angesichts der langen Streitigkeiten um die neuen Grundstücksgrenzen erstaunt. Sofort wurde mit dem Wiederaufbau von acht Haalhäusern begonnen, um die Saline möglichst schnell wieder in Betrieb zu setzen. Mit dem Neubau der öffentlichen Gebäude ließ man sich etwas Zeit: Kornhaus, Spital und Rathaus entstanden an zum Teil neuen Standorten bis 1738. Die Altstadt mit dem Halplatz, schönen Bürgerhäusern und der Michaelskirche liegt im engen Talkessel rechts des Kochers. An sie schließen sich die Gelbinger Vorstadt sowie das ehemalige Dorf Unterlimpurg an. Gegenüber, jenseits des Flusses, befinden sich die St. Katharinenvorstadt und der sogenannte Weiler. In jüngerer Zeit hat die Stadt die Talhänge erklommen und sich auf den Hochflächen rechts und links des Kochers mit ihren neuen Wohngebieten ausgedehnt, besonders in Richtung Weckrieden, Hessental, ferner auf der anderen Seite nach Hagenbach hin und südlich Teurershof. Zu den Neubaugebieten zählen unter anderem im Süden die Siedlungen Hagenbach (mit Hochhäusern, seit 1968), Reifenhof (1955/70), Tullauer Höhe (Erweiterung 1952/70), im Südwesten Rollhof (Erweiterung 1950/65), im Westen Heimbachsiedlung (1949/66), Teurershof (seit 1974), im Оsten Kreuzäckersiedlung (Erweiterung seit 1950), »Herrenäcker« (1957/70) sowie im Norden »Im Lehen« (1957/70).
Historische Namensformen:
  • Halle superior 1037
  • Halle 1228
  • Halla in Suevia 1190
  • Schwebischen Halle 1434
Geschichte: Siedlungsspuren aus dem frühen und hohen Mittelalter vor dem 12. Jahrhundert sind in Schwäbisch Hall selten. Dokumentiert ist die keltische Saline im Bereich Hafenmarkt/Hinter der Post aus dem 5. vorchristlichen Jahrhundert. Geringe Siedlungsspuren aus der Merowingerzeit scheinen im Keckenhof vorzuliegen, einige in Resten erhaltene Keller im Bereich Steinerner Steg, Haalstraße und Untere Herrngasse belegen eine Siedlung des 11. Jahrhunderts. Aus dieser Zeit stammen auch Kellerbauten in der Katharinenvorstadt. Die erste fassbare Siedlung um 1050 lag anscheinend zwischen Spitalbach und Haalstraße, locker um den Platz Hinter der Post gruppiert. Sie hatte wohl die Gestalt eines Eis. Ein weiterer Siedlungskern befand sich im Bereich des Keckenhofs, der unter Umständen mit dem ›Ei‹ verbunden war. Schließlich standen jenseits des Kochers menschliche Behausungen. Die Parzellenstruktur im ›Ei‹ weicht von der im übrigen Altstadtbereich ab. Hier lassen sich eher Einzelblöcke als die später typischen Straßenzüge erkennen. Eine erste Erweiterung dehnte die Siedlung in Richtung Haalplatz aus. Damit zusammenhängend könnte auch der Milchmarkt entstanden sein. Zwischen 1150 und 1250 erweiterte sich die Stadt im Bereich der Herrngassen und der Pfarrgasse. Dieses Areal scheint von Anfang an mit steinernen Häusern bebaut worden zu sein. Die ältesten datierbaren Fachwerkbauten gehören erst in das späte 13. Jahrhundert. Die Gebäude der Zeit um 1200 weisen in der Regel einen längsrechteckigen Grundriss mit einer Breite von 8 oder 9 Metern und einer Länge von 10–12 Metern auf. Die ehemaligen Erdgeschosse befinden sich heute im Untergeschoss, da sich im 14. Jahrhundert das Straßenniveau auffällig hob – sicher im Zusammenhang mit dem Stadtbrand von 1316. Im 14. Jahrhundert verdichtete sich auch die Bebauung, während vorher die Häuser mindestens auf drei Seiten frei standen. Die ersten archivalischen Belege für eine Siedlung Schwäbisch Hall stammen aus dem späten 11. und dem 12. Jahrhundert. Der Öhringer Stiftungsbrief ist auf das Jahr 1037 datiert, aber eine Fälschung aus den Jahren um 1100. Hall wird in dieser Urkunde an zwei Stellen genannt. Zum einen erhielt Burchard von Comburg die Hälfte des Orts (»villa«) Hall als Entschädigung für seine Dienste als Vogt des Stifts Öhringen, zum anderen waren fünf Grundstücke (»aree«) in Hall unter den Schenkungen des Bischofs Gebhard von Regensburg an das Stift begriffen. Ein genaues Datum für die Ersterwähnung liegt damit nicht vor. Da zudem keine der Haller Kirchen ursprünglich Pfarrkirche war (der Bereich östlich des Kochers gehörte zu Sankt Johann Baptist in Steinbach, der westliche zur Pfarrei Westheim), da außerdem die Grafenburg in Comburg errichtet wurde, nicht an den vergleichbar guten Bauplätzen in Hall oder Oberlimpurg, ist für das 11. Jahrhundert keine bedeutende Siedlung an Stelle der späteren Stadt anzunehmen. In der Mitte des 12. Jahrhunderts hatte sich das geändert. 1156 bestätigte Bischof Gebhard von Würzburg, dass er die auf Comburger Grund und Boden erbaute Kirche – das Münster (»monasterium«) zu Hall – unter anderem auf den Erzengel Michael geweiht hatte. Die materielle Ausstattung war der Kirche durch Herzog Friedrich von Schwaben übergeben worden. Betont wurde besonders, dass die neue Kirche eine Filialkirche von Steinbach sei und zu bleiben habe. Zwei Anhänge handeln von der Gründung eines Jahrmarkts zu Michaelis (29. 9.), für den ein spezieller 14-tägiger Friede verkündet wurde, und von den Reliquien, die in der Kirche deponiert wurden. Nach dem Aussterben der Grafen von Comburg-Rothenburg 1116 hatten die Staufer deren Herrschaftspositionen übernommen. Sie organisierten die übernommenen Rechte neu, wobei die Förderung von Städten eine wichtige Rolle spielte. In diesen Prozess gehört auch die Stadtwerdung Schwäbisch Halls, wie sie 1156 zum ersten Mal greifbar wird. Die Urkunde von 1156 ist nun allerdings auch eine Fälschung, sie scheint aber im Unterschied zum Öhringer Stiftungsbrief recht zeitnah gefälscht. Zumindest lässt sich an der Datierung der Weihe vernünftigerweise nicht zweifeln. In geringerem Maß gilt dies für den Michaelismarkt, der genauso gut einige Jahre jünger sein könnte als 1156. Während der Öhringer Stiftungsbrief Hall noch als »villa« kennt, erscheint es jetzt als gewerblich fundierte Siedlung, die sich wesentlich über den Stand des 11. Jahrhunderts hinaus entwickelt hat. Grundlage des Gewerbes kann eigentlich nur die Salzgewinnung gewesen sein. Auch Halls Stellung als Handelsplatz hing von der Saline ab. Der unter königlicher Garantie stehende Michaelismarkt beschleunigte den Aufstieg des Orts zur Stadt dann nur noch. 1204 wird Hall zum ersten Mal als Stadt bezeichnet. Philipp von Schwaben spricht von seiner Stadt Hall und von den Bürgern dieser Stadt, als er die Salzpfannen des Klosters Adelberg von der Schatzung und allen königlichen Steuern befreit. Auch der Schultheiß als königlicher Aufsichtsbeamter wird in dieser Urkunde erstmals genannt. Er erscheint auch in weiteren Schriftzeugnissen von 1216 und 1225. 1228 schließlich stellen Schultheiß Heinrich und die gesamte Bürgerschaft (»totaque civium universitas«) eine Urkunde über die Neustiftung eines Johannes dem Täufer gewidmeten Hospitals aus. Im ersten Viertel des 13. Jahrhunderts wurde Hall also eindeutig als Stadt betrachtet, deren Einwohner (wenigstens zum Teil) Bürger waren. Eine einfache Verwaltung und soziale Einrichtungen wie das Spital bestanden ebenfalls. Der Selbstständigkeit der Stadt waren zu diesem Zeitpunkt enge Grenzen gezogen: Sie hing von den Staufern ab, die sie als Herrschaftsmittelpunkt nutzten und von hier aus ihre Besitzungen im südwestlichen Franken und nordöstlichen Schwaben verwalten ließen. Von Bedeutung für die Herrscher war darüber hinaus das Salz, das in Süddeutschland beträchtliche Verbreitung fand. Sie beteiligten außerdem an der Salzquelle auch Klöster und Stifte (Elchingen, Denkendorf, Schöntal, Adelberg und Backnang), die damit enger an die Staufer gebunden wurden und an einer gedeihlichen Entwicklung der Stadt interessiert waren. Auch die Entstehung einer staufischen Münze deutet in die gleiche Richtung. Der Heller (entspricht Haller Pfennig) wies einen verglichen mit den bischöflichen Münzstätten niedrigen Silbergehalt auf, verdrängte allerdings genau deshalb die höherwertigen Geldstücke. Er zeigte von Anfang an die charakteristischen Symbole von Kreuz und Hand, die auch in das Stadtwappen eingingen. Die Herren der Stadt profitierten von der Münzprägung doppelt. Sie erzielten bei Neuprägungen wie bei Wechselgeschäften Einnahmen. Letztere waren angesichts der Vielzahl mittelalterlicher Währungen unumgänglich. Dienstmannen der Staufer – die Ministerialen – verwalteten die Stadt. Deren ursprüngliche Unfreiheit verlor schrittweise jede Bedeutung, sie assimilierten sich an den niederen Adel, von dem sie dann nicht mehr zu unterscheiden waren. Ihnen übertrugen die Könige/ Kaiser die wichtigsten Ämter: Schultheiß, Sulmeister und Münzmeister rekrutierten sich aus ihren Reihen. Daneben verfügten sie über Herrschaftsrechte auf dem Land. Der größte Teil ihrer Einkünfte aber dürfte – ähnlich wie bei den ›bürgerlichen‹ Einwohnern der Stadt – aus dem Handel gestammt haben. Persönlich waren die Staufer öfters in Schwäbisch Hall präsent. Kaiser Heinrich VI. hielt 1190 einen Hoftag »apud Hallam in Suevia«, also bei oder in Hall in Schwaben ab, zu dem 4000 Fürsten, Edle und Ritter gekommen sein sollen. Die Bedeutung der Stadt in der Mitte des 13. Jahrhunderts dokumentiert das Reichssteuerverzeichnis von 1241: Schwäbisch Hall war mit einer Abgabe von 200 Mark Silber belastet, während Frankfurt am Main 250, Gelnhausen, Hagenau und Basel 200, Schwäbisch Gmünd 160 und Rothenburg 90 Mark beisteuerten. Um 1250 scheint Hall also ein blühendes Zentrum, vielleicht sogar eine Art »staufische Vorzeigestadt«, gewesen zu sein. Der Niedergang der Staufer gefährdete dementsprechend Bedeutung und Wohlstand der Stadt massiv. Nach dem Ende der Staufer versuchten die Schenken von Limpurg, die bis zuletzt treue Gefolgsleute des Königshauses gewesen waren, die Stadt Schwäbisch Hall unter ihre Kontrolle zu bringen. Ihre Ausgangsposition war schlecht, da sie zu lange im Gefolge der Staufer ausgeharrt hatten. 1251 behauptete Schenk Walter II., Konrad IV. habe ihm den Wildbann, in dessen Bereich die Stadt Hall liege, und 450 Pfund Heller der Haller Steuer übertragen, wofür er auch einen Zeugen beibrachte. Für die Stadt stand ihre Reichsunmittelbarkeit auf dem Spiel, sie verteidigte sich. 1255 folgte ein Stillhalteabkommen, das den Limpurgern vorläufig 350 Pfund Heller aus der städtischen Steuer zusicherte. Fünf Jahre später avancierte Schenk Walter II. zu einer Art kommissarischem Stadtherrn und erlangte das Recht, den Schultheißen ernennen zu dürfen. Die Reaktion der Bürgerschaft lässt sich daran ablesen, dass die städtische Kanzlei ab 1271 mit einem eigenen bürgerlichen Siegel urkundete, nicht mehr mit dem des Schultheißen, wie es bis 1268 der Fall gewesen war. Offensichtlich reduzierten die Bürger den Einfluss des limpurgischen Schultheißen in der Stadt. Nach 1273 und dem Königtum Rudolfs von Habsburg wurden die Karten neu gemischt: die Stadt erachtete die Kompromisse der vergangenen Jahre für ungültig. 1276 befreite der König sie von fremden Gerichten, eine Vorstufe der Anerkennung als Reichsstadt. Rudolf ernannte 1280 Gottfried von Hohenlohe zum Schlichter zwischen Hall und Limpurg, der einen definitiven Frieden zwischen den beiden Streithähnen herbeiführen sollte. In den Jahren zuvor waren anscheinend die Auseinandersetzungen eskaliert und hatten zu militärischen Aktionen geführt. Folglich regelte der Wiener Schiedsspruch zunächst den Austausch der Gefangenen und den Ersatz zerstörter Besitztümer. Er installierte dann eine Schiedsgerichtsbarkeit, die bei künftigen Konflikten greifen sollte. Insgesamt setzte sich die Stadt durch, die Limpurger wurden auf den Wildbann und den Waldbesitz beschränkt. Ihre ›Hauptstadt‹ wurde Unterlimpurg, nicht Hall. Schwäbisch Halls Stadtherr war dagegen ab 1280 unbestritten der deutsche König. Im 13. Jahrhundert war die Verwaltung der Stadt noch sehr einfach organisiert. An der Spitze des Gemeinwesens amtierte der Schultheiß, ihm zur Seite stand ein Schöffengericht, das 1249 zum ersten Mal erwähnt wird. Zu Beginn des 14. Jahrhunderts treten Stättmeister und Rat als städtische Einrichtungen auf (beide erstmals 1307 erwähnt). Die Richter bildeten einen Teil des Rats. Die Zuständigkeiten des Stättmeisters sind in dieser frühen Zeit nur vage abgegrenzt. Stättmeister, Richter und Ratsherren rekrutierten sich aus den Reihen des Stadtadels, der von den ehemaligen staufischen Ministerialen abstammte, sich aber mittlerweile von königlicher Beeinflussung weitgehend befreit hatte. Zu ihm gehörten Familien wie die Egen, Eberhard, Schultheiß (später Rinderbach und Münzmeister), Sulmeister (später Senft), von Tullau oder Berler, Veldener/Veldner, die auch als von Gailenkirchen, Stetten oder Geyer bezeichnet werden. Alle diese Familien besaßen Güter auf dem Land, von denen sie wesentliche Teile ihres Einkommens bezogen. Sie verfügten daneben über städtischen Grundbesitz und Anteile an der Saline. Schließlich besetzten sie die städtischen Ämter, womit sie die Stadt nach außen – dem Kaiser und benachbarten Herrschaften gegenüber – und nach innen – den anderen Einwohnern, die zu dieser Zeit noch nicht Bürger hießen, gegenüber – vertraten. ›Bürger‹ blieb in Schwäbisch Hall lange ein Titel, den die Stadtadligen für sich reservierten, während alle anderen »Gemeine«, das heißt Angehörige der Gemeinde, waren. Diese organisierten sich im frühen 14. Jahrhundert in genossenschaftlichen Berufsgruppen, die versuchten, das Wirtschaftsleben zu ordnen, Qualität und Absatz der Waren zu kontrollieren sowie die Lehrlings- und Gesellenausbildung zu regeln. Die Handwerker verlangten aber bald auch ihren Anteil an der Macht, zumal viele ihrer Interessen nur durch und mit der Stadt zu regeln waren, nicht aber unabhängig davon. Ende der 1330er Jahre scheint der latente Konflikt eskaliert zu sein. 1340 rückte eine kaiserliche Kommission in Hall ein und schlichtete die Verfassungsstreitigkeiten. Grundlage für den Neuanfang war eine Generalamnestie und die Überprüfung der während der Zwietracht getroffenen Entscheidungen. Zusammenschlüsse der gegnerischen Parteien sollten aufgehoben sein. Dann wurde die Zusammensetzung des Rats festgeschrieben: Von den 26 Ratsherren sollten in Zukunft zwölf Adlige, sechs »Mittelbürger« und acht Handwerker sein. Die Mittelbürger scheinen reichere Einwohner der Stadt gewesen zu sein, die sich von den normalen Handwerkern und Krämern abhoben, also Leute, die sich ihren Lebensunterhalt im Handel verdienten oder von ihrem Grundbesitz leben konnten. Die zwölf adligen Ratsherren fungierten gleichzeitig als Richter. Der Stättmeister als Vorsitzender des Rats sollte jeweils auf Jakobi (25. 