Nutzinger, Richard 

Geburtsdatum/-ort: 07.12.1896;  Gutach
Sterbedatum/-ort: 28.11.1963;  Neckargemünd
Beruf/Funktion:
  • evangelischer Pfarrer, Schriftsteller
Kurzbiografie: Abitur in Lörrach
1914-1918 Kriegsdienst
1918/1922 Studium der Theologie in Heidelberg, Tübingen und Basel
1922-1963 Vikar in Lörrach, Pfarrer in Freiburg (Lutherkirche), Ladenburg, Heddesheim bei Mannheim, Hauingen
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Auszeichnungen: 1962 Hebelpreis
Verheiratet: 1941 Luise, geb. Keller
Eltern: Vater: ebenfalls Pfarrer
Mutter: Elise, geb. Krafft
Geschwister: 4
Kinder: 6
GND-ID: GND/1012291618

Biografie: Berthold Hänel (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 1 (1982), 217-218

Als Nutzinger zur Welt kam, war es vielleicht ein glückliches Omen, daß dieser Tag auch der Geburtstag seiner Großmutter mütterlicherseits war, einer Enkelin Annemeili Flurys, einer Frau, die Hebel aus seiner Lörracher Vikarszeit gut kannte. So wurde dem jungen Nutzinger gleichsam eine Verbindung zu Hebel schon in die Wiege gelegt. Der Pfarrersohn widmete sich nach der Teilnahme am ersten Weltkrieg dem Studium der Theologie; seine geistliche Laufbahn begann er dann als Stadtvikar von Lörrach, in der gleichen Stadt, in der Johann Peter Hebel glückliche Jahre verbracht hatte. Nach verschiedenen Stationen im badischen Land erfolgte 1936 die Versetzung nach Hauingen im Wiesental, wo er für seine Gemeinde jahrzehntelang segensreich wirkte und sich in dem alten Pfarrhaus bis zu seiner Pensionierung wohl fühlte. Die literarische Tätigkeit war bei Nutzinger stark auf Hebel bezogen; sie begann gerade mit Hebels 100. Todestag im Jahre 1926. Zu diesem Anlaß schrieb er unter dem Titel „Der Hanspeter“ ein Hebelspiel in Mundart, das in mehreren Auflagen erschienen ist. Durch diesen geglückten Auftakt angespornt, schrieb Nutzinger kleine heitere Volksstücke in alemannischer Mundart, gut geeignet für Aufführungen bei Dorffesten und oft verlangt wie gern gespielt bei Vereinsabenden. So war es nicht mehr verwunderlich, daß Nutzinger im Jahre 1956 gebeten wurde, anläßlich des 400jährigen Reformationsjubiläums der Markgrafschaft ein Festspiel zu schreiben. Es entstand das Stück „Um Wort und Sakrament“, in dem der Verfasser in vier Bildern die Abwehr des Calvinismus und den Sieg des Luthertums in der Markgrafschaft als Handlung über die Bühne gehen ließ. Ein weiteres Festspiel entstand – wieder auf Bitten hin – zum 1200jährigen Jubiläum der Gemeinde Egringen. Eine zweite Auflage erlebte das Bändchen „Von allerhand Kirchendienern“ (Hans Thoma Verlag, Karlsruhe), in dem Nutzinger sechs anekdotenartige Erzählungen zusammenfaßte aus der Erfahrung eines vierzig Jahre währenden Pfarrdienstes heraus. Ein historisches Ereignis aus der Geschichte Lörrachs behandelt das kleine Werk „Die Flachsland“. Erwähnt seien noch aus seiner literarischen Tätigkeit die Geschichte „Der Stabhalter“, eine Erzählung aus Hebels letzten Lörracher Tagen, oder der Aufsatz „J. P. Hebels Biennium in Hertingen“, um nur aufzuzeigen, wie sehr Denken und Schreiben des Hauinger Pfarrherrn immer wieder zu Hebel fanden. Ein Mann, der die alemannische Sprache so liebte und der sich ihr so verpflichtet und verbunden fühlte, hat – geradezu selbstverständlich – auch Verse in der Mundart geschrieben. Von 1946 an bis zu seinem Wegzug 1963 nach der Pensionierung leitete er die Geschicke des Lörracher Hebelbundes als dessen Präsident in guten und schweren Tagen. Um die Hebelforschung selbst hatte sich Nutzinger große Verdienste erworben. Unbeirrbar folgte er den Spuren Hebels, bemüht, dessen reiches Erbe lebendig zu erhalten. Zahlreiche Vorträge über den alemannischen Genius hielt Nutzinger auch in Basel, wo ihn sein umfassendes Wissen um Hebel und sein Werk zu einem gern gesehenen Gast machten. Die Verleihung des Hebelpreises 1962 bildete die Krönung seines literarischen Schaffens und Forschens. Fest in der Tradition dieser Landschaft verwurzelt, betrachtete er diese Auszeichnung als einen Preis für die Landschaft, in der der Rhein, wie es auch Hebel empfunden hatte, keine Grenze bildete, sondern ein verbindendes Element. Nach seiner Pensionierung 1963 verließ Nutzinger das Markgräflerland und zog nach Neckargemünd. Dort ist er wenig später gestorben.
Nachweis: Bildnachweise: Foto, A des Hebelbundes Lörrach.

Literatur: B. Hänel, Richard Nutzinger, der Hebelpreisträger 1962, in: „Die Markgrafschaft“, 14 (1962), 2 f.
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