Hochzeit in Görwihl 

Datierung :
  • 1938
Objekttyp: Video
Inhalt:
  • Hochzeitsbräuche können lokal stark variieren. Dies macht es schwierig, historisches Brauchtum und Alltagsleben aus spezifischen Orten zu beschreiben. Nur punktuell haben sich lokalspezifische Zeugnisse und Quellen erhalten, die sich dann aber nur schwer verallgemeinern lassen. Immerhin wurde 1894/95 in Baden eine flächendeckende Erhebung begonnen, um die Volkskultur in Baden zu dokumentieren. Dabei wurden in der Regel Fragebögen an Lehrer und Pfarrer versandt mit der Bitte, die Feste, Bräuche, lokalen Besonderheiten, Dialekte, lokale Lieder und Gedichte oder das Alltagsleben in ihren Dörfern zu beschreiben. Der Volkskundler Erlad Hugo Meyer veröffentlichte die Ergebnisse dieser Studie im Jahr 1900 mit dem Titel "Badisches Volksleben im neunzehnten Jahrhundert." Ein Teil der so gesammelten Daten und Befragungen hat sich glücklicherweise erhalten, so dass zumindest für einige Landkreise das Brauchtum beschrieben werden kann. So hat sich auch die Beschreibung von Hochzeitsbräuchen aus dem Landkreis Rastatt erhalten. Rastatt und Görwihl liegen zwar weit voneinander entfernt, aber auch die Beschreibung von Hochzeitsbräuchen aus dem Landkreis Rastatt bietet Anhaltspunkte dafür, wie eine Hochzeit im 19. Jahrhundert in einer ländlichen Region überhaupt ausgesehen haben könnte. Hochzeiten waren in ländlichen Regionen wichtige gesellschaftliche Ereignisse. Sie markierten den Schritt von der Jugendzeit ins Erwachsenenleben, schufen neue Verwandtschaftskonstellationen und konstituierten den (neuen) gesellschaftlichen Rang des Ehepaares. Dementsprechend kam ihnen ein "gesellschaftlicher Schaucharakter" zu, dem häufig die gesamte Dorfgemeinschaft beiwohnte. Im Zentrum der Hochzeit stand die kirchliche Trauung; der erst kurz zuvor eingeführten zivilen standesamtlichen Hochzeit kam keine große Bedeutung zu. Die Gäste wurden vor der kirchlichen Zeremonie im Haus der Brauteltern bewirtet. Die Braut trug, jedenfalls im kleinen Ort Plittersdorf, der heute zur Stadt Rastatt gehört, ein schwarzes Kleid, einen weißen Kranz und in der Hand einen Rosmarinzweig und ein Gebetbuch. Die heute üblichen weißen Kleider verbreiteten sich erst ab den 1930er Jahren - hierbei handelt es sich vermutlich um eine barocke Festkleidung des Adels, die im Laufe der Zeit Eingang in die städtisch-bürgerliche Mode fand. Die Feierlichkeiten dauerten mindestens einen Tag, mancherorts konnten sie auch mehrere Tage währen. Weitere Bräuche konnten lokal variieren, beispielsweise Geschirrzerschlagen (Iffezheim), Brautschuhdiebstahl (Hügelsheim), feierliche Brautkranzabnahme (z.B. Au am Rhein), Geschenkübergabe oder eine symbolische Flucht der Braut, die anschließend wiedereingefangen werden musste. An manchen Orten erhielten die Bräute nützliche Dinge für die Haushaltsführung oder einen Maibaum mit Kindersachen. Vielerorts fand einige Tage später eine Nachfeier statt. Welche dieser Bräuche bei dieser Hochzeitsfeier aus dem Jahr 1938 praktiziert wurden, ist nicht bekannt. Offenbar hatte die Mode weißer Brautkleider bereits Einzug in die Hochzeitsfesttradition in Görwhil gefunden. Im Fimausschnitt sind Braut und Bräutigam beim festlichen Essen zu sehen, im Hintergrund spielt und singt ein Akkordeonspieler, um die Hochzeitsgäste zu unterhalten. Später laufen Braut und Bräutigam gemeinsam mit der Festgesellschaft durch den Ort. Felix Teuchert, LABW
Quelle/Sammlung: Landesfilmsammlung Baden-Württemberg: Hochzeit in Görwihl
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