7.) neu gewählt werden; zu diesem Termin ergänzte sich der Rat selbst. Ein Wahlrecht der Bürger oder ein Vorschlagsrecht der Zünfte bestand nicht. Kein Ratsmitglied sollte Lohnempfänger sein. Im 14. Jahrhundert war Schwäbisch Hall schon eine recht große Stadt: Die Einwohnerzahl dürfte sich auf circa 4000, möglicherweise 5000 belaufen haben, wobei es sich nur um grobe Schätzungen handeln kann. Nach außen dokumentierte die Stadt ihren Rang durch umfangreiche Befestigungen. 1264 wird die Stadtmauer erstmals erwähnt. 1324 wurde die Gelbinger Vorstadt, bis 1363 auch die Vorstädte jenseits Kochens in die Ummauerung miteinbezogen. Auch innerhalb der Stadt entstanden im 14. Jahrhundert zahlreiche neue Bauten, wobei – abgesehen von den Kirchen und Kapellen – nur wenige öffentliche Gebäude vorhanden waren. Die Michaelskirche besaß zwar noch keine Freitreppe, dominierte aber dennoch das Stadtbild. Nach dem Stadtbrand von 1316, der zu einer deutlichen Erhöhung des Straßenniveaus führte, mussten zahlreiche Wohnhäuser neu errichtet werden. Das Spital, das von den Johannitern der Stadt rückübertragen worden war, erhielt einen neuen Bau am Spitalbach. Über das Aussehen der Saline im 14. Jahrhundert lassen sich keine gesicherten Angaben machen. Der Haalbrunnen erhielt 1309 eine Brüstung, um ihn herum befanden sich die Haalhäuser, die Mauer zum Kocher hin wies zahlreiche Durchlässe für den Transport des benötigten Brennholzes auf. Aus dem 15. Jahrhundert sind Streitigkeiten der dominierenden Familien untereinander überliefert. 1432 wurde Hans von Stetten hingerichtet, angeblich weil er das Schloss Sanzenbach an Auswärtige verkaufen wollte. Andere Stadtadlige wurden zu Anfang des 15. Jahrhunderts ausgelöst, das heißt der Rat übernahm deren Güter um den Steueranschlag, den sie selber deklariert hatten. Offenbar wollte der Magistrat einen Teil der Adelsfamilien nicht mehr in der Stadt haben. Gleichzeitig verstärkte sich die Tendenz des Stadtadels zur Exklusivität: Im Verlauf des 15. Jahrhunderts betonte er zunehmend die kleinen Unterschiede, seine Mitglieder nannten sich zum Beispiel ›Junker‹ und schlossen sich in einer Trinkstube zusammen. Diese »adlige Reaktion« zielte darauf, die wirtschaftlich unter Druck geratenen Positionen des Stadtadels sozial und politisch abzusichern. Die Adelstrinkstube lieferte zu Beginn des 16. Jahrhunderts den Anlass für einen zweiten großen Verfassungskonflikt nach 1340. Hermann Büschler, Stättmeister des Jahrs 1508/09, beantragte, ihn in die Trinkstubengesellschaft aufzunehmen. Büschler war zwar unzweifelhaft nichtadlig, aber in vereinzelten Urkunden vom Ende des 15. Jahrhunderts als Junker tituliert worden. Zudem war er mit Anna Hornberger verheiratet, einer Adligen aus Rothenburg ob der Tauber, und zum dritten hatte er es als erster Nicht-Adliger zum Stättmeister gebracht. Schließlich gab es auch Vorbilder für den Aufstieg in den Stadtadel. Im Falle Hermann Büschlers aber lehnten die adligen Ratsherren unter Führung von Rudolf Nagel die Aufnahme ab. Folgerichtig versuchte Büschler, ein eigenes Versammlungslokal zu gründen, und beantragte, eine bürgerliche Trinkstube in einem Haus des Spitals am Markt einzurichten. Er erreichte eine Mehrheit im Rat, und 1510 wurde mit dem Umbau begonnen. Die Stadtadligen versuchten die Maßnahmen dennoch zu stoppen, unterlagen aber. Rudolf Nagel wandte sich daraufhin an den Schwäbischen Bund, trug den Konflikt also nach außen. Zu Pfingsten 1510 zog die Bundeskommission in Hall auf. Die Klagepunkte – Benachteiligung des Adels, Vernachlässigung der Interessen von Stadt und Spital, schlechtes Wirtschaften mit den städtischen Finanzen – wurden der Kommission von Nagel vorgetragen. Büschler verlangte eine Abschrift der Anklage beziehungsweise eine nochmalige Verlesung und Bedenkzeit, was ihm verweigert wurde. Er fühlte sich daraufhin zu Recht an Leib und Leben bedroht und floh nach Wimpfen. Nagel triumphierte und verkündete, er hätte Büschler den Kopf abschlagen lassen, wenn er geblieben wäre. Die Kommissare konfrontierten den verunsicherten Rat mit einem neuen Verfassungsentwurf, der angenommen und vom Kaiser abgesegnet wurde. Stättmeister sollten nur noch Angehörige der stadtadligen Familien werden können, drei von fünf Geheimen Räten, sieben von zwölf Richtern und zwölf von 26 Ratsherren mussten zukünftig aus ihren Reihen stammen. Die Adligen hatten mit Unterstützung des Schwäbischen Bunds und des Kaisers einen Staatsstreich durchgeführt, die Machtgewinne der Nichtadligen im Lauf des 15. Jahrhunderts waren rückgängig gemacht worden. Hermann Büschler schlug den einzigen Weg ein, der ihm blieb. Er appellierte direkt an den Kaiser, die Gegenpartei konnte aber jede Entscheidung bis 1512 verzögern. Erst nachdem Büschler in einer spektakulären Aktion – er hatte sich ein kleines Rad machen lassen, das er sich vorne auf die Brust hängte, sein Haupt mit Asche bestreut, sich einen Strick um den Hals gebunden und in der einen Hand ein Schwert, in der anderen eine Bittschrift getragen – den Kaiser auf sich aufmerksam gemacht hatte, kam Bewegung in die Angelegenheit. Die in der Folge eingesetzte Kommission stand unter Leitung des Comburger Propsts Peter von Aufseß, der ein guter Kenner der Haller Verhältnisse war. Am 29. Oktober 1512 verkündete das Schiedsgericht seinen Beschluss auf dem Markt in Hall. In den Tagen zuvor scheint die Stimmung in der Stadt eindeutig adelsfeindlich gewesen zu sein. Söldner hielten auf den Straßen Wache. Die Schlichter hoben die Verfassung von 1510 auf und verkündeten die Rückkehr zu der von 1340. Rudolf Nagel, der schon im Juli 1512 seinen Sitz im Rat verloren hatte, floh nach Gaildorf. Als Übergangslösung bis zu den nächsten regulären Wahlen im Juli 1513 wurde der Gemeine oder Äußere Rat gestärkt (unter den neuen Mitgliedern befand sich auch Hermann Büschler), der zu den Beratungen des Inneren Rats zugezogen wurde. Bei der folgenden Neuwahl des Inneren Rats rückten dann Hermann Büschler und zwei seiner Gefolgsleute wieder in das Gremium ein. Gleichzeitig wurde die Bürgertrinkstube in dem ursprünglich schon dafür vorgesehenen Haus des Spitals am Markt etabliert. Die Adelspartei führte noch einige Rückzugsgefechte, erklärte dann aber ihr Einverständnis. Die Adelstrinkstube bestand wohl noch weiter – bis zum Tod der Sibilla Egen, in deren Haus sie untergebracht war. Rudolf Nagel verließ 1513 endgültig Hall. Er starb 1525 in Weinsberg, als ihn die aufständischen Bauern durch die Spieße jagten. Hermann Büschler war der dominierende Haller Politiker des nächsten Jahrzehnts, bis ihn die Reformation und private Schwierigkeiten mit seiner Tochter Anna 1527 zum Rückzug aus dem Rat nötigten. Er starb erst 1543, nachdem er 1541 Kaiser Karl V., Maximilians Enkel, in seinem Anwesen am Markt in Hall beherbergt hatte, sicher ein zeremonieller Höhepunkt in seinem Leben. Grundlage der Gerichtsbarkeit der Stadt waren das »Privilegium de non evocando« von 1276, die Verpfändung des Reichsschultheißenamts an die Stadt (1382), der Erwerb der Blutgerichtsbarkeit (1429) sowie das Recht, Gesetze, Statuten und Satzungen zu erlassen (1516). Der Magistrat blieb bis zum Ende der Reichsstadtzeit das Obergericht, das jederzeit alle Angelegenheiten an sich ziehen konnte. Die Ratsordnung von 1574 legte als ordentliche Ratstage den Montag und den Freitag fest, an denen bürgerliche Streitigkeiten geregelt, aber auch Satzungen erlassen wurden. Der Mittwoch war außerordentlicher Ratstag für Verwaltungs- und Strafsachen, außerdem wurden politische Grundsatzfragen diskutiert. Einige Angelegenheiten hatte sich der Rat direkt vorbehalten (wie Klagen gegen Beamte, die deren Amtstätigkeit betrafen, und gegen die Finanzverwaltung, auch Streitigkeiten in Gült- und Lehenssachen und bei Stipendien und Benefizien), ansonsten war er Appellationsinstanz aller Untergerichte. Generell zuständig war der Rat für die gesamte peinliche Gerichtsbarkeit. An die Stelle des alten Stadtgerichts, das einen Großteil seiner Befugnisse an den Rat verloren hatte, trat seit 1570 zunehmend das Einigungsgericht, das zunächst für kleinere Schmäh- und Strafsachen zuständig war, dann aber auch die freiwillige Gerichtsbarkeit und Schuldklagen übernahm. Nur Stadtbewohner konnten vor ihm ihr Recht suchen. Das Spitalgericht richtete in allen Angelegenheiten, die Klagen der Stadtbewohner gegen Untertanen auf dem Land und Schuldsachen der ländlichen Bevölkerung betrafen. Während das Einigungsgericht aus dem Rat besetzt wurde, kamen beim Hospitalgericht Bürger, die nicht Ratsherren waren, zum Zuge. Der Stadtschultheiß konnte nur noch in kleinen Strafsachen selbst Strafen verhängen, ansonsten setzte er Urteile der anderen Gerichte um, war also weitgehend auf die Verwaltung beschränkt. Gerichtsrechte in einfachen Materien hatten auch die Ämter auf dem Land. Das Ehegericht war als Konsistorium Aufsichtsbehörde für die Kirchen- und Schuldiener, als Gericht zuständig für Verlobungen, Scheidungen und Ehestreitigkeiten aller Art. Die Obervormundrichter setzten Kuratoren für Waisen und Behinderte ein und überwachten deren Amtsführung. Auch Eheverträge bei der Wiederheirat von Witwern und Witwen wurden von ihnen geprüft. Die Teilungsrichter führten die Erbteilungen durch, das Gantamt war für Konkurse zuständig. Das Feldgericht schließlich beaufsichtigte die Setzung von Grenzsteinen und die Bewirtschaftung der Allmenden. Stark eingeschränkt war die Rechtsprechung der Zünfte ihren Mitgliedern gegenüber, der Rat ließ den Berufsorganisationen nur wenig Spielraum. Die Aufgaben des Haalgerichts werden bei der Schilderung der Salinenverwaltung behandelt. Das Landgebiet der Stadt bestand anfänglich aus den ›privaten‹ Besitzungen der Stadtadligen. Sie verfügten über Güter auf dem Land, die eine der Säulen ihres Wirtschaftens waren. Die Adligen behielten diesen Besitz bis wenigstens ins 15. oder 16. Jahrhundert. Im Lauf des Mittelalters erwarben außerdem geistliche Stiftungen (wie die Franziskaner, aber auch die Kirchenpflegen, Kapellen und Altarstiftungen) Grundbesitz im Umland der Stadt. Besonders erfolgreich war dabei das Spital. Da diese Stiftungen in der Regel der Aufsicht städtischer Gremien unterstanden, ergab sich ein indirekter Einflussbereich der Stadt. Direkter Grundherr wurde sie aber erst vergleichsweise spät. Die Gründe dürften dieselben gewesen sein wie bei ›Privaten‹. Grundbesitz verschaffte einigermaßen konstante Einkünfte, darüber hinaus sicherte er Straßenverbindungen, erlaubte die Erhebung von Zöllen oder die Einrichtung von Mühlen und schaltete konkurrierende Herrschaften aus. Den Beginn der eigentlichen städtischen Territorialpolitik markiert eine Urkunde Ludwigs des Bayern von 1339, in der die Kommune das Recht erhielt, auf ihrem Gebiet die Errichtung neuer und den Wiederaufbau alter, aber zerstörter Burgen zu verhindern. Die praktische Umsetzung erfolgte in einer Reihe von Fehden in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, die die Stadt mit etlichen Adligen der Umgebung führte. Dazu gehört zum Beispiel die Zerstörung von Klingenfels 1381, von der der Haller Chronist Johann Herolt aus mündlicher Überlieferung noch 150 Jahre später weiß. Die Haller nahmen einen Trupp der Burgbesatzung, der in räuberischer Absicht unterwegs gewesen sein soll, gefangen, zogen sich die Kleider der Gefangenen an, setzten sich auf ihre Pferde und ritten »nach Hause«, das heißt nach Klingenfels. Der Torwart öffnete ihnen, und die Städter waren in der Burg, die sie gründlich demolierten. Als einige benachbarte Herrschaften in finanzielle Schwierigkeiten gerieten, griff die Stadt zu. In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts steckten die Grafen von Hohenlohe tief in Schulden, sie nahmen zunächst Kredite bei Haller Bürgern auf. Privatpersonen konnten ihren Kreditbedarf aber schnell nicht mehr decken. Es folgten Schuldaufnahmen bei den Städten selbst. 1384 erhielt Ulrich von Hohenlohe 15000 Gulden von den Reichsstädten Rothenburg, Dinkelsbühl, Windsheim, Hall, Heilbronn, Wimpfen und Weinsberg, denen er als Sicherheit Langenburg und Kirchberg überließ. Die Städte verlangten 12 Prozent Zins pro Jahr und den Beitritt des Hohenlohers zum Schwäbischen Städtebund. Da die Grafen – wie absehbar – ihre Schulden bald nicht mehr bewältigen konnten, kam es 1390 zu einer Umstrukturierung nicht nur der Kredite, sondern auch der Territorien. Werdeck und Crailsheim kamen an die Burggrafen von Nürnberg, die damit erstmals Nachbarn Schwäbisch Halls wurden. Hall wurde Besitzer von Bielriet, das es sofort zerstören ließ. Definitiv war die Umschuldung nicht, die folgenden Jahre brachten zahlreiche Auseinandersetzungen zwischen Schuldnern und Gläubigern. Erst 1398 einigten sich die Beteiligten. Ulrich von Hohenlohe verkaufte den Städten Hall, Rothenburg und Dinkelsbühl Burg und Stadt Kirchberg, Burg und Amt Honhardt sowie Ilshofen. Schwäbisch Hall übernahm die Hälfte des Kredits von 18000 Gulden und sicherte sich Honhardt als Alleinbesitz. Ilshofen und Kirchberg sollten von den Städten gemeinsam verwaltet werden. Das dauerte bis 1562, als Kirchberg an Hohenlohe zurückverkauft und Ilshofen hällisch wurde. Die Ausbildung eines städtischen Territoriums war kein einfacher Prozess. Ähnlich komplex wie im Fall der Hohenloher Herrschaften war der Erwerb von Rechten in Künzelsau 1439, mit dem die Stadt Hall zu einem der Ganerben dort wurde. Unscheinbarer war der Ankauf von comburgischen Besitzungen durch Haller Bürger. Comburg trennte sich immer wieder von Teilen seiner Besitzungen, wenn die Schulden zu sehr drückten. Anfang des 16. Jahrhunderts griff dann auch die Stadt zu. Das Ritterstift verkaufte 1521 Rechte in 66 Orten an Schwäbisch Hall. Der Schwerpunkt lag in Rieden, Michelfeld, Witzmannsweiler, Brachbach, Gelbingen, Reinsberg, Erlach und Hall selbst. 1525 folgte schon der nächste, kleinere Verkauf. Die Schenken von Limpurg brauchten ebenfalls in diesen Jahren Geld. 1536, 1539 und 1541 verkaufte Schenk Erasmus Rechte an die Stadt, 1541 trennte er sich nach zähen Verhandlungen sogar von seinem namengebenden Stammschloss Oberlimpurg und seiner ›Hauptstadt‹ Unterlimpurg. Das 1432 nach einem Streit zwischen Stadt und Schenken vermauerte Limpurger Tor wurde im Sommer 1543 wieder geöffnet. Unterlimpurg wurde eine weitere Haller Vorstadt, die Oberlimpurg ließ der Rat in den 1570er Jahren abreißen. Die letzte große Erwerbung der Stadt war Ende des 16. Jahrhunderts die der Herrschaft Vellberg. Sie war seit den letzten Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts entstanden. Der Tod Konrads von Vellberg 1592 führte zu ihrer Auflösung in der bisherigen Form. Die Allodien gingen an die Kinder der Schwestern Konrads, die Lehen fielen heim. 1595 verkauften die Erben die Eigengüter, die den wirtschaftlichen Kern der Herrschaft gebildet hatten, an die Reichsstadt. Der Erwerb der hohenlohischen Lehen dagegen gestaltete sich schwierig, zumal die Hohenlohe selbst Ambitionen auf die Vellberger Allodien gehabt hatten. Insgesamt waren die Grafen aber zu finanzschwach und zu zerstritten, um sich gegen die Stadt durchsetzen zu können. 