Ruit - Altgemeinde~Teilort 

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Typauswahl: Ortsteil – Historisches Ortslexikon
Typ: Teilort
Ersterwähnung: 1173

Ortslage und Siedlung
(bis 1970):
Wie an vielen Stellen der fruchtbaren Filder sind auch auf Ruiter Gemarkung vor- und frühgeschichtliche Funde nachzuweisen. Gefundene Steinhämmer belegen die Besiedelung während der Steinzeit. Keltische Hohlmünzen aus Gold deuten darauf hin, dass hier eine keltische Verbindungsstraße verlief. Im Gewann Eichenweg südlich von Ruit wurden 1880/81 die Reste eines römischen Gutshofs ausgegraben. Der Ortsname Ruit leitet sich von »Rutte« in der Bedeutung von »gerodetes Land« her. Diese Rodung erfolgte vermutlich von Nellingen aus. Als Rodungssiedlung besitzt Ruit mit heute 412 Hektar eine relativ kleine Gemarkung. Sie reicht vom heutigen Paracelsus-Krankenhaus im Norden bis zum Läuchle im Süden und vom Rossert im Westen bis zum Scharnhauser Park im Osten. Als abgegangener Ort auf der heutigen Ruiter Gemarkung ist Horb (»Horwe«) zu nennen. Südwestlich des alten Dorfes in Richtung Kemnat gelegen, wurde Horb 1238 urkundlich erwähnt. Wie Ruit ist auch Horb 1519 im Städtekrieg niedergebrannt, jedoch nicht wieder aufgebaut worden. Bei Erdarbeiten des Baugebiets Rinnenäcker (2005) waren noch die Brandspuren der damaligen Verwüstungen zu sehen. Flurnamen wie Horbergasse oder Hinter Horb erinnern heute noch an den Ort. Jungenhofen, ein weiterer abgegangener Ort, war ein Weiler nördlich von Ruit am Rande der Filderebene. Hier war 1425 das Kloster Weiler begütert. Ortserweiterungen durch neue Wohngebiete nach dem Zweiten Weltkrieg vor allem im Osten und Westen. Gewerbliche Anlagen ebenfalls im Westen und im östlichen Ortsteil.
Historische Namensformen:
  • Rutte 1173
  • Routi 1179
Geschichte: Bereits die erste urkundliche Nennung von Ruit 1173 macht die engen herrschaftlichen Beziehungen zur Propstei Nellingen des Klosters Sankt Blasien deutlich: Papst Calixt III. bestätigte damals dessen Schutz und nannte »Rutte« als unterstellte Kirche. Nachdem die Propstei Nellingen ihren Ruiter Besitz 1259 vergrößern konnte, entstand ein Klosterhof westlich der alten Kirche, später auch Maierhof genannt. Er umfasste erheblichen Grundbesitz. Die Vogteirechte gingen zum Ärgernis der Reichsstadt Esslingen vermutlich bereits im 13. Jahrhundert an die Württemberger. Die Zerstörung Ruits 1519 durch die Esslinger im Krieg gegen Herzog Ulrich war eine Folge dieses Konflikts. Nach der Auflösung der Propstei Nellingen 1649 wurden die Ruiter Güter und Rechte von Württemberg übernommen. Ruit gehörte nun zum Amt Stuttgart. In Ruit war Ortsadel ansässig, als dessen Vertreter der um 1140 erwähnte Trutwin I. von Rieth gilt. Sein Wappen soll einen aufrecht stehenden Löwen gezeigt haben. Das Adelsgeschlecht muss wohl im 14. Jahrhundert ausgestorben sein. Eine Burg soll sich nordöstlich des Ortes am Rand des Neckartals befunden haben, möglicherweise am Weiler Berg. Noch in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts waren die Fundamente vorhanden. Die Verwaltung der Gemeinde Ruit erfolgte ab 1598 in einem eigens erbauten Rathaus in der Scharnhauser Straße. Zum Schmuck des Rathauses trugen acht bemalte Fensterscheiben bei, welche die Jahreszahlen 1628 und 1629 zeigten. Diese Stiftungen von Bürgern sind heute nicht mehr erhalten. Im 18. Jahrhundert diente das Rathaus auch zur Abhaltung von Hochzeiten. Die Liste der Schultheißen ist lang. Erstaunlich ist, dass die ab circa 1670 genannten Schultheißennamen wie Distel, Heimsch, Rich, Ettischer, Bräuning, Fritz, Schlecht oder Sachs auch heute noch geläufige Namen alteingesessener Familien sind. Zuständiger Amtssitz bis 1938 Stuttgart, dann zum Landkreis Esslingen.
Wirtschaft und Bevölkerung: Ruit war ein kleines Filderdorf. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts zählte man rund 300 Einwohner. Der 30-jährige Krieg ließ 1653 noch 105 Dorfbewohner übrig. Bis zum Jahr 1800 stieg die Bevölkerung auf 499 Menschen an. In der Erwerbsarbeit dominierte die Landwirtschaft. Der größte Hof war der Klosterfronhof: Ende des 16. Jahrhunderts umfasste er 41,7 Hektar, davon 32,8 Hektar Ackerfläche. Damals war der Maier als Inhaber des Fronhofs verpflichtet, die Baulichkeiten instand zu halten und dem Nellinger Propst ein Drittel der Erträge zu geben. Nur der Obstertrag blieb vollständig beim Maier. Nach dem Ende der Propstei (1649) fiel der Fronhof an die Württemberger. Die wenigen Handwerker in Ruit produzierten ausschließlich für den örtlichen Bedarf. Als Dorf, das an der Durchgangsstraße von Stuttgart nach Kirchheim gelegen war, brauchte man eine Übernachtungsmöglichkeit für die Durchreisenden. Der heute noch erhaltene Hirschbogen mit der Jahreszahl 1604 dokumentiert die frühe Zeit der Schildwirtschaft Hirsch in der Stuttgarter Straße. Eine andere frühe Schildwirtschaft, die seit spätestens 1716 und lediglich bis ins 19. Jahrhundert existierte, war das Lamm in direkter Nachbarschaft zum Hirsch.

