Heilige Märtyrerin (Hl. Bibiana oder Hl. Lucia?) 

Datierung :
  • 1511/12  [Herstellung]
Autor/Urheber:
  • Matthias Grünewald [Künstler]
Objekttyp: Gemälde
Weitere Angaben zum Werk: Tannenholz [Material]
Mischtechnik [Technik]
Höhe: 113,5 cm (Rahmen), Breite: 55 cm (Rahmen), Tiefe: 6,5 cm (Rahmen), Höhe: 101,2 cm (Bildträger), Breite: 43,7 cm (Bildträger)
Kurzbeschreibung: Diese beiden zu Beginn der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts aus den Fürstenbergischen Sammlungen angekauften Tafeln gehören zweifellos zu den außer- gewöhnlichsten Artefakten des beginnenden 16. Jahrhunderts. Es sind zwei sogenannte Grisaillen, d. h. grau-in-grau gemalte Darstellungen zweier Märtyrerinnen in einer Nische stehend, die eine nach rechts, die andere nach links gewandt. Links steht die Hl. Elisabeth von Thüringen (1207-1231), Gemahlin des Landgrafen Ludwig von Thüringen, mit den sie kenn- zeichnenden Attributen Kanne und Brot. 1227 Witwe geworden, widmete sie sich fortan ausschließlich der Pflege von Kranken und Armen. Ein weiter, fein plissierter Mantel bedeckt ihr Kleid, dessen Pelzbesatz am linken Ärmel und am Saum sichtbar wird. Schleier und Kinnbinde verhüllen ihr Haupt. Die Nische zieren Feigenstrauch, verschiedene Kräuter und Heilpflanzen, die zur Zeit der Entstehung der Tafeln bekannt waren. Ihr gegenüber steht eine zweite Heilige, ebenfalls in einen weiten, reich plissierten Mantel gehüllt, jedoch unbedeckten Hauptes und mit offen herabfallendem langen Haar. Aufgrund ihres nicht eindeutigen Attributs war man sich nie ganz sicher, wen sie eigentlich darstellen sollte. Die seltsam blicklos schauenden Augen der Heiligen gaben zur Vermutung Anlass, es könne sich um die aus Syrakus stammende Jungfrau Lucia handeln, die unter Diokletian den Märtyrertod erlitt. Sie wird insbesondere als Helferin bei Augenkrankheiten angerufen, worauf die Pflanzen und Heilkräuter, die auch ihre Nische schmücken, verweisen. In der jüngeren Forschung wurde mehrfach die Hl. Ottilie und zuletzt die Hl. Bibiana (gest. 365) genannt, wobei der vermeintliche Palmwedel in der Hand der Heiligen aufgrund des geflochtenen Griffes als Geißel interpretiert wurde, mit der sie der Legende nach unter Julian Apostata zu Tode gepeitscht worden sein soll. Inhaltlich würde weder die eine noch die andere Heilige das Altarprogramm, aus dem die Karlsruher Grisaillen stammen, wesentlich beeinflussen, denn auch die Hl. Bibiana (oder Viviana) gilt als Schutzheilige gegen Krankheit, vornehmlich der Epilepsie. Und überhaupt haben die in den Nischen dargestellten Kräuter ganz unmittelbaren Bezug zur Mittelszene des ursprünglichen Retabels mit der Himmelfahrt Mariens, denn an diesem Tag (am 15. August) fand auch die kirchliche Kräuterweihe statt. Die Karlsruher Tafeln sind Teile der ehemaligen Standflügel eines prachtvollen wie hochberühmten Altaraufsatzes, den der wohlhabende Frankfurter Tuchgroßhändler und Ratsmitglied Jakob Heller bei Albrecht Dürer und Matthias Grünewald in Auftrag gab. Nach seiner Fertigstellung fand der Aufsatz Aufstellung auf dem Hl. Thomas von Aquin geweihten Altar in der dortigen Dominikanerkirche. Dürers Anteil umfasste die Mitteltafel mit der bereits erwähnten Himmelfahrt und Krönung der Gottesmutter im Kreise der Apostel (Original verbrannt) und zwei bewegliche, doppelseitig bemalte Drehflügel zum Verschließen desselben (links unten das Bildnis des knienden Stifters Jakob Hellers mit seinem Wappen, darüber das Martyrium seines Namenspatrons Jakobus, rechts seine Gemahlin Katharina von Melem mit ihrem Wappen und dem Martyrium der Hl. Katharina darüber). Von Werkstattmitarbeitern Dürers ausgeführt, waren auf den Außenseiten dieser beweglichen Flügel - wie auch Dürer es nennt - steinfarbene Figuren vor nachtschwarzem Grund dargestellt: Die Anbetung der Heiligen Drei Könige (linker Teil verloren) nebst verschiedener Heiligenfiguren aus der Gruppe der Vierzehn Nothelfer. In ihrer plastisch und körperlich kompakt modellierten Form unterscheiden sie sich künstlerisch in der Tat ganz prinzipiell von den Darstellungen der Standflügel, mit deren Ausführung Matthias Grünewald betraut war. Abgesehen von der Feinheit der Zeichnung, der kunstvollen Belichtung, die die gewaltigen Gewandmassen scheinbar in Bewegung bringen, sind Grünewalds Figuren wesentlich voluminöser angelegt.
Quelle/Sammlung: Alte Malerei (vor 1800)
Identifikatoren/​Sonstige Nummern: 2605 [Inv.Nr.]
Weiter im Partnersystem: http://www.kunsthalle-karlsruhe.de/de/sammlung/sammlung-online.html
Suche
Durchschnitt (0 Stimmen)