1599 und 1600 gingen auch die Lehen an Schwäbisch Hall, für einen Teil des Kaufpreises trat die Stadt ihre Besitzungen in Künzelsau an Hohenlohe ab. Zu Anfang des 17. Jahrhunderts folgten noch der Kauf der Besitzungen des Stifts Möckmühl im Amt Honhardt, in dem das Spital schon seit dem 15. Jahrhundert Grundherr war (1615) und die Verpfändung der Pflege Westheim (die ursprünglich dem Kloster Murrhardt gehört hatte) durch Württemberg an Hall (1617–82). Das Haller Landgebiet war von der so genannten Heg, einem System von Wällen und Gräben, umgeben. Die Wälle waren bewaldet, die Gräben teilweise bis zu 3 Meter tief. Türme und Tore beziehungsweise Schlagbäume an Straßen und Wegen ergänzten die Befestigungen. Allerdings war die Heg kein geschlossener Ring, sondern eher ein System von Ringen. So gab es eine äußere und eine innere Heg. Die äußere zog sich ellipsenförmig von Hall am Kocher entlang um den Rosengarten und Westheim, an Mainhardt vorüber über Witzmannsweiler, Neunkirchen und Gnadental nach Gailenkirchen und Kupfer. Der nördlichste Punkt war bei Döttingen erreicht, bei Brachbach stand ein Turm. Sie verlief dann weiter über Braunsbach und Hörlebach (mit einem weiteren Turm) auf Ilshofen zu. Von dort erreichte sie über Lorenzenzimmern, Großaltdorf und Sulzdorf Herlebach. Sie schloss Hessental ein, ließ aber die Comburg und den Einkorn außen vor. Innerhalb dieser äußeren Heg befanden sich nun verschiedene andere. Die so genannte Innere Heg umschloss den Rosengarten mit Westheim, Sanzenbach, Michelfeld und Gnadental. Auch um die Bühler gab es eine zweite kleinere Heg. Dieses Wall- und Grabensystem sollte sicherlich der Verteidigung dienen, auch wenn es größere militärische Verbände nicht aufhalten konnte. Es lenkte aber auf jeden Fall den Verkehr auf die Zollstationen zu und blockierte Neben- und Schleichwege. Schließlich grenzte es symbolisch den Bereich ein, in dem die Reichsstadt Schwäbisch Hall die Herrschaft beanspruchte, auch wenn innerhalb der Heg Untertanen zahlreicher anderer Herrschaften lebten, denen gegenüber die Stadt einen exklusiven Anspruch nie durchsetzen konnte. Das Alter der Hegen ist nicht genau zu bestimmen. Am wahrscheinlichsten ist ihre Entstehung im ersten Viertel des 15. Jahrhunderts. 1478 wurde die Landheg dann von Kaiser Friedrich III. ausdrücklich bestätigt. Im 16. Jahrhundert wurde sie ausgebaut, die älteste, sicher datierte Beschreibung stammt aus den 1550er Jahren. Nach 1495 gehörte die Reichsstadt Schwäbisch Hall zum Schwäbischen Reichskreis, während die meisten der Nachbarterritorien sich für den Fränkischen Kreis entschieden hatten. Grund waren wahrscheinlich die alten Streitigkeiten mit Würzburg und die neuen mit Brandenburg-Ansbach. Im Spätmittelalter führte die Reichsstadt Schwäbisch Hall etliche, auch länger dauernde Fehden; für die Neuzeit wurden Bauernkrieg und 30-jähriger Krieg wichtig. Vor allem die Bebenburger Fehde, die 1435 begann, zog weite Kreise. Anlass war ein Streit um die Pfarrei Reinsberg. Ein Haller Bürgersohn, der dort Pfarrer werden wollte, überfiel den Gegenkandidaten und ertränkte ihn, nachdem er sich geweigert hatte, auf die Pfarrei zugunsten des Hallers zu verzichten. Der Würzburger Bischof beauftragte Conrad von Bebenburg mit der Bestrafung der Täter, nachdem die Reichsstadt eine Verantwortung von sich gewiesen hatte. Beim Überfall auf Reinsberg wurden dann aber die Angreifer von den Hallern gefangen genommen und als Friedbrecher gehängt. Das fränkische Landgericht verurteilte die Stadt, die aber im Schwäbischen Bund Verbündete fand, während Conrad von Bebenburg die Adligen mobilisierte. Zunächst überfielen die Ritter Weinsberg und nahmen einen Kaufmannszug weg, während die Städte einige Burgen (unter anderem Maienfels) zerstörten. 1444 eroberten die Haller schließlich Honhardt, 1446 kam der Friedensschluss zustande. Die Stadt sagte zu, einen Jahrtag zum Gedächtnis an die Hingerichteten zu stiften. Unmittelbar an die Bebenburger Fehde schloss sich der Städte- oder Markgräflerkrieg an. Im Juli 1449 brach diese Auseinandersetzung offen aus, deren Protagonisten der Markgraf Albrecht von Brandenburg und die Stadt Nürnberg waren. Den Markgrafen unterstützte der Adel, Nürnberg mobilisierte die Städte. Schwäbisch Hall erhielt zahlreiche Fehdebriefe, das Land wurde systematisch verwüstet, wie es zu den Devisen der Kriegsführung des Markgrafen gehörte. Der Friedensschluss erfolgte erst 1453. Als letzte Haller Fehde gilt der ›Straußenkrieg‹. Der Fuhrmann Hans Strauß aus Neuenstein war 1513 mit einem Salzsieder in Streit geraten. Das Urteil des Haalgerichts akzeptierte er nicht. Als die Haller einen weiteren Prozess verweigerten, heftete er einen Fehdebrief an das Weilertor und legte in Heimbach einen Brand. Seine Überfälle in den nächsten Jahren hielten die Stadt in Atem; sie ließ schließlich die Reichsacht über ihn verhängen und setzte ein Kopfgeld auf ihn aus. Strauß fand Unterstützung beim Adel der Umgebung, der ihm Unterschlupf gewährte und ihn immer wieder laufen ließ. Gefangen genommen wurde er schließlich in Brettheim, von dort nach Neuenstadt am Kocher gebracht, von Württemberg verurteilt und im Dezember 1517 hingerichtet. Massiv wirkte sich der Bauernkrieg 1525 aus. Der Unmut der Landbevölkerung im Haller Territorium richtete sich gegen bestimmte Abgaben und Steuern, die von der Reichsstadt neu eingeführt oder konsequenter erhoben wurden als früher, und gegen den Verlust ihrer traditionellen Selbstverwaltung aufgrund des verstärkten Zugriffs der Stadt. Die Unzufriedenheit stieg schon im Winter 1524/25 an. Erste Gerüchte, man wolle und solle einen Haufen, das heißt ein Bauernheer bilden, gingen um. Im März 1525 erhoben sich die Rothenburger und die Limpurger Untertanen. Der Haller Rat schickte am 1. April 1525 Gesandte auf die Dörfer, um die Gemeinden zu beruhigen. Sie sollten die gleichen Konzessionen erhalten, wie sie die Bauern in anderen Territorien durchsetzten. In Reinsberg kam es dabei zu offenem Widerspruch. Am folgenden Tag bildete sich in der Braunsbacher Mühle die Keimzelle eines Bauernhaufens. Der Aufruhr verbreitete sich außerordentlich schnell. Die Bauern zwangen die Pfarrer zum Anschluss an ihre Trupps und plünderten die Pfarrhäuser und -keller. Auf einer Versammlung bei Reinsberg wählten die Bauern am 3. April sechs Hauptleute, am nächsten Tag zogen die Bauern über Gailenkirchen in den Rosengarten, um die dortigen Gemeinden für ihre Sache zu gewinnen. Die Bauern waren wohl recht siegessicher, da sie glaubten, der Haller Rat werde und könne nicht viel gegen sie unternehmen. Dieser aber hatte sich mittlerweile zum Widerstand entschlossen. Die Reichsstadt positionierte am 4. April 1525 400–500 Mann oberhalb der Gottwollshäuser Steige, um den Zugang zur Stadt zu schützen. Ein blinder Kanonenschuss löste bei den heranziehenden Bauern Chaos aus. Weitere Schüsse führten zur Panik. Die Bauern liefen auseinander, der Haller Haufen hatte sich aufgelöst. Der Bauernkrieg im hällischen Landgebiet war damit vorbei, die Stadt hatte sich im Unterschied zu den meisten benachbarten Herrschaften gegen die Bauern durchgesetzt. Zu einem Bündnis zwischen Landbewohnern und Städtern kam es nicht. Allerdings bedeutete die Schlacht von Gottwollshausen noch nicht das definitive Ende des Bauernkriegs für einen Teil der Bauern. Diese schlossen sich vielmehr den Haufen der Nachbarschaft (insbesondere dem Odenwälder und dem Gaildorfer) an. Nach dem Ende des Kriegs übernahm die Stadt Schwäbisch Hall die Bestrafung aufständischer Bauern auch in den Nachbarterritorien. Vom 30-jährigen Krieg war die Stadt zunächst nur als Mitglied der Union (seit 1610) betroffen. Militäraktionen beschränkten sich auf ein Gefecht bei Wolpertshausen und Allmerspann 1619, wobei 14 Bauern getötet und 37 verwundet wurden. Erst 1628 begann die dauerhafte Einquartierung kaiserlicher und ligistischer Truppen, die verpflegt und entlohnt werden mussten. Die Präsenz des Militärs versuchten Comburg und Würzburg für die Gegenreformation in den hällischen Pfarreien unter ihrem Patronat zu nutzen. Das Restitutionsedikt verlieh solchen Bemühungen noch einmal neuen Schwung, der Vormarsch der Schweden verhinderte aber Ergebnisse. Ab Januar 1632 begann das schwedische Quartier im Hällischen, das sich kaum von den vorangegangenen kaiserlichen unterschied, was die Anforderungen anbetraf. Schweden vergab die katholischen Besitztümer großzügig an Gefolgsleute: Die Kommende in Hall ging an Hohenlohe-Waldenburg, die Comburg an den Oberst Schaffalitzky. 1634 – nach der Schlacht von Nördlingen – wurde Hall praktisch sofort von kaiserlichen Truppen besetzt und neuen Erpressungen ausgesetzt. Erneut plünderte die Soldateska das Land, die Bauern flüchteten in die Stadt, in der im Herbst 1634 die Pest grassierte. Seit Oktober 1634 lag die hatzfeldische Feldartillerie in Stadt und Land, für die monatlich eine Besoldung von 9000 Gulden aufgebracht werden musste, zusätzlich zu den Kosten der Verpflegung. Der Rat griff zu Zwangsmaßnahmen, um die Gelder zusammenzubringen, ließ Hausdurchsuchungen veranstalten und verkaufte städtischen Besitz. Bei Zahlungsverzug griffen die Militärs zu brutalen Mitteln, der Magistrat war nicht mehr in der Lage, Bürger und Untertanen zu schützen. Ohne Gewalt war aus den Einwohnern nichts mehr herauszupressen. Mit dem Beginn des Jahres 1643 standen französische Truppen vor der Stadt, denen das bayerische Heer folgte. Eine Schlacht in der unmittelbaren Nähe von Schwäbisch Hall drohte, die aber durch den Abzug der Franzosen abgewendet wurde. Ab Dezember 1643 begannen bayerische Einquartierungen. Der Abzug dieser Truppen im Mai 1644 lieferte das Land der marodierenden Soldateska aus, die alles mitgehen ließ, was nicht niet- und nagelfest war. 1645 erschien ein französisches Heer unter Turenne, das die Bayern aus ihrem hällischen Winterquartier vertrieb, allerdings selbst auch wieder schnell verschwand. Danach kamen die Bayern wieder und verlangten die rückständigen Verpflegungsbeiträge. Als sich dieses Spiel noch eine Weile fortsetzte und die Belastungen immer weiter stiegen, rebellierte im Oktober 1645 ein Teil der Bürger, die meisten aber blieben lethargisch. Plünderungen und Raubzüge dauerten bis zum Kriegsende und darüber hinaus. Erst 1650 zogen die letzten Truppen ab. Am Ende betrugen die Bevölkerungsverluste auf dem Land circa ein Drittel, zahlreiche Höfe lagen wüst, noch mehr Äcker und vor allem Weinberge wurden nicht mehr bewirtschaftet. Die Bevölkerungszahl der Stadt nahm dagegen nur um ein Sechstel ab, wozu auch zahlreiche Neubürgeraufnahmen beitrugen. Die finanziellen und materiellen Schäden durch den 30-jährigen Krieg bezifferte die Stadt auf 3,5 Millionen Gulden – sicher nur eine ungefähre Annäherung an die tatsächlichen Verluste. Der Wiederaufbau begann relativ rasch. Öde Güter wurden vom Rat günstig verkauft, Schulden und Abgaben erlassen, den Bauern Bauholz aus den städtischen Wäldern zur Verfügung gestellt. Die fördernden Maßnahmen wurden von Strafen flankiert: Zögerten Bauern, die einen Hof übernommen hatten, zu lange mit dem Wiederaufbau, griff der Rat auch zu Drohungen. Die Stadt und ihre Bürger hatten weniger Zerstörungen erfahren, so dass nach 1648 das Wirtschaftsleben recht schnell wieder in Gang kommen konnte, wenn Handwerker und Händler Absatz für ihre Waren fanden. Gelitten hatte vor allem die Saline, die während des Kriegs rücksichtslos ausgebeutet worden war und folglich zunehmend schlechtes Salz geliefert hatte. Durch die Unterbrechung der Handelswege waren alte Verbindungen getrennt worden und Märkte verloren gegangen. Die Stadt übernahm den Salzhandel in eigene Regie und schloss bilaterale Handelsverträge. So kam 1656 ein Handelsvertrag mit Colmar im Elsass zustande, der die Abnahme von Haller Salz gegen Elsässer Wein regelte. Die Organisation des Vertriebs übernahm zunächst provisorisch ein städtischer Salzverwalter. 1660 wurde dieses Unternehmen in feste Formen gegossen: An der »Salzkasse« waren Stadt, Sieder und Lehensherren beteiligt. Sie errichtete unmittelbar nach ihrer Gründung eine Faktorei in Neckarsulm, von wo aus das Neckargebiet beliefert wurde. Trotz des anfänglichen Defizits erschlossen sich dem Haller Salz damit neue Absatzgebiete in der Pfalz. Reformbedürftig war nach dem Krieg schließlich auch die Stadtverwaltung. Die Notbehelfswirtschaft hatte zu einem lockeren Umgang mit städtischen Geldern geführt, Rechnungen waren jahrelang nicht abgehört und kontrolliert worden. Die Ratsherren sahen in ihren Ämtern zum Teil nur eine Lizenz zur Selbstbedienung. Verwaltungsvorschriften und die Ratsordnung wurden nicht mehr eingehalten. Zwei Ratsherren (Adler und Geier) wurden exemplarisch bestraft, alle anderen kamen ungeschoren davon. 