Ersterwähnung: 1173
Kirche und Schule: Die Pfarrkirche Sankt Ulrich gehörte seit dem 13. Jahrhundert zur Propstei Nellingen und damit dem Kloster Sankt Blasien. Das zuständige Dekanat war Esslingen. Die Heumadener Kirche war bis 1475 ein Filial der Pfarrkirche in Ruit. Bis zum Ende der Propstei Nellingen unterstand sie ebenfalls dem Kloster Sankt Blasien. Da die Württemberger die Vogteirechte ausübten, wurde Ruit 1534 reformiert. Der erste evangelische Pfarrer Bartholomäus Kaiser hatte bereits vor der Reformation die Pfarrstelle innegehabt. Bis zum Beginn des Königreichs Württemberg erlebte Ruit 28 evangelische Pfarrer. 1173 wurde erstmals ein Kirchenbau erwähnt. Die vermutlich spätgotische schlichte Ulrichskirche wurde in der Oberamtsbeschreibung von 1851 als »unansehlich« charakterisiert. Der kleine Kirchturm war bereits 1725 als baufällig geschildert worden. Er wurde 1817 aus Holz neu erbaut. 1774 wurde erstmalig eine Orgel angeschafft. Das Pfarrhaus mit ornamentiertem Sichtfachwerk und interessanter Türgestaltung wurde gemäß einer späteren Inschrift 1608 umgebaut, möglicherweise aber auch in jenem Jahr neu erbaut. Als Baumeister wird der regional tätige Steinmetz Michel Knell vermutet. 1786 wurde im Ruiter Pfarrhaus Friederike Ehemann als Tochter des Ortspfarrers geboren. Sie heiratete später den Dichter Justinus Kerner und wurde als Herbergsmutter der schwäbischen Geisteswelt der Romantik bekannt. Schulmeister sind seit 1613 belegt. Der erste bekannte Schulraum befand sich mindestens seit dem frühen 18. Jahrhundert im Haus des Schulmeisters, der hierfür eine Vergütung aus der Gemeindekasse erhielt. 1794 richtete man dann eine Schulstube im Erdgeschoss des Rathauses an der Scharnhauser Straße ein. Damals kamen etwa 70 Kinder zum Unterricht. Die gotische evangelische Pfarrkirche wurde 1963 abgebrochen, 1962/63 nahe dabei ein Neubau (Auferstehungskirche) erstellt. 2 evangelische Pfarrämter. Katholische Kirche zur Hl. Monika 1959/60 erbaut, Pfarrei seit 1972.
Patrozinium: Hl. Ulrich
Ersterwähnung: 1559

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