Stöckenburg - Wohnplatz 

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Typauswahl: Ortsteil – Historisches Ortslexikon
Typ: Wohnplatz
Liegt auf Gemarkung: Vellberg
Ersterwähnung: 0822

Historische Namensformen:
  • Stochamburg 0823
  • Castrum Stocheimaroburch 0889
  • Stockenburg 1285 [1285/86]
Geschichte: Für das Areal der Stöckenburg – ein rund 5,2 Hektar großes Bergplateau, das mit steilen Hängen in das Tal der Bühler und des Aulenbachs abfällt und nur im Nordosten über einen tiefen Sattel zu erreichen ist – finden sich seit der mittleren Steinzeit Siedlungsspuren. Nach den Ergebnissen der 1994 abgeschlossenen Ausgrabungen bestand auf dem Plateau eine Höhensiedlung der Urnenfelderkultur (späte Bronzezeit), für die allerdings keine Befestigungen nachgewiesen sind. Wohl nach einer Phase der Siedlungsunterbrechung ist eine späthallstatt- und latènezeitliche befestigte Höhensiedlung belegt, die über einen längeren Zeitraum genutzt wurde. Metallschlacken und Reste eines Schmelztiegels deuten auf handwerkliche Produktion; andere Funde lassen Bezüge zur hällischen Salzsiederei annehmen. Zisternen versorgten die Siedlung mit Wasser. Die Struktur der Gebäude und die Qualität des zum Teil importierten Fundmaterials deuten darauf hin, dass es sich bei der Siedlung um einen zentralen Ort mit kleinräumiger Ausstrahlung handelte. Im ersten nachchristlichen Jahrhundert war die Siedlung nach den Grabungsbefunden bereits längere Zeit verlassen. Im Frühmittelalter wurde das Bergplateau offensichtlich durch den König als Wehranlage zum Mittelpunkt eines fränkischen Siedlungsverbands ausgebaut, der nach dem archäologischen Befund (Reitergrab in Großaltdorf), der Analyse der Ortsnamen und dem – allerdings erst 1418 belegten – Einzugsbereich der örtlichen Martinskirche einen weiten Radius aufwies. Archäologische Funde, die die Neubesiedlung des Terrains im 6./7. Jahrhundert dokumentieren, fehlen bisher. An der Grenze des Maulachgaus gegen Schwaben gelegen, war die Stöckenburg fränkisches Herrschaftszentrum in diesem Bereich, vielleicht sogar des gesamten Maulachgaus. Zugleich sicherte die Burg an strategisch wichtiger Stelle die nahe verlaufende Fernstraße vom Rhein an die Donau, die hier Richtung Ellwangen in die dünn besiedelten Wälder des Keuperberglands überging. Erstmals wird die Stöckenburg 822 urkundlich genannt, als Ludwig der Fromme die Übertragung der Besitzungen bestätigte, mit denen Karlmann 742/43 das Bistum Würzburg bei dessen Gründung ausgestattet hatte. Unter den aufgeführten Kirchen befindet sich auch als königliche Eigenkirche die Basilika des Heiligen Martin auf der befestigten Stöckenburg im Maulachgau (»in pago Moligaugio infra castro Stochamburg basilica sancti Martini«). Die Wehranlage (»castrum«) – im 9. Jahrhundert lediglich nochmals in späteren königlichen Besitzbestätigungen 846 und 889 (»Stocheimaroburch«) genannt – blieb offensichtlich weiterhin in königlichem Besitz. Mit dem Niedergang der Königsgewalt verlor auch die Stöckenburg im 11. Jahrhundert ihre politische Bedeutung. Im Gegenzug entstand auf dem südlich benachbarten Bergsporn mit der Burg Vellberg ein adliger Herrschaftssitz. Die Martinskirche blieb als kirchlicher Mittelpunkt einer weit ausgreifenden Pfarrei erhalten, die 1418 die neun Orte Eschenau, Vellberg, Dörrenzimmern, Sulzdorf, Matheshörlebach, Jagstrot, Scheffach, (Klein-?)Altdorf und Talheim umfasste, bis in das Hochmittelalter aber vielleicht auch noch andere Dörfer des fränkischen Siedlungsverbands des Frühmittelalters (zum Beispiel Lorenzenzimmern) einbezogen hatte. Das Patronatsrecht wurde 1404 durch den Bischof von Würzburg in einer Stiftung als Lehen dem Stift Öhringen übertragen, dem die Pfarrei inkorporiert wurde. 