Skulptur: Drei Frauen 

• um 1640 [Herstellung]

• Leonhard Kern [Bildhauer]

• Schwäbisch Hall [Herstellungsort]

Die aus Elfenbein geschnitzte Gruppe mit drei sich umarmenden nackten Frauen erinnert an das Motiv der Drei Grazien aus der antiken Mythologie. Diese waren ein beliebtes Motiv, um junge nackte Frauen in unterschiedlichen Körperhaltungen in einem geschlossenen Reigen zu präsentieren. Die Körper sind dabei meist in raffinierten Drehungen in Vorderansicht nach außen zum Betrachter gewandt. Die Frauengruppe des virtuosen Bildschnitzers Leonhard Kern (1588-1662), der mehrere Versionen diese Motivs schuf; weicht davon deutlich ab. In der engen Umarmung der drei Frauen und in der sich gegenseitig schützenden Körperhaltung drückt sich eine unbestimmte Angst aus, die im leidenden Gesichtsausdruck seine Steigerung findet. Die Skulptur aus dem kostspieligen Material Elfenbein entstand in einer bewegten Zeit. Auf europäischem Boden tobte der 30jährige Krieg (1618-1648). Ganze Orte und Landstriche wurden verwüstet, auch in der Zivilbevölkerung kam es durch Hungersnöte und kriegerische Übergriffe zu hohen Verlusten. Leonhard Kern verwendet das Bildmotiv der Drei Grazien, das den wissenden Betrachter voraussetzt, wandelt es jedoch signifikant ab. Er stört damit die Erwartungshaltung an ein solch exklusives Kunstwerk. Die sensible Darstellung der erschrockenen Frauen in ihrer ungeschützten Nacktheit kann möglicherweise als eine Reaktion auf die Grauen des Dreißigjährigen Krieges gedeutet werden. Gleichwohl betrieb Kern in Schwäbisch Hall eine florierende Bildschnitzerwerkstatt, in der vor allem kleinteilige Skulpturen und Humpenwandungen für fürstliche Kunstkammern entstanden. Sie zeichnen sich meist durch eine ruhige, geschlossene Formgebung aus, und zeigen gleichzeitig eine oft dramatisch zugespitzte Situation auf ihrem Höhepunkt.