Reudern - Altgemeinde~Teilort 

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Typauswahl: Ortsteil – Historisches Ortslexikon
Typ: Teilort
Ersterwähnung: 1300 [um]

Ortslage und Siedlung
(bis 1970):
Vorgeschichtliche Funde sind bisher nicht bekannt. Etymologisch ist Reudern als »Siedlung bei den Rodungen« zu deuten; es ist anzunehmen, dass die Gründung des Ortes in eine Phase des späten Siedlungsausbaus im 13. Jahrhundert fällt. Heterogen sind die Bezeichnungen der Zelgen: 1526 erwähnen die Lagerbücher die Zelgen »gen Nürtingen«, »Bockwissen« und »gen Tachenhausen«; 1565 erscheinen im Lagerbuch der Geistlichen Verwaltung Kirchheim die Zelgen »Löcherfeld« (womit die Zelge »gen Tachenhußen« gemeint ist), »Mietenhardt« und »Hinderfeld«, dazu eine Zelge »gen Reudern«. 1587 wird eine weitere Zelge genannt, »Liebenäcker«. Relativ umfangreich ist der Gemeindebesitz in der Mitte des 18. Jahrhunderts: Knapp 200 Morgen, davon 111 Morgen Wald. Die Steuereinschätzung von 1735 verzeichnet 32 Gebäude im Ort, davon vier Hofstätten und 26 Häuser mit Scheune, einen ungefähren Eindruck des Siedlungsbildes gibt schon die Abbildung Reuderns aus der Kieserschen Forstkarte wieder, Kennzeichen des Ortes sind die weitläufig verstreuten Häuser mit Scheunen; die Kirche und die erst im 19. Jahrhundert errichtete Kelter fehlen noch. Zu den Wachstumsspitzen an den Ortsrändern aus Ein- und Zweifamilienhäusern der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg gehören die Wohngebiete an der Nürtinger Straße (1950), »Im Gäßle«, Schiller- und Steigstraße (1954/57), »Wertäcker«, »Breitäcker« (1961), »Marbachweg«, »Kreuzwiesen« (1957/ 70), »Im Fritzle« (1964), »Zittelmann – Fritzle – Liebenäcker« (1959/76). Das Gewerbegebiet wurde 1953 bzw. 1959 erschlossen.
Historische Namensformen:
  • Rudern 1300 [1300 und 1338]
Geschichte: Herrschaftlich gesehen gehörte Reudern wohl zunächst zur Grundherrschaft der Adeligen von Teck und kam 1299 an die Grafen von Württemberg. Hinweise auf Ortsadel oder Burg finden sich nicht in den Quellen. Urkundlich wird der Ort um 1300 erwähnt. Die grundherrschaftlichen Rechte sind im 14. Jahrhundert zersplittert und befinden sich im Besitz verschiedener adeliger Familien. 1334 vermacht der Adelige Kraft der Flache (von Kirchheim) eine Seelgerätstiftung aus seinem freien Gut zu »Rudern«, genannt Hilpundes Gut, an das Dominikanerinnenkloster in Kirchheim; ebenfalls als Seelgerätstiftung schenken dem gleichen Konvent Hans von Ahelfingen und seine Frau eine Gült in Reudern. Auch die Herren von Mannsberg hielten seit 1360 Besitz im Weiler. Im Mai 1403 stiftet der Edle Werner von Neidlingen aus seinem Hof in Reudern eine jährliche Gült an die Feldsiechen in Nürtingen. 1436 überschreibt die Tochter Werners Einkünfte an die Kirche von Kirchheim weiter. Besitzerwerb durch Nürtinger Bürger häuft sich im 15. Jahrhundert, 1431 verkauft Kaspar von Schlat seine Einkünfte von zwei Gütern an einen Nürtinger Bürger. Besitztransaktionen von adeliger Seite bedachten im Verlauf des 15. Jahrhunderts verschiedene geistliche Institutionen mit Einkünften und Besitz in Reudern. Schon 1403 erwirbt Tachenhausen Einkünfte in Reudern, 1467 kauft die Kirche in Tachenhausen von der Kartause Güterstein weiteren Lehensbesitz in Reudern. Zu den schon genannten Dominikanerinnen in Kirchheim oder den Feldsiechen in Nürtingen kommt 1451 das Kloster Salem als geistlicher Grundherr dazu. Auch das Kirchheimer Spital hält noch Mitte des 16. Jahrhunderts Besitz und Rechte in Reudern; einzelne Einkünfte aus dem Ort gehen auch an verschiedene Pfründen in Nürtingen. Aufgeteilt sind auch die Zehnten. 1587 verzeichnet das Lagerbuch der Geistlichen Verwaltung Nürtingen, dass der große Zehnt aufgeteilt ist zwischen der Kirche in Oberboihingen und dem Spital in Nürtingen, dazu geht ein kleiner Anteil noch an die Herrschaft Württemberg. Der Weinzehnt und der kleine Zehnt gehen vollständig an die Pfarrei Oberboihingen. Die württembergische Herrschaft verzeichnete 1475 in Reudern acht Lehengüter und dazu weitere Einkünfte aus Zinsabgaben, 1485 werden Rechte und Besitz erneut beschrieben. Jurisdiktionell sind die Einwohner Reuderns dem Gericht in Oberboihingen zugeordnet. Über die kommunale Struktur des Ortes berichten die Quellen nur nebenher: bei der Erneuerung des Lagerbuchs 1587 werden Schultheiß und Geschworene zu Reudern namentlich erwähnt.
Wirtschaft und Bevölkerung: Aus den Angaben der Visitationsprotokolle lässt sich auf die Bevölkerung des Ortes rückschließen. Auffällig sind die Schwankungen zu Beginn der Aufzeichnungen: 1601 werden 131 Kinder und Erwachsene gezählt, im Jahr darauf nur noch 87, im Jahr 1603 sind es bereits wieder 148, während 1605 die Zahl wieder auf 99 sinkt. Unklar ist, wie sich diese doch erstaunliche Schwankungsbreite erklären lässt, zumal nur die Zahl der Erwachsenen so stark schwankt, die Zahl der Kinder bleibt annähernd konstant. Wie in anderen Orten auch, ist durch die Folgen des 30-jährigen Krieges ein erheblicher Bevölkerungsschwund zu verzeichnen, die Einwohnerzahl geht um mehr als die Hälfte zurück. Ob der Ort während des Krieges jahrelang unbewohnt war, muss offen bleiben. Ab der Mitte des 18. Jahrhunderts nehmen die Einwohnerzahlen Reuderns konstant zu: 1745 vermeldet die Visitation 202 Bewohner, 1805 sind es mehr als doppelt so viele, nämlich 432. 1735 sind insgesamt 47 Bürger verzeichnet, über Handwerker oder Gewerbetreibende werden keine zusätzlichen Angaben gemacht, genannt sind zwei Leinenweber sowie ein Gastwirt. Damit korreliert die starke landwirtschaftliche Ausrichtung des Dorfes. Der auf der Gemarkung angebaute Wein wurde in der Nürtinger Kelter weiter verarbeitet; um diese Benutzung der Nürtinger Kelter entstand Mitte des 16. Jahrhunderts ein Konflikt zwischen Nürtingen und der Gemeinde Reudern. 1553 wird ein Vergleich zwischen beiden Parteien geschlossen, nachdem Reudern damit gedroht hatte, eine eigene Kelter zu bauen oder den Wein woanders keltern zu lassen. Der damit fixierte Kelterbann wurde Ende des 19. Jahrhunderts als Last empfunden und daraus resultierte 1817 der Bau einer eigenen Kelter im Ort.

