Lina Hähnle am Bahnhof Ulm 

Datierung :
  • 1918
Beteiligte (Werk):
Objekttyp: Video
Inhalt:
  • Eine bis heute wohlbekannte Szene: ein Zug - mit vierachsigem württembergischem Durchgangswagen Baujahr 1900 oder 1901, Wagennummer bei K.W.St.E. 3810 bis 3840, Hersteller Esslingen, Gastell oder Wagenwerkstätte Cannstatt - fährt in den Bahnhof ein und an den Türen drängen sich die Fahrgäste. Nicht nur die Kinder müssen zurückgehalten werden, so dass die aussteigenden Fahrgäste herauskommen können. Die Schaffnerin setzt sich resolut auch gegen einen jungen Mann durch, der sich hineindrängen möchte. Sie hilft den Aussteigenden, hebt ein kleines Mädchen herunter auf den Bahnsteig und bemüht sich darum, dass alle geordnet einsteigen. Das gezeigte Abteil trägt die Aufschrift "Raucher". Als der Zug langsam anfährt, steigt sie ebenfalls ein, während die Passagiere mit ihren Taschentüchern winken. Unter den Fahrgästen ist auch Lina Hähnle, bekannt geworden als Deutsche Vogelmutter. Vogelschutz im Speziellen und Tierschutz im Allgemeinen sind Ideen vom Anfang des 19. Jahrhunderts. Zahlreiche Tierschutzvereine gründeten sich in dieser Zeit. Sie beschäftigten sich mit verschiedenen Ausprägungen der Idee des Tierschutzes - Tierfürsorge, Kritik an Tierversuchen, unmittelbare Tierpflege z.B. in Tierheimen - und diese Ideen blieben durch beide Weltkriege präsent. Der erste deutsche Tierschutzverein gründete sich nach englischem Vorbild 1837 in Stuttgart. Tierschutz war eine durchaus elitäre Angelegenheit: die Gründer dieser Vereine waren Geistliche, Juristen, Ärzte, Adelige und Beamte. Aber auch Gründerinnen waren darunter: Lina Hähnle (1851 - 1941) entstammte dem schwäbischen Wirtschaftsbürgertum. Ihr Mann, der Unternehmer Hans Hähnle und auch ihr Sohn gehörten dem Reichstag an, ihr Mann auch dem württembergischen Landtag. Die Familie hatte eine liberale Grundhaltung und engagierte sich sozial. Auch Lina Hähnle ist damit der gesellschaftlichen Elite zuzuordnen. Sie war es, die entscheidend dazu beitrug, Naturschutz gesellschaftsfähig zu machen, indem sie ihn an breite Schichten der Gesellschaft, verschiedene Generationen und nicht zuletzt auch an Frauen herantrug. Sie gründete 1899 in Stuttgart den Bund für Vogelschutz (BfV), stand ihm bis 1937 vor und war bis zu ihrem Tod Ehrenvorsitzende. Aus dem BfV ging der heutige Naturschutzbund NABU hervor. Der BfV entwickelte sich unter ihrer Führung zu dem erfolgreichsten und mitgliederstärksten Verband im Bereich des Vogelschutzes. Sie führte ihn auf innovative Weise, vernetzte Aktive und baute systematisch die Mitgliederwerbung aus. Sie entschied sich klug für einen niedrigen Mitgliedsbeitrag, der jedem und jeder die Mitgliedschaft ermöglichte und durch die wachsenden Mitgliederzahlen wiederum den politischen Einfluss des BfV stärkte. Der Spitzname Deutsche Vogelmutter wird ihrem erfolgreichen Management also keinesfalls gerecht. Der Film zeigt sie mit einer Gruppe Kinder. Ein wichtiger Bestandteil der Arbeit des BfV war die pädagogische Arbeit. Gemäß der Methode, Empathie zu wecken und einen emotionalen Bezug zu den Tieren herzustellen, bepflanzten Kinder und Jugendliche Bahndämme und bauten Nistkästen. Nora Wohlfarth, LABW
Quelle/Sammlung: Landesfilmsammlung Baden-Württemberg
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