Sirnau - Altgemeinde~Teilort 

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Typauswahl: Ortsteil – Historisches Ortslexikon
Typ: Teilort
Liegt auf Gemarkung: Esslingen am Neckar
Ersterwähnung: 1241

Ortslage und Siedlung
(bis 1970):
Die Siedlungsgeschichte ist komplex: Die alemannischen und mittelalterlichen Siedlungen sind wie die Pfarrkirche verschwunden, während sich die Klosteranlage zu dem noch bestehenden Hofgut entwickelte. Sirnau verfügt über zahlreiche vor- und frühgeschichtliche Fundstätten. An drei Stellen wurden steinzeitliche Artefakte entdeckt. Auf die intensive Besiedlung des fruchtbaren Neckaruferlandes weisen auch Fundhorizonte aus Urnenfelder- und Latènezeit östlich des Sirnauer Hofes hin. Im Bereich des großen alemannischen Friedhofs fanden sich auch drei Gräber der späten Hallstattzeit, darunter das reich ausgestattete Grab einer jungen Frau. Das bedeutende, 1936 weitgehend ergrabene merowingerzeitliche Gräberfeld mit 220 Gräbern wurde von circa 550 bis circa 700 belegt. Nordöstlich, im Bereich des heutigen Neckarkanals, wurden bereits 1921/22 ein anderes Gräberfeld mit circa 100 Bestattungen (darunter zwei Steinplattengräbern des 7. Jahrhunderts) und 1938 weitere fünf Bestattungen entdeckt, die aber weitgehend zerstört wurden. Der Ortsname lässt sich als Siedlung eines Sirno in der Neckaraue deuten, die um die Mitte des 6. Jahrhunderts angelegt wurde. Ein Dorf Sirnau findet sich zwischen 1288 (»villa«) und 1376 in den Quellen, was der Annahme widerspricht, dass es bald nach 1241 dem Kloster gewichen sei. Allerdings erlauben die Quellen keine Lokalisierung. Nur 1351 werden Güter »zem alten Sirmenowe« genannt (Siedlung?), die sich an dem rechten, östlichen Ufer der Körsch befanden. Ab 1365 setzt sich die Terminologie Ober-Sirnau durch, wozu auch eine Kirche (1434) gehörte. Dieses Obersirnau wurde wohl im Städtekrieg 1449/50 zerstört und bestand fortan nur noch aus einem Haus (1550). Die erst ab dem späten 17. Jahrhundert gelegentlich verwendete Bezeichnung Untersirnau bezog sich offenbar auf einzelne Gebäude nordwestlich des Hofguts in Richtung Neckar. 1241 überließ Albert von Altbach frommen Frauen aus Kirchheim sein umfangreiches Eigengut. Noch im selben Jahr nahm der Bischof von Konstanz das werdende Kloster in seinen Schutz und verlieh ihm die Augustinerregel. 1245 erfolgte die Unterstellung des unter dem Patrozinium der Jungfrau Maria stehenden Klosters (später: Heilig Kreuz) in den Dominikanerorden. Bereits 1246 scheint das Kloster zum ersten Mal zerstört worden zu sein; insgesamt sechsmal mussten die Nonnen aufgrund gewaltsamer Einwirkungen, so durch die Grafen von Aichelberg, fliehen und ließen sich schließlich 1292 in der Esslinger Vorstadt Pliensau nieder. Nur bis 1310 sind noch mehrere Höfe auf Sirnauer Gemarkung nachweisbar. Vermutlich hat sich das Kloster und spätere alleinige Hofgut aus der Schenkung von 1241 entwickelt, allerdings ist nicht auszuschließen, dass bis 1292 auch ein anderer Hof als Klosteranlage genutzt und weiter ausgebaut wurde. Sirnau entstand 1932 ff. als Esslinger Stadtrandsiedlung auf der Gemarkung des Sirnauer Hofs, der 1803-1928 zur Gemeinde Deizisau gehört hatte und dann von der Stadt gekauft wurde.
Historische Namensformen:
  • Sirmenowe 1241
Geschichte: Sirnau liegt im fruchtbaren Talgrund des linken Neckarufers unterhalb des bewaldeten Filderabhanges östlich des höher gelegenen Berkheim. Die herrschaftlichen Verhältnisse vor der prägenden Gründung des Dominikanerinnenklosters (1241) lassen auf staufischen Vorbesitz schließen: Besitzer von Höfen und ausgedehnten Gütern sind die Herren von Altbach (1241), von Filseck sowie die Grafen von Aichelberg (1268). Als weitere Grundeigentümer finden sich das Domkapitel Speyer beziehungsweise der Pfarrer von Esslingen (1241), das Kloster Denkendorf (1242) sowie Esslinger Bürger. Das seit 1292 in der Esslinger Vorstadt Pliensau ansässige Kloster und als dessen Rechtsnachfolger seit 1525 das Katharinenhospital zogen die wesentlichen Herrschaftsrechte und Einnahmen (hohe Gerichtsbarkeit, Zehnt) in der Gemarkung, die ursprünglich vom Berkheimer Bach bis zur Körscheinmündung reichte, an sich, wodurch Sirnau der Stadt Esslingen unterstand.
Wirtschaft und Bevölkerung: Nach dem Umzug des Klosters nach Esslingen 1292 wurde das Hofgut anscheinend zunächst von einem Hofmeister bewirtschaftet (1411), dann aber zu einem Drittel des Ertrags zunächst an einen privaten Pächter (1478) und an das Katharinenhospital (1521) verliehen. Schon 1457 gehörten rund 229 Morgen Äcker und 44 Morgen Wiesen zu dem Hof. Der im Bauernkrieg weitgehend zerstörte Hof gelangte 1525 – wie das gesamte Kloster Sirnau – eigentumsrechtlich an das Spital und diente zukünftig der Eigenversorgung. Der Hof mit der heute noch sichtbaren Umfassungsmauer wurde 1544–1576 wieder errichtet, weitere Ausbaumaßnahmen im Innern (1599, 1611) folgten. Unter der Ägide des Spitals wurde der Besitz noch weiter ausgedehnt und umfasste schließlich (1779) 34 Morgen Gras- und Baumgarten, 325 Morgen Acker, 256 Morgen Wiesen, dazu etliche Schafweiden und ausgedehnten Waldbesitz in der Sirnauer, Denkendorfer und Berkheimer Gemarkung (1692: 542 Morgen). Von großer Bedeutung war auch die Tierhaltung. Der Sirnauer Hof, der immer wieder unter Überschwemmungen (1778) zu leiden hatte, wurde zeitweise in Eigenregie geführt, zumeist aber an Beständer verliehen. Die Zahl der Bewohner ist schwer zu fassen: Zu den 23 Bewohnern des Hofguts (1592/93) werden zahlreiche Tagelöhner gekommen sein.

