Wickertsheimer, Wilhelm 

Geburtsdatum/-ort: 09.09.1886;  Lahr
Sterbedatum/-ort: 07.02.1968;  Offenburg
Beruf/Funktion:
  • Maler
Kurzbiografie: 1900-1903 Malerlehre im väterlichen Betrieb
1900-1905 Privatunterricht bei einem Kunstmaler
1905-1907 Winterseminar an der Kunstgewerbeschule Karlsruhe, während des Sommers Arbeit als Maler in Zürich und Überlingen
1907 Übernahme des väterlichen Betriebes
1914-1918 Kriegsteilnahme
seit 1916 Maler und Kunstmaler in Lahr
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Verheiratet: 1912 Milly, geb. Österle
Eltern: Vater: Johann Wilhelm Wickertsheimer, Malermeister in Lahr
Mutter: Sophie Eckermann aus Lahr
Geschwister: 4
Kinder: 4
GND-ID: GND/1012372111

Biografie: Renate Liessem-Breinlinger (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 1 (1982), 271-273

Schon bei dem Schulbuben Wickertsheimer zeigte sich eine zeichnerische Begabung, die der Vater fördern ließ – freilich vom Gesichtspunkt des handwerklichen Praktikers her: Vom zehnten bis zum vierzehnten Lebensjahr besuchte Wickertsheimer den Unterricht im „Freizeichnen“ in der Gewerbeschule Lahr. Da es den Vierzehnjährigen aber zur Kunst drängte, ermöglichten ihm die Eltern von 1900 bis 1905 Privatunterricht bei dem damals in Lahr ansässigen Basler Kunstmaler August Burkhardt. Von 1905 bis 1907 verbrachte Wickertsheimer jeweils das Wintersemester an der Kunstgewerbeschule in Karlsruhe. Den Sommer über arbeitete er, da er inzwischen eine Malerlehre im väterlichen Betrieb abgeschlossen hatte, als Dekorationsmaler in Zürich und als Kirchenmaler und Restaurator in Überlingen am Bodensee in der Werkstätte Metzger.
Dem zeitlebens in seiner Vaterstadt ansässigen Wickertsheimer war als Kunstmaler eine Schaffenszeit von mehr als einem halben Jahrhundert vergönnt. Sein Thema waren Landschaften, die er in einem eigenen unverwechselbaren Stil in Aquarell oder Öl wiedergab. Die Zeichnung tritt gegenüber dem Malerischen zurück. Die Details lösen sich auf zugunsten einer Gesamtwirkung, die das Typische herausstellt. Lahr und dessen nähere Umgebung, die vielfältigen Ausblicke vom Hohen Geisberg, der Hochschwarzwald und hier besonders das Herzogenhorn waren seine häufigsten Motive.
Wickertsheimer galt und gilt als Maler der Heimat und verstand sich auch selbst so. Eine Organisation, in der er sich gefühlsmäßig und geistig zuhause fühlte und die ihn in ihrer Schriftenreihe populär machte, war der Landesverein Badische Heimat. Mit dessen langjährigem Geschäftsführer, dem Dichter Hermann Eris Busse, verband ihn eine persönliche Freundschaft. Gleich verbunden fühlte sich Wickertsheimer dem Schwarzwaldverein, denn die Freude am Wandern bei Wind und Wetter ermöglichte ihm erst seine Kunst, von der immer wieder geschrieben wurde, sie vermöge die Seele einer Landschaft einzufangen.
Die Förderung von dieser Seite ist insgesamt sicher positiv zu werten; sie barg aber die Gefahr, den Künstler als „unseren Malersmann“ allzusehr auf die regionalen Dimensionen festzulegen. Ein übriges bewirkte in dieser Richtung das Dritte Reich, das aus seiner Blut-und-Boden-Ideologie heraus das „Gesunde“ an Wickertsheimers Kunst lobte und die Verwurzelung des Künstlers im alemannischen Volkstum in den Vordergrund rückte. Beides hat Gültigkeit, aber nicht ausschließlich. Für erstere Aussage mußte Wickertsheimers Schönheitsliebe herhalten. Er hatte die Gabe, vordergründige Widrigkeiten zu übersehen zugunsten des Harmonischen, das darunterlag. Ein Beispiel dafür ist die Art, wie er sich an den ersten Weltkrieg erinnert: Zwei Jahre war er an der Front in Nordfrankreich; 1916 wurde er schwer verwundet. Dennoch beurteilt er die Zeit positiv. Er ließ sich von der Weite und Helligkeit der Landschaft des Artois beeindrucken und zum Malen anregen. „Seine Feldaquarelle künden kaum vom Krieg. Das Malen erhob ihn über die Misere des Schützengrabens“, schrieb sein Bruder 1954 in der Lahrer Zeitung.
Die Kriegszeit hat einen weiteren Aussagegehalt: Die zwei Jahre an der Front boten Wickertsheimer die Möglichkeit, aus der heimatlichen Enge herauszukommen, ein Stück von der Welt zu sehen. Seit dem Tode seines Vaters 1907 war er nämlich in einen strengen Pflichtenkreis eingebunden. Er führte die väterliche Malerwerkstatt, um Mutter und Geschwister zu ernähren; von 1912 an hatte er selbst Familie, die auch von diesem Handwerksbetrieb lebte. Daß er die Beschränkung, die sein Schaffen als Künstler von daher erfuhr, hinnahm, ohne mit dem Schicksal zu hadern, kennzeichnet seinen Charakter. Er sah auch hier das Positive, die Möglichkeit, das Lahrer Stadtbild mitzugestalten und Denkmalschutz zu verwirklichen. Erst im Laufe des zweiten Weltkrieges gab er das Malergeschäft auf, um nur noch seinen Bildern zu leben.
Daß sich Wickertsheimer am Ende seines Lebens nicht mehr nur als Künstler der engeren Heimat verstand, geht aus den Zeilen hervor, die er 1963 anläßlich der Verleihung des Heimatpreises des Landkreises Lahr über sich selbst schrieb: Nicht nur der Schwarzwald habe ihn machtvoll angezogen, auch das Alpenland der Schweiz und Österreichs oder Frankreich und die Weltstadt Paris, und nicht allein Friedrich Hodler und Hans Thoma hätten seinen Stil beeinflußt, sondern ebenso Césanne und van Gogh.
Beim Rückblick auf ein Künstlerleben stellt sich natürlich die Frage nach dem Verbleib des Werkes. Bilder von Wickertsheimer fänden sich „in jedem Lahrer Bürgerhaus“, in Gemeinden am Oberrhein und Schwarzwald, einige sogar weit jenseits der Grenzen, in den Staaten“ (Auskunft der Tochter); einen größeren Bestand besitzt die Stadt Lahr.
Nachweis: Bildnachweise: Foto StAF, Bildnissammlung.

Literatur: BH 22, 1935, 226-229 (Reproduktionen von 4 Ölgemälden); Ekkhart Jb 19, 1938, 115-126 (Würdigung;
Lahrer Zeitung v. 9. Sept. 1954; BH 36, 1956, 229; Ekkhart Jb 1962, 155-162; Geroldseckerland 6, 1963/ 64, 9 f.; Ekkhart Jb 1968, 208/209; BH 48, 1958, 234 bis 235.
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