Lindorf - Altgemeinde~Teilort 

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Typauswahl: Ortsteil – Historisches Ortslexikon
Typ: Teilort
Liegt auf Gemarkung: Kirchheim unter Teck
Ersterwähnung: 1089

Ortslage und Siedlung
(bis 1970):
Lediglich drei vorgeschichtliche Fundstellen sind bislang auf Lindorfer Gemarkung bekannt geworden, jungsteinzeitliche Funde wurden auf den Fluren Salzäcker und Frauenholz gemacht, im Rübholz wurde ein bronzezeitlicher Grabhügel entdeckt. Der heutige Ort ist wie die meisten Orte mit dem Grundwort -dorf in der älteren Ausbauzeit (7. bis 10. Jahrhundert) entstanden, eine Dorflinde oder ein nahegelegenes Lindengehölz dürfte der wohl von Ötlingen aus angelegten Ausbausiedlung zum Namen verholfen haben. Die Siedlung entwickelte sich an der Kreuzung der Wege nach Kirchheim, Ötlingen, Oberboihingen und Reudern, vor allem beiderseits des zum Rübholz führenden Weges. Der Weiler dehnte sich im 18. Jahrhundert in Richtung Rübholz, Ötlingen und Kirchheim aus. Von 1955 bis 1965 bzw. 1975 führten neue Wohnsiedlungen (Zähringer Straße, »Rappen«, »Brühl«, »Asang«) im Norden, Osten, Südosten, Süden und Südwesten zur baulichen Vergrößerung.
Historische Namensformen:
  • Lintdorf
Geschichte: Ein sonst nicht weiter identifizierbarer Wernher von »Lintdorf« wird an letzter Stelle der 13 Namen umfassenden Zeugenliste des Bempflinger Vertrages von 1089 aufgeführt, mit dem die Gründer des Klosters Zwiefalten, die Grafen von Achalm, Erbansprüche ihres Neffen regelten. Im 13. Jahrhundert gehörte der aus wenigen Höfen bestehende Weiler zur Herrschaft der Grafen von Aichelberg, zu der auch das benachbarte Wendlingen beziehungsweise die bei Deizisau gelegene Körschburg gehörten. Güter und Rechte in Lindorf besaßen auch Angehörige der Niederadelsfamilien der Herren von Wendlingen (bis 1276), der Kizzi (bis 1292) und der Herren von Kirchheim (1304), wobei die Vogtrechte den Grafen von Aichelberg zustanden. Von diesen Familien erwarb das Kirchheimer Frauenkloster zwischen 1276 und 1304 drei Maierhöfe und 1295 von den Grafen von Aichelberg weiteren Besitz, Eigenleute sowie die Vogtrechte. 1343 konnte das Kloster durch die Schenkung einer Kirchheimer Bürgerin weitere Äcker und Wiesen in Lindorf in seinen Besitz bringen. Das Frauenkloster war damit wichtigster Grundherr auf Lindorfer Gemarkung; die vogteilichen Rechte und damit die Gerichtsherrschaft übte fortan der Inhaber der Klostervogtei aus, zunächst die Herzöge von Teck, später mit dem Erwerb Kirchheims im Verlaufe des 14. Jahrhunderts die Grafen von Württemberg. Wenige Flurstücke waren im Besitz der Kirchen zu Tachenhausen, Unterboihingen und Bodelshofen. Lindorf war wie Ötlingen im Spätmittelalter »gen Kirchheim« gerichtsbar, unterstand aber der Ötlinger Gemeindeverwaltung. Ötlinger Schultheißen sind seit 1463 nachweisbar, ein Lindorfer Heimbürge sowie Geschworene sind 1560 belegt. Zwischen 1600 und 1606 erhielt Ötlingen mit Lindorf ein eigenes Gericht bewilligt, beide Orte bildeten bis 1829 den Ötlinger Stab und waren deshalb kommunalpolitisch eng verbunden. Ablösungsbestrebungen der Lindorfer von Ötlingen im Jahr 1706 scheiterten. Im Stabgericht in Ötlingen saßen zwei Richter aus Lindorf. Die Schultheißen stammten in der Regel aus Ötlingen. 