Kirche und Schule: Schon 1242 existierte die Pfarrei Sirnau, später Obersirnau. 1259 begegnet ein Pleban, der auch als Kaplan der Nonnen fungierte. Die enge Verbindung zwischen Kloster und Pfarrei bestand auch nach 1292 fort: Schon 1340 übten die Nonnen nachweislich das Präsentationsrecht aus, 1458 inkorporierte Bischof Konrad von Konstanz die Pfarrei dem Kloster, womit auch deren bisherige Zehntrechte an das Kloster fielen. Nach der Übergabe des Klosters an das Katharinenhospital 1525 und der Einführung der Reformation in Esslingen verschwindet die Pfarrei aus den Quellen. Die geistliche Betreuung der Hofbewohner oblag dann dem Pfarrer von Deizisau, zunächst noch gemeinsam mit dem Kaplan der Spitalkapelle. Während die frühe Klosterkirche in den Gebäuden des Hofgutes aufging, befand sich die kleine Pfarrkirche, die dem Heiligen Remigius geweiht gewesen sein soll, nicht weit südlich des Hofes in Richtung Neckar. Ende des 18. Jahrhunderts stand der Bau noch, neben dem sich eine Scheune befand. Das Datum seines Abrisses ist unbekannt. Eine evangelische Kirche wurde 1952, eine katholische Kirche zum Hl. Michael 1957/58 erbaut.
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