1650 wurden die alte Ratsordnung und eine neue Prozessordnung in Kraft gesetzt. Aus Sicht des Rats war damit die Rückkehr zu geordneten Verhältnissen vollzogen. Wie in vielen Reichsstädten verstand sich auch der Rat von Schwäbisch Hall zunehmend als Obrigkeit, nicht als Vertreter der Bürger. Dies lag auch an der veränderten Zusammensetzung des Gremiums. Waren nach dem Rückzug und dem Aussterben des mittelalterlichen Stadtadels im 16. Jahrhundert neue Familien in den Rat vorgerückt, die aus dem Handwerk und dem Handel stammten, so bestand die Führungsschicht der Stadt im 18. Jahrhundert fast ausschließlich aus studierten Juristen beziehungsweise gelernten Schreibern. Vertreter von Händlern und Handwerkern kamen kaum noch in Betracht, wenn es um die Auswahl der Ratsherren ging. Sicher förderte die Verrechtlichung des Reichs und der Herrschaftsverhältnisse im Innern von Stadt und Territorium diese Tendenz. Ausschlaggebend aber war das Interesse der Akademiker, sich entsprechende Stellen zu sichern. Dieses Rekrutierungsmuster der Ratsherren veränderte die städtische Gesellschaft. Die Kleiderordnung der Reichsstadt von 1745 unterschied sieben Rangklassen: Die ersten vier wurden ausschließlich vom öffentlichen Dienst in Beschlag genommen, wobei die Ratsherren und die hohen Geistlichen die erste Klasse bildeten, die niedrigeren Offizianten die anderen drei. Erst in der fünften Klasse saßen ›normale‹ Bürger, soweit sie Mitglieder des Hospital- oder Haalgerichts waren, die Bürgercompagnien befehligten, Apotheker oder Buchdrucker waren. Hier tummelten sich dann neben weiteren Chargen aus den städtischen Dienststellen auch die Juweliere, Handelsleute, Kunstmaler, Uhr- und Orgelmacher, Chirurgen, Konditoren und Lebküchner. Die sechste Klasse umfasste die nun wirklich niedrigen obrigkeitlichen Diener (wie die Mesner und die Grabenreiter) nebst allen Handwerkern – außer den genannten – und den Gastwirten. Der Rest der städtischen Gesellschaft – Fuhrleute, Taglöhner, Hausgenossen, Beisitzer, Dienstboten – fand sich zusammen mit den Nachtwächtern und den Brunnenknechten in Klasse sieben. Diese barocke Gesellschaft drückte sich angemessen in ritualisierten Geselligkeiten aus, für die die Säle in den bürgerlichen Häusern, die zwischen 1730 und 1770 entstanden, den Rahmen abgaben: So ließen sich Wolfgang Caspar Sanwald den »Barocksaal« in der Keckenburg oder Johann Balthasar Wibel den »Jagdsaal« im Gebäude Am Markt 8 erbauen. Weiteres Mittel der Selbstdarstellung waren Umzüge und Aufmärsche. Dies lässt sich gut an den Feierlichkeiten zur Einweihung des neu erbauten Rathauses am 18. Juli 1735 illustrieren. Die Ratsherren und die Beamten versammelten sich um sechs Uhr morgens in der Bürgertrinkstube. Alle trugen Mäntel. Von dort begab man sich in die Michaelskirche, wobei die beim Bau beschäftigten Handwerker voranschritten. Dekan Seyboth hielt eine dem Anlass angemessene Predigt. Anschließend bewegte sich der Zug in Richtung Rathaus. Auf dem Marktplatz paradierten die Offiziere und einige Gemeine der Bürgercompagnien. Unter dem Haupteingangstor erwartete der ehemalige Bauverwalter Textor mit dem silbernen Schlüssel seine Kollegen. Einige Beamte hatten beim Zug zur Michaelskirche und zurück die wichtigsten Dokumente der Stadt – das Freiheitenbuch, das Statutenbuch und die Bibel – getragen. Ein Festmahl in der Bürgertrinkstube und dem Gasthaus Zum goldenen Adler schloss sich an. Gedichte und musikalische Darbietungen begleiteten den Festakt. In Schwäbisch Hall gab es nach Ausbruch der Revolution durchaus Sympathien für Frankreich, die allerdings nicht zu Aufruhr führten. Die Konfliktmuster in der Stadt blieben bis zum Ende ihrer Selbstständigkeit traditionell, wie die Auseinandersetzungen zwischen dem Rat und den Salzsiedern oder der Landbevölkerung zeigen. Letztere entzündeten sich bezeichnenderweise an der Einführung eines neuen aufgeklärten Katechismus. Gegen Rekrutierungen und immer neue Steuern rebellierte 1794 die Landbevölkerung, die Stadt musste Kreistruppen zur Hilfe rufen. Die Möglichkeiten der reichsstädtischen Bürger, Herrschaft auszuüben, waren an einem Endpunkt angelangt. Dem Stadtbrand von 1728 fiel fast die gesamte Altstadt samt Haalbereich zum Opfer. Dem Wiederaufbau legte der Rat eine völlige Neuplanung zugrunde: die Neue Straße wurde von der Kocherbrücke in gerader Linie zum Marktplatz gezogen, nach rechts und links zweigen Stichstraßen mit regelmäßigen Gebäudekomplexen ab - eine echt barocke Straßenführung. Da die Neue Straße auf dem Marktplatz an dessen Nordwest-Ecke mündet, wird dessen großartige Geschlossenheit nicht gestört, obwohl acht Straßen aus allen Richtungen auf ihn zulaufen. Höhepunkt der Neugestaltung ist, St. Michael genau gegenüber, von zum Teil barocken, zum Teil Renaissance-Bauten flankiert, das Rathaus. Dieser barocke Prunkbau mit reichgegliederter Fassade wurde anstelle der 1728 niedergebrannten Jakobskirche 1732—35 erbaut. Im Krieg 1945 völlig ausgebrannt, wurde er bis 1955 in den alten Formen wieder hergestellt, auch die reichen Stuckdekorationen der Treppenhalle wurden durch originalgetreue Kopien ersetzt. Vom Rathaus zur viel höher gelegenen Michaelskirche führt mit 54 Stufen die 1507 angelegte, 1830 erweiterte große Freitreppe, auf der im Sommer die Freilichtspiele stattfinden. Die schräg abfallenden Seiten des Marktplatzes zeigen im Süden zum Teil verblendete Fachwerkgiebel, im Norden die Traufseiten von Häusern aus verschiedenen Zeiten: die beiden untersten, Ersatzbauten nach dem Stadtbrand, 1731 und 1738, dieses mit prunkvoller barocker Fassade. Vor diesen Häusern steht der Markt- oder Fischbrunnen, ein einzigartiger Wandbrunnen von 1509 mit dem Pranger in Form einer gotischen Fiale. Die nördliche Marktfront wird fortgesetzt durch den Fachwerkbau des Gasthofes Zum Adler (1586, um 1700 zum Teil verändert) und mittelalterliche Häuser des 13. Jahrhunderts (in den Fenstern 1570 umgestaltet). Den östlichen Abschluss bildet die Michaelskirche. Obwohl die Bauten aus verschiedenen Epochen stammen, ergibt der Marktplatz ein wirkungsvolles Ganzes. Fachwerkhäuser stehen an vielen Stellen der Stadt, vor allem in der Oberen Herrengasse oder etwa das Gräterhaus in der Gelbinger Gasse (1605). Das mächtigste Gebäude der Stadt ist das Büchsenhaus (auch Neuer Bau), 1505 bis 1533 errichtet: das Erdgeschoss diente als Zeughaus, die oberen Stockwerke als Getreidespeicher; schon im 17. Jahrhundert wurde das Haus als Theatersaal benützt, 1926 eine Festhalle eingebaut. Der in der Außenansicht sehr nüchterne Bau hat einen ungewöhnlichen Grundriss: ein schiefwinkliges Rechteck, das konstruktive Erschwernisse schuf und durch das Baugelände nicht erfordert wurde. Die Keckenburg ist der noch am besten erhaltene Adelsturm der Stadt, 18,5 m hoch, mit spätromanischen Fenstern von 1250; heute ist darin das Museum und die Bibliothek des Historischen Vereins untergebracht. Von Württemberg wurde die Stadt schon 1802 in Besitz genommen, sie wurde Sitz des Oberamts Hall, seit 1938 des Landkreises Schwäbisch Hall, der 1973 durch Eingliederung des Landkreises Crailsheim stark vergrößert wurde. Das Stadtgebiet wuchs 1930/36 durch die Eingemeindung von Hagenbach, Hessental und Steinbach mit Comburg, vor allem aber in der Gemeindereform 1972/75 durch die Eingliederung der Gemeinden Bibersfeld, Eltershofen, Gailenkirchen, Gelbingen, Sulzdorf, Tüngental und Weckrieden. Seit 1960 ist Hall Große Kreisstadt. Personen: Der Wiedertäufer Melchior Hoffman, vor 1500 - um 1543. Johann Eisenmenger, Pfarrer an St. Michael und einer der Reformatoren der Stadt, 1495 — 1574. Thomas Schweicker, armloser Kunstschreiber, 1540 — 1602. Georg Rudolf Widmann, Verfasser des zweiten Volksbuches von Dr. Faust, 1550 - vor 1594.
Ersterwähnung als Stadt: 1204
Wirtschaft und Bevölkerung: Seit 1396 liegen die Beetsteuerlisten der Stadt vor, in denen diejenigen festgehalten wurden, die Vermögensteuer bezahlten. Für die Zeit vorher lassen sich über die Bevölkerungszahl kaum gesicherte Angaben machen. Die Zahlen für die steuerpflichtigen Haushaltsvorstände geben einen Überblick über die Entwicklung der Bevölkerung, auch wenn eine solche Auszählung mit vielen Unsicherheiten behaftet ist. Exakte Angaben liegen für 1803 vor. In diesem Jahr beläuft sich die Seelenzahl auf 5681 in der Stadt und 12866 in den sieben Ämtern (Rosengarten: 2984, Bühler: 2593, Ilshofen 595, Kocheneck: 1831, Schlicht: 1493, Vellberg: 1662 und Honhardt: 1708). Danach betrug die Einwohnerzahl von Stadt und Territorium am Ende des Alten Reichs also 18547. 1810 werden im Staatshandbuch 5487 städtische Einwohner ausgewiesen. 1780 ermittelte Baugegenschreiber Glenck die Anzahl der Gebäude in der Stadt (Quelle: StadtA SHA HV HS 91, fol. 206). Die Aufstellung nennt 846 Gebäude, darunter 759 Wohnhäuser, sieben Kirchen, sechs Pfarrhäuser, neun Waschhäuser, sieben Schulen, 14 Salzsiedehäuser. Immerhin fallen gleich einige Lücken auf: Die Türme und Stadttore etwa werden nicht genannt. Scheunen erscheinen zwar beim Spital, nicht aber in Privatbesitz. Auch bei der Aufzählung der Mühlen scheint einiges durcheinander geraten zu sein. Die Beetlisten – Verzeichnisse von Vermögensteuerpflichtigen, aus den Jahren 1396–1802 mit einigen Lücken erhalten – erlauben einen Überblick zur Entwicklung der sozialen Schichtung. Die Steuer betrug vor 1522 ein halbes Prozent vom Vermögen, nach 1522 ein Viertel Prozent. Die Angaben über die Vermögen beruhen auf Selbsteinschätzung, wobei die Stadt spätestens bei der Inventur nach dem Tod die angegebenen und die realen Werte miteinander verglich. Die ganz armen Einwohner zahlten eine Mindestgebühr von zunächst einem Schilling und zwei Hellern, später von zwei Schillingen. Gerd Wunder hat die Schichtung der Stadt in Beziehung zum Mittelwert der Vermögen untersucht, ein hervorragendes Verfahren um soziale Unterschiede deutlich zu machen und von den wenig aussagekräftigen absoluten Zahlen wegzukommen. Deutlich wird, dass konstant mehr als 70 Prozent der Haller Bevölkerung weniger als die Hälfte des durchschnittlichen Vermögens besaßen, also mehr oder minder als arm zu gelten hatten. Im Gegensatz dazu belief sich der Anteil der richtig Wohlhabenden und Reichen auf nie mehr als vier Prozent. Die mittleren Kategorien um den Durchschnittswert herum vereinigten dementsprechend zwischen 20 und 30 Prozent. Blieb den Armen nichts anderes übrig, als von Tag zu Tag ihren Lebensunterhalt zu suchen und von der Hand in den Mund zu leben, so konnten die mittleren Gruppen etwas entspannter wirtschaften. Aber Krankheiten oder gar der Tod des Ernährers, der Konkurs bedeutender Schuldner oder ein konjunktureller Rückschlag zwangen auch diese Menschen schnell ihre Reserven anzugreifen. Lediglich die Reichsten blieben solchen Existenzsorgen enthoben. Solche Aufstellungen berücksichtigen nicht den Lebenszyklus (unter den Armen sind immer auch einige Berufsanfänger, die noch nicht viel Vermögen hatten, aber in den Jahren darauf erwarben oder erbten, und Alte, die ihr Vermögen schon an ihre Kinder übergeben hatten). Dennoch zeigt die Tabelle die Polarisierung der städtischen Gesellschaft, in der die Mehrheit der Bevölkerung es nie weiter brachte als zu einer prekären Existenz. Vor dem 18. Jahrhundert kam ein relativ großer Teil der männlichen Zuwanderer nach Schwäbisch Hall, die hier das Bürgerrecht erwarben, sich also definitiv niederließen, aus großer Entfernung: Zwischen 1450 und 1550 stammten 30 Prozent aus Orten, die mehr als 50 Kilometer entfernt waren, 1651–1750 40 Prozent. Die zweite Zahl verdeckt allerdings, dass sich die Verhältnisse nach 1700 änderten. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts wanderte fast die Hälfte der männlichen auswärtigen Neubürger mehr als 50 Kilometer, 1726–50 nur noch 20 Prozent. Die Fernwanderer kamen zu zwei Dritteln aus anderen Städten, Nahwanderung dagegen war Wanderung vom Land in die Stadt. Frauen bevorzugten deutlich kürzere Entfernungen, sie stammten immer zu mehr als 85 Prozent aus der Region. Gar nicht mobil waren die Salzsieder, sie blieben an Ort und Stelle, integrierten auch nur wenige Immigranten – angesichts ihrer hochspezialisierten Tätigkeit auch kein Wunder. Der Schwarze Tod, der 1349 und 1350 nach langer Pause Europa heimsuchte, scheint – nach bisherigem Kenntnisstand – Schwäbisch Hall und einen großen Teil Frankens zunächst verschont zu haben. Erst für 1356 bezeugt Lorenz Fries ein großes Sterben in Würzburg und Umgebung. Die Haller Quellen schweigen in beiden Fällen. Auch die weiteren Nachrichten über die Pest oder andere Seuchen aus dem Mittelalter sind bestenfalls vage, die Nachrichten in den Chroniken scheinen meist aus allgemeinen Werken übernommen zu sein, aber nicht auf lokaler Überlieferung zu beruhen. Besser wird die Überlieferung erst im 16. Jahrhundert. 1546, nachdem spanisches Kriegsvolk die Stadt besetzt hatte, wütete eine Seuche, die 600 Opfer in einem Monat gefordert haben soll. Im Spital, anderen öffentlichen Gebäuden und in Privathäusern wurden Lazarette eingerichtet. Die kranken Soldaten »vergifteten« das Spital, so dass die Hälfte der Pfründner ebenfalls starb. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts kam es immer wieder zu Pestwellen. Sicherere Auskünfte liefern erst die Totenbücher im 17. Jahrhundert. Die verheerenden Ausmaße der Pestepidemie 1634 lassen sich anhand der Zahl der Todesfälle in Sankt Michael verdeutlichen: Zwischen 1625 und 1633 sind 115 Sterbefälle pro Jahr verzeichnet (wobei auch 1626 als Jahr erhöhter Sterblichkeit heraussticht), 1634 waren es aber 1126, 1635 372, 1636–38 immer mehr als 200 pro Jahr. Dabei ist noch mit einer gewissen Unterregistrierung zu rechnen. Immerhin gingen nicht alle Todesfälle zu Lasten der städtischen Bevölkerung, da der 30-jährige Krieg die Stadt mit Flüchtlingen überschwemmt hatte, von denen viele zu den Opfern zählten. Weitere Ausbrüche der Pest konnten durch Vorsichtsmaßnahmen vermieden werden. Fast ebensoviel Aufmerksamkeit wie den Seuchen, denen Menschen zum Opfer fielen, kam den Viehseuchen zu. Zumindest aus dem 18. Jahrhundert sind umfangreiche Akten überliefert, in denen die städtische Obrigkeit sich über die Bekämpfung und Eindämmung der alle paar Jahre wieder ausbrechenden Krankheiten vor allem bei Rindern Notizen machte. 1732–36, 1742–45, 1754, 1763–64, 1776, 1786, 1796, aber auch 1647, 1676, 1690, 1713, 1721–22 wüteten Krankheiten unter dem Vieh, denen mit Notschlachtungen und Quarantänemaßnahmen begegnet werden sollte. Unter den Fruchtteuerungen, die von den Chronisten detailliert dokumentiert wurden, schlugen sich vor allem die von 1770–74 und 1789–95 in den Akten nieder. Die Maßnahmen allerdings waren eingespielt. Die Stadt unterhielt seit dem Spätmittelalter Getreidevorräte in Kornhaus und ›Neubau‹, die für Notfälle bereitstanden. Auch das Spital sprang ein und teilte Lebensmittel aus. Das schützte die Bürgerinnen und Bürger nicht vor steigenden Preisen, schuf aber eine Art Basissicherung vor dem Hungertod. Im Mittelalter besaß die Reichsstadt Schwäbisch Hall vier öffentliche Bäder: das Vorderbad nahe der Dorfmühle, das Unterwöhrdbad (oder hintere Bad), das Brückenbad und das Erkenbad unterhalb der Gelbinger Gasse, dazu kamen noch das Bad im Spital (seit 1403) und das Wildbad (seit dem 16. Jahrhundert). Die Bader beschäftigten relativ viel Personal. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts allerdings ändert sich das: Möglicherweise veränderte sich der Badebetrieb einschneidend. Im 16. Jahrhundert wurden die Bader stärker zu ›Bader und Barbieren‹, die sich bald noch die Titel von ›Wundarzt und Chirurg‹ zulegten und sich um Knochenbrüche und äußerliche Verletzungen kümmerten. Während die mittelalterlichen Bader häufig noch Randexistenzen in der Stadt gewesen waren, vollzogen die Chirurgen den Aufstieg in die akzeptierte bürgerliche Gesellschaft und gehörten zu den angeseheneren Handwerkern. Wundärzte gab es auch schon im 15. Jahrhundert in Hall, die auch zu diesem Zeitpunkt schon Wunden verbanden und begutachteten. Belegt sind selbst schon Spezialisten wie Augenärzte. 