Ersterwähnung: 1526
Kirche und Schule: Zunächst der Nürtinger Pfarrei zugeordnet, gehörte Reudern ab 1466 zur neu gegründeten Pfarrei Oberboihingen. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts wird eine kleine Kapelle, die dem Heiligen Wendel geweiht war, erwähnt (1526 und 1534), die allerdings bereits vor 1582 nicht mehr existierte. Dazu passt die Nachricht, dass der Schultheiß 1535 einen vergoldeten Kelch aus dem liturgischen Bestand der Kapelle nach Nürtingen schickt. 1751 wird eine neue Kirche errichtet. Zum Schulunterricht gehen die Kinder seit der Gründung der Schule in Oberboihingen 1653 dorthin. Spätestens seit 1725 unterrichtet ein Lehrer auch in Reudern, 36 Kinder in der Winterschule, sommers nur 18 Kinder. Es wird eigens vermerkt, dass der Unterricht im Haus des Lehrers stattfand, erst 1767 erwähnen die Visitationsberichte eine eigene Schule. 1802 besuchen 76 Kinder den Unterricht im Winter. Reudern erhielt 1951 eine ständige Pfarrverweserei. Der Pfarrkirchenneubau stammt von 1971. Katholisch zu Nürtingen.
Patrozinium: Hl. Wendel
Ersterwähnung: 1526

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