Kloster Lorch - Wohnplatz 

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Typauswahl: Ortsteil – Historisches Ortslexikon
Typ: Wohnplatz
Liegt auf Gemarkung: Lorch
Ersterwähnung: 1102 [wohl vor 1102]

Geschichte: Wurde wohl vor 1102 von dem staufischen Herzog Friedrich von Schwaben gegründet und 1102 dem päpstlichen Stuhl übertragen. Das Benediktinerkloster war Maria geweiht. 1136 wurde ihm freie Abtswahl aus den Reihen seiner Insassen zugestanden; die Äbte der Klöster Hirsau, Comburg und Zwiefalten hatten nur beratende Stimme bei der Findung einer geeigneten Persönlichkeit. Die ersten Mönche kamen wahrscheinlich aus Hirsau oder Comburg. Die Vogtei behielt sich die Stifterfamilie vor, sie sollte stets vom ältesten Mitglied des Hauses ausgeübt werden. Schutzbriefe stellten dem Kloster die Staufer unter anderem 1151, 1190 und 1215 aus. Nachdem Württemberg bereits vor 1251 die Schirmherrschaft erlangt hatte, ließ sich das Kloster nach dem Interregnum 1273 von Rudolf von Habsburg seine Rechte erneut bestätigen, erreichte aber nie die volle Reichsunmittelbarkeit. 1291 übertrug es dem Grafen Eberhard von Württemberg die Schirmherrschaft, die diesem 1304 König Albrecht pfandweise übertrug und die 1331 auf seinen Sohn Ulrich überging. Seit 1373 blieb die Vogtei endgültig bei Württemberg, das das Kloster schließlich als Landstand betrachtete. Seit Ende 15. Jahrhundert nahm der Abt an den Landtagen teil. 1462 veranlaßte Graf Ulrich der Vielgeliebte eine Reform des Klosters nach der Observanz des Kloster Melk, die zu einer letzten Blüte, namentlich auch in baulicher Hinsicht, führte. 1525 wurde das Kloster durch den Hellen Haufen der aufständischen Bauern geplündert und großenteils zerstört, der Abt am Altar der Klosterkirche erschlagen. Der Wiederaufbau setzte jedoch bald danach ein. Über die wirtschaftliche Ausstattung des Klosters ist für das erste Halbjahrhundert seines Bestehens im einzelnen nichts bekannt, jedoch wird man den später sichtbar werdenden reichen Streubesitz im Bereich des Ostalbkreises und des Landkreis Heidenheim wohl als Gründungsausstattung ansehen dürfen. Spätere Schenkungen und Käufe erbrachten im Laufe der Zeit ein bedeutendes Gebiet. Nach der Erhebung von 1584 besaß Lorch noch damals gegen 800 Lehengüter und Selden in zahlreichen Orten und über 3000 Morgen Wald. Zur Verwaltung seines ausgedehnten Streubesitzes unterhielt es Klosterhöfe in Esslingen, Münster bei Cannstatt und Stuttgart. — Dem Kloster stand auch der Blutbann zu, den noch Kaiser Maximilian bestätigte. 1541 ging er an die Vogtei Schorndorf über. — Die von Württemberg 1535 im Kloster und seinem Gebiet eingeführte Reformation ließ das Klostergut im Rahmen des Kirchenguts bis 1806 als Klosteroberamt mit den drei Unterämtern Lorch, Pfahlbronn und Täferrot bestehen. — 1547 — 1552 während des Interims kehrten die Mönche zurück, ebenso wieder auf Grund des Restitutionsedikts von 1629 und von 1634 bis zum Kriegsende, bis der Friedensschluß Lorch an Württemberg zurückbrachte und die inzwischen eingeleitete Gegenreformation rückgängig gemacht wurde. — 1563 wurde eine evangelische Klosterschule eingerichtet, die 1584 mit der zu Adelberg zusammengeschlossen und dorthin verlegt wurde. Die nunmehr eingesetzten evangelischen Äbte (»Prälaten«) hatten wie in der katholischen Zeit Sitz und Stimme im Landtag. Seit 1727 war die Stelle des Lorcher Prälaten mit dem Kanzleramt der Universität Tübingen verbunden. Erst 1727 war das Kloster nur noch Sitz von Verwaltungsbehörden, zuerst der Klosteroberamt-Verwaltung, dann eines Kameral- und Forstamtes. 