Kopf einer Schlafenden (Anne-Gabrielle Babuti)
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Autor/Urheber: |
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Objekttyp: | Zeichnung |
Weitere Angaben zum Werk: | Papier, weißlich [Material] Rötel, fixiert [Technik] Höhe: 37,3 cm (Blatt), Breite: 31,8 cm (Blatt) |
Kurzbeschreibung: | Den Kopf seitlich zurückgelehnt, die Gesichtszüge entspannt, die Augen geschlossen und den Mund atmend leicht geöffnet: mit zarten Rötelstrichen hält Jean-Baptiste Greuze das Antlitz seiner Ehefrau fest. Von Müdigkeit überwältigt, ist ihr Kopf auf die Schulter gesunken. Ihre Lage scheint nicht wirklich bequem. Die gelockten Haare, die von der Haube nicht vollständig bedeckt werden, rahmen das Gesicht. Sie sind ebenso wie der Kragen des Kleides und der Fond des Blattes in kräftigen, frei geführten Strichen angelegt. Die Lebendigkeit und Intensität der Strichführung bildet einen gezielt gesetzten Kontrast zu den weich modellierten Gesichtszügen: Augen, Nase und Mund sind fein gezeichnet, die Haut scheint zu schimmern. "Dieser Maler ist gewiss verliebt in seine Frau...", so kommentierte der Philosoph und Kunstkritiker Denis Diderot ein Porträt von Greuze's Ehefrau, das dieser 1765 im Salon ausstellte. Gleichlautend hätte wohl auch sein Kommentar zu dem Karlsruher Blatt lauten können, das eine sensible Annäherung an das Modell auszeichnet. Der Moment des Schlafes gibt dem Künstler die Gelegenheit, die ruhigen Züge des vertrauten Antlitzes zu studieren und nachzuzeichnen. 1825 als Sohn eines Dachdeckermeisters in der burgundischen Kleinstadt Tournus geboren, hatte Jean-Baptiste Greuze seine erste künstlerische Ausbildung in Lyon erhalten und war um 1750, mit Mitte Zwanzig, nach Paris gekommen, wo er bereits 1755 vorläufiges Mitglied der Königlichen Kunstakademie wurde. Nach einem einjährigen Italienaufenthalt zurückgekehrt, heiratete er 1759 Anne-Gabrielle Babuti (1732-1811), Tochter eines Buchhändlers. In den Jahren ihrer Ehe zeichnete und malte Greuze seine Frau vielfach. Sie wurde, ebenso wie die Ehefrauen zahlreicher anderer Künstler, zu seinem bevorzugten Modell. Die Bildnisse, sowohl in Öl als auch Pastell ausgeführt, stellte Greuze regelmäßig im Pariser Salon aus, und auch die weiblichen Hauptpersonen seiner berühmten Genregemälde tragen ihre Züge. Die sinnliche Intimität des Karlsruher Blattes spiegelt die Vertrautheit zwischen Künstler und Modell wider und überträgt diese auf den Betrachter. Als Schauender nimmt er den Platz des Ehemanns und Künstlers ein und wird somit zum unmittelbaren Gegenüber und Beobachter der Schlafenden. Die Zeichnung spricht von der Faszination und Zuneigung, die der Künstler für seine Frau empfand, auch wenn er einige Jahre später nach der Trennung in einem Polizeibericht von 1785 und einem später verfassten Memorandum seine Ehe als Leidensweg beschrieb und sich als Opfer einer Frau stilisierte, die sich von einer Verbindung mit ihm als bereits anerkanntem Künstler soziale und finanzielle Vorteile versprochen, vielfachen Ehebruch begangen und seine Gelder veruntreut habe. Die Karlsruher Zeichnung diente ebenso wie zwei weitere Studien, die sich heute in den Museen von Caen und Tournus, dem Geburtsort des Künstlers, befinden, als Vorlage für die Darstellung der "Schlafenden Philosophin" ("La philosophe endormi"), die 1777 von Jean-Michel Moreau le Jeune gestochen wurde. Greuze ironisiert in dieser ganzfigurigen Wiedergabe einer Schlafenden die geistigen Ambitionen der Frau. Ein Stapel ledergebundener Bände und ein Globus bleiben ebenso unbeachtet wie der Stickrahmen, Attribut weiblicher Beschäftigung, der auf dem Boden zu Füßen der Schlafenden liegt. Statt sich diesen geistigen und häuslichen Beschäftigungen zu widmen, erscheint die junge Frau lasziv auf dem Stuhl hingestreckt. Die Karlsruher Kunsthalle bewahrt neben dieser Rötelzeichnung eine weitere Pinselzeichnung von Jean-Baptiste Greuze. Sie ist darüber hinaus im Besitz eines gemalten Porträts des Künstlers von Claude-Henri Watelet. [A.R.] |
Quelle/Sammlung: | Kupferstichkabinett |
Identifikatoren/Sonstige Nummern: | 1975-6 [Inv.Nr.] |
Weiter im Partnersystem: | http://www.kunsthalle-karlsruhe.de/de/sammlung/sammlung-online.html |