1421 erscheint in der Beetliste Meister Hans der Augenarzt (entspricht Hans Besserer), auch ein Starenstecher Servatius Martin aus Giengen wird genannt. Ein Teil dieser Ärzte (die sicherlich nicht akademisch gebildet waren) erhielt schon im 15. Jahrhundert eine Besoldung von der Stadt. 1486 wurden zum ersten Mal 12 Gulden an einen »Doktor den Arzt« ausbezahlt, möglicherweise der erste studierte Mediziner in Schwäbisch Hall. 1489 und 1490 besoldete die Stadt Dr. Jodocus aus Ettlingen, von 1494–97 Dr. Petrus Burkchard. Von 1517–1802 dagegen waren ohne Unterbrechung studierte Mediziner als Stadtärzte in Schwäbisch Hall angestellt. Im 16. Jahrhundert gab es zunächst einen oder zwei Physici, im 17. Jahrhundert zwei oder drei, im 18. Jahrhundert sogar manchmal vier. Daneben amtierten noch Ärzte im Lazarett, die von der Ausbildung her Chirurgen waren, und ein Kurvater im Armenhaus. Die ersten Apotheker sind schon 1375 (»Nikolaus Appoteker«) beziehungsweise zu Anfang des 15. Jahrhunderts erwähnt. Ab 1519 beginnt mit Hans von der Rose eine fortlaufende Reihe von Apothekern. Ab 1566 gab es zwei Apotheken (die spätere Mohren- und Löwen-Apotheke), eine dritte kam im 17. Jahrhundert dazu (Engelapotheke). Daneben versuchten sich auch immer wieder zusätzliche Apotheker eine Existenz aufzubauen, die keiner der drei alten Apotheken zuzurechnen sind. Schon 1411 wirkte eine aus Steuermitteln besoldete Hebamme in Schwäbisch Hall, gegen Ende des 15. Jahrhunderts waren es zeitweise drei, im 18. Jahrhundert sechs. Sie mussten einen Diensteid ablegen, nach dem sie sich um reiche wie arme Frauen kümmern wollten. Später wurden die Vorschriften der Obrigkeit ausführlicher, ab dem 17. Jahrhundert unterstanden die Hebammen der Aufsicht des Stadtphysikus. Schließlich gab es im medizinischen Bereich noch Heilkundige, die nicht zu den Badern und Hebammen, akademischen Ärzten und Apothekern zu rechnen sind. Erwähnt werden müssen auch die Scharfrichter und Pfarrer, die bei Gesundheitsproblemen mit allerlei Rezepturen halfen. Schließlich gehören hierzu auch Leute wie die Teppichweberin Wieland, die bei einer Abtreibung half, und der Kontingentssoldat Friedrich Bauer, der Gift verkaufte. Schon um 1400 stand wahrscheinlich ein Armbrustschützenhaus auf dem Unterwöhrd: Die ersten erhaltenen Stadtrechnungen von 1411 belegen Ausgaben für die Schützen an 14 Tagen im Jahr. Seit 1420 werden Armbrust- und Büchsenschützen getrennt aufgeführt. Die Schießübungen wurden durch den Rat gefördert, aus dessen Reihen auch der Schützenhauptmann stammte. Spätestens 1510 bestand ein eigenes Büchsenschießhaus an der Riedener Steige. Seit dem 30-jährigen Krieg gab es zwei Schützengesellschaften (die ursprüngliche hatte ihren Sitz weiterhin auf dem Unterwöhrd, die andere in der Ritterhütte). Die Mitglieder beider Gesellschaften scheinen sich auch sozial unterschieden zu haben. Den Schützengesellschaften verdankt die Stadt Schwäbisch Hall die Schützenscheiben, mit zahlreichen Darstellungen zum Alltag aus der reichsstädtischen Zeit und dem 19. Jahrhundert, mitunter auch mit politischen Aussagen. Die ersten Nachrichten über Gastwirtschaften stammen aus dem 14. Jahrhundert, als Bürger zur Leistung in offenen Wirtshäusern zu Hall verpflichtet wurden. Im 15. Jahrhundert sind in Schwäbisch Hall Gastwirte belegt, deren Lokale allerdings noch keine eigenen Namen führten. 1498 scheinen es fünf Wirte gewesen zu sein, die einen Eid ablegen mussten. Neben den Gastwirten, denen die Ausgabe von Speisen vorbehalten war, schenkten auch Bäcker und Metzger aus. Erst ab dem 16. Jahrhundert werden zahlreiche Wirtshäuser mit eigenen Namen genannt (Adler, Lamm, Helm, Sonne), eine Folge der Vorschrift von 1564, dass Bürger, die eine Gastwirtschaft betreiben wollten, ein Schild sichtbar heraushängen sollten. 1588 war die Zahl der Gastwirtschaften im engeren Sinn schon auf 16 gestiegen. Zu den angesehensten Häusern im 16. Jahrhundert scheint die »Sonne« unter den Inhabern Wolf Firnhaber, Matthias Heimberger und Peter Firnhaber gehört zu haben. Im 17. und 18. Jahrhundert kamen weitere Gastwirtschaften hinzu. Etliche der Wirte brachten es zu großen Vermögen, die aber wohl eher aus dem Weinhandel oder Ochsenhandel als aus dem Betrieb der Speisegaststätten stammten. Bis zu Anfang des 19. Jahrhunderts wuchs die Zahl der Schildwirte weiter an: 1821 zählte der ehemalige Bürgermeister Romig 23 Gasthäuser und Billardeure. Zölle wurden an verschiedenen Örtlichkeiten und mit differenzierter Begründung erhoben. Den Brückenzoll zu Hall selber verlieh Kaiser Ludwig der Bayer 1343 der Stadt, was von Kaiser Karl IV. und König Wenzel 1348 und 1393 bestätigt wurde. Torzölle waren beim Betreten der Stadt an fünf Stadttoren (Langenfelder, Riedener, Gelbinger, Weiler und Limpurger Tor) zu entrichten. Zollpflichtig waren ein- und durchgeführte Güter, Haller Bürger blieben befreit, Untertanen auf dem Land und Fremde aber mussten bezahlen. Transitzölle unter vier Stadttoren und zu Geislingen fielen ursprünglich an die Herrschaft Limpurg. 1541 erwarb die Stadt Hall die Hälfte dieser Zölle, der andere Teil verblieb bei Limpurg-Gaildorf und fiel nach dem Aussterben dieser Linie an Brandenburg-Ansbach. 1754 kaufte Schwäbisch Hall auch diese Hälfte der Zölle. Der Reichszoll und die städtischen Torzölle wurden getrennt erhoben und separat in den Stadtrechnungen verbucht. Ab dem 17. Jahrhundert erhob die Reichsstadt Wöhrdzölle, die an zahlreichen Stellen auf dem Land, oft schon in der Nähe der Landheg, erhoben wurden. Unter den Toren fiel schließlich noch das Pflastergeld an, das je nach Zug-, Last- oder Reittier und nach Ladezustand des Wagens differenziert war. Auch für das auf dem Kocher geflößte Holz fiel ein Zoll an (Kocherholz- oder Guldenzoll beziehungsweise Blockzoll). Zu Anfang des 16. Jahrhunderts bestand eine Vielzahl von Jahrmärkten in Hall: Die Stadtrechnungen verzeichnen Einnahmen von fremden Krämern und Tuchern zu Knabendienstag (entspricht Fastnachtsdienstag), Pfingsten, Bruderkirchweih (vielleicht Siebenbrüdertag, der dem 10. 7. entspricht), Jacobi (25. 7.), Egidii (entspricht Ägidius, 1. 9.) und Michaelis (29. 9.) sowie von einer »gemeinen Meß«, die zwischen Fastnacht und Pfingsten (möglicherweise an Ostern) stattgefunden haben muss. Der bedeutendste Jahrmarkt zu diesem Zeitpunkt scheint der Michaelismarkt gewesen zu sein, zu dem auch die hällischen Tucher, Krämer und Kürschner Ladenbuden aufschlugen, um ihre Waren an die Kundin und den Kunden zu bringen. An zweiter Stelle folgte Jacobi, an dritter der Knabendienstag. Für 1502 berichtet Herolt, dass am Knabendienstag die Bauern »gemainlich gen Hall zu marckht ziehen«. Aus anderen Quellen lässt sich erhellen, welchen Festcharakter die Jahrmärkte hatten. Es wurde auf den Gassen gekocht und Essen an die Besucher ausgegeben. Im 17. Jahrhundert wurden fünf Jahrmärkte abgehalten: Weihnachten/Obersttag (entspricht dem 6. 1.), Knabendienstag, Jacobi, Michaelis und Martini. 1661 beschränkte der Rat die Jahrmärkte mit Besuch von Auswärtigen auf drei (Jacobi, Michaelis und Knabendienstag). Wochenmärkte gab es am Dienstag, Donnerstag und Samstag. Im 18. Jahrhundert hatten tatsächlich nur noch die drei Hauptmärkte überlebt: der Knabendienstag, Jacobi und Michaelis bestanden fort bis ins 19. Jahrhundert. Geldgeschäfte waren schon im Mittelalter ein wichtiger Erwerbszweig der städtischen Adligen und Bürger. Guta Veldner etwa hatte um 1320 dem Kloster Comburg einen Kredit gewährt, mit dessen Rückzahlung es Schwierigkeiten gab. Guta hatte sich die gesamte Klosterbibliothek, liturgische Gewänder und Kultgegenstände übergeben lassen, auf die Comburg ein Rückkaufsrecht zu haben meinte, was die Veldnerin bestritt. 1324 versuchte Comburg mit Gewalt seine Pfänder zurückzubekommen, wobei der Abt gefangen genommen wurde. Erst 1333 fand die Affäre ein Ende, als Kaiser Ludwig der Bayer der Stadt Hall befahl, für die Auslösung der versetzten Objekte zu sorgen. Um 1500 wurden Geldgeschäfte dann ganz offen getätigt. Auch die Stadt nahm Kredite auf und gewährte Guthaben. Vor allem die städtischen Bürger, aber auch Auswärtige legten ihr Geld bei der Stadt an, die gute Sicherheiten bot. Der Stättmeister Balthasar Moser hatte im ersten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts fast 60 Prozent seines Vermögens in Anleihen stehen – mit einer deutlichen Präferenz für öffentliche Einrichtungen als Schuldner. Ähnliches galt für viele reiche Privatleute in der Stadt, aber auch für einfachere Bürger, die zum Teil ganz kleine Beträge ausliehen, um sich im Alter und bei Krankheit ein Einkommen zu verschaffen. Klosterhöfe gab es in Schwäbisch Hall im Mittelalter und der frühen Neuzeit nur zwei. Kloster Comburg erhielt 1323 im Zusammenhang mit der Übernahme der Vogtei über das Kloster durch die Reichsstadt Schwäbisch Hall das Recht, ein Grundstück am Rindermarkt zu erwerben, dort bauen und Wein ausschenken zu dürfen, was sich das Kloster 1335 von Kaiser Ludwig dem Bayer bestätigen ließ. Konkretisiert wurde diese Erlaubnis aber wohl erst 1361, als das Kloster tatsächlich ein Haus ankaufte. Die nächste Nachricht stammt von 1470, als das Nachbarhaus verkauft wurde. In Kriegszeiten flohen Abt und Konvent in dieses Haus, vom Weinausschank bezahlte das Kloster Umgeld, was zu Streitigkeiten mit der Stadt führte. 1536 war das Haus noch im Besitz des Stifts. Im weiteren Verlauf des 16. Jahrhunderts trennte sich Comburg dann von ihm, der Klosterhof wurde ein Bürgerhaus (Klosterstraße 5). Der Schöntaler Hof samt Kapelle am Stätt-Tor lässt sich seit 1296 nachweisen. Ende des 14. Jahrhunderts ist von einem Haus im Hof des Klosters die Rede, das mindestens zeitweise an Dritte als Leibgeding ausgegeben war. 1504 lebte der alte Abt Johannes Hofmann als Verweser der Kapelle in dem genannten Haus. 1638 versuchte Schöntal, einen katholischen Keller nach Hall zu setzen. Nachdem sich die Stadt geweigert hatte, diesen einzulassen, ließ Schöntal durch einen Mönch, der auch den Hof bewohnen sollte, in seiner Kapelle Messe lesen. Das empfand wiederum die Stadt als Bruch des Religionsfriedens und ließ die Kapelle verschließen. 1718 kaufte die Stadt den Schöntaler Hof mitsamt der säkularisierten Kapelle um 5900 Gulden. Teile der erworbenen Liegenschaften wurden im Lauf des 18. Jahrhunderts abgetrennt und separat verkauft. 1807 befasste sich der Gemeinderat mit dem Abriss des Stätt-Tors, der benachbarte Schöntaler Hof folgte; 1812 war der Platz frei (heutiger Säumarkt). Die Gemarkung der Stadt Schwäbisch Hall war klein. Nach der Vermessung des 19. Jahrhunderts umfasste sie einschließlich Unterlimpurgs und der Höfe (Teurershof, Rollhof, Reifenhof, Oberlimpurg) 1808 etwa 570 Hektar. Nur die Markungen von Gelbingen, Eltershofen und Vellberg waren im Oberamt kleiner. Jedes andere Dorf hatte mehr Fläche zur Verfügung als die Stadt. Dementsprechend spielte landwirtschaftliche Tätigkeit in der Stadt keine Rolle. 1804 wurden als hauptberuflich Tätige 22 Bauern und ein Weingärtner gezählt. Dazu kamen aber noch 240 Holzhauer und Taglöhner, die mindestens teilweise im landwirtschaftlichen Bereich tätig waren. Abgesehen von den Höfen, die über Ackerflächen verfügten, verblieben nur Gärten, Wiesen und Weinberge im Umfeld der Stadt. Gärten gab es auch innerhalb der Stadtmauern, vor allem »jenseits Kochens« in der Katharinenvorstadt waren relativ große Flächen unbebaut. Viele Bürger besaßen und bewirtschafteten Gärten vor den Toren, in die sie auch häufig Gartenhäuschen gebaut hatten. Zumeist scheinen diese Gärten Obst und vor allem Heu geliefert zu haben, denn der Viehbestand war trotz der kleinen Fläche umfangreich. 1804 zählte man 150 Pferde, 220 Rinder, 275 Schafe, 260 Schweine, 25 Ziegen und 16 Bienenstände in der Stadt. Viehhaltung sicherte die Existenz, gerade auch der ärmeren Stadtbewohner. Weinbau war im Mittelalter, soweit die Quellen ein Urteil zulassen, weit verbreitet, und selbst die ungünstigen Lagen waren mit Weinstöcken bepflanzt: So listet die Urkunde, mit der Schenk Albrecht von Limpurg Hans Neyffer belehnte, Weinberge in der Eselsklinge und an der Hagenbacher Steige auf. Oft gehörten zu den Weinbergen noch Raine und Gärten, aber der Wein war doch das wesentliche Produkt, auf dem auch die höchsten Abgaben lasteten. Belegt wird der intensive Weinbau schließlich auch durch die zahlreichen Keltern: So ist in der genannten Urkunde eine Kelter in der Eselsklinge erwähnt. Mühlen in Hall werden seit dem 13. Jahrhundert unter zunächst wechselnden Bezeichnungen erwähnt: Die Herzogenmühle beim Mühlbrunnen (1270, 1295) oder Mühlbrunner Mühle (1278) könnte mit der Dorfmühle, die ab 1351 so benannt wird, identisch sein. 1374 scheint eine Schleifmühle zur Dorfmühle gehört zu haben, ab 1410 eine Walkmühle. 1296 und 1297 erscheint eine Neue Mühle, die wohl mit der Spitalmühle (ab 1349 so benannt) gleichzusetzen ist. Weitere Mühlen werden im 14. Jahrhundert sowohl in Hall wie in Unterlimpurg genannt, so dass auf dem Gebiet der späteren Stadt Schwäbisch Hall um 1420 fünf Mühlen nachzuweisen sind. 1516 standen auf jeden Fall drei in den »Dreimühlen«, deren Namen in Abhängigkeit von ihren Besitzern in den nächsten Jahrhunderten immer wieder einmal wechselten. Schon 1516 waren sich die drei eng benachbarten Müller übrigens in die Haare geraten: Damals ging es um die Zahl der für jede Mühle zulässigen Mühlräder. Weitere Streitigkeiten folgten bis zum Ende der Reichsstadtzeit. 1804 zählte man fünf Mühlen mit 22 Gängen, eine Lohmühle, drei Sägemühlen und eine Stärkehandmühle sowie drei Ziegeleien und fünf Steinbrüche. Diese Etablissements galten als »Maschinerien«, also als die technisch anspruchsvollsten Einrichtungen. Die Nutzung der Salzquelle durch die Kelten ist für das fünfte vorchristliche Jahrhundert belegt. 