1631 bekleidete ausnahmsweise ein Lindorfer das Amt. Lindorf war zu einem Viertel am Besitz des 1617 neu erbauten Ötlinger Rathauses beteiligt. 1789 kauften sich die beiden Orte von der Leibherrschaft frei. Sie konnten zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen, dass 19 Jahre später die Leibeigenschaft landesweit und unentgeltlich abgeschafft wurde. Auch schreckten sie nicht vor der hohen Ablösungssumme zurück, die selbst die den Betrag einfordernde Rentkammer für sehr hoch befand, ihn dann aber abkassierte, nachdem die beiden Orte widerstandslos darauf eingegangen waren. 1829 wurde Lindorf selbständige Gemeinde, 1935 nach Kirchheim eingemeindet.
Wirtschaft und Bevölkerung: Die Ackerflur wurde in den drei Öschen Gegen Tachenhausen, Gegen Denzendorf und Gegen Kirchheim angebaut. 1730 waren die Äcker (329 Morgen) vor allem hohem Wildbretschaden ausgesetzt. Die Wiesen (104 Morgen) wurden für schlecht befunden, dagegen wurde ein Teil der Baumgärten (15 Morgen) als »fein« bezeichnet. Bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts ist Handwerk und Gewerbe kaum vorzufinden. Nur die Anzahl der Weber (vier im Jahr 1730) nahm zu. 1525 gab es in Lindorf lediglich fünf Hausbesitzer, womit die beiden Widumhöfe und die drei Lehenhöfe des Frauenklosters gemeint waren. 1587 wohnten in Lindorf 59 Einwohner, nur ein Lindorfer war nicht leibeigen. 1613/14 lebten 20, 1631 24 Steuerbürger im Weiler. Am Ende des 30-jährigen Krieges (1648) war der Weiler menschenleer. Von 128 Gebäuden in Ötlingen und Lindorf waren nur noch 36 unversehrt stehen geblieben. 70 Gebäude wurden als verbrannt gemeldet, weitere 18 besaßen keine Fenster und Türen mehr, die Öfen fehlten. 1655 lebten wieder fünf und 1676 zwölf Steuerbürger in Lindorf, 14 Häuser wurden versteuert. 1684 werden 90, 1745 145 Einwohner gezählt. Ab 1765 stieg diese Einwohnerzahl auf 227 im Jahr 1802. 1730 auch noch 1779 bestand der Weiler aus 31 Gebäuden, danach wuchs der Ort auf 46 Gebäude im Jahr 1808 an.

Kirche und Schule: Kirchlich gehörte Lindorf mit Ötlingen zur Kirchheimer Martinspfarrei, der große Zehnt stand der Herrschaft zu, der kleine Zehnt dem Kirchheimer Pfarrer, der hier auch zwei Widumhöfe besaß. Als Ötlingen auf dringende Bitte hin 1597 eine eigene Kirche erhielt, konnten die Lindorfer dort die seit 1599 durch den Kirchheimer Subdiakon abgehaltenen Gottesdienste besuchen. Vermutlich seit dem Ötlinger Rathausbau (1617) gingen die Lindorfer Kinder in Ötlingen zur Schule. Seit 1777 wurde neben dem Schulmeister ein Provisor eingestellt, der ab 1786 Winterschule im 1629 erbauten Turmhäusle (1829 abgebrochen; Höhe Oberbohingerstraße 18) in Lindorf hielt. Im Sommer besuchten die Lindorfer weiterhin die Schule im Ötlinger Rathaus. Kirchlich war der Ort bis 1834 Filial von Kirchheim, danach gehörte er zur Pfarrei Ötlingen. Jetzt eigene Pfarrei. Evangelische Mathäuskirche von 1971.
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