1932 Einrichtung einer evangelischen, 1934 einer nationalsozialistischen Bauernschule. Seit 1945 in Händen des Hilfswerks der Evangelischen Landeskirche (heute Evangelische Heimstiftung). Seit 1947 Evangelisches Altersheim. — Die Klosteranlage auf der Hochfläche des Kloster- oder Frauenbergs östlich der Stadt bildete ein längliches Rechteck und war durch Ringmauer und Graben, die samt einem Flankenturm (»Haspelturm«) in Resten erhalten sind, geschützt. Von den Gebäuden ist an der Nordwest-Ecke erhalten ein Fruchtkasten in Eichenholzfachwerk, südwestlich davon der sogenannte Mittelbau, mit prächtigem Fachwerk, 1750 erbaut als Amtshaus (jetzt Altersheim). An seiner Südseite die Denksteine dreier Äbte des 15./16. Jahrhunderts. Inmitten des Klosterkomplexes ein gußeiserner Brunnen von 1779 mit herzoglichem Wappen. Klausur und Kreuzgang, die sich entgegen der Regel wegen Raummangels nicht westlich, sondern östlich an die Kirche anschließen, sind nur teilweise erhalten, vom netzrippengewölbten Kreuzgang der Nordflügel und ein Stück des unter dem Chor der Kirche durchführenden Westarms. Auch von den den Kreuzgarten umgebenden Gebäuden steht nur noch der Nordteil, die sogenannte Prälatur (heute Teil des Altersheims) und der eigentliche Wohntrakt der Mönche, das Refektorium und der Kapitelsaal, beide mit flachen Balkendecken, die von geschnitzten gotischen Eichensäulen getragen werden. Im Kapitelsaal ist ein altromanisches Würfelkapitell aufgestellt, offenbar ein aus der ältesten Kirchenplanung stammendes Ausstattungsstück. An das Refektorium anschließend das Dormitorium mit der vom Schlafsaal abgetrennten Prälatenstube. — Die Klosterkirche ist im Grundriß eine dreischiffige Pfeilerbasilika der vorkluniazensischen Hirsauer Bauschule (Anklänge an die dortige Aureliuskirche), aus der 1. Hälfte des 12. Jahrhunderts, mit Querschiff. Dieses ist im Norden als Mauritius-, im Süden als Bartholomäuskapelle ausgestattet. Die mit reichem Schmuck von Band- und Blattornamenten versehenen Kapitelle und Kämpfer der Vierungspfeiler weisen bereits auf eine Anfang des 13. Jahrhunderts vorgenommene bauliche Veränderung der ursprünglich sehr einfachen Architekturformen in Richtung auf Prachtentfaltung und Repräsentation. Mittelschiff und Seitenschiff enden gegen Westen je in einer Vorhalle. Dem Hauptschiff vorgelagert ist ein sogenanntes Westwerk, das von Rundtürmen flankiert war, von denen der südliche, der sogenannte Marsiliusturm erhalten ist (1879 — 1882 ausgebaut). Den Türsturz im Westportal bildet ein Steinblock aus einem römischen Bauwerk mit Resten einer Inschrift. Zum Westportal der Kirche führte einst ein ummauerter Vorhof, »Paradies« genannt. Das romanische Klostertor stürzte 1939 beim Zusammenbruch der uralten Klosterlinde ein. — Der Chor, der ursprünglich mit halbkreisförmiger Apsis abschloß, wurde beim Umbau der Kirche unter dem Abt Schenk von Arberg 1469 fortfolgend verlängert und hochgezogen, so daß er über den Westarm des Kreuzgangs übergreift. Damals bekamen Querschiff und Chor ihre spätgotischen Sterngewölbe, der Chor seinen polygonalen Abschluß, Querschiffarme, Chor und südliches Seitenschiff ihre hohen spätgotischen Fenster. — Zum Gedächtnis der in der Kirche beigesetzten Staufer ließ Abt Schenk von Arberg 1475 im Mittelschiff durch einen »Meister von Göppingen« einen mit staufischem Wappen und figürlichen Darstellungen geschmückten Steinsarkophag (Tumba) errichten. An den acht Pfeilern des Mittelschiffs staufische Königs- und Kaiserbilder, mehrmals übermalt, um 1550 entstanden (Renaissance-Kleidertracht!). Obwohl die Klosterkirche seit 1140 Grablege des staufischen Hauses war, ist kein männlicher Träger der Krone hier bestattet, dagegen die Königin Irene, Witwe König Philipps, Tochter des Kaisers Isaak Angelos von Byzanz, die 1208 auf der Burg Hohenstaufen starb. Im südlichen Querschiff (Bartholomäuskapelle) Grabtafeln der Herren von Schechingen, darunter drei Äbten des Klosters aus dem 14./15. Jahrhundert sowie Grabmäler von Äbten des 16. Jahrhunderts. Im nördlichen Querschiff (Mauritiuskapelle) figürliche Grabmäler der von Woellwarth zwischen 1407 und 1567. — Kapellen der Klosterkirche: Johanneskapelle (im Kloster), 1323 genannt Nikolauskapelle (1421). — Ulrichskapelle im Adelberger Hof vor dem Kloster (1420), Kirche St. Aegidius vor dem Kloster (1478).
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