1939 fand Emil Kost bei einer Ausgrabung am Hafenmarkt Brunnen, Öfen, Tröge und Rinnen, die mit dem Sieden von Salz in Verbindung standen. Die Funde befanden sich 3–5 Meter unter dem heutigen Bodenniveau. Aus dem Solebrunnen wurde das Salzwasser in die Holztröge geschöpft oder über Rinnen geleitet. In den Trögen befanden sich Tonstücke, die möglicherweise vorher erhitzt worden waren, so dass nach Verdunstung eines Teils des Wassers sich die Konzentration der Sole erhöhte. War diese hoch genug, wurde in den Öfen das restliche Wasser verdampft. Das noch feuchte Salz wurde in Tonbecher gefüllt, trocknete dort völlig aus und konnte dann leicht transportiert werden. Da auf gleiche Größe der Becher geachtet worden zu sein scheint, ergab sich ein einheitliches Handelsmaß. Das Ende der keltischen Saline lässt sich nicht fassen. Möglicherweise rutschte der Hang nach starken Rodungen ab oder das römische Meersalz erwies sich als überlegene Konkurrenz. Die Salzquelle war dann auch die Ursache für die Entstehung der Stadt Schwäbisch Hall im Hochmittelalter. Villa, Ort und Stadt des Hochmittelalters entstanden und bestanden, weil hier im Kochertal eine Salzquelle an die Oberfläche trat, die mit einfachen technischen Mitteln ausgebeutet werden konnte. Dementsprechend blieben im gesamten Mittelalter und der frühen Neuzeit die Produzenten und Besitzer der Saline die gewichtigsten Angehörigen der Bürger- und Einwohnerschaft. In einer frühen Phase ist königlicher Besitz an der Saline anzunehmen. Das erste Verzeichnis der Pfannenbesitzer – es stammt von 1306 – zeigt dann allerdings schon völlig andere Besitzverhältnisse. Der König besaß nur noch 5 Prozent der Siederechte, 20 Prozent gehörten Klöstern und Stiften außerhalb von Hall, 5 Prozent dem Spital und dem Altar von Sankt Katharina, circa 50 Prozent lagen in der Hand des Stadtadels und circa 20 Prozent in der Hand nicht-adliger Bürger. Zu Anfang des 14. Jahrhunderts scheint die Anzahl der Sieden auf 111 festgelegt worden zu sein. Zwischen 1324 und 1346 bildeten sich die beiden Hauptgruppen von Anteilseignern heraus: die Herren der Sieden, auch Lehens-, Eigentums- oder Rechnungsherren genannt, und die Sieder. Erstere waren die Besitzer des Haalbrunnens und der Haalhäuser, in welchen das Salz versotten wurde. Letztere besaßen das Nutzungsrecht an Sole und Häusern und produzierten das Salz. Die Sieden wurden von den Herren an die Sieder verliehen. Im Zuge von Verhandlungen wurden jährlich die Siededauer (Haalwochen) und der Preis des Siedens (Rechnung) festgelegt. Zunächst hatten einzelne Sieder keinen Anspruch darauf, im nächsten Jahr wieder an den Verhandlungen beteiligt und zum Sieden zugelassen zu werden. Ab dem 14. und 15. Jahrhundert änderte sich dies: Die Sieder erhielten das Siederecht zu »Erb«. Die Erbsieder übernahmen im Gegenzug den Unterhalt des Brunnens und der Haalhäuser. Erbrechte gab es in zwei verschiedenen Formen: als fließendes und als freieigenes Erbe. Beim fließenden Erbe wechselte lediglich die Nutzung von Jahr zu Jahr unter den Erben, das Sieden selber konnte nicht in Anteile zersplittert werden (also eine Art Anerbenrecht), das freieigene Erbe dagegen konnte frei vererbt und geteilt werden (also eine Art Realteilung). Aufsicht und Leitung der Saline oblagen den Viermeistern, die auch für die Beschaffung des Holzes inklusive der Flößerei und des Eisens für die Pfannen zuständig waren. Knechte, Mägde und Taglöhner im Haal unterstanden ihnen. Sie selbst wurden allerdings im Lauf der Zeit immer stärker vom Magistrat abhängig, dessen Anordnungen sie zu befolgen hatten. Um 1600 wurde den Viermeistern ein Haalhauptmann (aus dem Rat) übergeordnet, außerdem nahmen die Haalpfleger (die für die städtischen Sieden zuständig waren) und Schreiber nun an den Sitzungen teil. Im 18. Jahrhundert trat noch ein studierter Jurist, der Haalkonsulent, hinzu. Das Gremium der Viermeister hatte sich zum Haalgericht gewandelt, die Meister waren auf die technischen und wirtschaftlichen Angelegenheiten beschränkt. Die Haalordnungen wurden seit dem 15. Jahrhundert vom Magistrat erlassen (die erste Haalordnung von 1385 war noch ohne erkennbare Beteiligung des Rats zustande gekommen). Die steigende Abhängigkeit der Saline vom Magistrat schlug sich auch in den Anteilen an der Saline nieder: Um 1700 besaß die Stadt 20 Prozent, das Spital weitere 4 Prozent, die Kirche 10 Prozent, die Ratsherren und hohen Beamten 35 Prozent, Geistliche 8 Prozent, niedere Beamte und Handwerker 7 Prozent, andere Bürger 9 Prozent und Auswärtige 7 Prozent der Sieden. Die Rechte an der Saline wurden dabei als Privatbesitz aufgefasst, nicht als öffentliches Eigentum. Dementsprechend musste 1804 Württemberg die Sieden von den Eigenherren und den Erbsiedern aufkaufen und konnte nicht einfach die Salzquelle in Staatsbesitz überführen. Die Technik des Salzsiedens blieb jahrhundertelang unverändert. Das Salz wurde in den Haalhäusern nach verschiedenen Vorbereitungsphasen gesotten. Die Jahresproduktion lag Anfang des 18. Jahrhunderts bei etwa 20000 Zentnern. Die Arbeit war schwer, bewegten sich die Salzsieder doch während der Siedewochen (zwischen 5 und 20 pro Jahr) permanent in Wasserdampf und Rauch. Außerhalb der Siedewochen fanden Reparaturarbeiten statt und das Holz wurde beschafft, wobei die Sieder dann im kalten Kocherwasser und an den abschüssigen Ufern tätig waren, um das Floßholz aus dem Wasser zu ziehen. Erst die Einführung der Luftgradierung veränderte den technischen Ablauf des Siedens, aber auch die Organisation der Saline und den Stellenwert der Arbeit der Salzsieder. Die Gradierwerke zu erbauen war teuer, die Kosten wurden von der Stadt aufgebracht. Sie erhöhte dafür die Anzahl der Sieden von 111 auf 135. Aus dem Ertrag der zusätzlichen Sieden wurden die Gradieranlagen amortisiert. Durch die Einführung der Gradierung sank der Holzverbrauch drastisch, und die Produktion stieg. Zwischen 1739 und 1749 entstanden fünf Gradierhäuser auf den Spitalwiesen unterhalb des heutigen Krankenhauses. 1756 und 1764 kamen noch zwei Gradierhäuser auf dem Ripperg hinzu. Dank der Gradierung blieb der Holzverbrauch der gleiche, die Produktion aber stieg von 20000 auf 80000 Zentner pro Jahr. In der Folge veränderte sich auch die Siedmethode: Neue Haalhäuser an der Eich (am Standort der später dort erbauten Justizvollzugsanstalt) – also außerhalb des Haals – wurden angelegt, die Zahl der Häuser im Haal selbst reduziert. Da die Sieder das Wasser nach Salzgehalt und Menge zugeteilt erhielten, entfielen die Vorschriften über die Größe der Pfannen. Die Sieder mussten für den Bezug der Sole nun Gradiergeld bezahlen. Sie verloren an Eigenständigkeit, gewannen aber an Professionalität. Mit der Übernahme der Saline durch Württemberg und der Erschließung der Steinsalzlager in Wilhelmsglück endete die traditionelle Salzsiederei in Schwäbisch Hall. Die Erbsieder blieben als kompakte Gemeinschaft erhalten: Sie hatten eine »ewige« Rente für die Abtretung ihrer Siederechte an den Staat aushandeln können, die intern nach der von alters her überkommenen Weise auf die einzelnen Berechtigten weiterverteilt werden muss – bis zur Gegenwart, auch wenn die Geldbeträge aufgrund der Inflation jede materielle Bedeutung verloren haben. Die Handwerker bildeten den größten Teil der Bevölkerung. Da Hall, abgesehen vom Salz, keine Exportartikel produzierte, diente das Handwerk den Bedürfnissen von Stadt- und Landbewohnern. Dies führte zu einer breiten Diversifizierung ohne Schwerpunktbildung in bestimmten Handwerken. In den Vermögensteuerlisten (1545) zählte Gerd Wunder außer den 80 Salzsiedern 530 Handwerksmeister. 1804 wurden 446 Handwerksmeister, 230 Gesellen und 71 Lehrjungen gezählt. Dies ergibt einen deutlichen Rückgang bei den Meistern. Selbst wenn man berücksichtigt, dass Kaufleute 1545 noch als Handwerksmeister geführt wurden und auch diese 40 Geschäftsleute noch hinzuzählt, ergibt sich eine Reduktion. Größte Handwerke waren 1545 Bäcker, Tuchmacher, Seckler, Schuhmacher und Gerber, 1625 Gerber, Metzger, Schneider, Bäcker und Schuhmacher, 1682 Schuhmacher, Küfer und Kübler, Bäcker, Metzger und Schneider, 1754 Metzger, Bäcker, Schuhmacher, Schneider und Gastwirte. Lässt man im letzten Jahr die Wirte weg (die von ihrer Ausbildung her zumeist Metzger oder Bäcker waren), rücken Gerber und Küfer/Kübler auf. Relativ stabil über die Jahrhunderte hinweg waren die Nahrungsmittelhandwerke (Bäcker, Metzger, Wirte). Einen starken Rückgang dagegen erlebten die Lederhandwerker (Gerber, Kürschner, Seckler), wobei hier auch die Umgruppierung zu Handelsaktivitäten eine Rolle spielt. Die Zahl der Schuhmacher dagegen blieb konstant. Im Niedergang befanden sich die Textilhandwerke (Tuchmacher, Zeugmacher, Leinenweber). Schwäbisch Hall war nie ein großes Zentrum der Textilproduktion gewesen, hatte aber im 16. Jahrhundert wohl einen bescheidenen Tuchexport. Auch nach dem 30-jährigen Krieg scheint die Herstellung von Wolltuchen noch interessant gewesen zu sein, danach aber begann ein starker Rückgang, der sich auch in der Zahl der gewalkten Tuche zeigte. Insgesamt konzentrierte sich die Handwerksproduktion der Stadt verstärkt auf den lokalen und regionalen Markt, das Haller Exportprodukt wurde in noch stärkerem Maß das Salz. Die Berufsgruppen waren nach ihren Vermögen stark differenziert. 1625 waren Tuchmacher, Wirte, Handelsleute, Bäcker, Gerber und Seilmacher die sechs wohlhabendsten handwerklichen Berufsgruppen, die Schlosser, Schreiner, Hutmacher, Leinenweber, Küfer und Schuhmacher die sechs ärmsten. Abgesehen von individuellen Zufällen (wie Unfähigkeit, Krankheit oder schlichtes Pech) spiegelt diese Hierarchie den Zugang zu Handelsmöglichkeiten wider. Bäcker arbeiteten auch im Getreidehandel, Gerber im Lederhandel. Die Zahlen für das durchschnittliche Vermögen aufgrund der Steuerlisten der einzelnen Handwerksgruppen zeigen einen scharfen Rückgang für die meisten schon bis 1682, vollends aber bis 1754. Die Gründe für diese Veränderungen waren sicher komplex: Zum einen etablierten sich einfachere handwerkliche Tätigkeiten (wie Schuhmacherei und Schneiderei) auch auf dem Land, so dass die städtischen Handwerker ihre ländliche Kundschaft einbüßten. Zum anderen verstärkte sich die Konkurrenz durch Importe, die in zunehmender Anzahl von Läden und durch Hausierer vertrieben wurden. Die spezialisierten städtischen Handwerke wie die Gerber (die auch den ländlichen Schuhmachern das Leder lieferten) konnten dagegen ihre Position halten. In Schwäbisch Hall nahm der erste Buchdrucker 1536 seine Tätigkeit auf. Peter Braubach stammte aus Hessen, hatte in Wittenberg studiert und die Druckerei seines Schwiegervaters in Hagenau im Elsass übernommen. Über Philipp Melanchthon ergab sich der Kontakt zu Johannes Brenz, der zur Verlegung der Druckerei in die Stadt am Kocher führte. Zwischen 1536 und 1540 entstanden in Schwäbisch Hall 38 Drucke, die ein anspruchsvolles Programm vertreten. Neben Brenz und Melanchthon sind Theologen und Humanisten sowie vor allem die lateinischen und griechischen Klassiker vertreten. 1540 übersiedelte Braubach nach Frankfurt am Main, wo er 1567 starb. In Hall hielt sich bis 1554 noch eine Druckerei, ging dann aber ein. Erst 1635 ließ sich wieder ein Drucker in der Stadt nieder, Johann Lentz aus Dinkelsbühl, der im folgenden Jahrzehnt nach Ansbach abwanderte. 1650 schließlich richtete Johann Reinhard Laidig eine Druckerei in der Gelbinger Gasse ein, die 1680 beim dortigen Brand zerstört wurde. Laidig gab zahlreiche Predigtdrucke, städtische Ordnungen und Werke aus der Umgebung (wie die Limpurger Kirchenordnung von 1666) heraus. Sein Nachfolger in Ehe und Werkstatt wurde Georg Michael Mayer, der bis 1748 lebte und zahlreiche amtliche Drucksachen anfertigte. 1704 wollte er eine Zeitung gründen, was ihm der Magistrat aber ausredete. Seine Druckerei am Spitalbach brannte 1728 beim großen Stadtbrand nieder und wurde in die Gelbinger Gasse verlegt. Mayer scheint seine Gerätschaften gerettet zu haben. Wie bei Laidig ging die Druckerei durch die Wiederheirat von Mayers Witwe an einen Nachfolger, Johann Heinrich Müller. Er verkaufte 1760 an Johann Christoph Messerer, wobei der Rat ihm massiv diesen Verkauf empfohlen hatte. Messerer war rührig, eröffnete um 1770 gar eine Filiale in Öhringen, geriet aber 1790 in solche wirtschaftlichen Schwierigkeiten, dass er an Philipp Ernst Rohnfelder verkaufen musste. Letzterer hatte 1788 das Hallische Wochenblatt gegründet, das mit einer Auflage von 200 Exemplaren amtliche Bekanntmachungen, Aufsätze, Buchbesprechungen, Lyrik und praktische Ratschläge an den Leser brachte. Die Zensur griff ein, als er respektlose Anekdoten über Ludwig XVI. von Frankreich druckte. Ab 1790 gab es einen zweiten Drucker in Hall. David Ludwig Schwend hatte vom Rat die Zulassung erhalten, druckte allerdings bis 1802 vergleichsweise wenig, worunter sich aber prompt eine Reihe prorevolutionärer Schriften befand, die Schwend Ermahnungen, Strafen und Hausdurchsuchungen eintrugen. Dennoch gestattete ihm der Rat 1802, das Hallische Wochenblatt zu übernehmen. Druckerei und Zeitung blieben von da an 200 Jahre im Familienbesitz. Handel fand zunächst oft als Nebengewerbe statt. Erst im Lauf des 17. und 18. Jahrhunderts erscheinen die Handelsleute dann verstärkt als solche. Salz- und Weinhandel zählte zu den Existenzgrundlagen der Stadt. Betrieben wurde er von den Stadtadligen, den Handwerkern und den Salzsiedern, ohne dass Berufsbezeichnungen wie Wein- oder Salzhändler auftauchen. Schon der Streit um die Kellerhälse 1316 oder die diversen Vorschriften über Weinpanscherei belegen die Bedeutung dieses Handels. Ansonsten scheint es im 16. Jahrhundert noch Export von Wolle und Tuchen gegeben zu haben, der aber nicht überdauerte. Haller Handelsleute waren danach wohl eher Importeure als Exporteure, was nicht hinderte, dass sie im 18. Jahrhundert recht wohlhabend oder auch richtig reich werden konnten. Die oft zitierte statistische Übersicht von 1804 nennt 40 Kaufleute und Lebküchner, wovon die meisten bescheidene Existenzen, einzelne wie Georg Christoph Eberhard von Olnhausen aber auch reich mit Geschäftsverbindungen nach England und Wien waren. 1812 übernahm der württembergische Staat die Saline, er musste dabei die 195 damals berechtigten Familien durch eine Rente abfinden, die heute noch an deren Erben verteilt wird. Die Einrichtung des Salzbergwerkes Wilhelmsglück südlich von Hall (1823-1900) schädigte die Saline derart, dass sie 1924 geschlossen werden musste; übrig blieb nur das 1827 eingerichtete Solbad. 1831 wurde in Hall der erste Gewerbeverein des Landes Württemberg gegründet, der trotz aller Betriebsamkeit wenig erreichte. 1832 entstand als erste Fabrik eine mechanische Baumwollspinnerei, 1857 die erste genossenschaftliche Gewerbebank, 1863 eine Eisengießerei, 1900 eine Fabrik für Abfüllmaschinen. 1945 wurde die Bausparkasse der deutschen Volksbanken von Berlin nach Hall verlegt, 1957 mit den Bausparkassen der Raiffeisenbanken vereinigt, seitdem »Bausparkasse Schwäbisch Hall« genannt.