1418 wurde das Einkommen für den Pfarrvikar geregelt. Mit dem Aufstieg der Herren von Vellberg gewann die Martinskirche zudem die Funktion einer Grablege für dieses Geschlecht. Die zahlreichen Epitaphe (frühes 15. Jahrhundert bis 1592/99), unter ihnen künstlerisch hervorragende Stücke, zum Beispiel von Sem Schlör, befanden sich nach einer Notiz von 1597 ursprünglich in einer angebauten Kapelle. Die erstmals 1336 genannte Frühmesspfründe auf dem Katharinenaltar wurde mit Jahrtagsstiftungen der Vellberger ausgestattet (zum Beispiel 1342, 1350); das Patronatsrecht befand sich ab 1407 als würzburgisches Mannlehen im Besitz der Familie. Der Inhaber einer 1419 in der Schlosskapelle gestifteten Kaplaneipfründe hatte zudem liturgische Pflichten am Heilig-Blut-Altar auf der Stöckenburg. Die Stiftung einer für Geistliche und Laien offen stehenden Martinsbruderschaft durch die Herren von Vellberg 1476 steigerte die Bedeutung der Pfarrkirche, waren doch die meisten Kleriker der angrenzenden Pfarreien Mitglieder; es muss offen bleiben, ob mit dieser Stiftung auch der Aufbau eines kleinen Residenzstifts geplant war. Der Kirchenbau war zuvor umgestaltet worden, der erhaltene spätgotische Chor und das Sockelgeschoss des Turms datieren auf 1435. Zeitgleich entstanden die Chorfenster, die neben Passionsszenen Angehörige des Geschlechts in betender Haltung darstellen (Originale heute im Württembergischen Landesmuseum Stuttgart). Um 1500 wurde der bedeutende Choraltar mit Szenen aus dem Leben des Heiligen Martin geschaffen. Die auf 1518 und 1520 datierten Schreine der Nebenaltäre sind nicht erhalten. 1545 wurde das Patronatsrecht durch die Herren von Vellberg vom Stift Öhringen erworben, ein Jahr später folgte die Belehnung durch den Bischof von Würzburg. Erst jetzt erfolgte die Einführung der Reformation. Es folgte ein Umbau der Kirche. Chor und Langhausdecke wurden 1577 ausgemalt, das monumentale Kreuz unter dem Triumphbogen von 1573 wird Sem Schlör zugeschrieben. Nach dem Aussterben der Vellberger verlieh der Würzburger Bischof Julius Echter von Mespelbrunn das heimgefallene Lehen an Mitglieder seiner Familie mit dem Ziel einer Rekatholisierung der Pfarrei, was jedoch am Widerstand der Reichsstadt Hall scheiterte, die seit 1595 als Ortsherrschaft das Episkopalrecht beanspruchte und die örtlichen Pfarrer einsetzte. 1605 verkaufte Würzburg seine Rechte unter Beibehaltung der Lehenshoheit an das Stift Comburg. Die Einsetzung eines katholischen Pfarrers 1628–30 blieb eine Episode. Die Abgrenzung der Rechte zwischen Comburg und Hall war bis zum Ende des Alten Reichs strittig und führte noch im späten 18. Jahrhundert zu einem Prozess vor dem Reichskammergericht. Das kleine Bauensemble der Stöckenburg, das neben der Martinskirche, dem Kirchhof, dem Pfarrhaus und der Pfarrscheuer noch den alten Widumhof und ab dem späten 16. Jahrhundert die Vellberger Schule (heute sogenannte Stöckenburg von 1911/32) umfasst, blieb in seiner Substanz bis in die Gegenwart erhalten. Von der karolingischen Basilika ist nichts erhalten. Die heutige evangelische Pfarrkirche entstand im 15./16. Jahrhundert. Chor von 1435 mit schönem Altar, der aus spätgotischen Teilen anderer Altäre zusammengesetzt ist, im Schrein St. Martin, im Rahmen Stammbaum Christi mit vielen Figuren (Riemenschneiderschule um 1500), in den Maßwerkfenstern Nachbildungen der Glasbilder von 1435, am Triumphbogen alte Fresken. Schiff 1560 erneuert, mit Decken- und Wandmalerei, Grabdenkmäler der von Vellberg und andere. An der Südseite Turm von 1560, unteres Geschoß dient als Eingangshalle. Über dem gotischen Südportal eingemauerter romanischer Stein mit Darstellung zweier Fabelwesen (Drachen?).

Name: Stöckenburg
Datum der Ersterwähnung: 0822
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