Berliner Großstadtszene mit Zirkuswagen
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Autor/Urheber: |
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Objekttyp: | Zeichnung |
Weitere Angaben zum Werk: | Japanpapier, elfenbeinfarben [Material] Bleistift, Pinsel in Grau, Aquarell, Feder in Schwarz [Technik] Höhe: 52,5 cm (Blatt), Höhe: 42,6 cm (Darstellung), Breite: 40,8 cm, Breite: 38,9 cm |
Kurzbeschreibung: | Durch Komposition, Technik und Bildinhalt erzeugt Karl Hubbuch in dieser Zeichnung eine eigenwillige, zum Zerreißen gespannte Stimmung: Im Vordergrund entspannt sich eine Gruppe junger Erwachsener vor einem großen Fenster. Die Essensreste auf einem Tisch im Vordergrund lassen auf eine kurz zuvor eingenommene Mahlzeit schließen, nach der sich ausgeruht wird. Ganz rechts ist ein Mann eingeschlummert, die Frau neben ihm räkelt sich genüsslich mit geschlossene n Augen und legt ihr Bein auf die Schulter eines weiteren Mannes, der Mundharmonika spielt. Nur einer scheint zu wissen, dass es sich hier um die "Ruhe vor dem Sturm" handelt. Es ist der Künstler selbst, der links im Bild nach seiner Jacke greift und im Begriff ist, die Szene zu verlassen. Mit weit aufgerissenen, grünen Augen blickt er auf den Betrachter und macht ihn so aufmerksam auf das, was im Hintergrund passiert. Dort bahnt sich unter den Schienen einer Stadtbahn vor zwei Zirkuswagen eine Prügelei zwischen zwei Männern an, von denen einer schreit und mit seinem Arm bereits zum Schlag ausholt. Der triste Vorstadtbezirk ist in wenigen Grautönen gehalten, die von der freudlosen Kälte des Ortes künden. Immer wieder wird der wandernde Blick des Betrachters auf die ausdrucksstarken Augen Hubbuchs geführt, deren intensiver Ausdruck zur Mitwisserschaft eines drohenden, in seiner Gänze nicht ersichtlichen Unheils auffordert. Seine Position am linken Bildrand zwischen zwei waagerecht gelagerten Diagonalen (Stadtbahnschienen und Fensterlaibung) und vor einer dunklen Brandmauer unterstützt diese Blickführung. Der feine, konturierende Zeichnungsstil mit Bleistift und Tuschfeder sowie die zarte, nur partiell eingesetzte Kolorierung fördert zusätzlich die Atmosphäre einer Situation, die zwischen exakter Beschreibung und flüchtiger Andeutung von etwas Unbekanntem liegt. Wie auf einer großen Kinoleinwand wirkt das Fenster zur Vorstadt, in der sich im Gegensatz zur nonchalanten Bohème im Vordergrund das raue Leben der Straße abspielt. Der Situation bewusst scheint sich nur Hubbuch selbst zu sein, der uns auffordert, angesichts dieser Lage nicht untätig zu bleiben. Der Karlsruher Karl Hubbuch studierte in seiner Heimatstadt an der Großherzoglichen Kunstakademie und in Berlin an der Lehranstalt des Kunstgewerbemuseums. Rudolf Schlichter, Georg Scholz und George Grosz gehörten zu seinen Studienkollegen, die ihn in seinem gesellschaftskritischen Engagement und seiner sachlichen Gegenstandswiedergabe stärkten. Von 1924 bis 1933 selbst als Lehrer an der Karlsruher Akademie tätig, wurde er 1933 von den Nationalsozialisten aus dem Lehramt entlassen. 1947 kehrte er nach Karlsruhe zurück, zunächst mit einem Lehrauftrag an der Technischen Hochschule und anschließend bis 1957 als Professor an der an der Akademie. Als Vertreter der "Neuen Sachlichkeit" waren seine gesellschaftskritischen Darstellungen milder als die seiner Kollegen Grosz oder Dix. Seine große Einfühlsamkeit in Gemütszustände und situationsbedingte Stimmungen offenbart sich jedoch deutlich in diesem Werk. Das Karlsruher Kupferstichkabinett besitzt 25 Zeichnungen und Aquarelle und 15 Druckgrafiken des Künstlers. [D.S.] |
Quelle/Sammlung: | Kupferstichkabinett |
Identifikatoren/Sonstige Nummern: | 1953-11 [Inv.Nr.] |
Weiter im Partnersystem: | http://www.kunsthalle-karlsruhe.de/de/sammlung/sammlung-online.html |