Name: Burg Limpurg / sogenannte Keckenburg
Datum der Ersterwähnung: 1230

Ersterwähnung: 1156
Kirche und Schule: Sankt Michael, die größte Kirche der Stadt, wurde 1156 geweiht. Von der romanischen Basilika, die wahrscheinlich kein Querschiff hatte, ist nur noch der Turm erhalten, der den Marktplatz dominiert. Direkt gegenüber Sankt Michael lag die Jakobskirche, die seit 1236 Klosterkirche der Franziskaner war, aber unter Umständen viel älter gewesen sein könnte. Möglicherweise ist hier schon im 12. oder gar im 11. Jahrhundert eine Kapelle entstanden, wobei die Datierung der wenigen archäologischen Fundstücke ausgesprochen problematisch bleibt. Die Franziskaner hatten die üblichen Anlaufschwierigkeiten mit dem Regularklerus, der sie als Konkurrenz empfand, etablierten sich dann aber als Prediger und Seelsorger. Ihr Friedhof diente als Begräbnisplatz des Stadtadels. Reformen, die der Rat zwischen 1483 und 1502 im Kloster durchsetzen wollte, verweigerten sich die Mönche. 1502 stiftete die Stadt eine eigene Predigerstelle an Sankt Michael, machte sich also von den Franziskanern unabhängig. 1524 – mit Beginn der Reformation – wurde das Kloster geschlossen. Die Jakobskirche brannte 1728 ab, an ihrer Stelle entstand das barocke Rathaus. Die Minoriten betreuten die Gemeinschaften frommer Frauen, die zwischen 1348 und 1557 belegt sind. Zunächst handelte es sich um relativ freie Zusammenschlüsse, die nach 1412, als die Beginen von Heinrich Eberhart ein Haus beim Spital gestiftet erhielten, und 1514, als der Rat den Franziskaner-Terziarierinnen ein eigenes Gebäude im Nonnenhof errichtete, stärker reguliert wurden. Das Ende des Konvents kam zwischen 1555 und 1557, als wohl die letzte Frau verstorben war und Umbauten im »Nunnenhauß« stattfanden. In Unterlimpurg bestand zwischen 1328 und 1417 eine Frauenklause, Klausnerinnen bei Sankt Katharina sind zwischen 1349 und 1426 bezeugt. Die Johanniterkommende in Schwäbisch Hall wurde im letzten Jahrzehnt des 12. Jahrhunderts gegründet. Genaue Nachrichten fehlen, aber auch die baugeschichtlichen Untersuchungen weisen in die Zeit um 1200. 1249 übernahm die Kommende das 1228 erstmals erwähnte städtische Spital. 1317 gehörten zehn Brüder zur Kommende. Im gleichen Jahr wurde das Spital wieder in städtische Regie übernommen. Die Johanniterkirche wurde 1385–1404 in gotischem Stil erneuert. 1534 schloss der Rat die Johanniterkirche für den katholischen Gottesdienst, ab 1543 amtierte ein protestantischer Pfarrer für Sankt Johann und Gottwollshausen. Schließlich verlegten nach langen Streitigkeiten die Komture um 1600 ihren Sitz nach Affaltrach, wo die Kommende bis 1805 bestand. Zu Beginn des 14. Jahrhunderts war als zusätzliche soziale Einrichtung das Aussätzigenhaus bei Sankt Nikolaus vor dem Gelbinger Tor dazugekommen. Die Kapelle hatte 1309 und 1310 Ablässe erhalten. 1322 ist die erste Stiftung zugunsten der »uzsetzeln« belegt. Ebenfalls in den Anfangsjahren des 14. Jahrhunderts entstand die Schuppachkapelle – genauer Unserer Lieben Frau in der Schuppach (1322). Anlass der Stiftung soll der Mord eines Unmuoß von Altenhausen an einem Eberwein gewesen sein. Die Schöntaler Kapelle am Stätt-Tor bestand spätestens seit 1296, als sie einen Ablass erhielt. Die Josenkapelle in der Gelbinger Gasse wird 1385 erstmals erwähnt, als die Kapelle ein Grundstück in der Vorstadt erwarb, das zur Herberge für arme Pilger bestimmt war. Stiftungen der Familie Schneewasser bereicherten die Kapelle und fundierten die Stelle eines Kaplans. Der Bau der Pfarrkirche Sankt Katharina jenseits Kochens entstand in der Mitte des 13. Jahrhunderts. Der Pfarrer wird erstmals 1283 erwähnt. Sankt Katharina war Filial von Westheim. Um die genaue Abgrenzung der Pfarrbezirke Sankt Michael und Sankt Katharina gab es in der Mitte des 14. Jahrhunderts einen Prozess, der den Kocher als Grenze festlegte. 1363 war der Neubau des Chors abgeschlossen. Die Bruderschaft bei Sankt Katharina mit 13 Priestern ist 1346/47 erstmals belegt, sie wurde 1354 vom Murrhardter Abt als Patron bestätigt. Bedeutend war die Stiftung, die 1345 Guta Veldner errichtete. Die Veldner-Kapelle auf dem Kirchhof von Sankt Michael besaß drei Altäre, die reich fundiert waren. Außerhalb des hällischen Bereichs lag zunächst die Urbanskirche in Unterlimpurg. Der Name der Kirche ist nicht historisch. Die Kirche geht auf eine Stiftung der Schenken von Limpurg in den Jahren um 1230 zurück. 1283 wurde sie Pfarrkirche. Die Kirche war Unserer Lieben Frau geweiht. Als Marienkirche wird sie sowohl beim Ankauf der Herrschaft Unterlimpurg 1541 wie in der Beschreibung des Haller Landes von Friedrich Sybäus Müller 1705 bezeichnet. Der Heilige Urban schlich sich erst Ende des 18. Jahrhunderts ein, vielleicht aufgrund eines Lesefehlers (Sankt Urban statt »sub urbi«), der mittlerweile Eingang in die Literatur gefunden hatte. Gegen Ende des Mittelalters kam als neue Stiftung das Reichalmosen hinzu: 1494 stiftete der Bäcker Conrad Speltacher die erste Schüssel. Der Ertrag des Stiftungskapitals sollte für die Speisung von Hausarmen verwendet werden, die sich jeden Sonntag auf dem Kirchhof von Sankt Michael ihre Naturalien abholen durften. Damit wurde der Bettel bekämpft; Hausarme, die versuchten, vom Ertrag ihrer Arbeit zu leben, erhielten dagegen gezielt Unterstützung. Die Stifter reservierten ihre Schüsseln Bürgern und Bürgerskindern. Das Reichalmosen erwies sich als großer Erfolg: 1501 bestätigt, wurde es 1505 vom Würzburger Bischof mit einem Ablass ausgestattet. Am Ende (1802) bestanden 134 Schüsseln. Auch Protestanten, bei denen die Sorge für die eigene Familie die um das Seelenheil abgelöst hatte, bedachten das Reichalmosen – und reservierten Schüsseln für die eigenen Nachkommen, soweit vorhanden. Die Reformation in Schwäbisch Hall begann mit der Berufung von Johannes Brenz zum Prediger an Sankt Michael. Schon 1523 predigte er gegen die Heiligenverehrung. Den Ratsherren, die ihn berufen hatten, muss durchaus klar gewesen sein, dass er eine neue Lehre vertrat; sie konnten aber wahrscheinlich das Ausmaß an Veränderungen, das auf sie zukam, nicht abschätzen. 1524 fielen die ersten Entscheidungen in reformatorischem Sinn (wie die Schließung des Franziskanerklosters). Von Ende 1526 oder von Anfang 1527 stammt der Entwurf einer Kirchenordnung, in der Johannes Brenz seine grundlegenden Überlegungen formulierte. Er machte detaillierte Vorschläge für die Ausgestaltung des künftigen, im Wesentlichen deutschsprachigen Gottesdienstes. Die Priester, die beim alten Glauben bleiben wollten, sollten allerdings nicht entlassen werden, sondern weiter auf ihren Pfründen sitzen bleiben dürfen, auch wenn sie keine Messen mehr läsen. Der städtischen Obrigkeit obliege darüber hinaus in ganz besonderem Maß auch die Fürsorge für die Pfarreien auf dem Land: Die Bauern beute man zwar gern aus, wolle aber nichts für deren Seelen und die Schulbildung ihrer Kinder investieren, was sich langfristig bitter rächen werde. An Weihnachten 1526 feierte Brenz das erste evangelische Abendmahl mit der Gemeinde in Sankt Michael. Die Messe dort und in Sankt Katharina, also in den beiden Kirchen, die direkt dem Rat unterstanden, wurde abgeschafft. In der Schuppachkapelle und in Sankt Johann bestand der katholische Gottesdienst dagegen noch bis 1534. Der Rat nahm hier Rücksicht auf die Johanniter und auf den katholischen Bevölkerungsteil. Der Protestation in Speyer hatte sich der Haller Rat nicht angeschlossen. Zur Begründung verwies er darauf, dass die Haller Kirche schon vorher in so hohem Maß in evangelischem Sinn eingerichtet gewesen sei, dass weitere Veränderungen verzichtbar erschienen. Vom Verbot des Speyrer Reichstagsabschieds, Neuerungen einzuführen, habe man sich deshalb nicht für betroffen erachtet. Auf die Einrichtungen im Sinne Martin Luthers zu verzichten, habe keineswegs im Sinn des Rats gelegen. 1529 und 1530 wurden zahlreiche bisherige Ratsherren nicht wiedergewählt, was durchaus an Johannes Brenz gelegen haben könnte, der nach den Worten des Chronisten Johann Herolt, dem Rat »den Harnisch wol gefegt« habe, weil er in Speyer bei den Papisten unterschrieben habe. Genutzt scheint das alles nicht viel zu haben, denn auch 1530 bekannte sich der Rat nicht eindeutig zur evangelischen Seite, sondern vermied eine offene Parteinahme. Die Ratsherren scheinen mit dem Zustand von 1529 recht zufrieden gewesen zu sein. Eine Kirchenordnung, wie sie sonst den Übergang zum protestantischen Kirchenwesen eindeutig dokumentiert, wurde in Hall erst 1543 erlassen. Die Zögerlichkeit erklärt sich auch mit der Rücksicht auf den katholischen Kaiser Karl V. Erst nach langem Zögern schloss sich Schwäbisch Hall 1538 dem Schmalkaldischen Bund an. Als Karl V. 1541 Hall besuchte, herrschten bange Erwartungen. Einige Katholiken in der Bevölkerung hofften, man werde Johannes Brenz den Kopf abschlagen, die evangelische Mehrheit befürchtete zwangsweise Änderungen des Religionswesens. Karl V. nahm dann lediglich die Huldigung der Bürgerschaft entgegen, beim Schwur auf »Gott und alle Heiligen« ließen die meisten letztere weg. Erst in diesen Jahren setzte die Reichsstadt die Reformation auch in den Landgemeinden durch. Die Landpfarrer hatten die Reformation nach eigenem Gutdünken eingeführt, in manchen Fällen auch jede Änderung unterlassen, so dass in den 1530er Jahren ein buntes Durcheinander obwaltete. Die Reformierung der Landgemeinden scheint 1542 mit der Wiedererrichtung des Landkapitels und 1543 mit der gedruckten Kirchenordnung abgeschlossen worden zu sein. Letztere schrieb einheitliche Regelungen für das Kirchenwesen in Stadt und Land vor, sie blieb bis 1802 Grundlage des hällischen Kirchenwesens. Nach seinem Sieg im Schmalkaldischen Krieg zog am 16. Dezember 1546 Karl V. in Schwäbisch Hall ein. 20000 spanische Soldaten begleiteten ihn. Die Ratsherren übergaben ein goldenes Gefäß mit 1000 Goldstücken, ihren Fußfall nahm der Herrscher nicht an. Begnadigt hatte er die Stadt schon vorher bei seinem Aufenthalt in Rothenburg. Verlangt wurden aber dennoch 60000 Gulden Kriegskontribution, 70000 Gulden Entschädigung für die durch die Schmalkaldener geschädigten Reichsstände (vor allem König Ferdinand) und die Quartierkosten des kaiserlichen Heers. Die enormen Summen wurden durch die Erhöhung von Umgeld und Bodenschatz sowie Vermögensteuern aufgebracht. Im Mai 1548 diktierte der Kaiser das Interim, gegen das Johannes Brenz und der Haller Rat Einwände erhoben. Als aber spanische Truppen in Marsch gesetzt wurden, versiegte der Widerstandswille der Stadt schnell. Am 24. Juni 1548 floh der Haller Reformator Hals über Kopf aus Hall, wo er seine todkranke Frau und seine Kinder zurückließ. Im letzten Moment hatte ihm einer der Haller Ratsherren eine Warnung zukommen lassen. Zur Strafe rückten nun doch kaiserliche Truppen an. In Sankt Michael wurde wieder die katholische Messe gelesen, diejenigen Pfarrer, die die Annahme des Interim verweigerten, verloren ihre Pfarreien und wurden durch ›Interimspfarrer‹ ersetzt. Am 9. Februar 1552 wurde die Haller Verfassung verändert: Die Stadt erhielt ihren so genannten Hasenrat (nach dem kaiserlichen Gesandten Heinrich Haas aus Lauffen am Neckar). Statt 26 Ratsherren gab es nur noch 17, der große Rat umfasste weitere 15 Mitglieder, drei Stättmeister (statt 2) sollten sich im Amt abwechseln. Die Reformen sollten die katholischen Stadtadligen begünstigen und die Städte in kaiserlichem Sinn beeinflussen. In Hall ging diese Rechnung nicht auf. Katholiken wie Stadtadlige gab es nicht mehr in ausreichender Zahl. Der Rat blieb von den nach 1512 aufgestiegenen Familien geprägt, die mittlerweile auch protestantisch sozialisiert waren. Schon 1558 schickten die Haller eine Gesandtschaft zum neuen Kaiser Ferdinand I., um ihn um eine erneute Revision der Verfassung zu bitten. 1559 und 1562 folgte der Kaiser diesem Wunsch: Die alten Verhältnisse wurden weitgehend wiederhergestellt. Im Ergebnis erschöpften sich die Veränderungen dann in der Reduktion der Zahl der Ratsherren von 26 auf 24. Die Beseitigung des Interims zog sich ebenfalls hin. Schon am 4. August 1549 wurde Michael Gräter auf Wunsch seiner Gemeinde wieder Pfarrer von Sankt Katharina. Er musste allerdings vorerst widerwillig dulden, dass beim Abendmahl ein Messpriester an seiner Seite amtierte. Im Endeffekt galt in Sankt Katharina also die Brenzsche Kirchenordnung, in Sankt Michael aber das Interim. Selbst nach 1555 – als der Religionsfriede den Lutheranern eigentlich die ungestörte Ausübung ihrer Religion gesichert hatte – zögerte der Rat noch einige Jahre. Erst 1558 wurden Messgewänder verboten und die Kirchenordnung von 1543 wieder in Kraft gesetzt. Nach einigen kleineren Schwierigkeiten zwischen Rat und Dekan in den letzten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts gerieten 1598 die kirchlichen Angelegenheiten der Reichsstadt in Bewegung. Der Prediger und Dekan Johann Weidner und der Syndikus Johann Schulter gerieten vordergründig über Lehren des Archidiakons Johann Schneck, eines Schützlings von Schulter, aneinander. Im Hintergrund standen die Differenzen über die Autonomie der Geistlichkeit und über die politische Ausrichtung der Reichsstadt an Württemberg (von wo Schulter stammte). Der Konflikt eskalierte, als Weidner suspendiert wurde und die Bürger zu seiner Unterstützung mobilisierte. Ein Bürgerausschuss erzwang am 27. September 1602 die Wiedereinsetzung des Dekans. Politische, wirtschaftliche und soziale Forderungen wurden nachgereicht, Sprengkörper explodierten. Nach verschiedenen Vermittlungsbemühungen erfüllte der Rat die Forderungen der Geistlichen, integrierte die reicheren Teile der Opposition, die ärmeren Bürger gingen weitgehend leer aus. Bildung wurde ab dem 16. Jahrhundert zu einem wichtigen Thema für die Obrigkeiten und die Bürger. Geschickte und redliche Bürger wüchsen nicht auf Bäumen, sie müssten erzogen werden. Besser als Mauern seien gute Bürger für den Fortbestand eines Gemeinwesens. Diese eindrücklichen Zitate stammen aus dem Gutachten, das Johannes Brenz Ende 1526/Anfang 1527 für den Rat verfasste, und in dem er nicht nur die zukünftige Ordnung der evangelischen Kirche von Schwäbisch Hall, sondern auch die Einrichtung eines protestantischen Bildungswesens thematisierte. Das Spätmittelalter hatte Vorarbeiten geleistet. Schulmeister bei Sankt Michael sind seit dem 14. Jahrhundert (1344) belegt. Anstellungsverträge und Aufgabenbeschreibungen der Schulmeister liegen erst vom Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts vor (1471 und 1513). Der Schulmeister Bartholomäus Stich unterrichtete 1514 laut seiner Schulordnung in vier Klassen Latein, das nicht nur Unterrichtsgegenstand, sondern auch Unterrichtssprache war. Immerhin hatte Stich die Cicero-Lektüre eingeführt, so dass die Haller Lateinschule schon humanistisch ausgerichtet war. Mit der Reformation gaben die Franziskaner ihr Kloster auf, der Rat ließ dort eine Schule einrichten. 1526–33 leitete Johannes Regulus genannt Villinger die Lateinschule; er studierte danach Medizin und kam 1552 noch einmal als Stadtarzt nach Hall zurück. Sein Nachfolger wurde Sebastian Gauch oder Coccyus, der bis 1546 blieb und 1543 in einer Schulordnung Organisation und Lehrinhalte der achtklassigen Schule fixierte. Schulgebäude war mittlerweile wieder das alte der Lateinschule, da sich am ehemaligen Franziskanerkloster nach Abrissarbeiten 1534 Risse zeigten und das Gebäude als einsturzgefährdet gelten musste. 1579 erhielt die Lateinschule ein neues Gebäude. Zu dieser Zeit befand sie sich auch in einem kräftigen Aufschwung. Nach der Jahrhundertwende verlor der Schulbetrieb dagegen an Attraktivität, die studierwilligen Jugendlichen mussten zusätzlich zur Schule Kollegien besuchen, um überhaupt an den Universitäten mithalten zu können. 1655 wurde die Lateinschule zum akademischen Gymnasium erhoben, das zu einem bedeutenden Teil durch Stiftungen finanziert wurde. Zwischen 1654 und 1778 trugen 123 Personen durch solche Zuwendungen zum höheren Bildungswesen bei. Weitere Beiträge wurden zwangsweise eingetrieben – zum Beispiel als Strafe für Steuerhinterziehung. Neue Fächer bereicherten den Unterricht, so Philosophie, Geschichte und Politik, öffentliches Recht und Astronomie, Ethik und Geographie, Arithmetik, Theologie und Hebräisch. Im 18. Jahrhundert wurden Nationalsprachen und Realien wichtiger. Sie erscheinen jetzt auch im Lehrplan des Gymnasiums. 1811 hob das Königreich Württemberg das Haller Gymnasium auf und verwandelte es in eine dreiklassige Lateinschule. Arme Schüler wurden durch das Contubernium unterstützt. Sie mussten als Gegenleistung bei der Kirchenmusik mitwirken. Getragen wurde es durch Stiftungen, deren bedeutendste die des Stättmeisters Mathias Haimberger von 1598 war. Die Zahl der Contubernales, welche in einem eigenen Gebäude untergebracht waren, war auf 14 begrenzt. 1813 wurde das Contubernium aufgehoben, die Stiftungsgelder fielen an das Lehrerseminar Esslingen. Grundlage der Bildung waren die deutschen Schulen, die Kenntnisse im Lesen, Schreiben und Beten vermittelten, wie es ein Ratsbeschluss von 1665 zusammenfassend ausdrückte. Schon im frühen 16. Jahrhundert – vor der Reformation und Johannes Brenz – lassen sich deutsche Schulmeister in der Stadt nachweisen. Um 1600 bestanden wohl zwei deutsche Schulen in der Pfarrei Sankt Michael, eine in Sankt Katharina. Um 1700 war eine Gesamtzahl von sechs deutschen Schulen in der Stadt erreicht, die bis zum Ende der Reichsstadt beibehalten wurden. Die evangelische Stadtkirche St. Michael ist das Ergebnis mehrerer Bauperioden: Vom ursprünglichen Münsterbau, Mitte 12. Jahrhundert, ist nur der hervortretende romanische Westturm erhalten, dem 1575 zwei achteckige Geschosse mit Umgang und 1718 die Laterne aufgesetzt wurden. Das Erdgeschoss ist an den drei freien Seiten in weiten Arkaden geöffnet. Die vier Rippen des Kreuzgewölbes stützen sich im Schnittpunkt auf einen aus vier Rundsäulen gebündelten Pfeiler, der seit 1300 das farbig gefasste steinerne Standbild des Kirchenheiligen trägt, mit später verlängerten Flügeln. Das Tympanon am Portal füllt ein flaches Ornamentrelief. Die Außenseiten des romanischen Turmteils sind durch Lisenen, Bogenfriese und Zwillingsfenster nach dem Vorbild des comburgischen Westturms gegliedert. Das ursprüngliche Langhaus wurde 1427/56 ersetzt durch eine netzgewölbte Halle, deren drei Schiffe gleich hoch und breit sind. Der fast gleichlange Chor entstand 1495/1527; das ansteigende Baugelände erzwang gegenüber dem Schiff seine Höherstellung, die aber dem Gesamteindruck zugute kommt. Sehr schlanke Säulen tragen das Netzgewölbe des polygonalen Hallenchors mit Umgang und Kapellenkranz. Ausstattung ungewöhnlich reich. Hochaltar, um 1470, Schrein mit über fünfzig kleinen Schnitzfiguren zeigt drei Passionsszenen, die in niederländischer Art ineinander übergehen, auch die gemalten Flügel zeigen niederländischen Einfluß in der Art des Dierk Bouts. Uberlebensgroßer Kruzifix, bedeutende Arbeit von Michael Erhart aus Ulm, 1494. Sakramentstürmchen, um 1480. Chorgestühl, 1534, Gesamteindruck gotisch, Einzelheiten Renaissance. Die Altäre der Seitenkapellen in durchschnittlicher Qualität von lokalen Meistern, diese Kapellen sind überfüllt mit Grabdenkmälern Haller Bürger. In der Sakristei geschnitzter Michaelsaltar, 1509/11, Hans Beuscher zugeschrieben. Im Schiff Heiligengrab, um 1540. An der Außenwand Ölberg, 1506. Einziger figürlicher Außenschmuck an einem Chorstrebepfeiler: St. Michael als Seelenwäger, Anfang 16. Jahrhundert. Die 54stufige Freitreppe vor der Kirche, 1507 angelegt, 1830 umgestaltet. Heute drei Pfarreien. Evangelische Pfarrkirche St. Katharina, vom spätromanischen Bau um 1240 nur Querschiff mit Turm erhalten, romanisches Schiff 1900 abgerissen und durch öden Neubau ersetzt, der auch durch Umbau 1961 nicht sehr verbessert wurde. Im gotischen Chor von 1343 reiche Ausstattung: bemerkenswerter Hochaltar, im Schrein fünf Passionsszenen niederländischer Art wie in St. Michael, spätgotische Schnitzarbeit, um 1450. Heiligengrab-Tumba, 1470. Ölberg, vor 1470. Schnitzbild der Muttergottes, 1440. Bemalte steinerne heilige Katharina, vor 1340. Grabmäler und Epitaphe, 17./18. Jahrhundert Chorfenster, um 1343, mit farbiger Darstellung der Tugenden und Laster. Evangelische Pfarrkirche St. Urban (so durch Missverständnis, eigentlich St. Maria). Romanischer Bau des 13. Jahrhunderts, um 1470 spätgotische Erweiterung, Turm mehrfach verändert. Flachgedecktes Schiff, Chor mit Rippengewölben. Marienaltar, etwa 1445, wohl der früheste niederländische Altar im Haller Raum: im Schrein, ineinander übergehend, geschnitzte Szenen aus der Kindheitsgeschichte Jesu; gemalte Flügel durch Kopien ersetzt. Wandgemälde Maria am Spinnrocken, um 1400. Grabdenkmäler, darunter von Schauenburg, 1365. Holzemporen von 1614 und 1765. Außen an Turm und Chor romanische Zierformen. Neben der Kirche früheres limpurgisches Spital von 1450. Ehemalige Johanniterkirche, romanisch, einschiffig, um 1400 mit seitlichem Turm und polygonalem Chor versehen, im 19. Jahrhundert profaniert. Heute eine Pfarrei Kreuzäckerkirche von 1956, eine Pfarrei abgegangen. Kirche St. Jakob am Platz des jetzigen Rathauses, vor dessen Wiederaufbau durch Grabungen 1951 die Grundmauern der Kirche festgestellt wurden. 1225 durch neues Querhaus mit Vierungsturm und mit gerade geschlossenem Chor ergänzt. Chorquadrat 1534 wegen Markterweiterung abgerissen, Rest 1728 abgebrannt. Ehemalige Kirche zum Heiligen Geist, als Ersatz der verbrannten Spitalkapelle 1731/38 erbaut. Barocke Saalkirche mit flacher, stuckierter Decke und figurengeschmückter Kanzelwand. Altar unter der Kanzel und Orgel bei Umwandlung in einen Konzertsaal 1964 entfernt. Die Haller Kapellen sind alle abgegangen, Reste sind nur von der seit 1385 erwähnten St. Jodokus- oder Josenkapelle erhalten, in der Neuzeit Deutsche Schule, 1680 abgebrannt. Auf dem Michaelsfriedhof standen die 1400 erbaute Beinhauskapelle St. Anna, die der Erweiterung der Kirche St. Michael weichen musste, und die 1323 erstmals genannte Veldnerkapelle, 1509 abgebrochen. 1402 wurde ein Ablass bewilligt zur Ausstattung einer bei St. Michael neu erbauten Kapelle, die der Ehre Gottes, Mariens und der Heiligen Theobald und Dorothea geweiht war. Die 1323 geweihte Unmussenkapelle, 1457 St. Georg, wurde um 1470 durch die gotische Marienkapelle im Schuppach ersetzt, 1815/16 abgerissen. Nördlich vor der Stadt stand die seit 1309 bezeugte Nikolauskapelle bei den Leprosen, seit 16. Jahrhundert Friedhofskapelle, 1835 abgebrochen. Eine 1416 durch den würzburgischen Bischof genehmigte Kapelle vor dem Langenfelder Tor dürfte nie gebaut worden sein. Der Schöntaler Hof mit Marienkapelle wird 1296 zuerst genannt, 1378 und 1386 wurde er als Hofstatt mit Bedingung des Hausbaus verliehen; 1450 verkauft, der Käufer musste weiterhin Schöntaler Klosterangehörige beherbergen, 1808 wurde er abgebrochen. Das Spital St. Johannes war unter anderem durch Feuer zum Erliegen gekommen, 1228 wurde es neu gegründet und 1249 durch die Johanniterkommende übernommen, deren Finanzkraft zur Erhaltung nicht ausreichte. Die Stadt erbaute daher 1317 das Neue Spital, später zum Heiligen Geist genannt. Beim Stadtbrand 1728 vernichtet, erstand es wieder in einfachen Bauformen. Für die seit 1803 zugewanderten Katholiken wurde 1887 die Pfarrkirche St. Josef errichtet. Eine zweite katholische Kirche, Christus König, wurde 1961 erbaut; Pfarrei seit 1967.
Patrozinium: St. Jakob / St. Michael / St. Maria (durch Missverständnis St. Urban) / St. Katharina / St. Johann / Heiliger Geist / St. Josef / Christus König
Ersterwähnung: 1156
Jüdische Gemeinde: In Schwäbisch Hall gab es den jüdischen Arzt Hirsch, der 1657 im hällischen Gebiet praktizieren durfte, ohne Zoll bezahlen zu müssen, wogegen die Geistlichkeit massiv protestierte: »Es wäre besser mit Christus gestorben als per Judendoktor mit dem Teufel gesund geworden.« Juden zahlten einen spezifischen Leibzoll, wenn sie die Stadt betraten oder passierten. Die erste Ansiedlung von Juden in Hall wird im 11. Jahrhundert vermutet, urkundlich erwähnt werden sie 1240—1438. Während der Pestepidemie 1348/49 brachen schwere Judenverfolgungen aus; die meisten Juden wurden verbrannt. Kaiser Karl IV. bestrafte die Stadt und unterstellte die bis 1373 wieder zugezogenen Juden dem Schutz der Herren von Hohenlohe; um deren Einmischung zu verhindern, vertrieb die Stadt die Juden für zwei Jahrzehnte. Im 16./17. Jahrhundert wurde Juden der Aufenthalt in der Stadt sehr erschwert. Erst Anfang des 18. Jahrhunderts bildete sich in Unterlimpurg eine kleine jüdische Gemeinde. 1738/39 errichtete sie eine Synagoge, deren bemalte hölzerne Innenverkleidung sich heute im Keckenburgmuseum befindet. Der Zuzug wurde Juden erst wieder im 19. Jahrhundert erlaubt, bis 1910 wuchs ihre Zahl, vor allem von Steinbach her. 1914 wurde durch Verlegung aus Braunsbach ein Rabbinat errichtet, in Steinbach blieben jüdischer Friedhof und Synagoge, die 1938 zerstört wurde wie der in Hall eingerichtete Betsaal. Die meisten Juden wanderten bis 1941 aus, die 22 zurückgebliebenen kamen in der Deportation ums Leben.

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